Lade Inhalt...

Gefangen in der Albtraumwelt

©2018 120 Seiten

Zusammenfassung

Gefangen in der Albtraumwelt
Romantic Thriller von Frank Rehfeld

Der Umfang dieses Buchs entspricht 119 Taschenbuchseiten.

Vivian reist zu ihrem Onkel nach Horror-Parcs. Sie freut sich darauf, denn ihr Onkel ist Hauptaktionär des in Bau befindlichen Parks und hat ihr den Werbeauftrag für das Objekt verschafft. Abgesehen davon, dass es eine große Verantwortung ist, ist es auch eine große berufliche Chance für die Anfängerin. Als sie jedoch im Park ankommt, erzählt ihr Onkel von sich häufenden Unfällen und einem alten Indianerfluch. Kurz nach ihrer Ankunft kommt sogar einer der Arbeiter zu Schaden.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


image
image
image

Gefangen in der Albtraumwelt

image

Romantic Thriller von Frank Rehfeld

Der Umfang dieses Buchs entspricht 119 Taschenbuchseiten.

Vivian reist zu ihrem Onkel nach Horror-Parcs. Sie freut sich darauf, denn ihr Onkel ist Hauptaktionär des in Bau befindlichen Parks und hat ihr den Werbeauftrag für das Objekt verschafft. Abgesehen davon, dass es eine große Verantwortung ist, ist es auch eine große berufliche Chance für die Anfängerin. Als sie jedoch im Park ankommt, erzählt ihr Onkel von sich häufenden Unfällen und einem alten Indianerfluch. Kurz nach ihrer Ankunft kommt sogar einer der Arbeiter zu Schaden.

image
image
image

Copyright

image

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author COVER STEVE MAYER

© dieser Ausgabe 2018 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

postmaster@alfredbekker.de  

image
image
image

1

image

Besuchen Sie Horror-Parcs. Eine Reise in das Land des Schreckens erwartet Sie. Eröffnung am zehnten November.

Vivian Linnagan lächelte und ließ den Katalog sinken. Obwohl sie die Bilder, die den Text unterlegten, schon dutzende Male gesehen und sie selbst ausgewählt hatte, rann ihr beim Anblick der abgebildeten Spukgestalten und gruseligen alten Häuser stets auf's Neue ein Schauer über den Rücken.

Horror-Parcs. Der Park des Schreckens. Schon der Name sagte alles über das Projekt aus.

Es sollte etwas ähnliches wie Disneyland werden. Aber während dort Frohsinn und gute Laune beim Anblick lustiger Gestalten und Rekonstruktionen der schönsten Landschaften der Erde verbreitet wurde, sollte Horror-Parcs mit dem Gegenteil seine Besucher anlocken.

Genaues wusste auch Vivian nicht. Die Photos, die man ihr für die Werbung geschickt hatte, waren teilweise Aufnahmen von Modellen der Gebäude. Nur die Puppen waren echt.

Natürlich war das Projekt von langer Hand vorbereitet worden. Sie hatte das riesige Gelände, zwei Autostunden von Chicago entfernt, auch selbst schon besucht, aber das lag rund ein halbes Jahr zurück. Damals hatten die eigentlichen Bauarbeiten gerade erst begonnen.

Seither hatte sich vieles verändert. In zwei Wochen schon würde die Eröffnung sein, wenn alles wie geplant verlief. Horror-Parcs war binnen weniger Monate fast aus dem Boden gestampft worden. Der Gruselpark narrte die Besucher mit Illusionen, doch er war selbst nicht viel mehr als nur eine Illusion; eine Fassade aufgebauter Wände, fast wie die Kulissen in einem Film. Die Fassaden, wie auch die Puppen, die das eigentliche Kernstück der Anlage bildeten, waren anderenorts angefertigt worden. Sie auf dem Gelände aufzubauen, hatte nicht viel Zeit erfordert.

Vivian war wirklich gespannt.

Sie blickte aus dem Fenster. Der Flug musste sie ziemlich genau über das Gelände des Freizeitparks geführt haben, aber eine dichte Wolkendecke versperrte ihr die Sicht.

Über Lautsprecher bat eine Stewardess die Passagiere, das Rauchen einzustellen und die Sicherheitsgurte anzulegen. Vivian Linnagan kam der Aufforderung nach, und wenige Minuten später rollte die Maschine auf einer Landebahn des Flughafens von Chikago aus. Über eine Gangway verließ die junge Frau das Flugzeug und strebte dem Hauptgebäude zu.

Dort wurde sie bereits von einem dunkelhaarigen Mann Anfang der Fünfzig erwartet. Bei ihrem Anblick huschte ein freudiges Lächeln über sein rundliches, gutmütiges Gesicht. Vivian umarmte den Mann  und gab ihm einen Kuss auf die Wange.

"Hallo, Onkel Howard. Ich freue mich, dich endlich wiederzusehen."

"Hallo, Vivian. Meine Güte, jedes Mal, wenn ich dich sehe, bist du noch hübscher geworden."

Geschmeichelt strich sie sich eine Strähne ihres schulterlangen, weißblonden Haares aus der Stirn. Das Lob machte sie verlegen, und sie wechselte rasch das Thema.

