Zusammenfassung
Zehntausend Jahre sind seit den ersten Schritten der Menschheit ins All vergangen. In vielen aufeinanderfolgenden Expansionswellen haben die Menschen den Kosmos besiedelt. Die Erde ist inzwischen nichts weiter als eine Legende. Die neue Hauptwelt der Menschheit ist Axarabor, das Zentrum eines ausgedehnten Sternenreichs und Sitz der Regierung des Gewählten Hochadmirals. Aber von vielen Siedlern und Raumfahrern vergangener Expansionswellen hat man nie wieder etwas gehört. Sie sind in der Unendlichkeit der Raumzeit verschollen. Manche errichteten eigene Zivilisationen, andere gerieten unter die Herrschaft von Aliens oder strandeten im Nichts. Die Raumflotte von Axarabor hat die Aufgabe, diese versprengten Zweige der menschlichen Zivilisation zu finden - und die Menschheit vor den tödlichen Bedrohungen zu schützen, auf die die Verschollenen gestoßen sind.
Das Patrouillenschiff GHATANA entdeckt während einer Routinekontrolle einen Frachter mit einer geheimnisvollen Ladung. Dies ist der Auftakt zu einem gnadenlosen Kampf, der die Existenz von Axarabor bedroht, und der zahlreiche Opfer fordert.
Leseprobe
Table of Contents
Die Schlacht um Axarabor
Die Raumflotte von Axarabor - Band 166
von Bernd Teuber
Der Umfang dieses Buchs entspricht 81 Taschenbuchseiten.
Zehntausend Jahre sind seit den ersten Schritten der Menschheit ins All vergangen. In vielen aufeinanderfolgenden Expansionswellen haben die Menschen den Kosmos besiedelt. Die Erde ist inzwischen nichts weiter als eine Legende. Die neue Hauptwelt der Menschheit ist Axarabor, das Zentrum eines ausgedehnten Sternenreichs und Sitz der Regierung des Gewählten Hochadmirals. Aber von vielen Siedlern und Raumfahrern vergangener Expansionswellen hat man nie wieder etwas gehört. Sie sind in der Unendlichkeit der Raumzeit verschollen. Manche errichteten eigene Zivilisationen, andere gerieten unter die Herrschaft von Aliens oder strandeten im Nichts. Die Raumflotte von Axarabor hat die Aufgabe, diese versprengten Zweige der menschlichen Zivilisation zu finden - und die Menschheit vor den tödlichen Bedrohungen zu schützen, auf die die Verschollenen gestoßen sind.
Das Patrouillenschiff GHATANA entdeckt während einer Routinekontrolle einen Frachter mit einer geheimnisvollen Ladung. Dies ist der Auftakt zu einem gnadenlosen Kampf, der die Existenz von Axarabor bedroht, und der zahlreiche Opfer fordert.
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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
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© Serienidee Alfred Bekker und Marten Munsonius
© dieser Ausgabe 2020 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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1
Das Raumschiff hieß GHATANA und gehörte zur Raumflotte von Axarabor. Der Kommandant war Captain Frynos Bold. Er hatte den Befehl erhalten, zum Rheta-Sektor zu fliegen und das dort stationierte Patrouillenschiff KUHIRO abzulösen. Die GHATANA beschleunigte sofort nach dem Start von der Raumbasis F-185 mit 700 Kilometern pro Sekundenquadrat, glitt in den Hyperraum und legte darin knapp achthundert Lichtjahre zurück.
Als der Normalraum auf dem Panoramabildschirm sichtbar wurde, enthüllte er die gleißende Pracht des sternenübersäten Weltraums. Captain Bold hatte nicht viel für diesen Anblick übrig. Er konzentrierte sich auf die Auswertungen der Ortungsgeräte. Schon wenige Sekunden nach dem Wiedereintauchen in den Normalraum meldete sich der Captain der KUHIRO. Bold ließ sich das Logbuch über das Kommunikationsgerät vorspielen und gab sämtliche erhaltenen Fakten an die Experten für Strategie und Taktik weiter, damit sie ihm Vorschläge für das weitere Vorgehen ausarbeiteten.
