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Die Raumflotte von Axarabor #64: Flucht im Nirgendwo

©2019 78 Seiten
Reihe: Axarabor, Band 64

Zusammenfassung

Die Raumflotte von Axarabor - Band 64

von Wilfried A. Hary

Der Umfang dieses Buchs entspricht 70 Taschenbuchseiten.

Zehntausend Jahre sind seit den ersten Schritten der Menschheit ins All vergangen. In vielen aufeinanderfolgenden Expansionswellen haben die Menschen den Kosmos besiedelt. Die Erde ist inzwischen nichts weiter als eine Legende. Die neue Hauptwelt der Menschheit ist Axarabor, das Zentrum eines ausgedehnten Sternenreichs und Sitz der Regierung des Gewählten Hochadmirals. Aber von vielen Siedlern und Raumfahrern vergangener Expansionswellen hat man nie wieder etwas gehört. Sie sind in der Unendlichkeit der Raumzeit verschollen. Manche errichteten eigene Zivilisationen, andere gerieten unter die Herrschaft von Aliens oder strandeten im Nichts. Die Raumflotte von Axarabor hat die Aufgabe, diese versprengten Zweige der menschlichen Zivilisation zu finden - und die Menschheit vor den tödlichen Bedrohungen zu schützen, auf die die Verschollenen gestoßen sind.

Besucher, wisse, dieses Haus hat viele Türen, doch keine führt hinaus. Du weißt nicht, was dich erwartet, weil noch niemals jemand davon je hätte erzählen können. Bis heute…

Leseprobe

Flucht im Nirgendwo

Die Raumflotte von Axarabor - Band 64

von Wilfried A. Hary


Der Umfang dieses Buchs entspricht 70 Taschenbuchseiten.


Zehntausend Jahre sind seit den ersten Schritten der Menschheit ins All vergangen. In vielen aufeinanderfolgenden Expansionswellen haben die Menschen den Kosmos besiedelt. Die Erde ist inzwischen nichts weiter als eine Legende. Die neue Hauptwelt der Menschheit ist Axarabor, das Zentrum eines ausgedehnten Sternenreichs und Sitz der Regierung des Gewählten Hochadmirals. Aber von vielen Siedlern und Raumfahrern vergangener Expansionswellen hat man nie wieder etwas gehört. Sie sind in der Unendlichkeit der Raumzeit verschollen. Manche errichteten eigene Zivilisationen, andere gerieten unter die Herrschaft von Aliens oder strandeten im Nichts. Die Raumflotte von Axarabor hat die Aufgabe, diese versprengten Zweige der menschlichen Zivilisation zu finden - und die Menschheit vor den tödlichen Bedrohungen zu schützen, auf die die Verschollenen gestoßen sind.

Besucher, wisse, dieses Haus hat viele Türen, doch keine führt hinaus. Du weißt nicht, was dich erwartet, weil noch niemals jemand davon je hätte erzählen können. Bis heute…



Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author /COVER 3000AD 123rf Steve Mayer

© Serienidee Alfred Bekker und Marten Munsonius

© dieser Ausgabe 2019 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

postmaster@alfredbekker.de



1

„Das ist zum Auswachsen!“, schimpfte Kommandant Cheron Sohl. Wer sie zum ersten Mal sah, hielt sie wohl für ein Topmodell, zumindest jedoch für eine aufgebretzelte Superblondine, deren hochgewachsene Gestalt, ihre strahlend blauen Augen, ihr voller Mund, ihr beachtlicher Busen und vor allem die endlos langen Beine Dinge zu versprechen schienen… die sie mit absoluter Sicherheit niemals erfüllen würde. Sie war ja nicht umsonst zum Kommandanten der kleinen Crew gewählt worden von ihren Besatzungsmitgliedern.

Diese schauten allesamt grimmig drein und sagten lieber mal gar nichts. Die Sachlage war ohnehin völlig klar. Genauso klar wie die Tatsache, dass sie aus dieser Nummer nach Lage der Dinge niemals wieder herauskommen konnten. Bis zu ihrer aller Ende wohlgemerkt.

