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Alfred Bekker Western - Die Geier vom Lincoln County

von Alfred Bekker (Autor:in)
©2018 160 Seiten

Zusammenfassung

DIE GEIER VOM LINCOLN COUNTY
Western-Roman

von Alfred Bekker

Der Umfang dieses Buchs entspricht 96 Taschenbuchseiten.

"Du spielst falsch, Hombre!"

Der Blick des Einäugigen war eisig. Noch hatte er die Rechte auf dem Tisch und nicht am tiefgeschnallten Revolverholster.

Rechts und links von ihm saßen zwei seiner Kumpane, mit denen zusammen er am Mittag aus der Postkutsche gestiegen war. Sie trugen - ebenso wie der Einäugige - dunkle, etwas abgeschabte Anzüge. Und Revolver. Gunslinger waren sie, Männer die sich für ein paar Dollars von jedem anheuern ließen, der bereit war, für ihre Dienste zu bezahlen.

Der Einäugige warf die Karten auf den Tisch.

Er spuckte geräuschvoll aus.

Der vierte Mann in der Spielrunde erbleichte.

Es handelte sich um Saul Jackson, einen einfachen Cowboy aus der Gegend. Jackson kniff die Augen zusammen.

"Ich habe nicht falsch gespielt!" behauptete er.

"Doch, du hast!" widersprach der Einäugige.

Seine Stimme klirrte wie Eis.







Unter dem Pseudonym NEAL CHADWICK schreibt der Schriftsteller ALFRED BEKKER.



Seine Romane um DAS REICH DER ELBEN, die GORIAN-Trilogie und die DRACHENERDE-SAGA machten ihn einem großen Publikum bekannt. Er schrieb für junge Leser die Fantasy-Zyklen ELBENKINDER, DIE WILDEN ORKS, ZWERGENKINDER und ELVANY sowie historische Abenteuer wie DER GEHEIMNISVOLLE MÖNCH, LEONARDOS DRACHEN, TUTENCHAMUN UND DIE FALSCHE MUMIE und andere. In seinem Kriminalroman DER TEUFEL AUS MÜNSTER machte er mit dem Elbenkrieger Branagorn eine Hauptfigur seiner Fantasy-Romane zum Ermittler in einem höchst irdischen Mordfall. Im Dezember 2012 erscheint mit DER SOHN DER HALBLINGE sein nächster großer Fantasy-Epos bei Blanvalet.







Cover: FIRUZ ASKIN

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


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DIE GEIER VOM LINCOLN COUNTY

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Western-Roman

von Alfred Bekker

Der Umfang dieses Buchs entspricht 96 Taschenbuchseiten.

"Du spielst falsch, Hombre!"

Der Blick des Einäugigen war eisig. Noch hatte er die Rechte auf dem Tisch und nicht am tiefgeschnallten Revolverholster.

Rechts und links von ihm saßen zwei seiner Kumpane, mit denen zusammen er am Mittag aus der Postkutsche gestiegen war. Sie trugen - ebenso wie der Einäugige - dunkle, etwas abgeschabte Anzüge. Und Revolver. Gunslinger waren sie, Männer die sich für ein paar Dollars von jedem anheuern ließen, der bereit war, für ihre Dienste zu bezahlen.

Der Einäugige warf die Karten auf den Tisch.

Er spuckte geräuschvoll aus.

Der vierte Mann in der Spielrunde erbleichte.

Es handelte sich um Saul Jackson, einen einfachen Cowboy aus der Gegend. Jackson kniff die Augen zusammen.

"Ich habe nicht falsch gespielt!" behauptete er.

"Doch, du hast!" widersprach der Einäugige.

Seine Stimme klirrte wie Eis.

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UNTER DEM PSEUDONYM NEAL CHADWICK schreibt der Schriftsteller ALFRED BEKKER.

Seine Romane um DAS REICH DER ELBEN, die GORIAN-Trilogie und die DRACHENERDE-SAGA machten ihn einem großen Publikum bekannt. Er schrieb für junge Leser die Fantasy-Zyklen ELBENKINDER, DIE WILDEN ORKS, ZWERGENKINDER und ELVANY sowie historische Abenteuer wie DER GEHEIMNISVOLLE MÖNCH, LEONARDOS DRACHEN, TUTENCHAMUN UND DIE FALSCHE MUMIE und andere. In seinem Kriminalroman DER TEUFEL AUS MÜNSTER machte er mit dem Elbenkrieger Branagorn eine Hauptfigur seiner Fantasy-Romane zum Ermittler in einem höchst irdischen Mordfall. Im Dezember 2012 erscheint mit DER SOHN DER HALBLINGE sein nächster großer Fantasy-Epos bei Blanvalet.

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COVER: FIRUZ ASKIN

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Copyright

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author

© dieser Ausgabe 2018 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

www.AlfredBekker.de

postmaster@alfredbekker.de

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"Du spielst falsch, Hombre!"

Der Blick des Einäugigen war eisig. Noch hatte er die Rechte auf dem Tisch und nicht am tiefgeschnallten Revolverholster.

Rechts und links von ihm saßen zwei seiner Kumpane, mit denen zusammen er am Mittag aus der Postkutsche gestiegen war. Sie trugen - ebenso wie der Einäugige - dunkle, etwas abgeschabte Anzüge. Und Revolver. Gunslinger waren sie, Männer die sich für ein paar Dollars von jedem anheuern ließen, der bereit war, für ihre Dienste zu bezahlen.

Der Einäugige warf die Karten auf den Tisch.

Er spuckte geräuschvoll aus.

Der vierte Mann in der Spielrunde erbleichte.

Es handelte sich um Saul Jackson, einen einfachen Cowboy aus der Gegend. Jackson kniff die Augen zusammen.

"Ich habe nicht falsch gespielt!", behauptete er.

"Doch, du hast!", widersprach der Einäugige.

Seine Stimme klirrte wie Eis.

Am Schanktisch von Slim Carpenters Saloon stand ein weiterer Mann, der mit dem Einäugigen aus der Postkutsche gestiegen war. Er trug einen mehrfach geflickten Anzug. Unter der Jacke sah man die Griffe seiner beiden Colts, die nach vorn zeigten. Seine Shotgun hatte er auf den Schanktisch gelegt. Jetzt nahm er sie an sich, lud sie demonstrativ durch. Ein zynisches Grinsen spielte um seine Lippen.

"Soll ich die Schmeißfliege abknallen, Roscoe?", fragte er an den Einäugigen gerichtet.

Dieser schüttelte den Kopf.

"Erst, wenn der Hombre hier seine Schulden bezahlt hat!", knurrte Roscoe. "Ich hasse blutverschmierte Dollars..." Roscoe lehnte sich zurück. Die Rechte blieb auf dem Tisch. Ein Muskel zuckte wenige Zentimeter unterhalb der Filzklappe, die sein rechtes Auge verdeckte.

Eben noch hatte im Saloon reges Treiben geherrscht.

Jetzt war es still.

Die zechenden Cowboys hielten ebenso den Atem an wie die appetitlich zurechtgemachten Saloongirls. Auch das Spiel des Piano-Players war verstummt.

Saul Jackson schluckte.

"Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie falsch gespielt!", sagte Saul Jackson in die Stille hinein. "Nimm das zurück, oder..."

"Oder was, Hombre?"

Roscoe kicherte. Seine Komplizen grinsten dreckig. Der Kerl mit der Shotgun richtete den Lauf in Jacksons Richtung.

Roscoe schob sich selbstzufrieden den staubigen Hut in den Nacken.

"Irgendwann ist es immer das erste Mal!", lachte er. "Und so ungeschickt wie du dich angestellt hast, Hombre, glaube ich dir sofort, dass es dein erster Versuch in dieser Hinsicht war!"

"Ich lass mich nicht beleidigen!"

Jetzt meldete sich der Kerl mit der Shotgun zu Wort. "Willst du Streit anfangen, Kuhtreiber?"

Einen Moment lang war Saul Jackson unsicher.

Dann stand er auf.

Die Hand immer in der Nähe des 45er Peacemakers, der aus seinem Holster herausragte. Er nahm seinen Stetson ab, wollte das Geld, das auf dem Tisch lag einsammeln. "Ich werde einfach meine Dollars nehmen und gehen", kündigte er an.

Innerhalb eines Sekundenbruchteils hatten die beiden Nebenmänner des Einäugigen ihre Colts aus den Gürteln gerissen und die Hähne gespannt.

Jackson erstarrte mitten in der Bewegung.

"Schön liegen lassen!", grinste Roscoe.

Jackson schien einen Augenblick lang den Gedanken zu hegen, seine Waffe herauszureißen. Aber er sah ein, dass er keine Chance hatte.

"Setz dich, Kuhtreiber!", forderte Roscoe. "Wir spielen jetzt weiter..."

"Ich habe kein Geld mehr!", meinte Jackson.

Roscoe machte dem Mann mit der Shotgun ein Zeichen. Er trank zunächst sein Bier aus, kam dann mit der Waffe im Anschlag auf Jackson zu. "Keine Bewegung, du Ratte, sonst vermodern deine Knochen auf dem hiesigen Boothill!", zischte er. Roscoe sammelte unterdessen das Geld ein, das auf dem Tisch lag.

"Durchsuch ihn, Finn!", zischte er an den Mann mit der Shotgun.

Dieser begann sofort damit. Drei Dollar waren alles was, was er noch aus den Taschen des Cowboys hervorholte. Jackson ließ das über sich ergehen. Aber seine Wut war ihm anzusehen. Andererseits war er bei aller Hitzigkeit kein Selbstmörder. Der Lauf der Shotgun drückte ihm in den Bauch. Innerhalb eines Augenaufschlags konnte der Kerl mit der Shotgun sein Lebenslicht einfach ausblasen.