Als die Ergebnisse zwei Minuten später vorlagen, grinste er verächtlich. Da die KUHIRO keine außergewöhnlichen Beobachtungen gemacht hatte, beschränkte man sich auf die übliche Routine. Captain Bold war davon überzeugt, dass ihm eine ruhige Woche bevorstand. Doch das war ein Trugschluss. Bereits nach einer Stunde gab der Ortungsoffizier Alarm.
„Auswertung!“, befahl Bold.
Fast im gleichen Augenblick erschien das Ergebnis auf dem Monitor. Die Sensoren hatten ein Schiff ausfindig gemacht, das in einer Entfernung von nur vier Lichtminuten aus dem Hyperraum aufgetaucht war. Es handelte sich um einen Raumfrachter. Offenbar lag das Ziel des Schiffs, vom gegenwärtigen Standpunkt aus gerechnet, im Peharon-System. Captain Bold gab den Befehl, sich dem Frachter mit einem Blitzmanöver auf eine halbe Lichtsekunde Distanz zu nähern und den fremden Kommandanten zum Stoppen aufzufordern. Das Peharon-System gehörte nicht zum Einflussbereich der Regierung des gewählten Hochadmirals von Axarabor. Es war ein autonomes Gebiet. Doch in der Vergangenheit hatte man immer wieder verdächtige Beobachtungen gemacht. Schon allein aus diesem Grund wollte Bold eine Kontrolle durchführen.
Kurz darauf erschien das Raumschiff in der Sektorvergrößerung des Panoramabildschirms. Bold las die Maße ab: dreihundert Meter Länge, einhundert Meter Durchmesser. Für einen Frachter waren das nur durchschnittliche Ausmaße.
„Stellen Sie eine Verbindung her!“, befahl er dem Kommunikationsoffizier. „Ich möchte selber mit dem Captain sprechen.“
Sekunden später erschien ein breites Gesicht auf dem Panoramabildschirm.
„Hier Captain Bold vom Schiff GHATANA der Raumflotte von Axarabor. Gleichen Sie Ihren Kurs an und identifizieren Sie sich. Es handelt sich um eine Routineüberprüfung gemäß des Gesetzes über die Ausübung der Hoheitsrechte im Gebiet der Regierung des gewählten Hochadmirals von Axarabor.“
Der Mann auf dem Bildschirm nickte. Im ersten Moment schöpfte Bold auch nicht den Verdacht, der Kommandant des Frachters wolle sich der Kontrolle entziehen. Erst als der aktivierte Schutzschirm der GHATANA unter einer Breitseite aus schweren Geschützen rot aufflammte, wusste Bold, dass es diesmal nicht reibungslos ablaufen würde. Die GHATANA war schon ziemlich alt und besaß keinen besonders starken Schutzschirm. Nach Ablauf des nächsten Dienstjahres sollte sie verschrottet werden. Aber die Besatzung war auf schnelle Aktionen gedrillt.
Die Triebwerke dröhnten, als sie auf maximalen Schub geschaltet wurden. Das Schiff raste hinter dem Frachter her, der inzwischen ebenfalls mit Höchstwerten beschleunigte. Captain Bold lächelte grimmig. Der Kommandant des Frachters hätte es besser wissen müssen. Dass er dennoch einen Fluchtversuch wagte, deutete offenkundig darauf hin, dass er etwas zu verbergen hatte.
Innerhalb einer Viertelminute überholte die GHATANA den Frachter und stellte ihn, indem sie sich vor seinen Bug setzte. Der Kommandant feuerte aus allen verfügbaren Geschützen. Ab und zu wurde die GHATANA durch die Aufschlagwucht der Energiestrahlen erschüttert. Dann erwiderte das Schiff das Feuer. Acht mittelschwere Kanonen vereinigten ihre Energiestrahlen auf einen Punkt des feindlichen Schutzschirms. Mit einer lichtstarken Entladung brach er zusammen.
Ohne einsatzfähigen Abwehrschirm und Hauptantrieb konnte der Frachter nur wenig tun, um sich zur Wehr zu setzen. Eine Zeitlang produzierte er einen unablässigen Feuerstrom aus seinen Bordwaffen, aber auch dieser erstarb innerhalb kürzester Zeit.
