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Der Turm der tausend Schrecken

©2018 120 Seiten

Zusammenfassung

Caroline und Melissa möchten nur eins: entspannt Urlaub machen. Doch schon bei der Ankunft in ihrem Feriendomizil erleben die beiden jungen Sekretärinnen eine unangenehme Überraschung. Und die Widrigkeiten hören nicht auf. Spukt es wirklich in der Gegend? Von den Einheimischen angefeindet, weil sie deren Aberglauben nicht ernst nehmen wollen, finden die Freundinnen nur bei einer einzigen Person Unterstützung: Duncan, gleichfalls Urlaubsgast. Als sich auf einer unheimlichen Leuchtturminsel die Ereignisse dramatisch zuspitzen, kommt es auf einmal allein auf Carolines Mut und Entschlossenheit an.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Table of Contents

Der Turm der tausend Schrecken

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Der Turm der tausend Schrecken

Romantic Thriller von Frank Rehfeld

 

Der Umfang dieses Buchs entspricht 113 Taschenbuchseiten.

 

Caroline und Melissa möchten nur eins: entspannt Urlaub machen. Doch schon bei der Ankunft in ihrem Feriendomizil erleben die beiden jungen Sekretärinnen eine unangenehme Überraschung. Und die Widrigkeiten hören nicht auf. Spukt es wirklich in der Gegend? Von den Einheimischen angefeindet, weil sie deren Aberglauben nicht ernst nehmen wollen, finden die Freundinnen nur bei einer einzigen Person Unterstützung: Duncan, gleichfalls Urlaubsgast. Als sich auf einer unheimlichen Leuchtturminsel die Ereignisse dramatisch zuspitzen, kommt es auf einmal allein auf Carolines Mut und Entschlossenheit an.

 

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author

© dieser Ausgabe 2018 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

postmaster@alfredbekker.de

 

 

1

"Dieser Urlaub wird einfach wunderbar werden", schwärmte Melissa Handson. "Wir werden in einem ganz tollen Haus wohnen, werden solange schlafen können, wie es uns gefällt, am Strand liegen und uns von der Sonne braten lassen und im Meer schwimmen gehen, wann immer wir es wollen."

Caroline Billington verzog das Gesicht und verdrehte ergeben die Augen. Sie wusste nicht mehr zu sagen, wie oft ihre Freundin ihr bereits während der bislang dreistündigen Fahrt und auch schon in den Tagen zuvor in dieser Art vom bevorstehenden Urlaub vorgeschwärmt hatte. Auch sie hoffte, dass die drei Wochen ein unvergessliches Ereignis werden würden, doch je begeisterter sich Melissa äußerte, desto skeptischer wurde sie selbst.

Das hatte nichts mit Miesmacherei zu tun. Es war ihrer Meinung nach nie gut, wenn man im Voraus mit allzu hochgesteckten Erwartungen an etwas heranging; Erwartungen, die sich fast zwangsläufig nicht mehr ganz erfüllen konnten. Eine fünfundzwanzigjährige Lebenserfahrung hatte sie gelehrt, dass alles Negative dann doppelt ins Gewicht fiel. Sie wollte sich den Urlaub nicht durch allzu große Vorfreude verderben, deshalb ließ sie sich vom überschäumenden Optimismus ihrer zwei Jahre jüngeren Freundin nicht anstecken, sondern versuchte ihn im Gegenteil sogar ein wenig zu bremsen. Melissa war schon immer die Temperamentvollere von ihnen gewesen, ein wahres Energiebündel, während Caroline ihre Gefühle meist nicht so offen zeigte.

"Du hast diesmal vergessen, die hunderttausend Vogelarten zu erwähnen, die an der Küste angeblich nur auf uns warten", entgegnete sie mit mildem Spott in der Stimme.

"Natürlich, deshalb fahren wir ja schließlich hauptsächlich hin, um Vögel zu beobachten, nicht wahr?" Melissa warf ihrer Freundin vom Beifahrersitz des offenen Sportwagens aus einen strafenden Seitenblick zu. "Sag mal, was ist eigentlich mit dir los? Du machst ein Gesicht, als würdest du zu deiner eigenen Beerdigung fahren, nicht in den Urlaub. So kenne ich dich gar nicht. Freust du dich denn überhaupt nicht?"

"Doch, natürlich", erwiderte Caroline. "Aber was uns der Typ von der Agentur alles über die Gegend erzählt hat, klingt fast zu schön, um zu diesem günstigen Preis wahr zu sein. Ich glaube erst richtig daran, wenn ich alles mit eigenen Augen gesehen habe. Irgendwo gibt es bestimmt noch ein Haar in der Suppe."

"Ach, du kannst einem richtig den Spaß verderben", maulte Melissa verärgert und zog einen Schmollmund. Im nächsten Moment vergaß sie ihren Ärger wieder, richtete sie sich im Sitz auf und deutete voller Begeisterung über die Windschutzscheibe nach vorne. Ihr blondes, zu einem Pagenkopf frisiertes Haar wurde vom Wind zerzaust. Die blauen Augen funkelten vor Freude. "Da ist das Meer!", rief sie. "Siehst du es?"