Plötzlich riss Finn die Shotgun herum.

Für sein Opfer völlig unerwartet schmetterte er Jackson den Schaft der Waffe in den Bauch. Der Lauf traf Jackson im Gesicht. Der Cowboy taumelte zurück, riss einen Stuhl um, stolperte dann gegen einen benachbarten Tisch, der unter seiner Last zusammenbrach.

"Wir spielen weiter!", sagte der einäugige Roscoe.

Finn grinste. "Du solltest ihm dankbar sein!", meinte er. "Normalerweise pflegt er Falschspieler einfach über den Haufen zu schießen. Dir gibt er noch 'ne Chance!" Finn zuckte die Achseln. "Muss einen Narren an dir gefressen haben..."

Saul Jackson atmete tief durch. Langsam erholte er sich von den Schlägen, die er bekommen hatte. Blut rann ihm aus der Nase, wo ihn der Lauf der Shotgun getroffen hatte.

"Wir spielen weiter - aber der Einsatz ist diesmal etwas heikel für dich."

"Was meinst du damit?", ächzte der am Boden liegende Jackson.

Roscoe begann die Karten zu mischen und lachte.

"Wir spielen um dein Leben, Hombre!"

"Ihr seid verrückt!"

"Ich glaube eher, du bist verrückt! Normalerweise wagt es niemand, mit John Roscoe falsch zu spielen..." Der Einäugige teilte die Karten aus. Er machte das alles nur mit seiner Rechten. Die Linke blieb unter dem Tisch. Er hatte eine geschickte Rechte. Es war zweifellos die Hand eines professionellen Kartentricksers. Offenbar war er in der Vergangenheit schon einmal in der Brache tätig gewesen. Die Karten flogen nur so über den Tisch.

"Nimm dein Blatt, Hombre und sieh dir dein Schicksal an..."

Saul Jackson atmete tief durch.

Sein Blick schweifte.

Von keinem im Saloon hatte er Hilfe zu erwarten, das war ihm jetzt klar geworden. Und bis jemand den Sheriff gerufen hatte, war dieses grausame Spiel wahrscheinlich schon zu Ende.

"Wenn du gewinnst, bekommst du alles, was hier eben auf dem Tisch lag", sagte der Einäugige.

"Und wenn ich verliere, dann..."

"Dann schießt Finn dir mit dem Spielzeug in seiner Hand den Kopf weg!"

Jackson hielt es nicht mehr aus. Er hatte keine Chance, das wusste er. Aber er dachte nicht daran, sich einfach abknallen zu lassen. Seine Hand ging in Richtung des Holsters.

Er kam nicht einmal dazu, die Waffe hervorzureißen, da bellte bereits ein Schuss.

Eine Sekunde später ein zweiter.

Jacksons Körper zuckte, blieb dann reglos liegen.

Roscoe hob die linke Hand unter dem Tisch hervor. Er hielt einen Derringer damit, dessen Mündung noch rauchte.

Dann erhob er sich, fingerte in aller Ruhe zwei frische Patronen aus seiner Anzugtasche, mit denen er den Derringer nachlud. Anschließend ließ er die winzige Waffe in der Westentasche verschwinden.

Er drehte sich herum.

Seine Rechte baumelte dabei über dem Revolvergriff.

"Ihr habt es alle gesehen, Hombres!", rief er. "Der Hund wollte seinen Revolver ziehen! Es war Notwehr!"

Einige Augenblicke lang herrschte betretenes Schweigen.

Dann meldete sich ein schwarzhaariger Mann mit dunklem Schnauzbart zu Wort. Eine Narbe verunzierte sein Gesicht. Er war aus einer Seitentür in den Schankraum getreten. Jeder im Raum kannte ihn. Es war Slim Carpenter, der Besitzer dieses Saloons und einer der einflussreichsten Geschäftsleute in Lincoln, New Mexico.

"Ich denke, Ladies and Gentlemen, jeder von Ihnen kann bezeugen, was hier geschehen ist..." Er wandte sich an den Einäugigen. "Sie trifft an diesem Vorfall keinerlei Schuld, Mr. Roscoe. Und ich bedaure es sehr, dass Sie Unannehmlichkeiten hatten..."

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"Hey, was machst du denn da oben?", fragte das dürre Männlein mit dem viel zu großen, ziemlich verbeulten Stetson. Der alte Mann hatte mit seinem Braunen gerade die Brücke über den Rio Bonito passiert und befand sich nun mitten auf dem Vorplatz der Big P-Ranch, die Jim Donovan gehörte. Allerdings war die Big P schon seit langem kein Ort, wo Rinder gezüchtet wurden. Die Lage in unmittelbarer Nachbarschaft der Stadt Lincoln hatte schon den Vorbesitzer zu einer anderen Nutzung animiert. Sie diente als Saloon. Jim Donovan hatte diese Ranch vor kurzem geerbt, war nach Lincoln gezogen und auf Grund seiner Vergangenheit als Revolverheld und Sheriff in verschiedenen Städten gleich zum Town Marshal gewählt worden.

Eigentlich hatte er sich ein ruhiges Leben als Saloonbesitzer vorgestellt.

Aber die Verhältnisse in Lincoln ließen das nicht zu.

Er hatte schnell erkannt, dass es jemanden geben musste, der hier gründlich aufräumte.

„Ich repariere das Dach!“ sagte Donovan zu dem alten Mann.

Dieser blinzelte gegen die Sonne hinauf zu Jim Donovan, der auf dem Dach saß und damit beschäftigt war, die Schäden des letzten Sandsturms zu beseitigen.

Donovans Marshal-Stern blinkte in der Sonne.

"Was ist los, Jim? Sprichst du nicht mit mir oder ist dir sonst irgendeine Laus über die Leber gelaufen?", rief der alte Mann zu ihm herauf.

Donovan kannte ihn nur zu gut.

Es handelte sich um niemand anderen als Derry Payne, seinen Deputy. Eine treue, sympathische Seele, auch wenn man sich besser nicht darauf verließ, dass Payne einen mit seiner Schrotflinte im Ernstfall heraushaute.

Im besten Fall vermied er es dabei, sich selbst zu verletzen.

Jim Donovan bedeutete ihm mit einem Handzeichen zu schweigen.

"So was haben wir gerne!", meinte Payne und wischte sich dabei mit dem Arm über die Stirn. "In der Stadt ist der Teufel los und was macht unser aller Town-Marshal? Er sonnt sich auf dem Dach seiner Ranch!"

Er schüttelte den Kopf, nahm den übergroßen Stetson vom Kopf und fächelte sich damit Luft zu.

"Hast du eine Ahnung!", meinte Jim.

"Du sollst auf der Stelle zu Slim Carpenters DEAD APACHE-Saloon kommen!"

"Na, wunderbar! Ich habe noch nicht einmal Stiefel!"

"Du hast Probleme, Jim! In der Stadt schießen sie sich die Köpfe ab und du reparierst dein Dach..."

Jim Donovan verengte die Augen, runzelte die Stirn. "Was ist denn passiert?"

"Im DEAD APACHE-Saloon ist einer umgelegt worden!"

"Bin schon unterwegs!"

"Kannst von Glück sagen, dass dieses üble Pack, das heute Mittag aus der Postkutsche gestiegen ist, dich so nicht gesehen hat, Jim! Die würden sonst jeglichen Respekt vor die verlieren..."

"Sehr witzig, Derry!" Jim erhob sich. "Wenn du mir helfen willst, kannst du schon mal meinen Gaul satteln! Er steht im Stall!"

"Alles muss ich hier machen, was? So ähnlich wie damals auf dem großen Viehtrieb durch das Gebiet der Kiowas, als der Vormann zu mir sagte..."

"Komm, spar dir die Story für 'ne andere Gelegenheit, Derry!"

Mit einem unwirschen Knurrlaut auf den Lippen, stieg der alte Deputy von seinem Gaul, machte ihn fest und ging dann auf den Stall zu.

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Wenig später preschten sie beide die Brücke entlang, die über den Rio Bonito führte.

Dahinter begann die eigentliche Stadt Lincoln. Eine Main Street, daran aufgereiht wie Perlen an einer Schnur die Häuser.

Derry Payne blieb immer ein paar Meter hinter Jim Donovan zurück, auch wenn sich der Deputy redlich Mühe gab, sein Pferd ebenso anzutreiben, wie es der Town Marshal tat.

Der Abstand vergrößerte sich zusehends.

Payne zeterte herum, aber Donovan achtete nicht darauf.

Er jagte am Dolan Store vorbei, dem größten Gebäude der Stadt, und die Leute auf der Main Street sahen ihm verwundert nach.

Vor dem DEAD APACHE Saloon machte er halt.

Er sprang aus dem Sattel, machte das Pferd fest und passierte dann die Schwingtüren.

Mit einer wuchtigen Bewegung stieß er sie zur Seite. Die Rechte blieb reflexartig in der Nähe des Revolvergriffs, der aus dem tiefgeschnallten Holster herausragte.

Auf dem Boden lag ein Toter in seinem Blut.

Jim kannte ihn.

Es war Saul Jackson, ein Cowboy aus der Umgebung. Jim hatte ihn mal für ein paar Tage wegen einer wüsten Schlägerei ins Jail bringen müssen, aber abgesehen davon war Jackson ein netter Kerl gewesen.

Ein finster wirkendes Quartett stand am Schanktisch. Der einäugige Roscoe und seine Meute blickten den Marshal abschätzig an.

Genüsslich tranken sie ihre Gläser leer.

Einer der Kerle verlangte, dass man ihm nachschenkte.

Slim Carpenter kam jetzt hinter dem Schanktisch hervor.