"Was macht Horror-Parcs, Onkel? Gibt es etwas Neues?"

Howard Collingtons Gesicht verdüsterte sich. Unmut glomm in seinen Augen auf.

"Die erste Zeit ging ja schon alles fast zu glatt. In den letzten Tagen hat es einige... nun ja, Unfälle gegeben", erklärte er ausweichend. "Aber darüber können wir später noch sprechen. Lassen wir uns die Wiedersehensfreude dadurch nicht verderben. Wie war der Flug?"

"Ohne Störungen. Über New York war es etwas windig, aber ansonsten ist alles glatt gegangen."

Während sie darauf warteten, dass das Gepäck vom Transportband rollte, erzählte Vivian ein wenig von ihrer Arbeit. Sie war für eine New Yorker Werbeagentur tätig. Da Howard Collington der Hauptaktionär und Initiator von Horror-Parcs war, hatte er ihr die Werbung für den Freizeitpark anvertraut. Sie reichte ihm ein Exemplar des Prospekts, das sie in ihrer Handtasche bei sich trug.

"Weitere fünfhundert Stück befinden sich im Koffer. Wie findest du es?"

Er blätterte den Prospekt flüchtig durch und überflog den Text. Dann nickte er anerkennend.

"Phantastisch, genauso hatte ich es mir vorgestellt. Bei den anderen Aktionären wurden schon kritische Stimme laut, dass ich den Auftrag an eine Verwandte und bei einem Projekt dieser Größe nicht an eine bekanntere Werbefirma vergeben habe. Dieser Prospekt wird die Leute bestimmt verstummen lassen."

"Ich habe mir auch besondere Mühe gegeben, um dich nicht zu enttäuschen. Da kommt mein Gepäck."

Sie deutete auf zwei Koffer und eine Reisetasche. Collington half ihr, das Gepäck zu seinem Wagen zu tragen. Kurz darauf waren sie unterwegs in Richtung Horror-Parcs.

image
image
image

2

image

Das Gelände wurde von einer fast drei Meter hohen Mauer umgeben, um Neugierigen den Blick zu versperren. Vivian sah hinter der Mauer nur in einiger Entfernung die spitzen Türme eines altertümlichen Schlosses aufragen.

Sie erreichten ein elektrisches Portal und wurden eingelassen. Sofort waren sie von hektischer Betriebsamkeit umgeben. Drei Männer, die auf den Stufen des Verwaltungsgebäudes saßen, sprangen auf, als sie Collingtons Wagen erkannten und kamen auf sie zugeeilt.

"Ein Glück, dass sie zurück sind. Was ist mit... Was sollen wir..."

Die Fragen prasselten nur so auf den Firmenchef ein, noch bevor er aussteigen konnte. Er gab eine Reihe von Anweisungen, bevor die Männer wieder verschwanden.

"Kaum ist man mal ein paar Stunden weg, wissen die Leute schon nicht mehr weiter", wandte er sich schimpfend an Vivian.

Die junge Frau hatte sich in der Zwischenzeit ein wenig umgeblickt. Viel gab es hier allerdings nicht zu sehen. Das Verwaltungsgebäude war ein altes dreistöckiges Haus im viktorianischen Stil.

Dahinter lagen einige Dutzend aus Fertigteilen errichtete Bungalows. Darin wohnten die Architekten und leitenden Verantwortlichen für den Bau. Zahlreiche bekannte Leute aus allen Teilen des Landes arbeiteten an dem Freizeitpark mit, so dass die Leute für eine Übergangszeit hierhergezogen waren. Später, wenn der Park eröffnet war, würden die festen Mitarbeiter des Parks dort mit ihren Familien wohnen.

Hier hatte sich seit ihrem letzten Besuch vor einem halben Jahr nichts verändert, aber dieser Teil würde den Besuchern auch nicht zugängig sein.

"Das Schloss sieht ja wirklich beeindruckend aus", sagte Vivian und deutete auf das Gebäude, das sich einige hundert Meter entfernt erhob. Es war völlig in sich verschachtelt, so dass es an einen riesigen Totenkopf erinnerte.

"Tja, so wirkt es schon ganz anders, als auf den Photos des Modells, nicht wahr?", erwiderte Collington mit spürbarem Stolz. "Das Kernstück des Parks, und auch die teuerste Anlage. Allein das Schloss hat mehr als fünf Millionen Dollar gekostet."

"Fünf Millionen..."

Diese Summe verschlug Vivian fast die Sprache. Sie versuchte, sich soviel Geld auf einem Haufen vorzustellen, aber es ging nicht.

"Insgesamt steckt in Horror-Parcs mehr als das zwanzigfache", fuhr Howard Collington fort. Er sprach ganz gelassen von diesen gigantischen Summen, so als würde er nur über das Wetter plaudern.

Vivian musste sich vor Augen führen, dass er der Besitzer einer weltweit erfolgreichen Computerfirma war, und sich deshalb an den Umgang mit solchen Summen gewöhnt hatte. Mit Horror-Parcs verwirklichte er sich einen Jugendtraum. Zugleich sollte dieses Projekt das krönende Werk seines Lebens werden. Da es aber auch für ihn unmöglich war, alles allein zu finanzieren, hatte er eine Aktiengesellschaft gegründet und andere Geldgeber für das Projekt interessieren können.