„Feuer einstellen!“, schrie Bold.
Für die Besatzung des Frachters bedeutete sein Befehl die Rettung in letzter Sekunde. Die Triebwerkssektion glühte bereits. Vereinzelt lösten sich Bruchstücke aus der Verkleidung. Captain Bold betätigte die Taste des internen Kommunikationssystems.
„Enterkommando?“
„Enterkommando bereit!“, erscholl die Antwort aus den Lautsprechern.
„Ablauf der Operation nach Plan Omega 5!“, befahl Bold.
Er verließ die Zentrale und übergab das Kommando seinem ersten Offizier. Eine Minute später berührte der Schutzschirm der GHATANA die Wandung des Frachters. Ein grelles Feuerwerk von Entladungen zuckte herüber. Captain Bold beobachtete das Geschehen auf dem großen Monitor in der Enterschleuse. Er lachte, als der Schutzschirm des Frachters endgültig erlosch. Sofort wurde der Schirm der GHATANA ausgeschaltet, damit das Enterkommando seiner Pflicht nachgehen konnte.
Captain Bold hatte nicht die Absicht, ein Risiko einzugehen. Konzentrierte Energiestrahlen fraßen sich sekundenschnell durch die Bordwand des Frachters und schufen so einen Eingang, an dem keine bewaffneten Gegner postiert waren. An der Spitze des Kommandos drang der hochgewachsene Mann in das Schiff ein. Zielstrebig eilte er auf die Zentrale zu. Kurz davor versuchten sechs bewaffnete Männer, die Soldaten aufzuhalten. Sie wurden erschossen.
Dann stand Bold in der Zentrale vor dem Captain des Frachters. Er holte so schnell aus, dass die Augen des Mannes die Bewegung zu spät wahrnahmen. Seine geballte Faust klatschte auf die linke Wange des Captains. Er taumelte zurück. Einen Atemzug lang starrte er den Eindringling hasserfüllt an, dann warf er sich vorwärts. Bold schlug ihm den Kolben seines Blasters über das Gesicht. Währenddessen drängten seine Leute die beiden übrigen Besatzungsmitglieder an die Wand. Der Captain brach zusammen.
„So!“, knurrte Bold grimmig. „Jetzt wirst du erleben, was es heißt, innerhalb des Hoheitsgebiets von Axarabor auf ein Patrouillenschiff zu schießen. Offenbar ahnst du nicht einmal, dass ich das Recht gehabt hätte, deinen Schrotthaufen in einen Feuerball zu verwandeln.“
Es dauerte mehr als eine Stunde, bis das Enterkommando die Frachträume des Schiffs durchsucht und die Ladung analysiert hatte. Dabei stieß man auf ein wabenartig aufgebautes System miteinander verbundener Tanks, die eine milchige Flüssigkeit mit wurmartigen Kreaturen enthielten. Doch für wen war diese Ladung bestimmt? Das Logbuch des Schiffes war verschlüsselt, deshalb richtete Bold seine Aufmerksamkeit zunächst auf die Gefangenen.
Zweien von ihnen war es während der Überführung vom Frachter zur Luftschleuse der Fähre gelungen, sich dermaßen erfolgreich zur Wehr zu setzen, dass sie es geschafft hatten, sich frei von jeglichen Fesseln ihrer Helme zu entledigen. Sie starben augenblicklich. Der Captain lebte noch, obwohl er die gleichen Anstrengungen unternommen hatte. In Begleitung zweier Offiziere begab sich Bold in die Kabine, in der man den Fremden festhielt. Da man nicht ausschließen konnte, dass der Gefangene einen erneuten Selbstmordversuch unternehmen würde, hatte man ihn auf einem Stuhl fixiert.
Bold wollte Antworten auf seine Fragen haben. Deshalb befahl er einem Bordarzt, dem Gefangenen eine große Dosis Pentathol-Derivat zu verabreichen. Zehn Minuten später begann das Verhör. Doch es verlief nicht so, wie geplant. Als er zwei Stunden später die Kabine wieder betrat, blickte er auf einen Toten. Das Gesicht des Arztes drückte Bestürzung aus.