Der Saloonbesitzer hatte bisher keine Gelegenheit ausgelassen, um Jim Donovan das Leben schwer zu machen. Zu gerne hätte der Besitzer des Saloons DEAD APACHE auch die Big-P Ranch besessen. Und, dass deren Besitzer gleichzeitig auch der Town Marshal war, wurmte ihn zusätzlich.

Allerdings konnte er da wenig machen.

Da Jim seinen Job gut im Griff hatte und das Gesindel der Umgebung gehörigen Respekt vor ihm zeigte, war er bei den Bürgern von Lincoln unumstritten.

Aber irgendwann würde sich auch das ändern! Jedenfalls hatte Slim Carpenter sich das geschworen.

Systematisch arbeitete er daran, dass Jim Donovan irgendwann zu Fall kam und nie wieder aufstand.

Dass man dabei Geduld haben musste, war Carpenter klar. Schließlich war Jim Donovan seinerseits ein zäher Bursche, der sich nicht so einfach aus dem Weg räumen ließ...

Im DEAD APACHE Saloon herrschte jetzt vollkommene Stille.

Slim Carpenter nahm die Zigarre aus dem Mund, auf der er bis dahin herumgekaut hatte. Ein Muskel etwas unterhalb seiner hässlichen Gesichtsnarbe zuckte unruhig.

Aus den Augenwinkeln heraus sah Jim Donovan, wie eines der Saloongirls hastig sein Mieder wieder zuschnürte, das ein fingerfertiger Gast in mühsamer Kleinarbeit endlich hatte öffnen können.

Aber er sah auch noch etwas anders.

Einen Mann mit schulterlangen blonden Haaren und einem beinahe bis zu den Stiefelschäften reichenden Raincoat. Er stand oben an der Balustrade, stieß das heiße, halb ausgezogene Saloongirl, für das er sich vor wenigen Augenblicken noch heftig interessiert hatte, brüsk zur Seite und fingerte an dem 45er herum, den er an der Seite trug.

Jim hatte ihn schon ein paar Mal gesehen.

Immer in Gesellschaft von Slim Carpenter oder einem seiner Vertrauten.

Auf den werde ich aufpassen müssen!, dachte Jim.

Er hatte einen sechsten Sinn dafür.

Andernfalls wäre er längst auf dem Boothill von Lincoln beerdigt worden.

"Erstaunlich, wie schnell das Auge des Gesetzes im DEAD APACHE ist!", stellte der Saloonbesitzer süffisant fest.

"Nachrichten verbreiten sich schnell in Lincoln!", erwiderte Jim Donovan.

"Sie sagen es."

"Sonst sind Sie doch schneller damit, die Toten aus Ihrem Saloon zu räumen, Carpenter!"

"Ich wollte Ihnen die Aufklärung des Verbrechens erleichtern, Marshal."

"Das ich nicht lache!"

"Der tote Gentleman hier hat falsch gespielt, wollte mit dem Geld davon und hat die Waffe gezogen, als seine Mitspieler damit nicht einverstanden waren..."

Jim wandte sich an das finstere Quartett um den Einäugigen.

Er hatte diese Männer aus der Postkutsche steigen sehen und es war ihm von der Sekunde an klar gewesen, mit wem er es zu tun hatte. Mit Leuten, die auf Ärger aus waren.

"Wer hat ihn erschossen?", fragte Jim.

"Ich!", erklärte der Einäugige. "Mein Name ist John Roscoe. Und alle hier im Raum können bezeugen, dass dieser Bastard da auf dem Boden zuerst gezogen hat..."

Jim drehte sich herum.

Die Rechte blieb immer in der Nähe des Revolvergriffs. Den Kerl hinter der Balustrade behielt er auch im Auge.

"Ist es wahr, was der Mann hier sagt?", rief der Marshal. "Hat Mr. Roscoe in Notwehr gehandelt?"

Nacheinander bestätigten einige der Gäste dies. Auch die Saloon-Girls wollten genau gesehen haben, wie Jackson als Erster seine Waffe gezogen hatte.

Ein grimmiger Zug erschien in Jims Gesicht.

"Ich frage mich, ob mancher hier im Raum nicht ein bisschen zu beschäftigt gewesen ist, um das wirklich so genau mitgekriegt zu haben!"

Jims Blick blieb für einen kurzen Moment bei einem dicken Mann hängen, auf dessen Schoß eine Rothaarige mit endlos langen Beinen saß.

Jetzt schaltete sich Slim Carpenter ein.

"Sie gehen entschieden zu weit, Marshal!“ rief er. "Oder wollen Sie wirklich allen ernstes die Ehrenhaftigkeit meiner Gäste anzweifeln?"

Jim gab dem narbengesichtigen Saloonbesitzer darauf keine Antwort.

Er ging zu dem Toten, beugte sich nieder.

"Zwei Einschüsse", stellte er fest. "Ein bisschen viel für reine Notwehr", stellte er fest.

"Sie werden schwer das Gegenteil beweisen können, Marshal!", meldete sich der einäugige John Roscoe zu Wort. "Aber wenn Sie unbedingt wollen, dann nehmen Sie uns fest und machen sich zum Gespött des Gerichts!"

Innerlich kochte Jim.

Aber nichts davon ließ er nach außen dringen.

Er blieb vollkommen beherrscht.

Das Schlimme war, dass Roscoe sogar recht hatte.

Angesichts der Zeugenaussagen konnte dem einäugigen Gunslinger nichts passieren.

Würde mich nicht wundern, wenn Slim Carpenter dich und deine Meute angeheuert hat, um hier Ärger zu machen!, ging es dem Town-Marshal durch den Kopf.

In diesem Augenblick betrat Deputy Derry Payne den Raum.

Er hielt die Schrotflinte unter dem Arm. Der Deputy-Stern prangte an seiner Brust. Den übergroßen Stetson trug er in den Nacken geschoben.

"Alles klar, Jim?", fragte er.

Jim nickte und erhob sich dabei.

"Alles klar."

Paynes Blick wandte sich für ein paar Augenblicke dem toten Saul Jackson zu.

Der Deputy runzelte die Stirn dabei.

Slim Carpenter ging auf den Deputy zu.

"Wie wäre es, wenn Sie Ihr Schießeisen in eine andere Richtung zeigen ließen", schlug er vor. "Sie würden damit die Verletzungsgefahr für uns alle erheblich verringern - Sie eingeschlossen!"

Carpenters Tonfall troff nur so vor ätzender Ironie.

Einige der Männer grinsten, ein barbusiges Girl kicherte schrill.

Derry Payne lief rot an.

"Ich habe das Gefühl, dass ich hier nicht so richtig ernst genommen werde!", stellte er fest. Er tickte gegen den Blechstern an seiner Weste. "Das ist Missachtung der Justiz, würde ich sagen!"

Carpenters Augen blitzten.

"Was Sie nicht sagen, alter Mann!"

Jim kümmerte sich nicht weiter um Carpenter.

Er ging auf das finstere Quartett um den Einäugigen zu. Roscoe lachte zynisch.

Aber als Jim Donovans eisiger Blick ihn traf, verstummte er augenblicklich.

"Ich kann Ihnen diesmal nichts nachweisen, aber ich möchte, dass Sie eins wissen: Ich beobachte Sie! Wie lange wollen Sie in der Stadt bleiben?"

"Wir haben uns noch nicht so recht entschieden. Aber da es hier zumindest einen annehmbaren Saloon mit hübschen Girls gibt, bleiben wir vielleicht länger", meinte John Roscoe. Er schob sich den Hut in den Nacken. Seine Hand berührte den Griff des Revolvers an seiner Seite. "Hübsche Girls soll es hier in der Gegend übrigens noch anderswo geben... Auf einer Ranch, die sich Big-P Ranch nennt, drüben auf der anderen Seite des Rio Bonito..." Er blickte sich zu seinen Begleitern um, in deren Gesichtern sich ein dreckiges Grinsen breitmachte.

"Vielleicht sehen wir uns dort ja auch mal um!", lachte einer von ihnen.

"Verlassen Sie besser die Stadt!", riet Jim. "Sonst wird es Ihnen Leid tun."

"Wollen Sie mir drohen?", zischte Roscoe.

"Fassen Sie es auf, wie Sie wollen, Roscoe!" Jim wandte sich an Carpenter. "Das letzte Wort in dieser Sache noch nicht gesprochen!"

"Hunde, die bellen beißen nicht, Donovan. Das wissen Sie doch!", versetzte der Saloonbesitzer.

"Beziehen Sie das besser nicht auf mich, Carpenter!"

Carpenter atmete tief durch. Seine Nasenflügel bebten. Aber er schwieg.

Jim Donovan drehte sich herum, ging in Richtung Tür.

In diesem Moment zog der Blonde oben hinter der Balustrade seinen Revolver.

Es war ein langer Army-Colt.

Jim hatte die Bewegung aus den Augenwinkeln heraus gesehen. Er ließ sich zur Seite fallen, während die erste Bleibohne haarscharf an seinem Oberkörper vorbeizischte und ein Loch in den Holzboden stanzte.

Ein zweiter Schuss folgte, verfehlte aber ebenfalls sein Ziel.

Jim ließ sich fallen, rollte sich auf dem Boden ab und feuerte hinauf zur Balustrade.

Der Schuss erwischte den Blonden im Bauch.

Er stand schwankend da.

Seine Augen quollen hervor.

Er presste die Linke gegen den Bauch. Blut quoll zwischen seinen Fingern hindurch.

Der Blonde versuchte noch, den Lauf des Army Colts auf Donovan auszurichten.

Es gelang ihm nicht.

Ein Schuss löste sich, ließ der Kronleuchter des DEAD APACHE zu Bruch gehen.

Dann stürzte der Blonde vornüber, kippte über die Balustrade und fiel wie ein toter Stein hinunter.