Die Sachlage war nämlich diese: Sie hatten sich als Artefaktenjäger – sie nannten sich nicht umsonst „Jäger der verlorenen Schätze“ - eine Art Sarg unter den Nagel gerissen, in dem angeblich der letzte König der Erde lag. Obwohl es nirgendwo einen erkennbaren Mechanismus gab, dieses Ding zu öffnen. Dass es sich überhaupt um einen Sarg handelte, verrieten höchstens die reichen wenngleich völlig unverständlichen Verzierungen und natürlich die Form. Da würde gut und gern eine Leiche hinein passen, ob nun wirklich von einem König oder auch nicht.

Die Krux war indessen, dass anscheinend jeder im Quadranten wusste, dass sie damit unterwegs waren, seit ihrer Konfrontation mit dem angeblich einzig rechtmäßigen Eigentümer, der sich hochtrabend Großmogul Davier Seidoom nannte, und deshalb bemühte man sich emsig, ihnen das Ding wieder abzuluchsen. Zumal dieser angebliche Großmogul eine Belohnung in Millionenhöhe ausgelobt hatte.

Es war zwar nicht nachvollziehbar, weil jeder, der an dieses Artefakt geriet, damit sogleich zum Meistgesuchten in der bekannten Galaxis mutierte, was die Inbesitzname vor dem Abkassieren der Belohnung keineswegs begehrenswert erscheinen ließ, aber es war nun einmal Fakt und blieb es nach Lage der Dinge auch. Selbst wenn sie das Ding irgendwie los geworden wären, hätte man es wohl immer noch bei ihnen vermutet, um sie auch weiterhin bis zum bitteren Ende zu jagen. Und selbst an den angeblichen Eigentümer übergeben schied von vornherein aus, weil sie niemals so weit gekommen wären, ohne vorher ausgeraubt und getötet zu werden. Allein schon wegen der Belohnung.

Dies alles einmal im Lichte dessen betrachtet, dass sie ein Übernahmeangebot erhalten hatten, sogar auch noch mit dem Versprechen, es publik zu machen, wer der neue Besitzer sein würde… Kein Wunder, dass dies Cheron zu jener Äußerung brachte, die sie jetzt wiederholte, während sie ihre zierlich anmutenden Hände zu Fäusten ballte und den vollen Mund zum Schmollmund werden ließ: „Das ist zum Auswachsen!“

Die Einladung roch förmlich nach einer tödlichen Falle, aber hatten sie überhaupt eine Wahl?

Hätte jetzt jemand gesagt: „Eine Wahl hat man immer!“, wäre das seinem Todesurteil gleich gekommen, denn keiner in der Besatzung hätte in dieser Situation noch Verständnis für einen solch derben Scherz aufgebracht. Am wenigsten noch Cheron selbst.



2

„Also gut, wenn keiner Einwände geltend macht: Erster Offizier Ronodar Persein, Kurs nehmen auf die übermittelten Koordinaten!“

Angriffslustig sah sie sich in der kleinen Runde um. Keiner wagte es, diesen Blick zu erwidern. Auch nicht der Erste Offizier, kurz EO genannt. Der schwarzhaarige, glutäugige, schlank-muskulöse Frauentyp wäre eher verdächtigt worden, ein professioneller Lover zu sein als der erste Offizier an Bord des Raumschiffs QUASIM. Er war übrigens der einzige, der den Schiffsnamen als „bescheuert“ bezeichnete. Dies wörtlich. Nicht nur, weil ihm niemand mehr sagen konnte, wie es überhaupt zu diesem Namen gekommen war, der im allgemeinen Sprachschatz eigentlich fehlte.

Jetzt beugte er sich vor und griff in die Kontrollen. Er war nicht nur EO, sondern natürlich auch der Pilot der QUASIM, obwohl die Hauptsache dabei von der bordeigenen KI erledigt wurde.

Jetzt widmete sich auch Donar Kasim ihren Kontrollen. Eine Laune der Natur hatte sie zu einem Zwitter werden lassen, halb Mann und halb Frau. So konnte sie gewissermaßen beliebig in jede Geschlechterrolle schlüpfen. Als Mann hatte sie eine eher knabenhafte Figur, als Frau war sie eine gertenschlanke exotische Schönheit. Es war auch genau das, was sie heute bevorzugte.