„Er ist den Drogen gegenüber offenbar nicht immun gewesen“, sagte der Mediziner. „Warum, weiß ich leider nicht. Wir hatten zwar nicht viel Zeit zur Verfügung, trotzdem haben wir vor dem Verhör einen Test gemacht, der absolut negativ war. Vielleicht handelt es sich um eine allergische Reaktion. Ich verstehe wirklich nicht ...“
Bold schnitt ihm einfach das Wort ab. „Hat er noch etwas gesagt, bevor er starb?“
Der Arzt nickte. „Wir haben ziemlich viel von ihm erfahren. Hauptsächlich Dinge über sein Leben. Aber was ich ihm auch verabreichte – und egal wie viel -, er sagte kein Wort über die Ladung oder das Ziel des Frachters. Vielleicht hat man ihn einer Gehirnmanipulation unterzogen. Er war einfach nicht fähig, etwas von dem zu erzählen, was wir wissen wollten. Das habe ich von Anfang an gemerkt.“
„Wie ist es passiert?“, fragte Bold.
„Die Droge hat den Gefangenen in einen Zustand sentimentaler Selbstversunkenheit versetzt. Nach eineinhalb Stunden zeigte er Anzeichen physischer Erschöpfung. Seine Äußerungen wurden immer zusammenhangloser und enthielten nichts Verwertbares außer einem wiederholten Flehen, ihn freizulassen.“
Bold kehrte in die Kommandozentrale zurück und befahl dem Navigator, die Flugroute nachzurechnen, die der Frachter vom Augenblick der Sichtung an genommen hatte. Aufgrund dieser Kalkulationen wurde der erste Teil des Fluges durch eine Rekonstruktion ergänzt. Das Ergebnis veranlasste Bold, sich sofort mit dem Hauptquartier in Verbindung zu setzen.
„Hyperfunkverbindung herstellen!“, befahl er dem Kommunikationsoffizier. „Senden Sie in Geheimcode sechsundsiebzig Strich G.“
Der Mann zuckte zusammen und beeilte sich, dem Befehl nachzukommen. Bold presste seine Hände nervös gegeneinander, das sicherste Zeichen für seine starke Erregung. Mit sicheren Griffen betätigte der Kommunikationsoffizier die Tasten. Bold wartete ergeben, bis die Verbindung hergestellt war, die über mehrere Zwischenstationen zustande kam.
„Sie können jetzt sprechen“, sagte der Offizier schließlich.
„Hier Patrouillenschiff GHATANA in Sektor 268/Blau – K 59“, meldete er sich. Bold wiederholte es drei Mal, dann kam der Gegenimpuls.
„Hauptquartier der Raumflotte“, sagte eine nüchterne Stimme. „Abteilung vierzehn.“
Bold berichtete in kurzen Worten, was geschehen war, aber bevor er zu Ende geredet hatte, wurde er unterbrochen.
„Warten Sie, Captain“, sagte die Stimme. „Ich verbinde Sie mit dem Oberst.“
Wenige Minuten verstrichen, dann sagte eine sorgenvolle Männerstimme: „Hier ist Sogruta. Was ist passiert, Captain?“
Abermals erzählte Bold, was sich zugetragen hatte. Sogruta schien einen Augenblick zu überlegen.
„Kehren Sie umgehend zurück.“
„Ja, Oberst.“
Die Verbindung wurde beendet.
„Volle Kraft voraus!“, befahl Bold dem Navigator, während er sich in seinen Sitz sinken ließ. Die GHATANA beschleunigte und verschwand im Hyperraum. Bolds Bericht hatte für großes Aufsehen gesorgt. Jeder wusste, dass die Lage ernst war. Sofort wurde der Entschluss gefasst, die großen Flottenmanöver abzubrechen und Vorbereitungen für einen Feldzug zu treffen.