Er landete auf einem der Tische, dessen Beine knickten unter der Wucht des Aufpralls ein.

Der Tisch krachte zu Boden.

Ein schwarzhaariges, großbusiges Saloongirl mit großem Dekolletee sprang kreischend zur Seite. Der Stutzer mit Melone, dem sie am Hals gehangen hatte kippte mitsamt seinem Stuhl hinten über.

Jim stand auf.

Er steckte den Colt zurück ins Holster, trat dann auf den Blonden zu.

"Keine Bewegung!", rief unterdessen Derry Payne, der stocksteif dastand und den Lauf der Schrotflinte hin und her schwenkte. "Niemand rührt sich oder macht irgendwelche Dummheiten!"

Jim drehte inzwischen den Blonden an der Schulter herum. Er war tot.

"Kennt jemand diesen Gentleman?", fragte Jim.

Niemand sagte einen Ton.

Zumindest für ein paar Augenblicke.

Jim durchsuchte die Taschen des Toten, um irgendeinen Hinweis zu finden.

Aber da war nichts.

"Möglicherweise war dieser Mann jemand, der mit Ihnen noch eine Rechnung offen hatte, Donovan!"

Jim bedachte ihn mit einem kühlen Blick. "Sie scheinen näheres darüber zu wissen!"

"Unterstellen Sie mir nichts!"

"Eines Tages bekommt jeder seine Rechnung präsentiert", erwiderte Jim.

"Wem sagen Sie das..."

Jim drehte sich herum, schlug Derry Payne auf die Schulter.

"Komm, wir gehen, Derry."

Zusammen traten sie ins Freie.

"Der Kerl, der auf dich geschossen hat...", begann Payne und brach dann ab. "Ich wette, dahinter steckt unser ach so ehrenwerter Mr. Carpenter!"

"Natürlich tut er das!", nickte Donovan.

"Und warum unternimmst du dann nichts?"

"Weil ich es ihm dann beweisen müsste. Und das kann ich nicht."

Sie schwangen sich auf ihre Gäule, die an einer Querstange festgemacht waren.

Derry steckte sein Schrotgewehr in den Sattelschuh.

"Wir werden auf dieses finstere Quartett am Schanktisch aufpassen müssen", sagte Jim Donovan. "Die sind nur auf Ärger aus!"

"Wahrscheinlich hat Carpenter diese Gunslinger für irgendeine Teufelei angeheuert!", vermutete Derry Payne.

Jim zuckte die Achseln.

"Möglich, Derry."

"Der Kerl oben an der Balustrade hätte dich übrigens so oder so nicht erwischt. Ich hatte ihn nämlich schon im Visier."

Jim grinste.

"Es geht doch nichts über einen Deputy, auf den man sich verlassen kann!"

"Wenn du das mal richtig zu schätzen wüsstest!", meckerte Derry. "Manchmal hat man den Eindruck, als würdest du mich nicht so ganz für voll nehmen... und gerade hast du dich selbst unnötig in Gefahr gebracht, in dem du mir davon geprescht und allein in den DEAD APACHE Saloon gegangen bist!"

Jim lachte. "Ich werde mich bessern", versprach er scherzhaft.

"Der Langhaarige, der auf dich geschossen hat, kam mir übrigens irgendwie bekannt vor."

"Ach, ja?"

"Ich glaube, es war auf einem Treck ins Arizona Territory. Muss noch vor dem Bürgerkrieg gewesen sein. Ich hatte als Treckbegleiter angeheuert und dann tauchte irgendwann ein Kerl auf, der diesem Gunslinger zum verwechseln ähnlich sah... nur jünger natürlich."

Jim schnitt ihm das Wort ab.

"Keine Story, Derry! Nicht jetzt! Dafür habe ich im Augenblick einfach keine Nerven!"

Derry verzog das Gesicht.

Er war ganz offensichtlich ein bisschen beleidigt.

Aber Jim wollte sich jetzt die Geschichte seines Deputys nicht anhören, bei der er ohnehin wusste, was ihn erwartete. Ausgedehnte Schilderungen seiner früheren Abenteuer als Indianerkämpfer, Kavallerist, Revolverheld und was sonst noch alles. Jim glaubte im übrigen kein Wort davon. Schließlich war Derry Payne noch nicht einmal in der Lage, mit einem Revolver umzugehen, ohne dass die Gefahr für ihn selbst und seine Freunde dabei wesentlich geringer gewesen wäre als für seine Gegner.

Daher benutzte er vorzugsweise eine Schrotflinte. Damit konnte sogar ein Blinder sein Ziel kaum verfehlen.

Als sie den Dolan Store erreichten, zügelte Jim sein Pferd.

"Ich will noch ein paar Besorgungen machen", meinte er. "Kommst du mit?"

Aber Derry Payne schüttelte den Kopf.

"Mir knurrt der Magen nach dem Schrecken eben. Ich werde mir in Paco's Bodega die letzten Zähne an einem Steak ausbeißen."

Jim grinste.

"Viel Vergnügen dabei!"

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Joe Grayson machte sein Pferd vor dem Hauptgebäude der Big-P  fest. Der Vormann der B-in-Circle-Ranch klopfte sich den Staub von der schwarzen Lederweste. Sein Gesicht war kantig, die aufmerksamen Augen leuchteten blau. Der ebenfalls schwarze Hut wirkte grau, so viel Staub hatte sich während seines scharfen Rittes von der B-in-Circle-Ranch hier her darauf angesammelt.

Ein Besuch bei der unvergleichlichen Betsy Williamson, dem schönsten Girl weit und breit. Betsy arbeitete als Saloon-Girl auf der Big P.

Er hatte sich richtig verguckt in die schöne Betsy, wollte von den anderen Girls auf der Big-P Ranch gar nichts mehr wissen und hatte sie ständig in seinen Gedanken. Drei Tage war er jetzt unterwegs gewesen, um eine kleine Rinderherde nach Roswell zu bringen.

Drei Tage ohne Betsy!

Während seines Rittes von der B-in-Circle-Ranch hier her hatte er die ganze Zeit über nur einen einzigen Gedanken gehabt - Betsy wieder zu sehen!

Und auch jetzt beherrschte der Gedanke daran ihn vollkommen.

Das Betsy seine Gefühle überhaupt nicht erwiderte, nahm er gar nicht zur Kenntnis.

Noch weniger wollte er wahrhaben, dass Betsy Williamson eigentlich viel mehr Town Marshal Jim Donovan zugetan war.

Grayson trat mit weiten Schritten in die Eingangshalle des Haupthauses der Big-P Ranch. Hinter der großen Bar servierte Saloonkeeper Justus O’Malley seine Drinks.

In die Bar ging Grayson zuerst.

Er hoffte Betsy dort anzutreffen.

Die Schwingtüren flogen auf.

Hinter dem Schanktisch zuckte der grauhaarige Justus zusammen. Jim Donovan hatte den sympathischen, wenn auch manchmal etwas arg steifen und umständlichen Justus als eine Art Mädchen für alles eingestellt.

Joe Grayson blieb ziemlich abrupt stehen, blickte sich um.

In letzter Zeit war er Stammgast hier und daher wusste Justus genau, was Grayson wollte.

Er schenkte ihm einen Whisky ein und stellte das Glas vorsichtig auf den Schanktisch.

Auf Hockern saßen dort Loretta Lawson und Mary-Sue Hawkins, zwei der anderen Saloon-Girls auf der der Big-P.

"Wo ist Betsy?", fragte Joe Grayson.

"Nimm erstmal deinen Whisky!", riet Loretta und deutete auf das Glas. Sie hatte natürlich mitgekriegt, wie sehr der Vormann der B-in-Circle-Ranch hinter Betsy her war.

"Ich will zu Betsy!", sagte Grayson, trat einen Schritt vor und kippte den Whisky in einem Zug hinunter. "Wo ist sie? Oben in ihrem Zimmer?"

Er wandte sich zum gehen.

Loretta und Mary-Sue wechselten einen erschrockenen Blick. Justus zuckte nur mit den Schultern.

Dann stürzten die beiden Saloon-Girls beinahe gleichzeitig los und hakten sich bei dem Vormann der B-in-Circle-Ranch unter.

"Warte, Joe!", riefen sie.

Grayson runzelte die Stirn.

"Hört mal, ihr seid ja auch ganz süß, aber eigentlich..."

"...eigentlich hast du im Moment nur Augen für Betsy!", vollendete Loretta seinen Satz. "Das ist uns klar..."

"Dann lasst mich jetzt los! Ich will keine Minute mehr verlieren..."

"Setz dich doch erst zu einem Drink zu uns..."

"Ein andernmal, Ladies! Wenn ihr mich jetzt entschuldigt..."

Jetzt stellte sich Loretta ihm entschlossen in den Weg. "Joe, du kannst da jetzt nicht raufgehen."

Joe Graysons Augen wurden schmal.

"Wieso kann ich das nicht?"

"Weil Betsy jetzt keine Zeit für dich hat!"

Das Gesicht des Vormanns verfinsterte sich. "Das werden wir ja sehen!", knurrte er. Er schob Loretta einfach zur Seite und ging mit weiten Schritten hinaus.  Mary Jane wandte sich hilfesuchend an Justus.

"Tu doch was, mein Gott!"

Joe Grayson stürmte aus der Bar. Natürlich konnte er nicht erwarten, dass ein Mädchen wie Betsy exklusiv nur ihm zur Verfügung stand. Aber wenn er hier auf der Big-P Ranch war, dann stand sie ihm zu. So sah er das jedenfalls.

Grayson lief die Freitreppe hinauf. Immer drei bis vier Stufen nahm er mit einem Schritt. Wenig später hatte er Betsys Tür erreicht.