„Der Situation angebracht!“, hatte sie behauptet, obwohl keiner an Bord mit dieser Behauptung etwas anfangen konnte. Sie waren Todeskandidaten auf der Flucht im Nirgendwo. Wegen dieses vermaledeiten Sarges, der vielleicht überhaupt keinen Inhalt hatte oder gar überhaupt kein Sarg war, sondern nur so aussah? Zumal es eine Erde möglicherweise niemals gegeben hatte, geschweige denn einen irdischen König. Schon gar nicht den letzten. Jedenfalls wurde allgemein behauptet, dass die Erde sowieso nur ein Hirngespinst war. Eine Legende, die Axarabors Rolle für die Geschichte der Menschheit mindern sollte. Was hatte das jetzt auch nur im Geringsten mit ihrer Geschlechterrolle zu tun?

Jedenfalls war Donar Kasim für den Funk und die Ortung zuständig. Funk konnte vernachlässigt werden, doch Ortung war im Zielgebiet sicherlich von fundamentaler Bedeutung. Zumal sie eben eine Falle vermuteten.

Deshalb war natürlich auch der kleine Dicke von außerordentlicher Bedeutung, wie sie gern Brumar Tolzipen nannten, den Waffen- und Verteidigungsoffizier. Weil er eben klein und dick war. Es gefiel ihm zwar nicht, wenn sie ihn so nannten, aber er duldete es zumindest nach außen hin ziemlich gelassen. Überhaupt erschien er die meiste Zeit als eher der Gemütliche, was eigentlich seinen Aufgaben zu widersprechen schien. Jedoch nicht immer. Allein schon im Einsatz wäre das wohl ziemlich unangebracht gewesen. Ein gemütlicher Kanonier?

Sie waren jetzt jedenfalls gerüstet, um die zu erwartende Falle näher in Augenschein zu nehmen.



3

Die Koordinaten stimmten. Auf jeden Fall. Nur das Ziel schien nicht zu stimmen: Ein halbes Lichtjahr vom nächsten Sonnensystem entfernt schwebte mitten im sogenannten Nichts… ein Haus! Nicht irgendeines, sondern eines für humanoide, mit Veranda. Die Crew hatten jedenfalls ein solches Haus noch niemals zuvor gesehen. Nicht dass sie wüssten.

„Spinne ich?“, fragte der kleine Dicke und konnte nicht seinen Blick davon lösen. „Das ist ein Wohnhaus, wie es sie zu tausenden gibt.“

„Völlig bewegungslos, wie es scheint“, führte Donar aus, nachdem sie noch einmal ihre vorläufigen Scanergebnisse gesichtet hatte. „Ein ziemlich großes Haus mit geschlossenen Fensterläden und einer einzigen Eingangstür. Wie, bei den Raumverschlingern höchstpersönlich, kam das Ding hierher?“

„Und dann auch noch völlig unbeschädigt“, wunderte sich nun auch der EO. „Fehlt nur noch der Grund und Boden, auf dem es steht. Direkt vor uns.“

„Naja, nicht direkt, weil dies eine Vergrößerung ist“, berichtigte ihn Donar. „Wir sind immerhin noch fünf Millionen Kilometer entfernt.“

„Ist ja nicht wirklich viel – im Weltraum!“, verteidigte sich Ronodar.

„Leute“, rief jetzt Cheron aus, „kann mir mal einer erklären, was das hier soll? Angeblich will man den Sarg übernehmen und aller Welt berichten, dass er nun den Besitzer gewechselt hat. Hier, in diesem Haus etwa? Sollen wir jetzt einfach mal dort hineinspazieren und den Bewohner fragen, was das eigentlich soll?“

„Erstens“, belehrte Donar jetzt auch sie, „gibt es anscheinend keinen Besitzer, weil ich keinerlei Leben im Innern feststellen kann, zweitens müssen wir tatsächlich zu Fuß hinein, gewissermaßen. Denn die Tür ist für das ganze Raumschiff wohl zu klein, ja, sogar das ganze Haus wäre es. Es ist nämlich zwar groß, aber eben nicht groß genug, um die QUASIM aufnehmen zu können.“

„Was schlägst du vor, Kommandant?“, erkundigte sich Brumar. „Ich persönlich wäre ja sehr dafür, mit sämtlichen Bordmitteln dieses Ding zu beschießen, bis nichts mehr davon übrig ist. Ich meine, allein schon, um sicher zu gehen.“

„Die einzige Chance, die wir vielleicht noch zum Überleben haben, vernichten?“ Cheron schürzte die Lippen, als müsste sie darüber noch nachdenken, um schließlich zu sagen: „Nein!“

„Und dein Vorschlag?“, hakte jetzt Donar nach.