"Aber sicher." Auch Carolines Herz machte einen kleinen Sprung. Es war immer ein seltsam bewegendes Gefühl, wenn man auf der Fahrt zum Urlaubsort zum ersten Mal das Meer erblickte. Bislang war es nur als hauchdünne Linie hinter einer Hügelkuppe zu sehen und hob sich lediglich durch seine dunklere Färbung vom Blau des Himmels ab. Aber es war Wasser, unzweifelhaft.

"Jetzt kann es nicht mehr weit sein", jubelte Melissa und klatschte vor Begeisterung wie ein kleines Kind in die Hände.

"Es kann sich nur noch um Stunden handeln", seufzte Caroline. "Nein, du hast recht. Höchstens noch zwei oder drei Meilen. Ich kann es kaum glauben, wir sind tatsächlich angekommen. Das Dorf dort drüben muss schon Gorlwingham sein."

Sie deutete auf eine kleine Ortschaft, die von Hügeln eingebettet zwischen den Hügel lag. Ein romantisches kleines Dörfchen mit einer Kirche und einem Marktplatz im Zentrum. Soweit man es aus der Entfernung sehen konnte, schienen die Häuser zum größten Teil sehr alt sein. Im sanften Licht der Nachmittagssonne glänzten die Dächer, als bestünden sie aus purem Gold.

"Schön", sagte Melissa ergriffen. "Fahren wir durch den Ort hindurch?"

"Nein, wenn ich die Karte richtig im Kopf habe, führt die Straße an der Küste entlang daran vorbei, und frag mich nicht, ob wir einen kleinen Abstecher dorthin machen. Ich habe vorerst genug vom Autofahren und will mich endlich ausruhen. Den Ort können wir uns morgen in aller Ruhe ansehen."

"Du hast recht", stimmte Melissa zu. "Jetzt bin ich auch viel zu neugierig auf unser neues Domizil, um an etwas anderes zu denken. Ich kann es kaum noch erwarten, unser Haus zu sehen."

Das Dorf verschwand wieder hinter einigen Hügeln.

"Da vorne sind die Bäume, an denen wir abbiegen müssen", sagte Caroline nach einer Weile und deutete auf zwei verkrüppelte, windschiefe Kiefern, die am Straßenrand ein kümmerliches Dasein fristeten. Ein schmaler, ungepflasterter Weg zweigte davor von der Straße ab. Caroline lenkte den Wagen auf den Weg und drosselte die Geschwindigkeit, als sie wild hin und her geschleudert wurden, weil die Stoßdämpfer des für asphaltierte Straßen konstruierten Sportwagens mit dem unebenen Gelände nicht mehr fertig wurden.

"Eine gut ausgebaute Zufahrt", zitierte sie mit säuerlichem Gesicht den Angestellten der Agentur, die ihnen das Ferienhaus vermietet hatte. "Wahrscheinlich fährt der Kerl selbst einen Geländewagen oder Jeep."

"Nun sieh doch nicht alles so ..."

Die Worte blieben Melissa im Halse stecken. Caroline bremste so plötzlich, dass sie den Motor abwürgte und sie beide durch den Ruck in die Sicherheitsgurte gepresst wurden, als hinter einem niedrigen Hügel das Ferienhaus sichtbar wurde.

Sekundenlang herrschte betroffenes Schweigen.

"Das darf nicht wahr sein", stieß Melissa schließlich hervor. "Das ist niemals unser Haus. Es kann nur ein böser Traum sein."

Caroline gab keine Antwort, stattdessen startete sie den Motor erneut und ließ den Wagen langsam weiterrollen, bis sie eine kleine Parkbucht neben dem Gebäude erreichten, wo sie anhielt. Beklommen stiegen sie beide aus und schauten sich um.

"Das ist doch kein Haus, das ist ja eine Ruine", murmelte Melissa. "Wir müssen eine falsche Abzweigung genommen haben, das ist die einzige Möglichkeit. Dieses Gemäuer da ist niemals das Haus, das auf den Fotos zu sehen war."

"Doch, das ist es", sagte Caroline leise und verzichtete darauf, an ihre ständigen Warnungen vor voreiligem Optimismus zu erinnern. Sie war selbst zu sehr geschockt.

"Die Fotos kamen mir gleich seltsam vor", fuhr sie fort. "Die Dinger waren retuschiert, und zwar ganz gewaltig."

"Aber das ... das ist doch der reinste Betrug", stammelte Melissa hilflos. Sie war plötzlich ebenso niedergeschlagen, wie sie vorher begeistert gewesen war. "Wir werden die Agentur verklagen. Die Kerle können sich aber auf etwas gefasst machen. Da drin kann ja kein Mensch wohnen."

Caroline ließ ihren Blick über die Fassade gleiten. Das Haus war uralt und sah aus, als hätte es seit mindestens fünfzig Jahren weder einen neuen Anstrich noch irgendeine Reparatur bekommen. Die weiße Fassade – zumindest vermutete Caroline, dass sie einmal weiß gewesen war – war fast vollständig abgeblättert, so dass darunter die Holzbretter der Außenverkleidung zum Vorschein kamen. Viele waren durch Wind und Regen morsch geworden.