"Betsy!", rief er.

Von drinnen hörte er lautes Lachen.

Grayson wurde zornesrot.

Dafür hatte er nicht den Ritt von der B-in-Circle hier her gemacht!

Ein Tritt und die Tür flog auf. Das Schloss war ohnehin nur notdürftig repariert gewesen.

Breitbeinig trat Grayson in das Zimmer.

Betsy war natürlich nicht allein.

Sie schrie auf, raffte ihr Kleid zusammen.

Joe Grayson kannte den Kerl, er gerade seine Hand von ihrer Schulter nahm.

Es war Chuck Summers von der LD-Ranch – Graysons Totfeind. Vor drei Jahren hatten die Beiden sich in Slim Carpenters DEAD APACHE-Saloon halbtot geprügelt, nachdem sie bei einem Poker-Spiel in Streit geraten waren.

Für sechs Monate hatte der damalige Sheriff ihnen daraufhin verboten, die Stadt zu betreten.

Von da an waren sich die Beiden aus dem Weg gegangen.

Lange war es her - aber es war nicht vergessen.

Joe Graysons Züge verzerrten sich zu einer grimmigen Maske. Die Hand wanderte reflexartig an die Hüfte, wo der Peacemaker aus dem Holster ragte.

Betsy stieß erneut einen heiseren Schrei aus.

Natürlich kannte sie Joe Grayson gut genug, um zu ahnen, dass der Spaß jetzt vorbei war.

Grayson bückte sich, hob den Revolvergurt auf, den Chuck Summers dort achtlos hatte fallen lassen.

Er warf ihn Chuck hin.

"Wehr dich, du Bastard!", zischte er.

Betsy atmete schwer. Chuck löste sich von ihr.

Dann nahm er den Revolvergurt.

Betsy rief: "Hey, ihr werdet doch hier kein Revolverduell in meinem Zimmer veranstalten!"

"Aus dem Weg, Schätzchen!", knurrte Grayson.

Inzwischen waren auch Loretta und Mary-Sue eingetroffen. Sie erstarrten, als sie sahen, was los war.

Natürlich hatte keines der Girls Lust, sich in einen Kugelhagel hineinzuwerfen.

Chuck schnallte sich den Gurt um.

Er wankte dabei.

Betsy trat zwischen die beiden Kontrahenten, die sich wie wütende Stiere gegenüberstanden.

"Er ist betrunken", sagte Betsy an Grayson gewandt. "Das wäre kein Duell! Chuck könnte jetzt wahrscheinlich nicht einmal einen Elefanten treffen!"

Grayson verzog spöttisch den Mund.

"Ach! Er ist zu besoffen, um sich mir zu stellen wie ein echter Kerl! Das ich nicht lache!" Grayson spuckte verächtlich aus. "Verschwinde, du Schwächling!"

Chuck Summers Augen blitzten.

"Wer von uns beiden der Schwächling ist, hat sich doch damals im DEAD APACHE Saloon eindeutig herausgestellt!", erwiderte Chuck Summers großspurig.

Betsy stemmte die Arme in die geschwungenen Hüften.

"Genug jetzt!", rief sie. "Ich dulde so etwas hier nicht!"

Betsy war sich sehr wohl bewusst, dass einzig und allein ihre Anwesenheit die Beiden davon abhielt, zu den Revolvern zu greifen und aufeinander zu schießen.

Schließlich wollte keiner der beiden Wölfe aus Versehen jene Frau treffen, derentwegen der ganze Streit entbrannt war.

So viel Vernunft immerhin besaßen sie im Moment noch.

Aber Betsy Williamson war erfahren genug, um zu wissen, dass auch das sich im Handumdrehen ändern konnte.

Justus, der Salooner drängte sich jetzt in den Raum.

Er hielt eine Winchester in den Händen, lud sie durch. Es war ihm anzusehen, dass er das noch nicht allzu oft gemacht hatte. Der Lauf der Waffe war auf Joe Graysons Rücken gerichtet.

"Ich möchte, dass Sie dieses Haus auf der Stelle verlassen!", sagte der Salooner auf seine steife Art.

Grayson grinste. "Du hast es gehört! Verschwinde!", zischte er seinem Kontrahenten entgegen.

"Sie sind auch gemeint!", korrigierte ihn Justus.

Grayson stieß einen dumpfen Knurrlaut aus. Chuck ging indessen in Richtung Tür.

Sein Weg führte nahe an Chuck vorbei.

"So ein Hund!", bemerkte Grayson. „Nennt sich so etwas ein Gentleman?"

Das war der Tropfen, der das Fass zum überlaufen brachte.

Chucks Faust schnellte vor, doch Grayson war schneller. Er wich aus und konterte mit einer Geraden.

Der Schlag war dermaßen schnell, dass Chuck nicht mehr reagieren konnte. Die volle Wucht traf ihn. Er taumelte benommen zurück, blieb am Boden liegen.

Betsy wollte sich über ihn beugen.

Joe fasste sie am Handgelenk.

"Du tust mir weh, verdammt nochmal!"

"Gib dich mit diesem Hund nicht ab, Baby!"

"Lass mich los!"

Justus hielt ihm die Winchester unter die Nase. "Besser, Sie verschwinden jetzt!"

Joe atmete schwer, dann schob er den Winchester-Lauf des Salooners zur Seite und stampfte hinaus. Sein Kopf war hochrot. "Wir sehen uns noch, Summers!", schrie, als er die Freitreppe schon hinter sich gelassen hatte und auf die Außentür zuging. "Und dann wird abgerechnet!"

Chuck Summers rührte sich jetzt wieder, stöhnte auf und hielt sich das Kinn.

Er spuckte Blut.

"Ich kümmere mich schon um ihn", meinte Betsy an Justus und die beiden Girls gewandt.

"Meinst du, du hältst ihn im Zaum?", vergewisserte sich Loretta.

"Keine Sorge. Ich habe da meine todsichere Methode!"

"Na, wenn du meinst!"

Betsy wandte sich kurz an Justus und deutete auf das jetzt völlig herausgebrochene Türschloss. "Dafür könnten Sie sich mal eine dauerhaftere Lösung überlegen, Justus!"

Justus hob die Augenbrauen und neigte leicht den Kopf. "Sehr wohl, Madam."

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Jim Donovan kehrte allein zurück zur Big-P Ranch. Sein Deputy Derry Payne würde im Marshal Office bleiben, nachdem er sich in Paco's Bodega die letzten Zähne an einem Steak ausgebissen hatte.

Jim Donovan schwante Übles, wenn er an die nächsten Tage dachte.

Es bahnte sich Ärger an.

Slim Carpenter, sein verdeckt agierender Gegner, schien eine noch härtere Gangart gegen den Town Marshal fahren zu wollen. Dass ausgerechnet jetzt das finstere Quartett des Einäugigen aufgetaucht war, konnte kein Zufall sein.

Und dann noch der Revolverschütze, der ihn um ein Haar umgebracht hatte...

Die nächsten Tage würden unruhig werden. Daran bestand für Jim kein Zweifel.

Er ging durch den Haupteingang des Ranchhauses, wandte sich dann der Bar zu, um dort erst einmal einen ordentlichen Schluck zu trinken. Einen von Justus O’Malleys Spezialdrinks vielleicht, überlegte er. Der alte Salooner hatte einige wirklich ausgefallene Rezepte drauf, die einem kein anderer Barkeeper im Umkreis von tausend Meilen bieten konnte. Die meisten Cowboys der Umgebung wussten das allerdings ebenso wenig zu schätzen wie die Städter, die hier her kamen. Einfacher Whisky reichte den meisten.

Jim hingegen gönnte sich zwischendurch auch gerne mal eine Abwechslung.

Der Town-Marshal von Lincoln, New Mexico, hatte die Schwingtüren erreicht, da flogen sie ihm schon entgegen.

Joe Grayson stürzte heraus, wischte sich dabei den Mund ab. Grayson rempelte Jim grob zur Seite. Dem Gesicht des Vormannes von der B-in-Circle-Ranch war anzusehen, dass ihm nicht nur eine Laus über die Leber gelaufen war.

"Passen Sie doch auf, Marshal!", knurrte er.

Jim sah ihm verwundert nach.

Grayson stampfte hinaus.

Draußen hörte man, wie sein Gaul wieherte, als der Vormann ihm die Sporen gab.

Jim schüttelte den Kopf.

Er betrat die Bar.

Loretta, Mary-Sue und Justus redeten aufgeregt miteinander.

Als der Marshal eintrat, verstummten sie. Jim musterte sie alle drei der Reihe nach.

"Hey, was ist los?", fragte er dann.

"Probleme!", brachte es Loretta kurz und knapp auf einen Nenner. Und dann berichtete sie, was während Jims kurzer Abwesenheit auf der Big-P Ranch losgewesen war. Von dem furchtbaren Streit zwischen Chuck Summers und Joe Grayson, den Vormännern von zwei der größten Ranches in der Umgebung.

Als sie geendet hatte, atmete Jim erstmal tief durch, wandte sich an Justus und verlangte einen Drink.

"Haben Sie einen speziellen Wunsch, Sir?"

"Irgendetwas, das einen klaren Kopf macht, Justus!"

"Ich hätte verschiedene..."

"Ich vertraue Ihnen vollkommen, Justus", unterbrach ihn der Town-Marshal.

Justus hob das Kinn und setzte eine Miene auf, die für jemanden, der den alten Salooner nicht kannte, so aussah, als wäre er leicht pikiert. Jim kannte ihn inzwischen gut genug, um zu wissen, dass das nicht der Fall war.

"Sehr wohl, Sir", sagte er.