„Näher gehen, mit aller gebotenen Vorsicht!“, entschied ihr Kommandant, an Ronodor gewandt. „Und natürlich alles tun, um mehr herauszufinden über das Ding, das wie ein Haus aussieht.“

„Und wenn das Ding nicht nur so aussieht, sondern tatsächlich ein Haus ist?“, warf Donar ein.

„Ja, klar!“, schnappte der kleine Dicke. „Das hat jemand genau hier erbaut, weil die schöne Aussicht so unverbaubar ist, wie?“

Donar zuckte gleichmütig die Achseln.

„Und wieso eigentlich nicht?“

Brumar lachte humorlos, und man sah ihm an, wie sehr es ihm in den Fingern juckte, seine Waffen losballern zu lassen. Er war sowieso der Meinung, dass nur derjenige gewann, der als erster schoss.

Cheron wandte sich direkt an Donar:

„Hast du schon mal versucht, irgendwie Funkverbindung zu bekommen?“

„Mit wem denn?“

„Hast du nun oder nicht?“

„Natürlich habe ich, auf allen möglichen Frequenzen. Leider ohne Resonanz.“

Ronodar schüttelte den Kopf.

„Da bestellt uns jemand hierher, nur um uns zu versetzen? Also, ich erkenne da keine mögliche Gefahr. Oder kannst du etwas feststellen mit deinen Ortungsinstrumenten, Donar?“

„Nicht das Geringste. Also nicht nur kein Leben, sondern noch nicht einmal irgendwelche Elektronik. Es gibt nicht die geringsten Emissionen. Das ist anscheinend wirklich nur ein völlig intaktes Haus, unbewohnt und aus einer Zeit stammend, als es noch keine nennenswerte Technik gab.“

„Also kein Bordcomputer oder so?“, vergewisserte sich Cheron.

„Nein, jedenfalls nicht nach all den Möglichkeiten, die ich schon durchgespielt habe. Und du weißt ja, in Sachen Ortung und Scans sind wir technisch auf dem neuesten Stand innerhalb dieses Quadranten des Sternenreiches.“

„Normalerweise würde ich ja sagen: Wir machen Meldung an die Raumflotte von Axarabor, damit sich die Raumflotte darum kümmert“, sinnierte Cheron nun laut. „Wäre da nicht die Tatsache, dass die eher an uns selbst interessiert wären als an diesem Ding da. Also müssen wir es wohl für uns behalten.“

„Was ist nun mit dem Angebot?“, fragte jetzt Brumar in die Runde. „Deshalb sind wir doch eigentlich hierhergekommen, oder?“

„Wir sind ja auch hierhergekommen in dem Bewusstsein, dass uns eine tödliche Falle erwartet“, belehrte ihn jetzt Donar. „Davon ist nur leider nicht das Geringste festzustellen. Was sollte da schon gefährlich sein? Das Haus ist völlig einsam und verlassen, ein halbes Lichtjahr weit mitten im Nirgendwo zwischen den Sternen. Hier gibt es quasi nichts. Also überhaupt nichts, wohlgemerkt. Außer kosmischen Strahlen oder so. Vielleicht noch die sagenhaften Raumverschlinger, falls es sie wirklich gibt. Auch ist das Innere völlig leer, wie meine Scans verraten, mit denen ich mühelos die Wände durchdringen kann. Dort gibt es noch nicht einmal Möbel.“

„Die werden erst im Rahmen eines Umzuges geliefert?“, versuchte Ronodar Persein einen Scherz, was jedoch allgemein ignoriert wurde. Er konnte noch nicht einmal selber darüber lachen, denn er fühlte die innere Anspannung genauso unangenehm wie alle anderen. Wenn er dort hinüberschaute, hatte er eher das Gefühl wie bei der Ruhe vor dem großen Sturm.

