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Der Raumschiff-Friedhof

von Alfred Bekker (Autor:in)
©2018 120 Seiten

Zusammenfassung

Der Raumschiff-Friedhof
von Alfred Bekker

Der Umfang dieses Buchs entspricht 107 Taschenbuchseiten.

Auf der Suche nach den geheimnisvollen Nerudalben verschlägt es die NOVA GALACTICA zu einem Planeten, auf dem Millionen Tonnen an Schrott liegen, Überreste zahlloser abgestürzter Raumschiffe. Eine Künstliche Intelligenz versucht auch den Orbisraumer zum Absturz zu bringen, und nur die Hilfe eines Fremden sorgt für eine Entspannung der Lage. Zum Erstaunen der Menschen handelt es sich um einen Mutanten, der seit langer Zeit auf dem Planeten gefangen war.
Das Geheimnis einer uralten interstellaren Zivilisation scheint zum Greifen nahe zu sein...

Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jonas Herlin, Adrian Leschek, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


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Der Raumschiff-Friedhof

von Alfred Bekker

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Der Umfang dieses Buchs entspricht 107 Taschenbuchseiten.

Auf der Suche nach den geheimnisvollen Nerudalben verschlägt es die NOVA GALACTICA zu einem Planeten, auf dem Millionen Tonnen an Schrott liegen, Überreste zahlloser abgestürzter Raumschiffe. Eine Künstliche Intelligenz versucht auch den Orbisraumer zum Absturz zu bringen, und nur die Hilfe eines Fremden sorgt für eine Entspannung der Lage. Zum Erstaunen der Menschen handelt es sich um einen Mutanten, der seit langer Zeit auf dem Planeten gefangen war.

Das Geheimnis einer uralten interstellaren Zivilisation scheint zum Greifen nahe zu sein...

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ALFRED BEKKER IST EIN bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jonas Herlin, Adrian Leschek, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.

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Copyright

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author

© dieser Ausgabe 2018 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

postmaster@alfredbekker.de

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Kapitel 1

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Rolan.

Tor Narc.

Landor.

Ein gesichtsloser goldener Later, ein Kelradan und ein Nugrou.

Drei Wesen, deren Schicksalslinien auf dem zwölften Planeten des namenlosen roten Riesen zusammengetroffen waren. Die Suche nach den geheimnisumwitterten Nerudalben hatte den Ersten von ihnen her geführt: Rolan, dessen Körper jetzt in einer Vitrine innerhalb des großen Goldenen von Andaban lag. Zusammen mit einem Datenspeicher, der eigentlich Rolans auf seinen Expeditionen gesammeltes Wissen über die Nerudalben enthalten sollte. Aber Tor Narc hatte dieses Wissen gestohlen und war Rolans Route gefolgt.

Was den Nugrou Landor jedoch hierher geführt hatte, war noch unklar. Die NOVA GALACTICA hatte lediglich einen verstümmelten Notruf empfangen, in dem der Name des Nugrou erwähnt wurde.

Martin Takener, dem Commander des Orbisraumers, war Landors Name durchaus bekannt.

Aber kurz nachdem die Ortungstaster der NOVA GALACTICA einen Orbisraumer der Nugrou auf der Oberfläche orteten, hatte die Falle zugeschnappt. 

Wir können nicht sagen, dass man uns nicht vor dem Einflug in dieses System gewarnt hätte!, durchzuckte es Takener.

Aber jetzt war es zu spät.

Hilflos und unter feindlichem Feuer trieb die NOVA GALACTICA auf den Planeten zu.

Rolan, Tor Narc, Landor ...

Auf die eine oder andere Weise hatte Planet XII dieser roten Riesensonne für jeden von ihnen schicksalhafte Bedeutung erlangt.

Vielleicht musste man dieser Reihe schon bald einen weiteren Namen hinzufügen.

Martin Takener.

*

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DAS RAUMSCHIFF HATTE eine Länge von etwa einem Kilometer, und seine Form war so unregelmäßig und unharmonisch, wie man es sich nur vorstellen konnte. Dutzende von Geschützbatterien waren im Einsatz und schossen Dauerfeuer ab. Zahllose Aufbauten und Fortsätze machten die Oberfläche des Raumers zu einem grotesken Labyrinth. Halbkugeln, Kuppeln und Pyramiden ragten daraus hervor. Aber es gab auch quaderförmige Aufbauten, deren Material im matten Licht der nahen roten Riesensonne eigenartig schimmerte. Dazwischen gab es tiefe, schattige Schluchten. Manche der Aufbauten wirkten wie Geschütztürme oder Abschussrampen.

Ein Metall gewordener Alptraum!, durchzuckte es Martin Takener.

Der Terraner starrte auf die erschreckend detaillierte Darstellung auf dem Bildschirm inmitten des Leitstandes der NOVA GALACTICA.

Gerade erst war dieses Monstrum aus Polysterium und einem Dutzend anderer Materialien von der Oberfläche vom zwölften Planeten des roten Riesen gestartet.

Der Angriff war unmittelbar darauf erfolgt. 

Ohne Vorwarnung.