"Um zum Thema zurückzukommen", meldete sich Mary-Sue zu Wort, wobei sie von ihrem Barhocker herunterrutschte und neben Jim an den Schanktisch trat. "Du wirst mal ein ernstes Wort mit ihr reden müssen, Jim!"

Jim runzelte die Stirn. "Mit Betsy?"

"Ja, sicher! Das geh doch schon eine ganze Weile so! Sie macht die beiden Kerle richtig heiß und jetzt haben wir den Salat. Ich weiß nicht, was sie denen versprochen hat, aber irgendwie bilden sich wohl beide irgendwelche Sonderrechte ein, was Betsy betrifft!"

"Sowohl Grayson als auch Summers sind als Hitzköpfe bekannt", gab Jim zu bedenken.

"Es gibt Dutzende solcher Hitzköpfe in Lincoln, aber normalerweise schlagen die sich weder Köpfe ein noch fordern sie sich zum Revolverduell oder öffnen die Türen unserer Zimmer mit einem Stiefeltritt. Sollen sie ihre Konflikte austragen, wo immer sie wollen, aber nicht hier auf der Big-P!"

Loretta unterstützte Mary-Sue vehement.

"Wenn wir dem keinen Riegel vorschieben, was meinst du, was wir hier in kürzester Zeit für eine Kundschaft haben! Die Big-P Ranch hat sich als ein Ort herumgesprochen, an dem sich ein Mann nach allen Regeln der Kunst verausgaben kann - solange er seine Fäuste nicht gebraucht und den Colt im Holster lässt! Und das sollte auch so bleiben, sonst treffen sich hier in Zukunft alle schießwütigen Streithähne der Umgebung!"

Jim hatte den beiden Frauen nachdenklich zugehört. Ihre Argumente klangen in seinen Ohren einleuchtend.

"Wenn ich mir eine kleine Bemerkung erlauben dürfte", meldete sich jetzt der Salooner zu Wort.

Jim grinste über die Steifheit, mit der Justus solche Dinge vortrug.

"Nur zu, Justus!"

"Sollte diese Sache eskalieren, dann könnten Sie dadurch in eine prekäre Situation geraten. Schließlich sind Sie gleichzeitig Besitzer der Big-P Ranch und Town-Marshal von Lincoln. Und es gibt mehr als einen, dem das schon lange ein Dorn im Auge ist und der daraus Kapital ziehen könnte."

"Sie denken an Slim Carpenter!"

Justus nickte.

"Genau an den! Aber Sie sollten nicht denken, dass der der einzige wäre! Zwar sind Sie mit Mehrheit der Stimmen zum Marshal gewählt worden, aber vergessen Sie nie, dass Ihre Anwesenheit in der Stadt einigen nicht passt!"

Jim nickte.

Mary-Sue fasste ihn am Arm.

"Red' Betsy mal richtig ins Gewissen. Ihr muss klar sein, dass sie mit dem Feuer spielt..."

"Hört mal, ihr seid doch ihre Freundinnen", begann Jim, der von der Aussicht, Betsy beibringen zu müssen, dass sie ihr Verhalten gegenüber den beiden Hitzköpfen ändern müsste, alles andere als begeistert war. "Warum könnt ihr das denn nicht machen?"

"Du weißt doch, dass sie ihren eigenen Kopf hat", sagte Loretta.

"Sicher."

"Aber dein Wort hat bei ihr Gewicht. Nicht nur weil du jetzt der Boss auf der Big-P Ranch bist." Sie grinste und zwinkerte ihm kokett zu.

Die Schwingtüren der Bar flogen auseinander.

Ein junges Girl, gekleidet in hautenge Jeans und ein weißes Hemd, das sie unter der Brust zusammengeknotet hatte, betrat die Bar. Der blonde Haarschopf wirkte etwas zerzaust.

Jim drehte sich zu ihr herum.

"Hallo Nora!", begrüßte er sie.

Nora Rossiter, siebzehn Jahre jung, war die Tochter des ehemaligen Town-Marshals von Lincoln. Ein Revolverschwinger hatte ihren Vater ermordet. Marshal Rossiter war ein Freund von Lizzie Mitchell gewesen, der verstorbenen Vorbesitzerin der Big-P Ranch. Hilfesuchend hatte Nora sich an Jim Donovan gewandt, als Slim Carpenter versucht hatte, die Ranch widerrechtlich an sich zu bringen.

Jim hatte sie gewissermaßen mitgeerbt und bemühte sich jetzt darum, sie zu einer wirklichen Lady zu erziehen.

Allzu viel Erfolg hatte er bislang dabei noch nicht gehabt.

Nora war ein Teufelsbraten.

Sie konnte reiten und schießen, brachte sich aber immer wieder selbst in unnötige Schwierigkeiten.

Früh am Morgen war sie aufgebrochen, um in Hondo von einem Pferdehändler ein Fohlen zu kaufen. Jim hatte es zwar nicht besonders gern, wenn sie allein unterwegs war, aber er wusste auch, dass es wenig Sinn hatte, sie zu sehr einzuschränken.

Nora wandte sich an Justus.

"Mach mir einen schönen Drink!"

"Sehr wohl, Madam."

Jim Donovan sah den Salooner streng an. "Aber ohne Alkohol bitte!"

Nora stemmte die Arme in die geschwungenen Hüften. "Was soll das denn!"

"Es reicht, wenn du damit anfängst, wenn du erwachsen bist!"

"Jim, ich bin erwachsen!"

"Die Diskussion führen wir ein andernmal okay?"

"Willst du dir gar nicht das Fohlen ansehen? Das wird mal ein prachtvolles Reitpferd, wenn man es richtig erzieht!"

"Später, Nora..."

Damit ging Jim Donovan hinaus. Nora wandte sich fragend an Loretta und Mary-Sue, während Justus ihr den Drink machte.

"Was ist denn mit Jim los?", fragte sie.

"Es gibt Ärger!", brachte Mary-Sue es kurz und knapp auf den Punkt.

"Aber diesmal bin ich wohl nicht Schuld, oder?"

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6

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Anstatt zur B-in-Circle-Ranch zurückzukehren, war Joe Grayson auf direktem Weg zum DEAD APACHE Saloon geritten, nachdem man ihn auf der Big-P Ranch mit vorgehaltener Winchester vertrieben hatte.

Er brauchte jetzt einfach erst einmal einen Drink.

Joe Graysons Wut war noch lange nicht verraucht.

Die Schwingtüren flogen zur Seite, als er den DEAD APACHE Saloon betrat.

Er stellte sich an den Schanktisch, verlangte ziemlich unwirsch nach einem Whisky und kippte ihn in einem Zug hinunter.

Der Keeper musste ihm sofort nachfüllen. Eines der Saloongirls, die bei Slim Carpenter angestellt waren, versuchte sich an ihn heranzumachen.

Die dunkeläugige Schönheit hieß Isabelita und hatte schwarzblaues Haar, das ihr fast bis zu den Hüften reichte. Ihr Dekolletee zeigte beinahe mehr als es verbarg. Ein Anblick, der ansonsten kaum einen Mann kalt ließ. Aber Joe Grayson stand im Moment nicht der Sinn danach. Er schob Isabelita ziemlich unsanft von sich.

"Hey, was ist denn mit dem los!", schmollte sie.

Der Saloonkeeper schenkte ihm nach, und Joe Grayson leerte auch den zweiten Whisky in einem Zug. Dann geriet mit einigen der anderen Männer, die am Schanktisch herumlungerten ins Gespräch.

Lauthals berichtete der Vormann der B-in-Circle-Ranch von dem, was sich auf der Big-P Ranch zugetragen hatte.

"Chuck Summers, diesen Hund werde ich mir noch zur Brust nehmen!", schimpfte er. "Wenn dieser Aufpasser des Marshals - Justus oder so ähnlich heißt der - mich nicht mit seiner Winchester bedroht hätte, dann hätten wir die Sache an Ort und Stelle austragen können!", war er überzeugt. "Außerdem bin ich überzeugt, dass es nicht Betsys freier Wille war, sich mit diesem stinkenden Summers abzugeben!"

"Wollen Sie etwa behaupten, der Marshal zwingt die Saloon-Girls der Big-P dazu, sich mit den Gästen einzulassen?", meldete sich einer der anderen Männer zu Wort.

Joe Grayson verzog das Gesicht.

Er spuckte aus.

"Sie können das bezeichnen wie Sie wollen, Mister!", knurrte er düster.

Slim Carpenter saß an einem der hinteren Tische.

Er hatte die Szene aufmerksam beobachtet.

Jetzt stand er auf und ging in Richtung des Schanktischs. Dabei machte er der schmollenden Isabelita ein Zeichen, ebenfalls dorthin zurückzukehren.

"Mit dem Kerl ist nichts los!", raunte sie Carpenter zu und wollte schon an ihm vorbeirauschen. Aber Carpenter hielt sie am Arm.

"Du machst, was ich dir sage, Baby!"

"Lass das, du tust mir weh!"

"Na, komm schon!"

Er schob sie vor sich her. Sie gehorchte schließlich, auch wenn ihr Lächeln etwas gezwungen wirkte. Beide erreichten sie wenig später Joe Grayson.

"Schenk dem Gentleman noch einen Drink ein, Roy!", befahl der Saloonbesitzer dem Barkeeper.

Dieser nickte und einen Augenblick später war Graysons Glas wieder voll.

Carpenter setzte ein breites, falsches Lächeln auf, das durch die hässliche Narbe in seinem Gesicht wie eine Karikatur wirkte. "Geht auf Kosten des Hauses, Mister", erklärte Carpenter in Gönnerlaune. "Und dann erzählen Sie mir doch mal ganz genau, was da auf der Big-P Ranch so abgelaufen ist..."