2
Duggal Oradnozy stieg in das autonom fahrende Gleitertaxi, nannte Stadtteil, Straße und Hausnummer. Das Fahrzeug setzte sich in Bewegung, kurvte durch eine sich selbstständig öffnende Schleuse und raste in ein Gewirr von ineinander verschlungenen Auffahrten. In etwa einhundert Metern Höhe ging es über eine schwach beleuchtete Parklandschaft. Auf der rechten Seite ragten die lichtüberfluteten Hochhäuser des Stadtzentrums in den Nachthimmel. Reklame zuckte und schimmerte in grellen Farben. Landefähren glitten darüber hinweg.
Auf der linken Seite erstreckten sich die in Parks eingebetteten Wohnviertel. Hier gab es keine Silos, wo manchmal bis zu dreißigtausend Menschen in einem einzigen Gebäude lebten, in einem riesigen Turm mit Garagen, Schwimmbädern, Theatern, Krankenhäusern, Supermärkten und allen anderen Dingen, deren der Mensch bedurfte. Hier war reichlich Platz vorhanden. Ein- und zweistöckige Bungalows stellten die Heime der Stadtbewohner dar, eingebettet in üppig gestaltete Parks und jeweils in Gruppen von zwanzig bis zweihundert Gebäuden locker aufgegliedert.
Das Taxi bog nach wenigen Minuten Fahrt von der Hochstraße ab. Ein See glitzerte zur Rechten. Die Positionslampen einiger Boote waren zu erkennen. Im nächsten Augenblick lag der See schon weit hinter ihm. Der Landscheinwerfer einer Raumjacht glitt weiß und blendend über die Landschaft. Das Dröhnen der Triebwerke erfüllte die Luft – und verklang am Horizont. Links huschten mehrere weiße, kubische Gebäude vorbei. Eines von ihnen war hell erleuchtet. Musikfetzen wehten vorüber.
Das Taxi hielt vor einem einstöckigen Bungalow. Oradnozy steckte die Geldkarte in den Zahlschlitz des Fahrautomaten. Die Türen glitten auf. Er stieg aus und blickte zu dem Haus hinüber. Die Fenster waren hell erleuchtet. Offenbar ließ sich die Sache schneller erledigen, als er erwartet hatte. Duggal Oradnozy arbeitete für den Geheimdienst von Axarabor. Sein Auftrag lautete, den Eigentümer des Unternehmens ausfindig zu machen, dessen Frachter man vor einigen Tagen im Rheta-Sektor aufgebracht hatte.
Die Aufgabe erwies sich anfangs als ziemlich kompliziert, weil die Besitzverhältnisse durch mehrere Tarnfirmen verschleiert worden waren. Allein dieser Umstand bewies Oradnozy, dass hier etwas äußerst Verdächtiges vor sich ging. Vielleicht war die Firma nur gegründet worden, um bei einer oberflächlichen Kontrolle eine gültige Lizenz vorweisen zu können. Oradnozys Nachforschungen verliefen zunächst ergebnislos. Doch er gab nicht auf. Und schließlich zahlte sich seine Hartnäckigkeit aus. Es gelang ihm, den Eigentümer des Frachtunternehmens ausfindig zu machen. Die Spur führte auf den Planeten Bacarya und zu einem Mann namens Camdico Camaca.
Oradnozy setzte sich wieder in Bewegung und näherte sich dem Eingang. Die Tür stand offen. Oradnozy handelte sofort. Er zog seinen Blaster aus dem Holster und betrat die erleuchtete Vorhalle. Dort blieb er erstarrt stehen. Der Tote, der auf dem Teppich neben einem umgefallenen Sessel lag, war kein anderer als Camaca. Man hatte ihn mit einem Blaster erschossen, und zwar vor wenigen Minuten. Offenbar wollte jemand verhindern, dass er redete.
Oradnozy wandte sich der Tür auf der rechten Seite zu. Geräuschlos glitt sie zur Seite. Der dahinterliegende Raum war dunkel. Nach dem ersten Schritt wunderte sich Oradnozy, dass sich das Licht nicht automatisch eingeschaltet hatte. Doch da war es bereits zu spät. Irgendetwas explodierte in seinem Gehirn. Stöhnend fiel er zu Boden.