Vivian schluckte, als sie daran dachte, dass die hundert Millionen Dollar nur die erste Stufe der Finanzierung darstellten. Sobald ein Teil der Kosten wieder hereingekommen war, sollte ein weiterer Ausbau vorgenommen werden. Bei ihrem bescheidenen Einkommen rechnete sie in ganz anderen Maßstäben.

Wieder eilte jemand mit einer Frage auf ihren Onkel zu. Collington seufzte und verdrehte ergeben die Augen.

"Ich sehe dir an, dass du dir am liebsten alles sofort ansehen willst", sagte er. "Aber ich werde wohl nicht dazu kommen, dich ein wenig herumzuführen. Corringer soll das übernehmen. Er ist für die elektrische Installation verantwortlich und kennt sich hier fast so gut aus wie ich." Er winkte einen jungen, sympathisch wirkenden Mann mit Texanerhut zu sich, der nicht weit entfernt mit zwei anderen Leuten einen Plan studierte. "Charles, ich möchte Ihnen meine Nichte vorstellen, die die Werbung leitet. Wären Sie bitte so freundlich, sie ein wenig auf dem Gelände herumzuführen?"

"In Ordnung, Mr. Collington. Herzlich willkommen, Mrs..."

"Miss Linnagan. Sagen Sie ruhig Vivian zu mir. Es wäre nett, wenn Sie mir alles zeigen könnten. Allein bekäme ich bestimmt Angst bei den ganzen Schauergestalten."

"Alles halb so wild. Denken Sie immer daran, dass es sich nur um mechanische Puppen handelt." Er lächelte verschmitzt. "Jeder Entsetzensschrei wäre übrigens ein Lob für mich. Ich habe nämlich den Großteil der Computeranlagen entworfen und programmiert."

Während sie sich dem eigentlichen Freizeitgelände näherten, musterte Vivian ihren Begleiter genauer.  Er mochte knapp über Dreißig sein, doch sein jugendliches Lächeln ließ ihn jünger aussehen. Sein Gesicht war scharf geschnitten und deutete auf Energie und Durchsetzungsvermögen hin. Ohne diese Eigenschaften hätte er wohl auch kaum in seinen jungen Jahren schon einen so verantwortungsvollen Posten erreichen können. Als er seinen Hut in die Stirn schob, konnte Vivian sehen, dass er krauses, schwarzes Haar besaß. Er trug verwaschene Jeans, Rollkragenpullover und eine Lederjacke.

Es dauerte nicht lange, bis sie den Verwaltungsteil verlassen hatten.

"Hier haben wir einige Straßenzüge Sohos, eines Stadtteils von London nachgebaut", erklärte er. "So sah es dort vor rund einem Jahrhundert aus. Zahlreiche klassische Gestalten der Gruselliteratur haben sich zu dieser Zeit dort ein Stelldichein gegeben. Dr. Jeckyll und Mr. Hyde, Robert Craven, Jack the Ripper, und andere. Zwar gibt es hier eine Menge Puppen, aber zusätzlich werden später noch einige maskierte Mitarbeiter hier ihr Unwesen treiben und die Besucher erschrecken."

"Für mich ist es auch so schon unheimlich genug", entgegnete Vivian.

Sie schritten durch einen engen, verwinkelten Straßenzug. Altmodische Gaslaternen standen an den Kreuzungen. Unter ihren Füßen befand sich buckliges Kopfsteinpflaster. Die Fassaden der Häuser machten einen schmutzigen, heruntergekommenen Eindruck. Ihnen haftete ein Hauch von Düsternis an, so dass man sich gut vorstellen konnte, wie Mörder und andere finstere Gestalten nachts durch eine solche Umgebung streiften. Alles wirkte so realistisch, dass Vivian fast vergaß, dass es nur künstlich war. Sie fühlte sich in der Tat um hundert Jahre zurückversetzt.

"So kommt die Atmosphäre noch gar nicht richtig zur Geltung", versicherte Charles. "Später wird aus den ganzen Kanälen künstlicher Nebel aufsteigen. Dann wirkt es hier selbst im strahlenden Sonnenschein düster und verkommen, wie bei Dämmerung. Die Laternen brennen, und man rechnet damit, jeden Moment irgendwo eine Schreckensgestalt lauern zu sehen. Schauen wir uns eines der Häuser doch mal von innen an."

Er führte sie auf eine offenstehende Tür zu. Als sie die Schwelle überschritten, lösten sie einen Kontakt aus. Eine Petroleumlampe verbreitete dämmeriges Zwielicht, in dessen Schein eine ärmlich eingerichtete Wohnstube sichtbar wurde. Die Scheiben der winzigen Fenster waren blind, so dass kein Tageslicht hereindrang und die Aura des Geheimnisvollen gewahrt blieb.