Das Dach war eingesunken, teilweise fehlten die Ziegel. Einige windschiefe Fensterläden klapperten gegen die Hauswand. Auf den Fotos, die man ihnen vorgelegt hatte, hatte das Haus zwar auch alt, aber ausgezeichnet erhalten ausgesehen. Entweder waren die Bilder schon vor langer Zeit aufgenommen worden, oder man hatte sie nachträglich verfälscht.

Melissa hatte recht, sie waren einem ganz gewaltigen Betrug aufgesessen.

Dabei hatte das Haus sicherlich einmal schön ausgesehen. Dem Eingang war eine hölzerne, überdachte Terrasse vorgelagert, zu der von der Seite her einige Stufen hinaufführten. Es gab zahlreiche kleine Erker und Vorsprünge mit spitzgiebeligen Dächern. Vor einigen Dutzend Jahren war das Gebäude sicherlich überaus romantisch und auch komfortabel gewesen.

Aber eben nur damals.

Heutzutage wirkte es wie ein von der Zeit vergessenes Überbleibsel aus der Vergangenheit, ein Spukhaus, in dem allenfalls Gespenster ein- und ausgingen. Wenn es nicht selbst diesen vor einem solchen Ort grauste ...

 

 

2

Caroline schloss die antike Haustür auf. Ein Schwall muffiger Luft schlug ihr aus dem Inneren entgegen. Bevor sie eintrat, wechselte sie einen raschen Blick mit ihrer Freundin und sah, dass Melissa mit den Tränen zu kämpfen hatte.

Obwohl sie ihre Erwartungen von Anfang an niedriger gesetzt hatte, ging es ihr selbst genauso. Sie trat in einen kleinen Flur und drückte den Lichtschalter neben der Tür. Eine altersschwache, staubbedeckte Lampe an der Decke leuchtete auf.

Unwillkürlich musste Caroline lachen.

"Schau dir dieses Ding an", sagte sie mit einem Blick auf die Lampe. "Man kann ja kaum noch sagen, dass sie Licht gibt. Sie spendet höchstens Finsternis. Es wird geradezu dunkler, wenn man die Lampe am Tage anschaltet."

Melissa lächelte schwach.

"Lass es lieber", sagte sie und trat in den Nebenraum, ein geräumiges, aber hoffnungslos antiquiert eingerichtetes Wohnzimmer. "Es hat keinen Zweck, wenn du versuchst, mich aufzuheitern. Hier müsste als erstes mal gründlich gelüftet werden."

Sie trat an eines der Fenster und versuchte, es zu öffnen. Das Holz war aufgequollen und hatte sich verzogen, so dass sie das Fenster erst öffnen konnte, als sie mit ganzer Kraft daran zerrte. Sie klappte die hölzernen Läden zurück, worauf frische Luft und helles Tageslicht hereinströmten.

"Ganz so schlimm ist es ja doch nicht", sagte Caroline nach einem flüchtigen Rundblick, aber es klang nicht sehr überzeugend. Wie man ihnen versprochen hatte, war vor ein paar Tagen jemand gekommen, um das Haus von innen sauberzumachen. Der schlimmste Schmutz war entfernt worden, doch mehr auch nicht. Man war flüchtig mit dem Staubtuch über die meisten Flächen gegangen, hatte einmal den Boden aufgewischt, und das war anscheinend alles gewesen. Bei genauem Hinsehen war überall noch Schmutz zu entdecken. Als Melissa über die Fensterbank strich und den Finger betrachtete, war er fast schwarz. Sie ließ sich in einen Sessel fallen. Eine Staubwolke stob auf, so dass sie zu husten und würgen begann.

"Ich muss hier raus", stöhnte sie und eilte zur Tür. Kaum war sie im Freien, schnappte sie nach Luft. "Dieses Haus ist ein gestaltgewordener Alptraum. Ich bleibe keine Sekunde länger hier. Selbst ein Edgar Allan Poe würde aus diesem Gemäuer die Flucht ergreifen."

Caroline folgte ihrer Freundin langsam. Sie streifte ihre Schuhe ab und schlenderte durch das Gras, das bereits wenige Yards vor dem Haus in weißen Sandstrand überging. Sie ging so weit, bis sanfte Meereswellen ihre Knöchel umspülten.

"Wir haben zwei Möglichkeiten", wandte sie sich an Melissa.

"Und die wären? Ich sehe nur einen einzigen Weg, wie wir uns verhalten können. Schnellstens wieder abreisen und die Agentur verklagen."

"Stimmt, das ist die eine Möglichkeit. Wir kämen mit einer Klage wahrscheinlich durch und würden unser Geld zurückbekommen. Ganz sicher ist das aber auch nicht. Ich müsste erst noch einmal genau den Vertrag lesen. Das würde aber auch bedeuten, dass unser ganzer Urlaub im Eimer wäre. Es ist Hauptsaison, wir können kaum erwarten, auf die Schnelle noch etwas Interessantes zu bekommen. In drei Wochen müssen wir wieder im Büro sein, ob wir Ferien gemacht haben oder nicht."