Jetzt kam er zumindest dem Befehl nach, das Schiff näher zu lenken.

Das Haus wuchs heran. Sie bewegten sich mit ziemlicher Geschwindigkeit, bei der es nur Minuten dauern würde, bis sie ihr Ziel erreichten. Dabei liefen natürlich die Scans von Donar unaufhörlich weiter. Immer wieder musste sie sich selbst davon überzeugen, dass keine erkennbare und unmittelbare Gefahr drohte.

„Ich will es nicht befehlen“, sagte Cheron auf einmal, und irgendwie klang es zögerlich. „Aber ich schlage vor, dass wir in die Schutzanzüge schlüpfen.“

„Wozu?“, erkundigte sich Brumar ahnungsvoll.

„Mit dem Schiff kommen wir nicht hinein, aber sozusagen zu Fuß. Also, wir könnten hinüber fliegen mit unseren Anzügen. Es gibt diese Eingangstür. Vielleicht eine Außenschleuse?“

„Nein, nur eine Tür, nach meinen Scans. Eine Holztür, um genauer zu sein. Mit einer Art Türklinke ausgestattet, wie zu erwarten wäre bei einem solchen Haus.“

„Eine Tür? Ausgerechnet aus Holz?“, vergewisserte sich Cheron. „Also definitiv keine Außenschleuse?“

„Nein!“

„Dann gibt es im Innern keinerlei Atmosphäre?“, wollte Cheron noch wissen.

„Jedenfalls keine feststellbare. Es scheint so, als müsste man einfach nur die Tür aufmachen, um einzutreten. Und das willst du wirklich tun?“

„Ja, das will ich. Wer will mich begleiten?“

Alle meldeten sich spontan.

Sie schüttelte missbilligend den Kopf.

„Nein, es muss jemand an Bord zurück bleiben!“

„Wozu?“, wollte jetzt Brumar wissen.

„Na, du beispielsweise, weil du für die Verteidigung des Schiffes sorgen sollst. Wie denn das, wenn du nicht mehr hier bist?“

„Gegen wen oder was soll ich jetzt noch das Schiff verteidigen? Meiner Meinung nach wäre die einzige Alternative, einfach dieses Hausding unter Beschuss zu nehmen, bis nichts mehr davon übrig ist. Man wird sehen, was dabei geschieht. Vielleicht erfahren wir dadurch eher, was das Ganze überhaupt soll? Haben wir nicht mit einer tödlichen Falle gerechnet? Vielleicht ist das ja die zu erwartende tödliche Falle? Nur ist sie als solche halt nicht erkennbar. Wie Fallen es so an sich haben: Wären sie als solche erkennbar, würde ja wohl niemand freiwillig hineintappen, nicht wahr?“

„Meine Meinung zum Thema kennst du bereits, Brumar: Es wird nichts abgeschossen hier!“

„Gut, Cheron, zähneknirschend akzeptiert. Bleibt also nur noch die Option: Entweder wir gehen alle dort hinüber und sehen vor Ort nach, was da los ist, oder…“

„Das wäre zu riskant!“, fiel ihm Cheron ins Wort.

„Riskant ist es schon, dass wir überhaupt hierhergekommen sind!“, widersprach ihr jetzt sogar Ronodar. „Auch ich bin der Meinung: Entweder alle oder keiner.“

„Aber was wäre daran logisch?“

„Wenn es nach Logik ginge, wie gesagt, wären wir schon gar nicht hier. Natürlich könnten wir jetzt einfach wieder davonfliegen, aber wer von uns will das eigentlich?“

Niemand nahm dazu Stellung.

Donar sagte nur:

„Hast du nicht gesagt, du willst es nicht befehlen? Also musst du eigentlich auch unsere Meinung akzeptieren. Und selbst wenn wir abstimmen würden: Das wären dann drei gegen eine.“

Cheron seufzte ergeben.