"Geh ruhig rein", ermunterte Charles die junge Frau mit einem amüsierten Funkeln in den Augen. Vivian trat zwei Schritte vor. Aus den Augenwinkeln nahm sie eine Bewegung wahr und fuhr herum.

Vor Entsetzen schrie sie laut auf.

Eine ganz in Schwarz gekleidete Gestalt mit einem Zylinder auf dem Kopf, der das Gesicht fast völlig verbarg, sprang fauchend auf sie zu. In der Hand des Mannes funkelte ein armlanges Messer, das der Unbekannte zum Stoß erhoben hatte.

image
image
image

3

image

Vivian Linnagan wollte sich zur Seite werfen, aber sie war wie gelähmt. Starr vor Schreck blickte sie dem Mann entgegen. In Gedanken sah sie das Messer bereits auf sich herabzucken.

Aber einen Schritt vor ihr blieb die Gestalt stehen, erstarrte plötzlich und glitt dann zurück. Es handelte sich lediglich um eine Puppe, die von einer Mechanik bewegt wurde.

Vivian schlug die Hände vors Gesicht und stieß die Luft vor Erleichterung laut aus. Sie spürte, wie ihre Hände zitterten.

"So was Gemeines!", schimpfte sie und fuhr zu Charles Corringer herum. Sie meinte ihre Worte nicht ernst, aber irgendwie musste sie ihrer Spannung Luft verschaffen. "Einen so zu erschrecken. Da kann man ja einen Herzschlag bekommen."

Wieder grinste der Computerspezialist.

"Ich hätte Sie vorher warnen können, aber dann wäre die Wirkung ja verloren gegangen. Wer durch Horror-Parcs streift, muss eben immer mit solchen Überraschungen rechnen. Wenn man sich das vor Augen hält, ist alles halb so schlimm. Zudem haben wir alles psychologisch geschickt ausgeklügelt. Vom Eingang des Parks her verstärken die Schrecken sich immer mehr, so dass die Besucher sich langsam daran gewöhnen können. Sie haben jetzt schon ohne Vorbereitung eine der harten Attacken erlebt. Aber es ist alles ganz ungefährlich."

"Diese Klinge sah aber gar nicht ungefährlich aus", entgegnete Vivian. "Was ist, wenn einer der Besucher mal zu weit vortritt und davon verletzt wird."

"Sehen Sie selbst", sagte Corringer. Er trat auf eine bestimmte Stelle im Boden. Sofort kam die Gestalt wieder vorgesprungen. Diesmal erschrak Vivian nicht mehr.

"Der Kontakt wird nur ausgelöst, wenn man genau auf dieser Platte steht", erklärte der junge Mann. Er griff nach der Messerklinge und bog sie mühelos hin und her. "Zur absoluten Sicherheit besteht sie nur aus ganz weichem Gummi mit einem glänzenden Speziallack, der alles so echt aussehen lässt."

"Gehen wir weiter", sagte Vivian beklommen. Immer noch steckte ihr der Schreck in den Knochen. Gibt es in jedem Haus so nette Überraschungen?"

"Das wäre unser Endziel. Bislang bestehen die meisten Gebäude nur aus Fassaden und sind innen leer. Wir haben nur einige wenige von innen eingerichtet."

Fürs erste war ihr Bedarf an Schocks gedeckt, und sie verzichtete darauf, weitere Häuser von innen zu betrachten. In ein paar Tagen würde sie wahrscheinlich über alles nur noch lachen, aber jetzt war es etwas viel für sie.

Allmählich breitete sich die Dämmerung aus. Zu dieser Jahreszeit wurde es bereits früh dunkel, und alles erschien ihr noch viel furchteinflößender. Am liebsten hätte sie ihren Begleiter an der Hand gefasst, aber sie wollte sich nicht lächerlich machen. Er hätte bestimmt über sie gelacht. Die Laternen flammten auf.

"Wie wir inzwischen erfahren haben, soll über dieser Gegend übrigens ein Fluch liegen", berichtete Corringer.

"Ein echter Fluch? Erzählen Sie mir davon."

"Viel gibt es da eigentlich nicht zu erzählen. Vor mehr als hundert Jahren wurde eine Indianersiedlung hier von Weißen angegriffen und niedergebrannt. Die meisten Indianer starben,  aber vor seinem Tod verfluchte der Häuptling dieses Land noch. Das wäre doch vielleicht etwas für die Werbung, wenn wir die Leute mit einem echten Fluch locken könnten."

"Ich werde es mir durch den Kopf gehen lassen. Mal sehen, ob ich etwas daraus machen kann."

"Sollte ja nur eine Anregung sein. Hinter der Ecke dort vorne gibt es noch eine nette Szene",  verkündete Corringer.

Vivian verzog das Gesicht und richtete sich in Gedanken darauf ein. Trotzdem schrak sie zusammen, als ihr plötzlich eine schwarze Totenkutsche den Weg versperrte.  Aus einem der Häuser traten zwei Männer, die einen Sarg mit sich trugen. Erst bei genauem Hinsehen konnte Vivian erkennen, dass es sich um Puppen handelte, die sich auf winzigen Schienen bewegten. Ein Stück vor der Kutsche blieben sie stehen.