"Sicher, aber das lässt sich wohl kaum umgehen. Oder willst du etwa drei Wochen lang in diesem Horrorhaus bleiben?"

"Warum nicht?"

"Warum nicht?" Melissa schnappte nach Luft. "Da fragst du noch?"

"Lass mich doch erst einmal ausreden. Wir könnten zumindest versuchen, hierzubleiben. Strom ist da, und fließendes Wasser wird es wohl auch geben, das ist schon mal die Hauptsache. Wir müssen eben ein paar Stunden opfern, um alles sauberzumachen und ein wenig wohnlicher einzurichten. Solange uns die Bude nicht gerade über dem Kopf zusammenbricht, ist noch nicht alles verloren. Ich finde, das wäre einen Versuch wert."

Sie machte eine weitausholende Geste, die das Haus und die gesamte Umgebung einschloss.

"Alle anderen Versprechungen stimmen ja. Das Haus liegt direkt am Meer, es gibt einen hübschen Strand, die Brandung ist nicht sehr stark, und Vögel gibt es auch. Schau mal zu der Insel dort hinüber."

Sie deutete auf ein kleines Eiland, das etwa eine halbe Meile vom Strand entfernt lag. Es bestand nur aus Felsen, die aus dem Meer aufragten. Die Brandung brach sich an dem Gestein. Keinerlei Grün war zu sehen, nicht einmal ein paar Grashalme. Die Insel war völlig unfruchtbar. Ein alter Leuchtturm und einige niedrige, barackenähnliche Gebäude standen darauf. Gegen ihren Zustand war der des Ferienhauses noch fürstlich zu nennen. Hunderte von Vögeln, hauptsächlich Möwen, kreisten über der Insel, auf der sie vermutlich ihre Nistplätze hatten.

"Hm, ich weiß nicht", murmelte Melissa zweifelnd und kaute auf ihrer Lippe herum. "Mir behagt das nicht richtig. Wir unterstützen diese Betrüger noch, wenn wir auf eine Klage verzichten."

"Darum geht es ja gar nicht", widersprach Caroline. "Unsere Ansprüche können wir trotzdem geltend machen. Wir bekommen dann zwar nicht alles Geld zurück, aber zumindest einen beträchtlichen Teil. Überleg es dir in Ruhe. Heute können wir ohnehin nicht mehr nach Birmingham zurückfahren. Dafür bin ich zu müde. Wir haben mit einer Entscheidung also bis morgen Zeit."

"Mir graust vor jeder Nacht, die ich in diesem Haus verbringen muss. Wahrscheinlich wimmelt es dort nur so vor Ungeziefer. Und dann dieser Gestank überall."

"Den kriegen wir mit einem wenig Lüften raus, und ein paar Zimmer richten wir uns für die Nächte wohnlich her. Ansonsten brauchen wir uns ja nur wenig im Haus aufzuhalten. Tagsüber sind wir doch ohnehin die meiste Zeit draußen."

Melissa Handson überlegte einige Sekunden, dann glitt ein flüchtiges Lächeln über ihr Gesicht.

"Hoffentlich finden wir irgendwo etwas zum Putzen", sagte sie.

 

 

3

Sie schauten sich gründlich in dem Ferienhaus um und fanden Putzmittel in einem Abstellraum unter der Treppe im Flur, die in den ersten Stock führte. Bevor sie sich an die Arbeit machten, ruhten sie sich am Strand ein wenig aus und verzehrten den Rest ihres Reiseproviants.

Während sich Melissa auf einem Handtuch ausstreckte und sich von der Sonne bräunen ließ, schwamm Caroline ein paar Minuten lang im Meer. Das Wasser war herrlich warm und die Brandung genau richtig stark, so dass das Schwimmen Spaß machte, ohne dabei gefährlich zu sein. Die starken Brecher wurden von der Felseninsel aufgefangen, in der Bucht gab es nur leichten Wellengang.

Aber lange konnte sich Caroline diesem Vergnügen nicht widmen. Mittlerweile war es später Nachmittag geworden, und wenn sie das Haus bis zum Abend in einen bewohnbaren Zustand versetzen wollten, mussten sie sich beeilen. Sie kehrte zum Strand zurück, trocknete sich ab und stupste ihre Freundin an.

"Komm schon, an die Arbeit. Faulenzen können wir ab morgen genug."

In den nächsten Stunden waren sie vollauf damit beschäftigt, überall gründlich Staub zu wischen, die Räume zu lüften und die Fußböden zu schrubben. Anschließend stellten sie die Möbel so hin, wie es ihnen am besten gefiel.

"Puh", stöhnte Melissa, als sie fertig waren. "So etwas nennt sich nun Urlaub. Morgen werde ich bestimmt einen gewaltigen Muskelkater haben."

"Ich auch", erwiderte Caroline, wischte sich die Hände ab und schaute sich um. "Aber es hat sich gelohnt. Jetzt lässt es sich hier aushalten, findest du nicht auch?"