3
Der Übergang von der Bewusstlosigkeit zum Wachzustand erfolgte mit jener Langsamkeit, die Oradnozy nur zu gut kannte. Er wusste sofort, dass man ihn niedergeschlagen hatte. Allmählich erkannte er seine Umgebung. Er lag in einem so winzigen, schmalen Raum, dass es sich dabei eigentlich nur um eine Abstellkammer handeln konnte. Indirektes gelbes Licht erhellte zwei leere Wände, eine Tür und ein bis zur Decke reichendes Regal. Die Luft roch dumpf und abgestanden, was Oradnozys Vermutung über die Art der Räumlichkeiten zu bestätigen schien. Abstellräume waren in den seltensten Fällen an eine Klimaanlage angeschlossen.
Als Oradnozy wieder völlig klar denken konnte, stellte er verblüfft fest, dass man ihn nicht gefesselt hatte. Das gab ihm zu denken. Leise erhob er sich und tastete die Taschen seines Anzugs ab. Zum zweiten Mal innerhalb weniger Sekunden war er erstaunt. Diejenigen, die ihn überwältigt und hierher geschleppt hatten, konnten doch nicht so naiv sein, wie er zunächst vermutete. Sie hatten nicht nur seinen Blaster an sich genommen, sondern auch sämtliche anderen Ausrüstungsgegenstände in den Geheimverstecken gefunden. Und dazu gehörte eine Menge Erfahrung. Aber weshalb hatte man ihn nicht gefesselt?
Sekundenlang prüfte er die naheliegende Vermutung, seine Gegner hätten einen Fehler begangen. Aber das hielt er für unwahrscheinlich. Andererseits konnte er jedoch nicht einsehen, warum sich jemand diese Mühe hätte machen sollen, ihn zur Flucht zu ermuntern. Seine Blicke fielen auf das Regal an der linken Seitenwand. Er musterte die dort aufbewahrten Gegenstände, konnte sie jedoch keinem bestimmten Zweck zuordnen. Zweifellos handelte es sich um Bauteile für mechanische Geräte, aber mehr war im Augenblick nicht zu erkennen.
Oradnozy wandte sich ab und trat an die Tür. Wie er vermutet hatte, wurde sie lediglich durch einen einfachen Mechanismus verriegelt. Oradnozy überlegte. Sollte er ausbrechen oder warten? Eine solche Flucht hätte sicher ihre Vorteile; er würde zumindest in Sicherheit sein. Andererseits wollte er auch gerne wissen, wer ihn gefangen hielt und warum. Falls er floh – und er machte sich keine Illusionen darüber, seine Flucht könnte völlig unbemerkt vonstattengehen – würde das Haus leer sein, wenn er mit Verstärkung zurückkehrte.
Oradnozy hob die Schultern und setzte sich auf den Fußboden. Jetzt fühlte er die Müdigkeit wieder in seinen Gliedern, nachdem die erste Erregung abgeklungen war. Zu gern hätte er sich lang ausgestreckt und geschlafen, doch er fürchtete, dadurch das Öffnen der Tür zu überhören und das Überraschungsmoment zu verlieren. Er hielt sich krampfhaft wach. Nach etwa zehn Minuten – es konnte ebenso gut eine Viertelstunde verstrichen sein, vibrierte der Boden und ein tiefes Dröhnen brach über Oradnozy herein.
Er lauschte. Das Dröhnen schwoll innerhalb von Sekunden so stark an, dass ihm die Trommelfelle schmerzten, dann verebbte es allmählich. Das Geräusch hatte ihn nachdenklich gestimmt. Die Lautstärke ließ auf sehr starke Aggregate schließen, aber weder im Privat- noch im Geschäftsbereich waren derartige Aggregate notwendig. Genau genommen waren sie überhaupt nicht notwendig. Jedes Gebäude bezog seine Energie entweder über die unterirdischen Versorgungskanäle oder über Hochleistungsspeicher, die ein ganzes Jahr vorhielten.