Aus Rolans Datei hatte Takener gewusst, dass sich auf dem zwölften Planeten dieses roten Riesen die vollautomatische Anlage eines uralten und bisher unbekannten Volkes befand, die Raumschiffe mit Notrufen anlockte und ins Verderben führte. Sirenen des Alls, die im Lauf der Zeit offenbar schon die Hilfsbereitschaft ungezählter Raumschiffsbesatzungen ausgenutzt hatten. 

Niemand war den legendären Nerudalben, jenem geheimnisvollen Volk, dem selbst die Nugrou ihren Großteil ihrer Zivilisation verdankten, jemals dichter auf der Spur gewesen als der Later Rolan, dessen goldener, gesichtsloser Körper sich in einer Vitrine im Inneren der Statue von Andaban befand.

Und vielleicht auch Tor Narc!, ergänzte Takener in Gedanken.

Der Kelradan hatte Rolans Datenprotokolle vor 160 Jahren gelöscht und war vermutlich im Besitz des gesammelten Wissens gewesen, das der Later im Verlauf seiner Suche angesammelt hatte.

Rolan war einst in diesem System gewesen – und das bedeutete höchstwahrscheinlich, dass auch Tor Narc diese Sonne angeflogen hatte.

Ein verstümmelter Notruf hatte die NOVA GALACTICA während des Anflugs auf das System erreicht. Er war in Nugrou-Sprache gehalten gewesen und hatte den Namen Landor enthalten.

Takeners Mannschaft war gewarnt gewesen.

Der Weg ungezählter Raumschiffe hatte in diesem Sonnensystem ein vorzeitiges Ende gefunden.

Aber die Aussicht, hier endlich auf weitere Informationen über die Nerudalben zu stoßen, war stärker gewesen als jede Vorsicht, und so war die NOVA GALACTICA dem Notruf gefolgt.

Grellen Blitzen gleich zuckten jetzt die Energieschüsse aus den Mündungen der Geschütze heraus und trafen direkt auf die Polysterium-Außenhaut der NOVA GALACTICA.

„Alle Versuche, das Hyperraumfeld zu reaktivieren, sind gescheitert!“, rief Orik Daan von seinem Schaltpult aus, dessen Anzeigen er konzentriert verfolgte.

Der Sibirier mit der phantastischen Gabe, sich in die Technologien fremder Spezies hineinzudenken, stand vor seinem Schaltpult und machte ein ziemlich ratloses Gesicht. Seine Finger glitten noch einmal über die verschiedenen Schalter und Hebel, aktivierten hier und da eine Anzeige, die vielleicht Aufschluss hätte bringen können. Schließlich gab er kopfschüttelnd aufgab.

Martin Takener selbst hatte es auch schon versucht.

Tino Arrazolan, der diensthabende Ortungsoffizier meldete sich zu Wort.

„Treffer in verschiedenen Sektionen des Schiffes! Aber die Polysterium-Außenhaut scheint die Strahlen mehr oder weniger wirkungslos abprallen zu lassen.“

„Fragt sich, was passiert, wenn dieser Dauerbeschuss über längere Zeit anhält oder stärker wird!“, meinte Don Ryder skeptisch.

„Um was für eine Art von Strahlung handelt es sich?“, fragte Takener.

„Bislang unbekannt“, erklärte Arrazolan. „Analysen befinden sich in Arbeit, sind aber bisher ohne greifbares Ergebnis. Ein Abgleich mit unseren Vergleichsdaten fiel jedoch negativ aus. Einer Waffe wie dieser sind wir bislang definitiv noch nicht begegnet.“

Hen Coolidge, der erste Offizier der NOVA GALACTICA, meldete sich zu Wort, nachdem auch er einige Augenblicke lang fast hektisch an seinen Schaltern und Kontrollmodulen herumhantiert hatte.

„Sämtliche Antriebssysteme sind tot. Wir können keine Nottransition durchführen, der RMD arbeitet nicht und auch der Sternenstrom ist blockiert.“

Was ist da los?, wandte sich Takener über die Gedankensteuerung an den KI-Master, jenen gewaltigen und niemals zur Gänze erforschten Hyperrechner der NOVA GALACTICA, dem man so etwas wie eine persönliche Komponente nachsagte. Eine Komponente, die vielleicht mit seinen organischen Anteilen in Zusammenhang stand. 

Sämtliche Antriebssysteme stehen nicht zur Verfügung, lautete die nüchterne Feststellung des KI-Masters. Es besteht derzeit keine Zugriffsmöglichkeit.

Im Klartext bedeutete dies, dass die NOVA GALACTICA vollkommen manövrierunfähig war.

Takener hatte schon den Verdacht gehabt, dass es sich wieder um eine der Extratouren des KI-Masters handelte, der den Zugriff auf die Triebwerke einfach blockierte. Aber welchen Sinn hätte das haben sollen?

„Die Waffensysteme sind anscheinend funktionsfähig“, stellte Leon Riber nach einem kritischen Blick auf seine Anzeigen fest. Er schüttelte den Kopf. „Ich verstehe das nicht“, murmelte er.