"Trotzdem wird die Agentur von mir einen gesalzenen Beschwerdebrief bekommen. So einfach kommen die Leute mir nicht davon. Zumindest die Lampen hätte man prüfen können. Mehr als die Hälfte aller Birnen sind durchgebrannt."

"Die Sicherungen funktionieren nicht richtig", ergänzte Caroline. "So ein Haus zu vermieten, ist wirklich eine Unverschämtheit."

Melissa schaute auf ihre Uhr. Es ging auf halb zehn zu.

"Was unternehmen wir denn jetzt? Ich habe keine große Lust, einfach nur herumzusitzen. Lass uns irgendwohin fahren."

Caroline verzog das Gesicht.

"Ich bin hundemüde und bleibe bestimmt nicht mehr lange auf. Aber wenn du noch nach Gorlwingham willst, kannst du gerne den Wagen haben."

Melissa überlegte kurz, dann schüttelte sie den Kopf.

"Lieber nicht. Allein habe ich dazu keine Lust. Morgen müssen wir ohnehin hinfahren, um etwas zum Essen einzukaufen. Außerdem bin ich auch müde. Die lange Fahrt war wirklich ziemlich anstrengend."

"Wir könnten einen Spaziergang am Strand entlang machen und uns die Gegend etwas ansehen", schlug Caroline vor. "Nicht lange, eine halbe Stunde oder so."

"Länger bleibt es sowieso nicht mehr hell. Also gut, besuchen wir die Fische", willigte Melissa ein. "Und natürlich die Vögel."

Sie verließen das Haus. Die Sonne hatte sich mittlerweile in einen rotglühenden Feuerball verwandelt, der nur noch wenige Handbreit über dem Horizont stand und kaum noch wärmte. Von der See her war ein kühler Wind aufgekommen. Er trug den Geruch von Tang, Muscheln und Salzwasser mit sich.

"Brr, es ist ziemlich kalt geworden", sagte Caroline und massierte ihre nackten Arme. "Ich ziehe mir lieber eine Jacke an."

"Bring mir meine mit", bat Melissa.

Gleich darauf machten sie sich auf den Weg. Sie schlenderten durch den weichen Sand. Die Küste beschrieb hier einen Bogen, so dass eine weitgeschwungene Bucht entstanden war, in deren Mündung die kleine Felseninsel lag. Wie ein uralter Wächter erhob sich darauf der schlanke, steinerne Leuchtturm. Wie schon den ganzen Tag über, wurde er auch jetzt von Vögeln umschwärmt.

"Es scheinen alles nur ganz normale Möwen zu sein", sagte Melissa mit Enttäuschung in der Stimme. "Und ich hatte gehofft, hier ein paar seltene Vogelgattungen entdecken zu können."

"Warten wir es ab", tröstete Caroline. "Uns bleibt noch viel Zeit, alles genau zu beobachten."

"Ob wir wohl mal zu der Insel fahren können?"

"Warum nicht? Gorlwingham ist ein Küstenort. Viele Menschen hier leben vom Fischfang. Soweit ich gelesen habe, gibt es sogar einen Hafen. Dort können wir uns sicherlich ein Boot mieten."

"Das wäre prima. Obwohl -" Melissa brach ab und kaute unsicher auf ihrer Lippe herum, eine alte Angewohnheit von ihr.

"Was meinst du?", hakte Caroline nach, als sie von alleine nicht weitersprach.

"Dieser Leuchtturm. Er sieht irgendwie seltsam aus. So alt und finster. Er kann einem richtige Angst einflößen, findest du nicht auch?"

"Eigentlich nicht." Caroline zuckte die Achseln. "Er ist seit vielen Jahren nicht mehr in Betrieb. So alte Gemäuer sehen immer finster und trostlos aus, du hast es ja an unserem Ferienhaus gesehen. Das ist kein Grund, sich davor zu fürchten. Du bist einfach zu romantisch veranlagt. Hör lieber damit auf, dauernd diese schauderhaften Gruselromane zu verschlingen."

"Das hat damit überhaupt nichts zu tun", verteidigte Melissa ihre Lieblingslektüre. "Aber schau dir den Leuchtturm doch nur mal an. Sag mir nicht, dass du ihn besonders schön findest."

"Das nicht gerade, wohnen möchte ich dort bestimmt nicht." Im Stillen musste Caroline ihrer Freundin recht geben. Auch ihr lief beim Betrachten des alten Turmes ein leichter Schauder über den Rücken, aber sie dürfen sich nicht selbst in eine künstliche und unbegründete Angst hineinsteigern.

"Sprechen wir von angenehmeren Dingen", sagte sie und wandte den Blick von der trostlosen Felseninsel ab. "Sonst verderben wir uns damit nur die gute Laune. Wir brauchen uns ja nicht direkt zu entscheiden, ob wir hinüberfahren möchten."

"Du hast recht. Überlegen wir lieber, was wir morgen alles kaufen müssen."

Während sie eine Liste der wichtigsten Sachen erstellten, schlenderten sie immer weiter am Strand entlang. Nach einiger Zeit wurde die Küste felsiger und stieg immer mehr an.