Man hatte ihn also entweder in einem Fabrikgebäude untergebracht – oder in einem Raumschiff. Die Wahrscheinlichkeit für letztere Möglichkeit war verschwindend gering. Auf den wenigsten Raumschiffen gab es Abstellräume. Oradnozy hätte noch länger darüber nachgedacht, wenn nicht plötzlich das nahezu lautlose Surren der elektronischen Türverriegelung ertönt wäre. Rasch streckte er sich aus und hielt den Atem an. Die Tür glitt zur Seite. Ein hochgewachsener, schlanker Mann stand in der erleuchteten Öffnung. Seine Gestalt hob sich scharf gegen das hellere Licht von draußen ab. Zweifellos war der Fremde ein Mensch.
Seine braune Haut deutete daraufhin, dass in seinen Adern das Blut eines dunkelhäutigen Ahnen floss. Die schwarzen Haare waren leicht gekräuselt und sehr kurz geschnitten. Eine dunkelblaue Kombination hüllte den Körper ein. An den Füßen trug der Fremde schwarze, halbhohe Lackstiefel, wie sie seit einiger Zeit in Mode waren. Ein breiter Waffengurt, durchsichtige Handschuhe und eine goldene Halskette vervollständigten das Bild. Die Gesichtszüge wirkten sympathisch, und das irritierte Oradnozy.
Der Fremde sah keineswegs aus wie ein Verbrecher, eher wie ein Mann, der genügend Geld besitzt, um zu seinem Privatvergnügen die Galaxie zu durchkreuzen. Der Fremde lachte. Doch mit einem Schlag verschwand der sympathische Zug aus seinem Gesicht.
„Wieder wach, wie ich sehe!“
Er trat einige Schritte näher und blieb so stehen, dass sein rechter Fuß gegen Oradnozys Rippen stieß. Der Agent bewegte die Augen. Es wäre verkehrt gewesen, sich bewusstlos zu stellen. Aber er antwortete nicht.
„Du wärst uns beinahe auf die Spur gekommen. Offenbar verstehst du nicht, was ich meine, wie? Aber gedulde dich. Bald wirst du alles erfahren. Doch dein Wissen wird dir dann nichts mehr nützen.“
Er holte mit dem Fuß aus und trat Oradnozy gegen den Brustkorb. Im nächsten Augenblick umklammerten die Hände des Agenten den Knöchel des Mannes. Ein Ruck – und der Fremde flog über Oradnozy hinweg. Er prallte an die gegenüberliegende Wand und rutschte daran herab auf den Boden. Oradnozy sprang auf und wollte neben seinem Gegner niederknien. Fast hätte ihn der mit Wucht geführte Schlag gegen seinen Hals getroffen. Im letzten Moment warf er sich zurück und zog die Knie ganz dicht an den Körper. Als sich der Mann auf ihn stürzte, trat er mit aller Kraft zu.
Diesmal rührte sich der Fremde nicht mehr. Oradnozy riss ihm den Blaster aus dem Holster. Es war eine der besten Waffen, die es auf diesem Gebiet gab. Der Stückpreis betrug viereinhalbtausend. Nachdenklich schob Oradnozy den Blaster in seinen Holster. Dann tastete er den Bewusstlosen sorgfältig ab. Er hoffte, irgendeinen Anhaltspunkt zu finden, der ihm etwas über den Sinn des Ganzen verriet. Fündig wurde er an anderer Stelle. Als er sich das Genick des Mannes betrachtete, entdeckte er dort eine kleine Narbe. Erschrocken wich er zurück. Ihm wurde schlagartig bewusst, wo er so eine Narbe schon einmal gesehen hatte.
Oratnozy stieß eine Verwünschung aus. Er musste sofort seinen Vorgesetzten informieren. Die Sache duldete keinen Aufschub. Mit jeder Sekunde, die er verlor, wurde die Gefahr größer. Gleichzeitig wunderte er sich immer noch darüber, dass man ihn nicht sofort getötet oder wenigstens gefesselt hatte. Irgendetwas an dieser Geschichte war merkwürdig. Er glaubte nicht, dass es sich um eine Nachlässigkeit handelte. Es musste einen anderen Grund geben.
Details
- Seiten
- 81
- Jahr
- 2020
- ISBN (eBook)
- 9783738941050
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2020 (Juni)
- Schlagworte
- axarabor band raumflotte schlacht