Ryder glaubte ebenfalls seinen Augen nicht zu trauen. 

„Eigenartig, es ist Energie genug vorhanden für die Waffensysteme, aber trotzdem lässt sich keines unserer Triebwerke starten!“, meinte Don Ryder. Auf der Stirn von Martin Takeners Freund und Stellvertreter, der seinen Posten als Chef der Terranischen Flotte aufgegeben hatte, um an Bord der NOVA GALACTICA auf Entdeckungsreise ins All gehen zu können, zeigten sich tiefe Furchen.

Auch Takener beschäftigte der Widerspruch, auf den Ryder hingewiesen hatte. Aber jetzt musste angesichts der akuten Bedrohung erst einmal gehandelt werden. Schließlich durften sie nicht abwarten, bis sich die unbekannten Strahlenschüsse des monströsen gegnerischen Schiffs durch die Außenpanzerung des Schiffs hindurchgefressen hatten.

Takener schaltete einen Interkom-Kanal frei. „Hier Commander an alle Gefechtsstationen. Spica- und Colonn-Feuer frei auf dieses Monstrum von einem Schiff!“

Bud Clifton, Feuerleitoffizier der Waffensteuerung West und Jean Rochard, der dieselbe Funktion für die WS Ost innehatte, gaben beinahe gleichzeitig das Bestätigungssignal.

Die NOVA GALACTICA feuerte zunächst mit Colonn-Strahlen aus allen Rohren.

Eine Vielzahl von lichtschnellen, blass-blau leuchtenden Linien zog sich innerhalb der nächsten Augenblicke von den Geschützbatterien der NOVA GALACTICA aus durch das All. Gegen die Schwärze des Weltraums hoben sie sich deutlich ab, wie auf der Bildkugel inmitten des Leitstandes zu sehen war.

Die Schüsse trafen die Oberfläche des monströsen Riesenschiffs an Hunderten verschiedener Stellen. Aber so inhomogen die äußere Gestalt dieses Schiffs auch auf einen menschlichen Betrachter wirken mochte, so sprach doch einiges dafür, dass es eine einheitliche Oberflächenbeschichtung der Außenhülle gab.

Die Strahlen prallten jedenfalls ohne jede erkennbare Wirkung daran ab, während die Ortung widersprüchliche Daten lieferte, aus denen sich kein klares Bild gewinnen ließ.

„Benutzen die wirklich keinen Schutzschirm?“, vergewisserte sich Takener noch einmal. Angesichts der Wirkungslosigkeit des Strahlenbeschusses konnte er das kaum glauben. Aber der Ortungsoffizier konnte ihm nur die bisher erhobenen Messwerte bestätigen.

„Nein, Sir. Unseren Messungen nach existiert keinerlei energetischer Schutz“, meldete Tino Arrazolan.

Bud Clifton meldete sich von der WS West, die aufgrund der gegenwärtigen Position der NOVA GALACTICA die Hauptarbeit beim Beschuss des fremden Schiffs zu leisten hatte.

„Colonn-Strahlen sind auf maximale Energie hochgefahren worden. Der erkennbare Effekt ist dabei gleich null. Ich schlage vor, dass wir es jetzt mit Spica versuchen, Sir.“

„Tun Sie das“, nickte Takener.

„Wir können nur hoffen, dass wir in unserem Waffenarsenal irgend etwas haben, was die andere Seite beeindruckt“, meldete sich Ryder zu Wort.

Nur Augenblicke später begann der Beschuss mit Spica-Strahlen. Alle Geschütze, die sich angesichts der gegenwärtigen Position der NOVA GALACTICA auch nur annähernd auf das Aggressor-Schiff ausrichten ließen, waren jetzt Aktion.

Ein wahrer Schauer von Spica-Strahlen prasselte auf die Außenhülle des bizarren Objekts ein.

Sie stellten die stärkste Strahlenwaffe an Bord der NOVA GALACTICA dar. Rosarot hoben sie sich gegen die Dunkelheit des Weltraums ab. Ebenso wie Colonn-Strahlen waren sie lichtschnell und vermochten normalerweise sowohl jede bekannte Art von energetischen Schutzschirmen, als auch jede Panzerung zu durchdringen. Materie wandelten sie vollständig in Energie um.

Unter normalen Umständen hätten sie auf dem fremden Schiff für ein wahres Inferno gesorgt.

Aber in diesem Fall blieben sie vollkommen wirkungslos.

Das gibt es doch nicht! durchzuckte es Martin Takener fassungslos.

„Keinerlei Beschädigungen an der Außenhülle des gegnerischen Schiffs erkennbar!“, meldete Tino Arrazolan.

„Für uns wird es allerdings langsam kritisch“, meine Hen Coolidge von seinem Pilotensitz aus.

Martin Takener ließ den Beschuss mit Spica-Strahlen noch einige Augenblicke lang fortsetzen, ohne dass sich auch nur der kleinste Effekt zeigte.

„Spica-Beschuss abbrechen“, befahl er schließlich.

Es hatte einfach keinen Sinn, weitere Energie damit zu verschwenden.