"Lass uns mal dort hinaufsteigen", schlug Melissa vor und deutete auf einen hohen Hügel. "Von dort oben haben wir bestimmt einen phantastischen Ausblick."

Caroline nickte zustimmend, und sie machten sich an den Aufstieg. Der Hügel überragte die meisten anderen. Von seiner Kuppe aus, konnte man bis nach Gorlwingham sehen. Die beiden Frauen ließen ihren Blick über den Ort und den kleinen Hafen schweifen, wo zahlreiche Fischerboote vertäut lagen.

"Schau mal dort", sagte Caroline. "Da liegt ein Gehöft, gar nicht mal so weit entfernt."

Nahe der Straße nach Gorlwingham erhoben sich ein altes Bauernhaus und mehrere Nebengebäude. Mehrere Fahrzeuge standen auf dem Hof, sowohl PKWs, wie auch landwirtschaftliche Fahrzeuge.

"Das sind ja fast schon unsere Nachbarn", überlegte Melissa. "Wir können in den nächsten Tagen ja mal dort vorbeischauen. Vielleicht sind es ganz nette Leute."

"Lassen wir uns überraschen." Caroline zog den Reißverschluss ihrer Jacke hoch. Hier oben war der Seewind besonders deutlich zu spüren. "Es ist ziemlich kühl geworden. Lass uns zurückgehen."

Die Sonne ging nun rasch unter, und es war bereits dunkel, als sie das Ferienhaus erreichten.

"Jetzt bin ich aber wirklich müde", murmelte Caroline und gähnte. "Sei mir nicht böse, aber ich gehe Schlafen. Gute Nacht."

"Gute Nacht", entgegnete Melissa. "Ich bin nur mal gespannt, ob es in diesem Spukhaus auch Geister gibt", fügte sie nach einigen Sekunden lächelnd hinzu. "Alt genug ist es ja dafür."

"Hör bloß auf damit, sonst bekomme ich wirklich noch Angst", sagte Caroline schaudernd.

 

 

4

In dieser Nacht schlief Caroline Billington nicht besonders gut. Trotz ihrer Müdigkeit fiel ihr das Einschlafen schwer, als sie sich ins Bett gelegt und das Licht gelöscht hatte. Die Umgebung war fremd für sie, es würde sicherlich ein paar Nächte dauern, bis sie sich daran gewöhnen würde.

Erst hier merkte sie, dass sie den Straßenlärm Birminghams, auf den sie sonst ständig fluchte, geradezu vermisste. Die Stille wirkte fremd, nur das leise Rauschen der Brandung war zu hören.

Schließlich schlief Caroline doch ein, aber sie träumte schlecht und schrak nach einer Weile wieder auf. Das Zifferblatt ihrer Uhr leuchtete im Dunkeln und zeigte ihr, dass Mitternacht bereits vorbei war. Sie hatte knapp zwei Stunden geschlafen.

Der Mond stand als schmale Sichel hoch am Himmel und leuchtete in ihr Zimmer herein, gerade stark genug, um Konturen zu erkennen. Wie dunkle Klötze hoben sich die Möbel von den Wänden ab. In den Ecken und Winkeln nisteten schwarze Schatten.

Auch wenn Caroline sich an den Inhalt des Alptraums nicht mehr erinnern konnte, befand sie sich immer noch in seinem Bann. Sie verspürte eine dumpfe Angst, und obwohl diese keinerlei Begründung hatte, kam Caroline nicht dagegen an. Die Umgebung flößte ihr ein immer stärker werdendes Unbehagen ein.

Sie wollte die Lampe auf ihrem Nachttisch einschalten, doch nichts geschah, als sie auf den Schalter drückte. Wahrscheinlich war die Birne inzwischen ebenfalls durchgebrannt. In diesem Haus schien wirklich nichts richtig zu funktionieren.

Allmählich klangen die Nachwirkungen des Alptraumes ab. Caroline wurde bewusst, wie albern sie sich benahm. Sie war schließlich kein kleines Kind mehr, bei dem man verstehen konnte, wenn es sich vor der Dunkelheit fürchtete.

Sie verschränkte die Hände hinter dem Kopf und starrte an die Decke. Der Schatten der Gardine tanzte über die Holzbalken. Einige Minuten lang versuchte Caroline erfolglos, wieder einzuschlafen. Dann erinnerte sie sich daran, dass sie in ihrem Koffer eine kleine Reiseapotheke mit sich führte, in der sich auch Schlaftabletten befanden. Sie wollte sich den nächsten Tag nicht durch ihre Müdigkeit verderben, und so schwang sie die Beine aus dem Bett, um sich eine Tablette zu holen.

Während sie durch das Zimmer ging, um die Deckenlampe einzuschalten, fiel ihr Blick zum Fenster hinaus.

Caroline erstarrte.