"Nanu", wunderte sich Charles Corringer. "Da hat sich wohl wieder was verklemmt. Eigentlich sollte der Sargdeckel jetzt aufspringen und der Tote aufstehen. Mal sehen."

Er zog einen Schraubenzieher aus der Jackentasche und trat an den Sarg heran. An der Rückseite befand sich eine kleine Klappe, deren Schrauben er löste. Dahinter kam ein Gewirr elektrischer Drähte, Kontakte und Schalter zum Vorschein. Er nahm einige Schaltungen vor und überprüfte die Drähte. Dann schraubte er die Klappe wieder zu und versetzte dem Sarg einen Schlag mit der flachen Hand.

Verwirrt kratzte er sich am Kopf, als immer noch nichts geschah. "So ein Mist. Was ist denn bloß los mit dem verdammten Ding? Scheint wohl doch an der Puppe selbst zu liegen."

Er klappte den Sargdeckel nach oben. Im gleichen Moment weiteten sich seine Augen vor fassungslosem Entsetzen. Alle Farbe wich aus seinem Gesicht.

Vivian stand nah genug bei ihm, um ebenfalls in den Sarg blicken zu können. Sie stieß einen gellenden Schrei aus.

Im Sarg lag ein Toter.

Aber diesmal handelte es sich nicht um eine Puppe!

image
image
image

4

image

Sekundenlang starrte Vivian auf das schreckliche Bild, unfähig, den Kopf abzuwenden, oder sich sonst auch nur irgendwie zu bewegen. Instinktiv hoffte sie, dass alles sich doch noch als eine Illusion herausstellen mochte, und der Tote nichts anderes als eine besonders schrecklich geratene Puppe war.

Aber gleichzeitig wusste sie, dass es nicht so war.

Es handelte sich um einen älteren, blondhaarigen Mann. Aus einer hässlichen Platzwunde an der Stirn rann ein schmaler Blutfaden. Das deutete darauf hin, dass die Verletzung noch nicht allzu alt sein konnte. Ein paar Minuten, höchstens eine Viertelstunde.

"Jeff", hauchte Corringer. "Mein Gott, das ist Jeff Ladds, einer der Wartungsmechaniker."

Er beugte sich über den Mann und tastete über dessen Hals.

"Er lebt noch!", rief der Computerspezialist aufgeregt. "Sein Herz schlägt noch, wenn auch nur ganz schwach."

"Sollen wir ihn aus... aus dem Sarg herausheben?", fragte Vivian stockend.

"Nein, er hat bestimmt eine Gehirnerschütterung und möglicherweise noch andere Verletzungen davongetragen. Lassen wir ihn ruhig liegen. Er muss so schnell wie möglich in ein Krankenhaus gebracht werden. Warte hier, ich hole Hilfe."

Vivian nickte tapfer, obwohl Charles es wahrscheinlich schon nicht mehr sah, denn er rannte sofort los.

Unruhig schaute sie sich um, vermied es jedoch nach Möglichkeit, Jeff Ladds direkt anzublicken. Der Gedanke, allein in dieser Umgebung bei dem Schwerverletzten zu bleiben, erschreckte sie, aber sie sah ein, dass es nicht anders ging, und kämpfte ihre Angst nieder.

Dann aber keimte ein anderer, schrecklicher Gedanke in ihr auf. Wenn Ladds ein Unglück zugestoßen war, würde er sich wohl kaum von selbst in den Sarg gelegt haben.

Nein, er musste von irgend jemandem niedergeschlagen und dort versteckt worden sein. Das konnte erst wenige Minuten zurückliegen, wie das frische Blut bewies. Erst an den Rändern der Wunde bildete sich ein klein wenig Schorf.

Aber bedeutete das nicht, dass der unbekannte Täter noch irgendwo in der Nähe war? Vivian schaute sich unsicher um. Lauerte der Unbekannte möglicherweise schon auf sein nächstes Opfer?

Vielleicht auf sie?

Dieses Land ist verflucht!, schossen ihr Charles' Worte durch den Kopf.

Ärgerlich schüttelte Vivian Linnagan den Kopf. Diese unheimliche Geisterstadt machte sie ganz nervös. Gewaltsam musste sie sich in Erinnerung rufen, dass sie sich im Amerika der Gegenwart befand, nicht im London des vorigen Jahrhunderts. Hätte sie den Verletzten irgendwo in New York gefunden, wäre dies zwar schlimm genug gewesen, aber ihr wären niemals solche Gedanken an Wahnsinnige gekommen, die mit einem Messer nachts durch die Straßen schlichen und auf Opfer lauerten. In der New Yorker U-Bahn beispielsweise wurden fast jeden Tag Überfälle begangen. Die Zeitungen waren voller Berichte darüber, man hatte sich fast schon daran gewöhnt.

Sicher, die Umgebung änderte nichts daran, dass diese schlimmen Verbrechen passierten. Sie konnten sich überall ereignen, dazu bedurfte es einer solchen Kulisse nicht. Aber in der Großstadt nahm man einen Überfall oder gar Mord ganz anders auf. Die Kriminalität war gewissermaßen zu einem Bestandteil des Lebens geworden.