„Was jetzt?“, fragte Ryder. „Defender?“

Takener nickte.

„Defender-Einsatz!“, befahl der Commander der NOVA GALACTICA. „Vorausgesetzt, wir haben genug Energie dafür.“

„Energie reicht aus“, sagte Leon Riber. Der Zweite Offizier der NOVA GALACTICA nahm einige Schaltungen vor und nickte dann noch einmal heftig wie zur Bestätigung. „Defender ist einsatzbereit.“

„Mal sehen, wie ihnen das schmeckt!“, zischte Don Ryder düster zwischen den Zähnen hindurch.

An den Anzeigen seines eigenen Schaltpultes konnte er inzwischen sehen, dass der Gegner seinen Beschuss sogar noch intensiviert hatte. Ein wahrer Hagel von Strahlentreffern prasselte auf die Polysterium-Panzerung der NOVA GALACTICA ein. Bis jetzt hielt diese Panzerung stand.

„Defender aktiviert!“, meldete Bud Clifton von der WS West.

Opalisierendes Licht schoss von der NOVA GALACTICA aus auf das monströse Riesenschiff zu. Es riss dabei förmlich den Weltraum auf und bildete schließlich einen Ring, der durch sechs schmale Bahnen unterteilt wurde.

Dieser Ring erreichte Bruchteile von Sekunden später das gegnerische Schiff, dehnte sich aus und schloss den bizarren Raumer ein, dessen Außenhülle jetzt ebenfalls opalfarben zu schimmern begann.

Takener sah mit angespannt wirkendem Gesicht über die Bildkugel der NOVA GALACTICA, was geschah.

Normalerweise hätte der Defender das fremde Schiff in ein undefinierbares Nichts hineinziehen und verschlingen müssen. So war die Wirkungsweise dieser erst seit dem Auffinden der Alienwandler Raumstation Norre-3 bekannten Waffe.

Sekunden verstrichen.

Aber nichts dergleichen geschah.

Die Aura aus opalisierendem Licht, die dessen Außenhülle für einige Augenblicke umflort hatte, verschwand.

„Keine Wirkung!“, war Ryders ebenso nüchterner wie zutreffender Kommentar.

Tino Arrazolan rief: „Feindschiff hält Beschuss mit Strahlen unbekannter Art weiter aufrecht und erhöht sogar noch die energetische Intensität und die Schussfrequenz!“

Martin Takener atmete schwer.

Langsam wird es wirklich brenzlig!, ging es ihm durch den Kopf.

„Distanz zu Planet XII verringert sich weiter“, meldete Hen Coolidge. „Wir geraten zunehmend in den Bereich seiner Gravitationskraft.“

„Können wir ein stabiles Orbit erreichen?“, fragte Takener.

Coolidge schüttelte den Kopf: „Damit würde ich nicht rechnen, Commander. Unser Auftreffwinkel ist zu ungünstig, und wir haben keine Möglichkeit zur Korrektur.“

Das heißt, wir stürzen auf den Planeten, wenn nicht irgendein Wunder geschieht!, ging es Martin Takener durch den Kopf.

„Gegnerisches Schiff erhöht noch einmal deutlich den Beschuss!“, stellte Arrazolan fest.

„WS West, Einsatz von Destroyerkanonen vorbereiten!“ befahl Takener.

Der letzte Trumpf, den die NOVA GALACTICA gegen ihren unbekannten, aber bisher scheinbar unverwundbaren Gegner ausspielen konnte.

„Destroyerkanonen bereit“, meldete Clifton. „Auf Grund der gegenwärtigen Position können nur vier Geschütze auf das fremde Schiff ausgerichtet werden!“

„Das müssen wir in Kauf nehmen. Eine Kurskorrektur ist leider unmöglich“, erwiderte Takener. „Destroyerkanonen Feuer!“

Augenblicke vergingen, ehe schließlich die ersten Treffer gemeldet wurden. Die von einem modifizierten Antigravfeld bis auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigten Kugeln aus massivem Fotirit durchschlugen die Außenhülle des Riesenschiffs an verschiedenen Stellen. Eines dieser Geschosse drang in einen pyramidenförmigen Aufbau ein, der daraufhin explodierte und regelrecht vom Mutterschiff wegplatzte. Verglühende Trümmerteile wurden durch das All geschleudert und irrlichterten für wenige Sekunden wie sprühende Funken durch die Dunkelheit des Weltraums, ehe sie für immer erloschen.

„Massive Zerstörungen in mehreren Sektionen des fremden Schiffs“, meldete Tino Arrazolan. „Energieniveau schwankt stark, Strahlenbeschuss hat sowohl an Intensität als auch im Hinblick auf die Schussfrequenz um mehr als fünfzig Prozent nachgelassen.“

Auf der Bildkugel konnte die Brückenbesatzung der NOVA GALACTICA mitverfolgen, wie weitere Destroyergeschosse in das bizarre gegnerische Riesenraumschiff einschlugen. Hier und da kam es zu Explosionen, die sich innerhalb des Schiffs weiterfraßen und weitere Explosionen auslösten, sofern sensible Bereiche in Mitleidenschaft gezogen wurden.