Das Fenster erstreckte sich in Richtung des Meeres. Wie ein riesiger, mahnend erhobener Finger ragte der alte Leuchtturm von der Felseninsel auf. Caroline wusste, dass er schon lange nicht mehr in Betrieb war, aber jetzt sah sie deutlich, wie in der gläsernen Kuppel des Turmes das Licht eines Scheinwerfers aufglomm, einige Sekunden lang hin und her tanzte und dann wieder erlosch. Alles war dunkel wie zuvor.

Verblüfft rieb sie sich über die Augen. Sie wagte es plötzlich nicht mehr, die Deckenlampe einzuschalten. Stattdessen trat sie ans Fenster und starrte in die Nacht hinaus. Nichts geschah, und sie glaubte schon, sich etwas eingebildet zu haben, als das Licht plötzlich erneut aufflammte. Es sah aus wie ein leuchtendes, böses Auge, das über die Bucht starrte.

Carolines Herz schlug wie rasend. Sie war unfähig, sich zu bewegen, und auch als das Licht nach einigen Sekunden wieder erlosch, blieb sie noch regungslos stehen. Die Gedanken überschlugen sich in ihrem Kopf. Sie überlegte, ob sie Melissa, die im Zimmer nebenan schlief, wecken und ihr von ihrer Entdeckung erzählen sollte, doch sie entschied sich dagegen. Dafür war auch morgen noch Zeit, sagte sie sich. Melissa würde sich nicht gerade freuen, wenn sie mitten in der Nacht geweckt würde. Sie hatte einen sehr tiefen Schlaf, wahrscheinlich würde sie nicht einmal bei einem Erdbeben aufwachen.

Gleichzeitig wusste Caroline, dass diese Gedanken nicht mehr als eine Ausflucht darstellten. In Wirklichkeit gab es einen ganz anderen Grund, weshalb sie nicht zu ihrer Freundin hinüberging. Dieser Grund war die Lampe im Flur, die ebenfalls kaputt war, wie sie schon am Nachmittag herausgefunden hatte.

Caroline wollte jetzt nicht allein sein, aber noch mehr fürchtete sie sich im Augenblick davor, über den dunklen Flur zu gehen.

Sie wagte es auch nicht mehr, die Deckenlampe im Zimmer einzuschalten. So, wie sie den Leuchtturm sehen konnte, könnte man sie auch von dort aus sehen, wenn sie Licht machte. Bei dem Gedanken krampfte sich etwas in ihr zusammen, und plötzlich war sie fast froh, dass die Nachttischlampe nicht funktioniert hatte.

Vielleicht gab es eine ganz harmlose Erklärung für das Licht im Leuchtturm, doch ihr fiel keine ein, so sehr sie auch darüber nachgrübelte. Diese sonderbare Entdeckung blieb ihr ein Rätsel. In dem alten, fremden Gemäuer kam ihr alles viel geheimnisvoller und bedrohlicher vor, als es in Wirklichkeit wahrscheinlich war. Tief in sich spürte Caroline eine Angst aufkeimen, gegen die jede logische Überlegung machtlos war.

Sie war ein Kind der Großstadt und hatte von Kindheit an in modernen Häusern mitten in der Stadt gewohnt. Seit einigen Jahren bewohnte sie ein Appartement in einem Hochhaus in der Innenstadt von Birmingham. Auch wenn ihre Freundin direkt im Zimmer nebenan schlief, fühlte sich Caroline einsam und verlassen. Die Einsamkeit dieses abgelegenen, unheimlichen Gemäuers zerrte mehr an ihren Nerven, als ihr bislang bewusst geworden war. Zudem war sie übermüdet und von der langen Fahrt erschöpft, was sie für den Schrecken besonders anfällig machte.

Wer war auf der Insel?

Ein Fischer, der zu so später Stunde noch auf das Meer hinausgefahren war und dort angelegt hatte? Selbst wenn es so wäre, was wollte er dann auf dem Turm?

Oder ein paar Jugendliche, die dort irgendwelchen Unsinn trieben? Auch das war unwahrscheinlich, ließ sich jedoch nicht ganz ausschließen. Ausschließen ließ sich dafür der Gedanke an einen Landstreicher, der sich dort eingenistet haben könnte. Ein Obdachloser würde bestimmt nicht genügend Geld haben, um sich ein Boot zu mieten, ohne das man die Insel nicht erreichen konnte.

Caroline dachte flüchtig an ein Liebespaar, das sich heimlich dort traf, aber auch diesen Gedanken verwarf sie sofort wieder. Für ein Rendezvous war das alte Gemäuer alles andere als geeignet. Um sich heimlich zu treffen, bot die einsame Küstenlandschaft genügend Plätze, die viel leichter zu erreichen waren.

Alle diese Vermutungen waren nicht besonders überzeugend, und je länger Caroline darüber nachgrübelte, desto deutlicher wurde es ihr bewusst.

Sie fror in ihrem dünnen Nachthemd, so dass sie ihre Erstarrung schließlich überwand und ins Bett zurückkehrte. An ihre Schlaftabletten dachte sie nicht mehr. Am nächsten Morgen würde sie Melissa von ihrer Entdeckung erzählen, und dann würde sie im Dorf nachfragen, ob dort jemand eine Erklärung dafür wusste.