Hier war es irgendwie anders, obwohl die Tat als solche gleich blieb. Die Umgebung schien die Gefahr geradezu auszuatmen, einen düsteren Hauch von Angst, der wie ein schleichendes Gift in Vivians Gedanken drang und ihre Phantasie aufputschte.

Bei jedem Laut und jeder Bewegung zuckte sie zusammen, doch stets handelte es sich nur um Blätter, die vom Herbstwind aufgewirbelt wurden, oder ihrem eigenen Schatten, den der milchige Schein der Laternen geisterhaft über die Hauswände und das Pflaster huschen ließ. Nichts, das wirklichen Anlass zur Angst bot.

Sie war allein, bestimmt hatte sich der Unbekannte nach seiner Tat direkt aus dem Staub gemacht.

Immer häufiger blickte sie auf ihre Armbanduhr. Wo blieb Charles Corringer nur so lange? Er war erst wenige Minuten weg, aber jede Sekunde dehnte sich für sie zu einer halben Ewigkeit. Dazu kam, dass es mittlerweile ziemlich kühl geworden war. Der Herbstwind kroch selbst unter ihre dick gefütterte Jacke und ließ Vivian frösteln.

Die ganze Zeit über bewegte Jeff Ladds sich nicht ein einziges Mal. Er atmete noch, aber das Heben und Senken seiner Brust war kaum zu erkennen. Wenn es für ihn eine Rettung geben sollte, dann musste sie jetzt sehr schnell erfolgen.

Endlich hörte Vivian die Geräusche sich rasch nähernder Menschen. Charles Corringer, Howard Collington und drei andere Leute bogen in Begleitung zweier weißgekittelter Sanitäter, die fest im Freizeitpark angestellt waren, um die Ecke.

Vor Erleichterung schluchzte Vivian laut auf und warf sich ihrem Onkel in die Arme.

"Es tut mir leid, dass wir dir keinen schöneren Empfang bieten konnten", sagte er und strich ihr beruhigend über den Rücken. "Wir haben einen Rettungshubschrauber angefordert."

Vivian wischte sich Tränen aus den Augenwinkeln. Sie ärgerte sich, dass sie sich so hatte gehen lassen. Jetzt, inmitten der Leute, war ihre Angst wie weggewischt. Nur Unbehagen war zurückgeblieben. Sie konnte sich kaum noch vorstellen, dass sie vor wenigen Minuten der alleinige Anblick Jeff Ladds hatte zittern lassen.

Ein Ruck ging durch ihre Gestalt.

"Der Täter muss einer der Leute sein, die für dich arbeiten", sagte sie mit fester Stimme. "So gut, wie das Gelände abgesichert wird, kommt sonst wohl niemand in Frage."

Howard Collington nickte schwerfällig.

"Mit ziemlicher Sicherheit, ja. Aber damit bleibt immer noch ein riesiger Kreis von Verdächtigen übrig. Alles in allem arbeiten momentan rund zweihundert Leute an Horror-Parcs."

"Zweihundert? Mir kam es vor, als wäre ich hier fast allein. Wo sind die Leute denn alle?"

"Du vergisst, wie groß das Gelände ist. Soho ist bereits fertig gebaut.  Momentan wird hauptsächlich an den Klippen und unterirdischen Stollen gearbeitet. Theoretisch könnte jeder der Täter sein. Aber das soll die Polizei herausfinden."

"Hier ist die Puppe", rief Charles Corringer. Er trug die Figur eines Mannes mit einer weißen Haarsträhne aus dem Haus und deutete auf einige lose Kabel. "Man hat die Puppe gewaltsam aus dem Sarg gerissen. Verdammt, wer macht nur so etwas? Wenn wir nicht zufällig hier vorbeigekommen wären, hätte niemand Jeff vor morgen früh entdeckt. Er wäre mit Sicherheit gestorben."

"Eindeutig ein Mordversuch", stieß Howard Collington hervor. "Ich habe gehofft, es hätte sich vielleicht um einen Streit gehandelt, und Ladds wäre niedergeschlagen worden, um einen Denkzettel für irgend etwas zu bekommen. Aber wenn er so schwer verletzt und versteckt wurde, müssen wir den Fall an die Polizei übergeben."

Verzweifelt strich er sich durch das graue Haar.

"Es sieht fast so aus, als wäre hier alles verhext", murmelte er. "Dieses ganze Unternehmen steht unter einem schlechten Stern."

Wieder musste Vivian an den angeblichen Fluch denken, aber sie sagte nichts davon.

"Du hast am Flughafen etwas von mysteriösen Vorfällen gesagt", hakte sie nach. "Willst du mir nicht endlich erzählen, was hier los ist?"

Collington schüttelte den Kopf.

"Nicht jetzt, Vivian, nachher. Jetzt ist wirklich nicht der richtige Zeitpunkt. Aber du wirst alles erfahren, zumal es auch in dein Gebiet fällt. Schließlich ist das alles eine äußerst schlechte Werbung für uns. Wir werden uns nachher zusammensetzen."