Das fremde Schiff brach in zwei Teile, die förmlich durch das All torkelten.

Gasfontänen schossen aus verschiedenen Öffnungen heraus. Die Ortungssensoren zeigten Wasserstoff, Stickstoff und Methan an, jeweils mit Temperaturen um 280 Kelvin. Bei Eintritt in die absolute Kälte des Alls gefroren diese Gase augenblicklich.

Die Gasfontänen wirkten wie Düsen.

Sie versetzten die Bruchstücke des Raumers in Bewegung.

„Der Strahlenbeschuss durch das gegnerische Raumschiff ist eingestellt worden!“, kommentierte Arrazolan die Entwicklung überraschend nüchtern.

Der diensthabende Offizier der Funk-Z meldete sich.

Es war Leutnant Elis Yogan, seines Zeichen Zweiter Funker der NOVA GALACTICA.

„Uns erreicht ein Notruf von Planet XII“, erklärte er.

„Schalten Sie die Phase frei, Yogan!“, befahl Takener.

„Ja, Sir. Es handelt sich um ein Signal, das ausschließlich akustische Daten überträgt, keine Bilder.“

Die Kunststimme des Translatorsystems meldete sich und übersetzte die Botschaft simultan.

Takener blickte auf eine der Anzeigen und sah, dass diese Botschaft im Original in der Sprache der Kelradan gesprochen wurde.

„Sofort das Feuer einstellen!“, verlangte der Sprecher. „Ich wiederhole: Sofort das Feuer einstellen!“

„Das tun wir nur, wenn wir umgehend wieder freie Zugriffsmöglichkeiten auf die Antriebssysteme unseres Schiffes erhalten, die Sie offenbar blockiert haben!“, erwiderte Takener.

Takener wartete auf eine Antwort.

Stattdessen meldete sich Elis Yogan mit der Meldung zu Wort, dass der Kontakt inzwischen abgebrochen war.

„Ich bin gespannt, ob du irgendwelchen Eindruck auf die andere Seite gemacht hast“, raunte Don Ryder in Takeners Richtung.

„Ich auch“, murmelte Takener. „Für uns wird es jetzt nämlich langsam knapp ...“

Sekunden vergingen.

Nichts geschah, außer dass die NOVA GALACTICA weiter der Oberfläche von Planet XII entgegentrudelte.

„Die andere Seite ist an einem Handel offenbar nicht interessiert“, stellte Ryder fest. Er ballte wütend die Fäuste.

Was sollte dieses Manöver der anderen Seite?, ging es Takener durch den Kopf. Er konnte sich einfach keinen Reim darauf machen. „Arrazolan, was sagen die Biotaster?“, wandte sich der Commander an den Ortungsoffizier.

„Negativ. An Bord des gegnerischen Schiffes befindet sich den Abtaster-Daten nach keinerlei Leben. Es wird entweder durch ein Rechnersystem gesteuert oder von Planet XII aus ferngelenkt. Ein entsprechendes Steuersignal konnte allerdings bislang nicht angemessen werden.“

„Angesichts der Tatsache, dass der Funkspruch ebenfalls von der Planetenoberfläche kam, macht es durchaus Sinn, trotzdem von einer Fernsteuerung auszugehen“, fand Don Ryder.

Martin Takener atmete tief durch.

Ein entschlossener Zug zeigte sich in seinem Gesicht.

„Clifton, pulverisieren Sie die Reste des gegnerischen Schiffes!“, befahl Takener nach kurzem Zögern. Offenbar war das die einzige Sprache, die die andere Seite verstand.

„Ja, Sir“, bestätigte Clifton von der WS West.

Die Schussfrequenz der Destroyerkanonen wurde erhöht.

Zusätzliche Treffer drangen in die beiden Bruchstücke des gegnerischen Raumers ein, lösten Explosionen aus und trennten weitere Sektionen ab. Ein kegelförmiges Bauelement, das allein schon größer war als die gesamte NOVA GALACTICA, wurde durch mehrere Treffer abgesprengt und geriet in eine chaotische Drehbewegung, während Teile seiner Außenhülle durch Explosionen nach außen gesprengt wurden.

Die Destroyerkanonen der NOVA GALACTICA nahmen auch dieses Bruchstück wiederholt ins Visier.

Eine ganze Serie von Treffern sorgte dafür, dass es in mehr als ein Dutzend Trümmer zerfiel.

Innerhalb von etwas mehr als einer Minute Dauerbeschuss durch die Destroyerkanonen der WS West wurde der Großteil dieser Trümmerteile vollkommen vernichtet

„Nur noch zwei Geschütze einsatzbereit“, meldete unterdessen Bud Clifton. „Der Winkel, in dem wir zu den Bruchstücken des Feindschiffs stehen, wird immer ungünstiger ...“

Aber die verbleibenden Destroyerkanonen reichten völlig aus, um für die endgültige Zerstörung des Monsterschiffs zu sorgen.