Dieser Gedanke beruhigte sie ein wenig. Vielleicht würde sie morgen schon die Lösung des Rätsels erfahren, und dann gab es keinen Grund mehr, sich zu fürchten.

Kurz darauf forderte die Müdigkeit ihren Tribut. Auch ohne Tabletten fiel Caroline Billington in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

 

 

5

Ein Klopfen an der Tür riss Caroline am nächsten Tag aus dem Schlaf. Gähnend richtete sie sich auf und räkelte sich ausgiebig. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel. Es war neun Uhr durch.

Das Klopfen wiederholte sich.

"Willst du heute überhaupt nicht mehr aufstehen, du Faulpelz?", fragte Melissa.

"Ich hatte gehofft, wenigstens im Urlaub lange schlafen zu können." Caroline drehte sich auf die andere Seite und zog sich die Decke über den Kopf. Die Stimme ihrer Freundin drang trotzdem zu ihr durch.

"Von wegen, kommt gar nicht in Frage. Los, schwing dich aus den Federn. Draußen ist wunderschönes Wetter, und das Frühstück steht auf dem Tisch."

"Ich komme ja schon", erwiderte Caroline und gähnte noch einmal. Dann stutzte sie. "Frühstück? Was denn für ein Frühstück? Es gibt doch keinen Krümel Essbares hier im Haus."

"Denkst du. Ich bin eben schon fleißig gewesen und nach Gorlwingham gefahren, um Tee und ein paar Sandwiches zu besorgen."

"Du bist ein Goldstück. Also gut, in ein paar Minuten bin ich unten."

"Das will ich auch hoffen, sonst wecke ich dich mit einem Eimer Wasser."

Darauf wollte es Caroline nicht ankommen lassen. Sie schlug die Decke zurück und stand auf. Als sie aus dem Fenster schaute, fiel ihr Blick auf die Felseninsel und den Leuchtturm. Schlagartig fiel ihr wieder ein, was in der Nacht passiert war.

Jetzt, im hellen Tageslicht, kam ihr die Entdeckung viel unbedeutender vor als in der Nacht. Gut, sie hatte Licht auf einer Insel gesehen, auf der sich eigentlich niemand aufhalten dürfte, aber das war bestimmt kein Grund, sich so zu fürchten, wie sie es in der vergangenen Nacht getan hatte.

Aber sonderbar war es schon ...

Sie ging ins Badezimmer und stellte resignierend fest, dass nur kaltes Wasser aus dem Hahn tröpfelte. Caroline wusch sich und kämmte ihr langes, dunkles Haar. Dabei betrachtete sie sich im Spiegel über dem Waschbecken. Ihre leicht mandelförmigen Augen blickten immer noch verschlafen. Einige Fältchen hatten sich in die Züge ihres hübschen Gesichts eingegraben, Spuren der vielen Arbeit und des Stresses, dem sie in den letzten Wochen ausgesetzt gewesen war. Genau wie Melissa arbeitete sie als Sekretärin bei einer großen Firma. Da eine Kollegin krank geworden war, hatte sie viele Überstunden gemacht und sich diesen Urlaub wirklich sauer verdient. Nun brauchte sie dringend eine Weile Erholung.

Sie kehrte in ihr Zimmer zurück und wählte ein luftiges Sommerkleid aus, das ihre Figur betonte. Mit ihrer schlanken Linie konnte sie wirklich zufrieden sein, während Melissa immer mit leichtem Übergewicht zu kämpfen hatte. Nachdem sie sich angezogen hatte, ging sie ins Erdgeschoss hinunter.

Melissa hatte zwei Stühle und einen Tisch auf die Terrasse hinausgestellt und dort für das Frühstück gedeckt. Träge blinzelte Caroline in die Sonne und schirmte ihre Augen mit der Hand ab. Das Wetter versprach noch schöner als am Vortag zu werden.

Während sie frühstückten, erzählte sie ihrer Freundin von der nächtlichen Entdeckung. Verständnislos runzelte die junge Frau die Stirn.

"Licht im Leuchtturm? Das ist seltsam. Wer soll sich denn mitten in der Nacht dort aufgehalten haben?"

"Eben das frage ich mich ja auch. Es sah alles ziemlich unheimlich aus."

"Ich habe dir ja gleich gesagt, dass mir dieser Turm nicht ganz geheuer ist. Wahrscheinlich spukt es dort." Melissa lächelte, wurde dann aber wieder ernst. "Bist du dir ganz sicher, dass du dir das nicht nur eingebildet hast? Vielleicht hat sich der Mond in den Fenstern gespiegelt, so dass es nur wie Licht aussah."

"Ich weiß nicht. In der Nacht war ich mir sicher, aber heute ..." Caroline zuckte mit den Schultern. "Wenn ich so darüber nachdenke, kommt mir alles ziemlich unglaubhaft vor. Vielleicht habe ich mich wirklich getäuscht, aber das kann ich mir kaum vorstellen."

Details

Seiten
Jahr
2018
ISBN (eBook)
9783738921007
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2018 (Juli)
Schlagworte
turm schrecken
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Titel: Der Turm der tausend Schrecken