Das ließ sich Grayson nicht zweimal sagen. Und der Whisky tat ein übriges dazu, dass der Vormann der B-in-Circle-Ranch beinahe jegliche Hemmungen verlor und munter drauflos plauderte.

"Glauben Sie mir, Mr. Carpenter, dieses Girl will nur mich! Die würde auch mit mir durchbrennen, wenn Jim Donovan nicht wäre..."

"Natürlich, daran habe ich nicht geringsten Zweifel. Ich war nie damit einverstanden, dass unser Town-Marshal gleichzeitig Besitzer eines Saloons ist..."

"Sklavenhalter ist er! Und Sklaverei ist seit dem Bürgerkrieg doch schließlich überall verboten, auch in den Territories."

"Sicher."

"Und dann lässt der diesen gewalttätigen Summers mit Betsy wer weiß was machen. Sie erinnern sich vielleicht, vor drei Jahren hat der Kerl hier in Ihrem DEAD APACHE Saloon eine Schlägerei angefangen."

"Ich erinnere mich..."

"In dieser Stadt gibt es kein Gesetz", sagte Grayson. "Jim Donovan kann ich jedenfalls nicht als Sternträger akzeptieren!"

"Wollen Sie einen Rat von mir?", fragte Carpenter.

Graysons Augen wurden zu schmalen Schlitzen. Er schob sich den Stetson in den Nacken. "Wovon reden Sie?"

"Davon, dass Sie Ihr Recht am besten in die eigenen Hände nehmen!"

"Und wie sollte das Ihrer Meinung nach aussehen?"

"Sie sind doch Vormann auf der B-in-Circle-Ranch."

"Yeah."

"Die Cowboys dort werden Ihnen sicher helfen, wenn sie versuchen, Betsy Williamson zu befreien... und gegen eine ganze Mannschaft kann Jim Donovan auch nichts machen. Den Deputy, der mit ihm reitet können sie im übrigen vergessen. Der alte Mann ist eher eine Gefahr für sich und Donovan als für seine Gegner."

In Joe Graysons Augen blitzte es.

"Vielleicht keine schlechte Idee, Mr. Carpenter." Er leerte das Glas erneut und wollte schon in Richtung der Schwingtüren davoneilen.

Aber Carpenter hielt ihn an der Schulter. "Warten Sie, Grayson!"

"Was ist noch?"

Carpenter deutete auf Isabelita. "Jetzt haben Sie den Ritt von der B-in-Circle-Ranch hier her völlig umsonst gemacht und hatten nichts als Ärger."

"Schon richtig, Mr. Carpenter."

„Noch einen Drink auf den Schreck?“

„Ein andernmal.“

„Wie Sie wollen.“

„Auf Wiedersehen, Mister Carpenter.“

Grayson verließ den Saloon.

Carpenter lachte schallend.

Er wandte sich an Roy, den Keeper. "Gib eine ganze Flasche von deinem Besten heraus!", lachte er. "Ich wette dieser aufgeblasene Gockel namens Grayson wird tatsächlich seine Freunde mobilisieren und mit ihnen zur Big-P Ranch reiten! Und dann wird da der Teufel los sein..."

"Was haben Sie vor, Mr. Carpenter?", fragte Isabelita.

"Begreifst du das wirklich nicht?"

"Sie wollen Jim Donovan ein paar Knüppel zwischen die Beine werfen. Das verstehe ich schon!"

Carpenter nickte. "Ja und wenn es auf der Big-P Ranch richtig heiß hergeht, wird man unseren Marshal irgendwann vor die Alternative stellen, sein Amt als Gesetzeshüter niederzulegen oder die Big-P Ranch aufzugeben. Ich kenne doch unseren Bürgermeister..." Carpenter kicherte, nahm einen kräftigen Schluck aus dem Glas, das Roy ihm eingefüllt hatte.

Dann wandte er sich an den Saloonkeeper und fragte: "Wo ist der Einäugige mit seinen Leuten?"

"Mister Roscoe und seine Männer?"

"Sorg dafür, dass die Kerle hier antanzen. Ich habe eine Aufgabe für sie..."

Roy machte ein ängstliches Gesicht.

Carpenter grinste breit und zynisch.

Er tätschelte gönnerhaft Roys Wange. "Keine Sorge, John Roscoe wird dich nicht erschießen. Jedenfalls nicht, solange ich ihn bezahle!"

Carpenter lachte heiser.

Roy wurde kreideweiß.

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7

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Chuck Summers ritt in scharfem Galopp den Rio Bonito entlang, um dann schließlich nach Westen abzubiegen.

Etwa eine Stunde dauerte der Ritt zur LD-Ranch.

Es war heiß. Und bevor er den Lauf des Rio Bonito verließ, machte er noch eine kurze Pause, um das Pferd zu tränken. Bei aller Eile - er war ein Cowboy und wusste, was er seinem Gaul schuldig war.

So führte er das Tier zum Flussufer und ließ es ausgiebig saufen.

Er selbst tauschte das Wasser der Feldflasche aus, die er am Sattel hängen hatte.

Dann beugte er sich nieder, nahm den Stetson ab und steckte den Kopf ins Wasser.

Er hatte die Abkühlung dringend nötig.

Den Hass auf Joe Grayson konnte das allerdings in keiner Weise dämpfen. Der brannte noch immer heiß in ihm.

Chuck richtete sich auf, schüttelte sich.

Chuck Summers' Fäuste ballten sich unwillkürlich zu Fäusten, wenn er daran auch nur dachte.

Wilder Grimm erfasste ihn dann und steigerte sich beinahe zur Raserei.

Ich hätte mit Grayson damals schon ein Ende machen sollen!, ging es ihm durch den Kopf. Was bildete dieser Kerl sich eigentlich ein!

Betsy gehörte ihm.

Dafür würde Chuck schon sorgen! Das hatte er sich fest vorgenommen. Das wirst du noch bitter bereuen, Joe Grayson!, ging es dem Vormann bitter durch den Kopf. Die Gelegenheit würde schon noch kommen!

Er stand auf und nahm das Pferd beim Zügel. Ein sehr leises Geräusch ließ ihn aufhorchen. Chuck Summers hatte sehr feine Ohren. Die brauchte er auch, um den Gefahren der Wildnis zu trotzen, wenn er mit seinen Männern tage- oder wochenlang auf einem Viehtrieb unterwegs war.

Chuck wandte sich herum, ließ den Blick über das karge, ausgetrocknete Land schweifen.

In der Ferne sah er ein paar Punkte am Horizont, die eine Staubwolke hinter sich her zogen.

Reiter!

Sie kamen aus der Richtung, in der Lincoln lag.

Chuck Summers zog sich den Stetson etwas weiter ins Gesicht, damit ihn die Sonne nicht so blendete.

Sie ritten so schnell, als ob der Teufel selbst hinter ihnen hergewesen wäre.

Ihre Pferde schienen frisch und ausgeruht zu sein. Ganz im Gegensatz zu Chuck Summers' Gaul, der nicht nur heute, sondern vor allem in den vergangenen Tagen arg geschunden worden war. Die Kerle würden ihn also in jedem Fall einholen.

Chuck schwang sich in den Sattel.

Sein Schädel brummte etwas.

Da war einerseits der Faustschlag, den Joe Grayson ihm versetzt hatte, andererseits brummte es hinter seinen Schläfen, weil er wohl doch einen Whisky zuviel genommen hatte.

Er wartete ab, bis die Kerle näherkamen.

Vier Männer waren es.

Er hatte sie noch nie gesehen.

Einer von ihnen hatte eine Augenklappe. Er schien auch der Anführer der Gruppe zu sein. Sie zügelten ihre Pferde, als sie Chuck Summers erreichten.

Die Gäule erkannte Chuck. Zumindest den Schecken, auf dem der Einäugige ritt. Es war ein Pferd aus einem Mietstall in Lincoln. Die Blässe war dermaßen charakteristisch, dass es da für Chuck kein Vertun gab.

"Guten Tag, mein Name ist John Roscoe", sagte der Einäugige. "Wir scheinen denselben Weg zu haben..."

"Schon möglich", murmelte Chuck.

"Sie müssen Chuck Summers sein...", meinte der Einäugige. Er wandte sich zu seinen Kumpanen um. "Was meint ihr?"

"Kann schon sein", knurrte einer der anderen, nahm einen Schluck aus seiner Wasserflasche und spuckte aus.

"Ich wüsste nicht, dass wir uns kennen", erwiderte Chuck kühl.

John Roscoe lachte heiser.

"Sie kennen mich nicht - aber wir haben schon von Ihnen gehört, Hombre!"

"Ach, ja?"

"Im DEAD APACHE Saloon war ein Mann, der Sie offenbar nicht leiden konnte und nur Übles über Sie verbreitet hat!"

Chucks Gesicht wurde zu einer starren Maske. "Joe Grayson!", knurrte er.

Roscoe zuckte die Achseln.

"Möglich, dass er Joe hieß. Er war ziemlich aufgebracht. Es ging um ein Girl auf der Big-P Ranch..."

"Betsy!", entfuhr es Chuck.

"Genau, Betsy hieß die Perle! Wissen Sie, was er vorhat? Er will seine Cowboys zusammentrommeln und zur Big-P Ranch reiten!"

"Der ist doch verrückt!"

"Und dann will er diese Betsy entführen, weil er meint, dass der Besitzer der Big-P Ranch sie wie eine Art Sklavin hält."

Chuck Summers' Gesicht wurde finster.

Dann keimte Misstrauen in ihm auf.

"Wer hat Sie geschickt, um mir das zu sagen?"

"Niemand, Mister. Wir sind nur zufällig auf diesem Weg. Vielleicht können Sie uns etwas weiterhelfen. Wir suchen nämlich einen Ort namens Mesa Verde..."