"In Ordnung. Ich fühle mich im Augenblick ohnehin nicht gut. Von der Aufregung habe ich Kopfschmerzen bekommen. Kann ich mich irgendwo ein paar Minuten hinlegen?"

"Natürlich, ich habe einen der Bungalows für dich reserviert. Hier ist der Schlüssel, und der hier ist für den Kofferraum des Wagens, damit du an dein Gepäck kannst. Charles wird dir das Haus zeigen."

image
image
image

5

image

Der Bungalow lag am Rande der kleinen Siedlung, direkt neben dem Verwaltungsgebäude. Es gab einen Wohnraum mit Kochnische, ein Bad und zwei Schlafzimmer. Alles war spartanisch eingerichtet. Wer später hier einziehen würde, würde sich ohnehin seine eigenen Möbel mitbringen, so dass man sich jetzt auf das Notwendigste beschränkt hatte. Alles erinnerte Vivian ein wenig an eine Ferienwohnung.

Rund um den Bungalow lag ein kleiner Garten. Im Grunde war es nur ein mit einer Schnur und einigen niedrigen Pfosten abgestecktes Stück Land, aus dem später einmal ein Garten werden sollte. Jetzt wuchs dort nur Gras und wucherndes Unkraut.

"Soll ich Ihnen noch mit dem Gepäck helfen?", bot Charles an.

"Das wäre nett. Einer der Koffer ist ziemlich schwer. Das ganze Werbematerial. Man glaubt gar nicht, wie viel Papier wiegen kann."

Vivian sprach schnell und abgehackt. Als sie es durch ein Lächeln zu überdecken versuchte, fiel es durch ihre Nervosität sehr gekünstelt aus.

"Ihnen sitzt der Schock noch ganz schön in den Knochen, nicht wahr?", erkundigte sich der Computerspezialist. "Das kann ich verstehen, auch wenn ich durch die Arbeit an den Schauereffeckten ziemlich abgehärtet bin, habe ich selbst weiche Knie. Wir können nur hoffen, dass die Polizei dem ganzen Spuk bald ein Ende bereiten wird. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir Sie schon längst eingeschaltet."

"Und warum ist das nicht geschehen, wenn hier solche Verbrechen geschehen?"

"Nun, bisher war alles nicht so schlimm, es könnte sich auch um Unfälle handeln, auch wenn ich persönlich nicht daran glaube. Ihr Onkel fürchtete negative Schlagzeilen und hat deshalb alles intern geregelt."

Als sie mit dem Gepäck in der Hand zum Haus zurückgingen, wurde die Tür des Nachbarbungalows geöffnet. Ein blondhaariger Mann in Charles' Alter kam heraus. Mit freundlichem Lächeln kam er auf Vivian zu.

"Sie sind bestimmt Miss Linnagan. Ich heiße William Thornhill, und wir sind gewissermaßen Kollegen. Ich komme von WMC und arbeite auch an der Werbung mit. Und Nachbarn sind wir auch."

Vivian reichte ihm die Hand.

"Dann auf gute Nachbarschaft und Zusammenarbeit. Mein Onkel hat mir schon von Ihnen erzählt, Mr. Thornhill."

"Nennen Sie mich William. Einige der Aktionäre waren nicht allzu begeistert davon, die gesamte Werbung an eine so unbekannte Agentur wie die Ihre zu vergeben. Deshalb hat man WMC mit beauftragt, immerhin sind wir das größte derartige Unternehmen. Ihr Prospekt allerdings zeigt, dass dieses Misstrauen völlig unberechtigt war. Ich habe gestern ein Vorausexemplar erhalten."

"Es freut mich, dass Ihnen meine Arbeit gefallen hat. Natürlich muss es kritische Stimmen geben, wenn der Hauptaktionär einen solchen Riesenauftrag an eine Verwandte mit so geringer Berufserfahrung vergibt. Aber ich bin auch ein wenig froh, dass ich nicht die ganze Verantwortung allein tragen muss."

"Wir werden bestimmt gut miteinander auskommen und uns ergänzen. Die Leitung der Werbekampagne liegt ja auch weiterhin allein bei Ihnen. Ich bin nur dazu da, beratend mitzuwirken."

Vivian nickte. Thornhill schien ein vernünftiger Mann zu sein, mit dem man offenbar gut zusammenarbeiten konnte. Ob es wirklich so war, würden erst die nächsten Tage ergeben, aber ihr erster Eindruck von ihm fiel wesentlich positiver aus, als sie insgeheim befürchtet hatte.

Aus der Ferne war das Geräusch eines sich rasch nähernden Hubschraubers zu hören. Vivian sah die Positionslichter. Die Maschine sank tiefer und landete.

"Was ist denn da los?", wunderte sich William Thornhill.

Charles erklärte ihm mit knappen Worten, was passiert war.

"Entschuldigen Sie mich jetzt bitte", unterbrach Vivian und wandte sich um. "Ich möchte mich etwas hinlegen. Wir sehen uns sicher später noch."

Sie ging ins Haus und schloss die Tür hinter sich. Endlich hatte sie etwas Ruhe. Es war totenstill, aber die Stille wirkte nicht bedrohlich wie zuvor im nachgebauten Soho. Im Gegenteil, sie vermittelte der jungen Frau ein Gefühl von Geborgenheit.