„Wir treten jetzt in die Stratosphäre von Planet XII ein“, stellte Tino Arrazolan nüchtern fest.

„Weiterhin keinerlei Antriebs- oder Steuerfunktionen verfügbar“, ergänzte Hen Coolidge. 

„Arrazolan, was sagen die Biotaster über den Planeten?“, fragte Takener, in dessen Hirn jetzt die Gedanken nur so rasten.

„Er scheint mehr oder weniger ohne Leben zu sein“, berichtete der Ortungsoffizier der NOVA GALACTICA. „An zwei Stellen vermag ich starke Energiesignaturen anzumessen. Bei der einen handelt es sich um den wahrscheinlichen Landeplatz des Orbisraumers ...“ 

„Kam von dort der Funkspruch?“ 

„Nein, Sir. Der kam von einer zweiten Stelle, an der ebenfalls sehr starke und charakteristische Signaturen anmessbar sind.“ 

Takener runzelte die Stirn.

„Position genau ermitteln!“, befahl er.

Der Commander der NOVA GALACTICA aktivierte eine Projektion. Arrazolan schickte ihm die Ortungsdaten herüber. Augenblicke später erschien in der Projektion zunächst ein naturgetreues, dann ein schematisches Abbild von Planet XII. Der Landepunkt des Orbisraumers war ebenso mit einem aufblinkenden Lichtpunkt gekennzeichnet wie die zweite Position, an der offenbar Energiesignaturen gemessen worden waren.

„Sir, in etwa vier Minuten schlagen wir auf der Oberfläche des Planeten auf“, erinnerte Tino Arrazolan.

Seine Stimme vibrierte leicht. Die Angespanntheit war ihm anzumerken.

Aber Takener ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.

„Spezifikation der Signaturen?“

„Analyse ist noch nicht abgeschlossen. Wir bekommen ständig neue Daten herein. Wir bekommen jetzt weitere, deutliche Energiesignaturen von beiden Positionen herein. Eine genauere Bestimmung braucht etwas Zeit.“

Zwei Punkte, die gut tausend Kilometer weit auseinander auf der Oberfläche eines unwirtlichen Planeten liegen!, ging es Takener durch den Kopf. An einem dieser Orte ist der Schlüssel zu dem zu finden, was uns hier widerfahren ist.

Ein Ruck ging durch Takener.

„Rochard! Clifton!“, wandte er sich an die leitenden Offiziere der WS West beziehungsweise OST. „Ich möchte, dass Sie ein paar Destroyergeschosse in die nahe Umgebung der beiden Punkte abfeuern, an denen die Energiesignaturen angemessen werden können. Jeder übernimmt das Ziel, das er gerade aus seiner Position heraus anzuvisieren vermag!“

Clifton und Rochard bestätigten kurz, dass sie den Befehl verstanden hatten.

Normalerweise wäre eine derartige Operation eine Kleinigkeit gewesen. Ein Routinevorgang, der in unzähligen Raumgefechten geübt worden war. Aber diesmal lag der Fall etwas anders, da die NOVA GALACTICA manövrierunfähig in die Atmosphäre eines fremden Planeten hineintaumelte und von einem berechenbaren Kurs nicht gesprochen werden konnte.

Das Energiefeuer des inzwischen zerstörten Monsterschiffs hatte ebenso Einfluss auf den gegenwärtigen Weg der NOVA GALACTICA gehabt wie die Druckwellen, die bei seiner Zerstörung entstanden waren. Martin Takeners Raumschiff war buchstäblich zu einem Spielball fremder Mächte geworden.

Und die kinetische Energie, die beim Abschuss eines jeden einzelnen Destroyerprojektils entstand, würde erneut Einfluss auf die tödlich chaotische Bahn nehmen, mit der der Orbisraumer seinem Ende entgegenschlingerte.

Auf der schematischen Darstellung in der Sichtsphäre konnte Takener mitverfolgen, wie präzise die Feuerleitoffiziere Clifton und Rochard dennoch dafür sorgten, dass die Destroyergeschosse ihre Ziele fanden.

Die Treffer wurden in Anbetracht der Umstände, unter denen sie erzielt wurden, mit geradezu atemberaubender Präzision rund um die beiden Ausgangspunkte der Energiesignaturen gesetzt.

Die Wirkung war selbst auf dem Monitor zu sehen, der vollkommen von der immer näher rückenden Planetenoberfläche ausgefüllt wurde.

„Noch drei Minuten bis zum Aufprall“, stellte Arrazolan fest.

„Yogan! Schalten Sie Funkphase auf derselben Frequenz frei, in der wir um Feuereinstellung gebeten wurden!“, verlangte Takener.

„Ja, Sir!“, kam die Bestätigung des diensthabenden Funkoffiziers. „Phase ist frei.“

„Hier spricht Martin Takener, Commander des Raumschiffs NOVA GALACTICA. Ich verlange umgehend die Kontrolle über unsere Antriebssysteme und das Hyperraumfeld zurück. Andernfalls werden wir den Beschuss wiederholen – und diesmal punktgenau treffen! Takener Ende.“

Die Antwort bestand zunächst nur aus Schweigen.