„Gut, überredet, aber dann liegt die Verantwortung für dieses Vorgehen allein bei euch.“

„Was kann denn schon passieren?“, brummte Brumar. „Außer dass es uns das Leben kostet. Das kostet es sowieso, wie es aussieht. Falls wir nicht auf die richtige Art endlich dieses scheiß Artefakt in der Form eines uralten Sarges los kriegen. Und deshalb sind wir ja hier. Damit haben wir nur noch die Wahl, jetzt zu sterben oder ein wenig später…“

„Ziemlich pessimistisch!“, warf ihm Donar vor.

„Das ist nicht pessimistisch, sondern realistisch!“, konterte Brumar Tolzipen, stand auf und ging hinüber zu den Schränken, wo sie ihre Schutzanzüge aufbewahrten. „Und um den Realismus noch zu untermauern, werde ich mich buchstäblich bis an die Zähne bewaffnen.“

„Keinen Einwand!“, sagte Cheron dazu. „Und bitte rüste uns alle aus, und vergiss nicht, die KI auf Selbstverteidigung einzustellen – und Flucht, falls die Selbstverteidigung nicht gelingen sollte.“

„Aber dann wird uns das Schiff quasi im Stich lassen, falls es jemand angreift!“, begehrte Ronodar auf.

„Klar, aber dann soll das Schiff ein Notsignal aussenden, um die Raumflotte von Axarabor auf sich aufmerksam zu machen. Wenn es wirklich so weit kommt, ist es sowieso egal, ob die uns aufgreifen oder nicht. Vielleicht wäre das doch noch besser als umzukommen?“

„Und wieso machen wir das nicht gleich schon: Die Raumflotte von Axarabor bitten, uns festzunehmen und diesen scheiß Sarg zu beschlagnahmen?“, erkundigte sich Brumar überrascht.

„Muss ich dir das wirklich erklären? Wir gelten der Raumflotte als gefährlich, dass sie erst schießen und dann fragen würden, ob wir uns freiwillig ergeben.“

„Na, dann…“ Brumar wog wie prüfend einen Blaster in seiner Hand. „Hoffen wir, dass unsere Waffen dort drin ausreichen.“

„Immerhin in einem völlig leer stehenden Haus, nicht wahr?“, versuchte Donar ihn zu provozieren.

Er verzog lediglich die Mundwinkel und machte weiter, indem er sich den Schutzanzug überstreifte.



4

Sie lösten sich nacheinander von der Außenschleuse und schwebten, von der Anzugs-KI gesteuert, hinüber zu dem uralt erscheinenden Haus. Es wuchs vor ihnen heran. Das sah tatsächlich so aus, dieses Ding, wie vor langer Zeit von einem Planeten entführt, um es mit irgendwelchen Tricks unversehrt hier zu platzieren. Es konnte genauso gut hundert wie tausend Jahre alt sein oder sogar noch älter. Zumindest hatte ihm das Vakuum und die energiereiche Strahlung, die hier herrschte, nichts anhaben können.

Ständig sicherten die vier nach allen Seiten. Alles blieb friedlich. Wenn sie sich auf das Haus konzentrierten, bildeten sie sich ein, den Wind in Bäumen und im hohen Gras rauschen zu hören und sogar das Zwitschern von Vögeln. Das Haus, für sich betrachtet, wirkte tatsächlich wie aus einem ländlichen Idyll gerissen. Aber wer tat denn so was überhaupt? Diese Frage erschien noch wichtiger als die Frage, mit welchen Mitteln es jemandem gelungen war.

Cheron erreichte die Eingangstür als erste. Träge schwamm sie herum. Ja, es sah aus, als würde sie sich unter Wasser befinden. Es war die hier herrschende Schwerelosigkeit, die das vorgaukelte.

Cheron wartete, bis alle bei ihr waren. Dann nickte sie ihnen zu, wandte sich wieder zur Tür und griff nach der Türklinke.

Es gab kein Schlüsselloch. Also konnte sie davon ausgehen, dass nicht abgeschlossen war. Sie musste wohl nicht die Tür zerstören, um ins Innere zu gelangen.

Details

Seiten
78
Jahr
2019
ISBN (ePUB)
9783738926576
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (April)
Schlagworte
raumflotte axarabor flucht nirgendwo
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Titel: Die Raumflotte von Axarabor #64: Flucht im Nirgendwo