"Reiten Sie weiter den Rio Bonito entlang. Dann können Sie den Ort gar nicht verfehlen. Allerdings sind Sie noch gut zwei Stunden unterwegs."

Der Einäugige legte zwei Finger an die Krempe seines Hutes und nickte Chuck zu.

"Besten Dank, Hombre..."

"Nichts zu danken, Mr. Roscoe."

"Vielleicht sieht man sich ja nochmal. Wir bleiben nämlich noch 'ne Weile in der Gegend..."

Chuck riss sein Pferd herum.

"Adios!", zischte er und dann preschte er in wildem Galopp davon, der LD-Ranch entgegen. Er hatte alle Möglichkeiten abgewogen. Allein zur Big-P Ranch zurückzukehren wäre nicht sehr erfolgversprechend gewesen. Aber wenn er sich beeilte, konnte er ein paar Männer der LD-Ranch zusammentrommeln. Es gab genug, mit denen er befreundet war oder die ihm noch einen Gefallen schuldeten. Und was sie in ihrer Freizeit machten, das ging auch den Besitzer der LD-Ranch nichts an. Wenn er sich beeilte konnte er möglicherweise sogar noch vor Joe Grayson und seiner Mannschaft bei der Big-P Ranch eintreffen. Graysons Weg zur B-in-Circle war nämlich um einige Meilen weiter als das Wegstück, dass Chuck noch vor sich hatte.

Das Quartett um den Einäugigen sah dem wie der Teufel dahinreitenden Vormann nach, von dem bald nichts weiter zu sehen war, als die Staubwolke, die er hinter sich herzog.

"Schätze, Mr. Carpenter kann mit uns zufrieden sein", meinte John Roscoe.

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Betsy stand vor dem Bett, auf dem verschiedene Kleider lagen. "Kannst du mir mal sagen, was ich davon anziehen soll, Jim?"

Jim Donovan hatte sich in einen der Sessel fallengelassen.

Jim streckte die Hand aus.

"Nimm das Rote!", meinte er.

"Und was ist mit dem Blauen?"

"Betsy, wir müssen über etwas anderes reden. Es geht um die Sache mit Grayson und Summers."

Betsy befühlte gerade den Stoff des blauen Kleides und hielt dann mitten in der Bewegung inne. Sie warf das Haar zurück und bedachte Jim Donovan mit einem entschlossen wirkenden Blick.

"Die beiden sind hinter mir her. Was stört dich daran?“

"Wir bekommen hier Schwierigkeiten, wenn die beiden weiter Ärger machen..."

"Jim, ich habe das alles im Griff."

"Im Griff?" Jim schüttelte den Kopf. "Davon kann keine Rede sein. Um ein Haar hätte es eine Tragödie gegeben und du sprichst davon, alles im Griff zu haben!"

Betsy atmete tief durch.

"Jim, du bist der Besitzer der Big-P Ranch..."

"Sehr richtig!"

"Aber welche Männer ich empfange, ist ganz allein meine Sache. Und da lasse ich mir auch von niemandem reinreden!"

"Das verlangt auch niemand!", verteidigte sich Jim.

Er wartete ihre Antwort nicht ab, denn jetzt ließ ein Geräusch ihn aufhorchen. Pferdegetrappel von mindestens einem Dutzend Gäulen.

Jim schnellte hoch, blickte durch das offene Fenster.

Eine Gruppe von Reitern kam über die Brücke, die den Rio Bonito überspannte und hielt auf die Big-P Ranch zu.

Und an ihrer Spitze ritt niemand anderes als Joe Grayson...

Betsy stand neben Jim, lehnte sich gegen ihn.

Eine leichte Gänsehaut überzog ihre Unterarme.

"Ich glaube, der Ärger von dem ich gesprochen habe, hat schon begonnen!", kommentierte Jim Donovan die neue Lage.

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Augenblicke später stand Jim Donovan mit einer Winchester in der Hand an der Tür des großen Ranchhauses, das das Zentrum der Big-P Ranch bildete.

In Windeseile waren auch alle anderen Bewohner der Big-P Ranch alarmiert worden. Justus O’Malley hatte alle mit Winchester-Gewehren versorgt.

Mary-Sue, Loretta, Nora und er selbst gingen an den verschiedenen Fenstern im Erdgeschoss in Stellung.

Denn das, was sich da draußen zusammenbraute sah nach einer echten Konfrontation aus.

Betsy Williamson konnte sich plötzlich ganz schnell für ein Kleid entscheiden. Es war das Blaue. Sie erschien - ebenfalls mit einer Winchester ausgerüstet - bei Jim Donovan an der Tür.

Joe Grayson und die Horde Cowboys, die mit ihm ritt, näherten sich langsam.

"Was will Grayson hier - mit einer ganzen Mannschaft?",  fragte Betsy.

"Keine Ahnung. Er ist wohl noch ziemlich sauer darüber, dass Justus ihn hinausexpediert hat!", antwortete Jim Donovan.

Einige der Kerle hatten die Winchester-Gewehre aus ihren  Scubbards herausgezogen. Hier und da hörte man, wie die  Waffen durchgeladen wurden.

Ein eindeutiges Zeichen für den bevorstehenden Sturm.

"Ich werde mal rausgehen und mit den Kerlen zu reden versuchen!"

"Versuch das lieber nicht, Jim!"

"Aber wenn es hier hart auf hart kommt, dann stehen unsere Chancen nicht gut..."

"Unterschätz uns nicht! Nora kann schießen wie ein Mann - und dass ich das kann, weißt du ja wohl! Schließlich habe ich ein paar Jahre als Cowgirl herumgebracht, wie du wohl weißt..."

Aber Jim war anderer Ansicht. "Warte hier und gib mir Feuerschutz, falls einer der Kerle durchdrehen sollte!"

"Da wirst du bei Grayson nicht lange warten müssen..."

Sie wechselten einen kurzen Blick miteinander. Dann trat Jim Donovan hinaus vor die Eingangstür des Ranchhauses.

"Was verschafft uns die Ehre eures Besuchs, Jungs?", fragte er, die Winchester in der Rechten. Den Kolben stützte er auf der Hüfte auf. Er war jederzeit bereit, die Waffe blitzschnell mit beide Händen zu packen und die zwölf Patronen des Magazins zu verschießen.

Eisiges Schweigen schlug Jim entgegen. Es war klar, dass diese Meute nicht hergekommen war, um sich zu amüsieren.

Joe Grayson blickte sich um, so als müsste er sich erst darüber vergewissern, dass seine Leute auch zu ihm hielten, wenn es hart auf hart ging.

Schließlich schob er sich den Stetson in den Nacken. Die Rechte blieb die ganze Zeit über in der Nähe des Revolvergriffs, bereit die Waffe im Bruchteil einer Sekunde hervorzureißen.

"Gib Betsy frei!", rief er.

"Was?" Jim Donovan glaubte schon, sich verhört zu haben.

"Lassen Sie sie gehen, Donovan. Sie gehört zu mir!"

"Ich glaube, Sie sind da einem Irrtum erlegen, Grayson!"

"Keineswegs. Und wenn Sie nicht tun, was ich sage, machen wir hier alles kurz und klein!"

Zustimmendes Gemurmel war unter den anderen Cowboys zu hören.

"Ich würde vorschlagen, ihr reitet alle wieder friedlich nach Hause und wir vergessen den Vorfall!", meinte Jim.

Grayson lachte heiser auf. "Wenn Sie glauben, dass wir uns durch Ihren Marshal-Stern einschüchtern lassen, sind Sie schief gewickelt!"

"Wollen Sie Betsy nicht selbst entscheiden lassen, ob sie mit Ihnen reiten will, Grayson?"

"Sie gehört zu mir. Wahrscheinlich haben Sie sie unter Druck gesetzt, so dass Sie hier alles mögliche sagen wird... Nur nicht die Wahrheit!"

Einer der anderen Männer meldete sich. "Bringen wir die Sache zu Ende, Joe!", meinte er an Grayson gewandt und senkte den Lauf seiner Winchester. "Das Gequatsche geht mir auf die Nerven."

Auch die anderen blickten erwartungsvoll zu Grayson. Ein Signal ihres Vormanns und das Inferno würde losbrechen. Jim wusste, dass jetzt alles am seidenen Faden hing.

Jetzt meldete sich Betsy zu Wort. Sie trat ebenfalls einen Schritt aus der Tür, die Winchester in den zarten Händen, die sich sonst mit ganz anderen, brandheißen Spielzeugen beschäftigten.

"Ich bin hier, Joe!", rief sie.

"Komm her, Baby!", rief Grayson.

"Nein, Joe! Ich gehöre hier her. Und wenn du glaubst, das mich irgendjemand unter Druck setzt, dann kennst du mich nicht richtig! Ich lasse mir nämlich keine Vorschriften machen! Außerdem siehst du ja wohl, dass ich eine Winchester in den Händen halte... Wer sollte mich also zu irgendetwas zwingen?"

"Die Waffe ist wahrscheinlich ungeladen!"

"Solltest du Jim Donovan ein Haar krümmen, wirst du schon sehen, dass das nicht der Fall ist!"

Grayson sah sie verständnislos an.

"Erinnerst du dich nicht an das, was du mir gesagt hast, als..."

"Joe! Zieh mit deinen Leuten ab! Ich brauche deine Hilfe nicht!"

Graysons Gesicht wurde grimmig.

"Es ist dieser Chuck Summers! Er hat dir den Kopf verdreht, was?"

Details

Seiten
Jahr
2018
ISBN (ePUB)
9783738919981
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2018 (Mai)
Schlagworte
alfred bekker western geier lincoln county

Autor

  • Alfred Bekker (Autor:in)

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Titel: Alfred Bekker Western - Die Geier vom Lincoln County