Vivian ließ sich in einen Sessel fallen. Sie kramte eine Zigarettenpackung aus der Handtasche und zündete sich ein Stäbchen an. Zwar hatte sie sich vorgenommen, mit dem Rauchen aufzuhören, aber jetzt brauchte sie die Zigarette, um ihre Nerven zu beruhigen.

Auf dem Wohnzimmertisch stand ein Plastikaschenbecher. Auf der einen Seite war das Frankenstein-Monster abgebildet, auf der Rückseite stand Horror-Parcs.

Vivian lächelte müde. Anscheinend hatte William Thornhill auch schon von alleine Werbevorschläge unterbreitet und direkt in die Tat umgesetzt. Aber von einem Mitarbeiter einer so bedeutenden Agentur wie WMC konnte man auch nicht erwarten, dass er nur abwartete und die Hände in den Schoß legte, bis sie eintraf und ihm sagte, was er zu tun habe. Aufkleber, Postkarten und dergleichen Souvenirs hatte sie ebenfalls geplant, das war die standartmäßige Werbung, die auch William Thornhill verinnerlicht hatte. Solange seine Vorschläge gut waren und ihrer Hauptstrategie nicht zuwider liefen, konnte es ihr egal sein. Er hatte mit Sicherheit mehr Werbeerfahrung und es war für sie eine Ehre, mit WMC zusammenzuarbeiten. Sie konnte sicherlich auch viel dabei lernen.

Genau wie Charles Corringer war Thornhill ihr sympathisch. Das Arbeitsklima versprach harmonisch zu werden, und das war für sie wichtig, damit sie sich richtig entfalten konnte. Dieser Auftrag war die größte Chance ihres Lebens, und wenn ihre Arbeit zur allgemeinen Zufriedenheit ausfiel, konnte sie bestimmt auch selbst die Karriereleiter hinauffallen und zu einer bedeutenderen Agentur wechseln. Von dem Honorar, das man ihr in Aussicht gestellt hatte, ganz zu schweigen.

Vivian Linnagan genoss die Ruhe um sich und versuchte abzuschalten, an gar nichts mehr zu denken. Während sie sich entspannte, rauchte sie in langsamen Zügen und blickte dem Rauch nach, der sich der Decke entgegen kräuselte.

Aber immer wieder glitten ihre Gedanken zu Jeff Ladds und dem Überfall. Den Andeutungen Onkel Howards zufolge schien es sich nicht um einen Einzelfall zu handeln. Wenn so viele Leute über längere Zeit an einem Ort zusammenkamen, musste man immer damit rechnen, dass es Streit gab. Vielleicht hatte sich doch nur einer der Arbeiter von Wut übermannen lassen und auf Ladds eingeschlagen. In der ersten Panik hatte er dann möglicherweise gedacht, der Mann wäre tot und hatte versucht, die vermeintliche Leiche zu verstecken.

So richtig konnte Vivian nicht an diese Erklärung glauben. Ihr Gefühl sagte ihr, dass mehr hinter der Sache steckte. Aber Onkel Howard würde ihr ja nachher alles erzählen, dann konnte sie sich ein besseres Bild von der Lage machen.

Als die Glut ihre Finger fast erreicht hatte, drückte sie die Zigarette aus. Sie fühlte sich schläfrig und schloss die Augen.

Kurz darauf war sie eingeschlafen.

image
image
image

6

image

Ein lautes Klopfen an der Tür ließ Vivian auffahren. Sie blickte auf die Uhr. Überrascht stellte sie fest, dass sie fast zwei Stunden im Sessel geschlafen hatte. Sie rieb sich die Augen und ging zur Tür.

Draußen stand Charles Corringer.

"Ihr Onkel hat uns alle zu einem Treffen zusammengerufen, eine Art Krisenstab. Ich wollte Ihnen nur Bescheid sagen."

"Danke, das ist nett von Ihnen. Einen Augenblick bitte noch. Ich bin eingeschlafen und möchte mich schnell etwas frischmachen. Es dauert nur ein paar Sekunden."

"Ich warte solange."

Vivian ging ins Badezimmer und wusch sich das Gesicht mit kaltem Wasser. Anschließend kämmte sie sich und kehrte zu Thornhill zurück.

"Na also, schon fertig."

Zusammen gingen sie zum Verwaltungsgebäude hinüber. Charles führte sie in einen Konferenzraum im ersten Stock. Mehrere Sessel gruppierten sich um einen niedrigen Marmortisch. Pflanzen standen auf der Fensterbank.

Howard Collington, William und zwei Männer, die Vivian als Mitarbeiter der Sicherheitsgesellschaft vorgestellt wurden, die das Gelände bewachte, hatten bereits Platz genommen. Corringer und die junge Frau setzten sich dazu. Gespannt blickte Vivian ihren Onkel an.

Details

Seiten
Jahr
2018
ISBN (ePUB)
9783738920291
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2018 (Juni)
Schlagworte
gefangen albtraumwelt
Zurück

Titel: Gefangen in der Albtraumwelt