„Unsere Treffer zeigen erhebliche Wirkung“, stellte Arrazolan inzwischen fest. Der Ausschnitt, den die Bildkugel von der Oberfläche zeigte, veränderte sich. Arrazolan stellte eine höhere Vergrößerungsstufe ein und fokussierte den Ausschnitt auf jenes Gebiet, von dem aus die NOVA GALACTICA angefunkt worden war.

Die Oberfläche war durch die Treffer der Destroyerkanonen aufgerissen. Die Geschosse hatten die offenbar nicht besonders dicke planetare Kruste durchschlagen. Das darunter aufgestaute, brodelnde Magma schoss in wahren Fontänen aus dem Inneren des Planeten heraus. Vulkane bildeten sich. Kilometerhoch wurden Wolken aus glühender Asche in die Atmosphäre geschleudert und verdunkelten sie.

Wenn das keine Wirkung zeigt – was dann?, überlegte Takener.

Ein schneller Seitenblick auf die Anzeigen der verschiedenen Instrumente zeigte dem Commander der NOVA GALACTICA, dass die Druck- und Hitzewellen dieser Vulkane sogar einen geringfügigen Einfluss auf den Todeskurs des Orbisraumers hatten.

Allerdings war dieser Einfluss dermaßen gering, dass es im Grunde nicht relevant war. Ein paar Sekunden wurden durch die Veränderung des Winkels, in dem die NOVA GALACTICA der Oberfläche entgegen stürzte, nach Berechnung des KI-Masters auf Basis der Sensordaten vielleicht gewonnen.

An der Tatsache, dass wahrscheinlich niemand an Bord einen derartigen Frontalzusammenprall mit einem Planeten überleben konnte, änderte dies allerdings nicht das Geringste.

„Noch zwei Minuten bis zum Aufprall“, meldete Arrazolan. Seine Stimme wirkte tonlos.

Niemand sagte in diesen Augenblicken ein überflüssiges Wort.

Beklommenes Schweigen erfüllte den Leitstand der NOVA GALACTICA.

Takener ballte die Fäuste.

Sein Mund bildete nun eine gerade, harte Linie.

„Sie wollen es anscheinend nicht anders“, meinte der Kommandant der NOVA GALACTICA düster. Er wies erneut die Waffenleitstände dazu an, die Destroyerkanonen auf ihre Ziele zu justieren.

Diesmal bereiteten sie den endgültigen, tödlichen Schlag vor.

Die Zeit der Warnschüsse war vorbei.

Wenn es für uns ums Ganze geht – dann soll dies auch für die andere Seite so sein!, durchzuckte es grimmig Takeners Gedanken.

„Funkspruch!“, meldete Elis Yogan. „Ich schalte frei!“

Im nächsten Moment ertönte dieselbe Stimme, die schon einmal mit der Besatzung der NOVA GALACTICA in Kontakt getreten war. Wieder benutzte sie die Kelradan-Sprache. Ihre Worte wurden vom Translatorsystem in Standard-Sprech übersetzt.

„Versprechen Sie einen friedlichen Abzug, wenn wir Ihnen die Reaktivierung Ihrer Triebwerke erlauben?“

„Wir kommen ohnehin nicht in feindseliger Absicht“, erwiderte Takener. „Falls Sie uns die Kontrolle über den Antrieb zurückgeben, ziehen wir uns friedlich zurück und werden Sie nicht beschießen. Aber Ihnen bleiben nur die nächsten Sekunden, um dies zu entscheiden. Ich werde jetzt Befehl zum gezielten Feuer geben ...“

„Nein, tun Sie das nicht!“

Die andere Seite scheint begriffen zu haben, dass wir sie mit in den Tod reißen würden, wenn uns keine andere Wahl bleibt!, erkannte es Martin.

Eine Sekunde verstrich.

Eine Zweite ...

Plötzlich blinkte eine ganze Reihe von Kontrollen auf.

„Hyperraumschirm steht wieder zur Verfügung!“, meldete Coolidge. „RMD, Sternenstrom und Transitionstriebwerke ebenfalls!“

„Noch eine Minute bis zum Aufprall!“, meldete Arrazolan.

Aufprall nicht mehr zu verhindern!, meldete der KI-Master an Takener.

„Ich übernehme per Gedankensteuerung“, kündigte dieser an.

Er aktivierte augenblicklich das Hyperraumfeld. Wie eine Blase hüllte dieses Feld die gesamte NOVA GALACTICA ein und versetzte sie in ein Zwischenkontinuum, so dass sie in der Lage war, feste Materie zu durchdringen.

Die Gravitationskraft des Planeten hatte die NOVA GALACTICA beschleunigt und mit unvorstellbarer Wucht auf die Oberfläche geschleudert. Takener aktivierte den Antigrav, der aber auch nicht ausgereicht hätte, um einen Aufprall zu verhindern. Selbst ein sofortiges Aktivieren von Gegenschub mit Hilfe des RMD hätte diese gewaltige Masse nicht mehr bremsen können.

Jetzt drang sie durch die ausgesprochen dünne Kruste des Planeten hindurch, tauchte ein, so als wäre dort nichts. Antigrav und gleichzeitig gezündeter Gegenschub mit RMD bremsten die Fahrt in die unermessliche Tiefe des sich anschließenden, brodelnden Magmaozeans.

Die NOVA GALACTICA tauchte wenige Augenblicke später wieder aus dem Planeten heraus.

Takener ließ sein Raumschiff in Richtung der Position des Orbisraumers fliegen. Fast sechshundert Kilometer Luftlinie waren bis dorthin zurückzulegen. Martin ließ die NOVA GALACTICA in einem niedrigen Atmosphärenflug über die Oberfläche gleiten, die ein bizarres Bild bot. So weit der Sichtausschnitt der Bildkugel reichte, schien Planet XII von Schrott bedeckt zu sein. Abertausende von Raumschiffen waren hier offenbar havariert. Ihre Wracks bedeckten die Oberfläche.

Orik Daan saß sehr konzentriert vor seinem Schaltpult, ließ die Finger über Knöpfe und Schalter gleiten, verglich verschiedene Anzeigen und Messwerte miteinander und schüttelte nur den Kopf.

„So wahr ich hier stehe, so etwas habe ich noch nie gesehen.“

„Gibt es in irgendeinem dieser Wracks noch energetische Aktivitäten?“, wollte Takener wissen.

„Nein“, gab Daan Auskunft. „Es ist wirklich nur Schrott, was wir hier sehen. Unvorstellbar viele Raumschiffe, die wahrscheinlich auf ganz ähnliche Weise hier gestrandet sind, wie es uns auch um ein Haar ergangen wäre.“

Alle im Leitstand der NOVA GALACTICA blickten wie gebannt auf das, was die Bildkugel ihnen zeigte. Gewaltige, bis zu mehreren hundert Metern hohe Berge aus Trümmerteilen und Metallstücken türmten sich auf. Nur hin und wieder ließen die Schrottmassen einen Blick auf die eigentliche Oberfläche zu.

Der steinig-trockene Untergrund trat nur Abschnittweise unter den Schrottmassen hervor.

Offenbar war Planet XII ursprünglich eine wüstenartige, sehr trockene Welt gewesen. Derzeit gab es zumindest keinerlei offene Gewässer auf dem Planeten, obwohl der atmosphärische Druck – anders als etwa beim solaren Mars, mit dem dieser Planet in mancher Hinsicht vergleichbar war – für das Vorhandensein von flüssigem Wasser vollauf ausgereicht hätte. Es blieb eigentlich nur die Erklärung, dass diese Welt aus einer Laune der Natur heraus einfach sehr wasserarm war. Es gab nämlich keine Polkappen, und die relativ dünne planetare Kruste war ebenfalls nicht in der Lage, große Wassermengen zu binden, zumal deren tiefere Schichten von den aufsteigenden, brodelnden Magmamassen aufgeheizt wurden, was jedes Wasserreservoir zum Verdampfen gebracht hätte.

Die Außentemperatur betrug durchschnittlich 5° Celsius. Die Luft war für Menschen atembar.

Der mit 19 Prozent für eine Trockenwelt ohne offenes Wasser ausgesprochen hohe Sauerstoffgehalt der Atmosphäre sorgte bei vielen Metallen für Korrosion. Von manchen Wracks war im Laufe der Zeit nichts weiter geblieben, als rötlicher Staub und zerbröselnde Strukturen, die der nächste Wind davontragen würde. Zahllose, vor sich hin rostende Metallteile bedeckten die Oberfläche. Manche schienen Reste von irgendwelchen technischen Anlagen zu sein, bei anderen handelte es sich vielleicht nur um ehemalige Panzerplatten, die sich gelöst hatten. Bei wieder anderen Stücken war die ehemalige Funktion, die sie einmal innegehabt hatten, auch beim besten Willen nicht mehr erkennbar.

Schließlich erreichte die NOVA GALACTICA die Position des fremden Orbisraumers.

In der Nähe setzte Martin Takeners Schiff auf. Der Landeplatz war zwar nicht schrottfrei, aber immerhin einigermaßen eben.

„Manche dieser Raumschiffswracks müssen ein unvorstellbar hohes Alter haben“, war Ryder überzeugt.

Takener nickte.

„Seit Jahrhunderten stürzen sie offenbar auf diese Planeten, und die meisten von ihnen sind wohl einfach zerschellt.“

Der Fokus der Bildkugel war so ausgerichtet, dass der fremde Orbisraumer etwa ein Drittel des Bildausschnitts ausfüllte.

„Was können Sie uns über diesen Orbisraumer sagen, Arrazolan?“, fragte Takener.

Der Ortungsoffizier blickte angestrengt auf seine Anzeigen.

„Ein ganz normaler 180-m-Orbisraumer“, erklärte er.

Details

Seiten
Jahr
2018
ISBN (ePUB)
9783738922417
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2018 (August)
Schlagworte
raumschiff-friedhof

Autor

  • Alfred Bekker (Autor:in)

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Titel: Der Raumschiff-Friedhof