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Folge 25/26 Chronik der Sternenkrieger Doppelband

von Alfred Bekker (Autor:in)
©2018 380 Seiten

Zusammenfassung

Mitte des 23. Jahrhunderts werden die von Menschen besiedelten Planeten durch eine kriegerische Alien-Zivilisation bedroht. Nach Jahren des Krieges herrscht ein brüchiger Waffenstillstand, aber den Verantwortlichen ist bewusst, dass jeder neue Waffengang mit den Fremden das Ende der freien Menschheit bedeuten würde. Zu überlegen ist der Gegner.
In dieser Zeit bricht die STERNENKRIEGER, ein Raumkreuzer des Space Army Corps , unter einem neuen Captain zu gefährlichen Spezialmissionen in die Weite des fernen Weltraums auf...

Alfred Bekker schreibt Fantasy, Science Fiction, Krimis, historische Romane sowie Kinder- und Jugendbücher. Seine Bücher um DAS REICH DER ELBEN, die DRACHENERDE-SAGA,die GORIAN-Trilogie und seine Romane um die HALBLINGE VON ATHRANOR machten ihn einem großen Publikum bekannt. Er war Mitautor von Spannungsserien wie Jerry Cotton, Kommissar X und Ren Dhark. Außerdem schrieb er Kriminalromane, in denen oft skurrile Typen im Mittelpunkt stehen - zuletzt den Titel DER TEUFEL VON MÜNSTER, wo er einen Helden seiner Fantasy-Romane zum Ermittler in einer sehr realen Serie von Verbrechen macht.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


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Chronik der Sternenkrieger – Folge 25 und 26

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Doppelband: Aussichtslos / Schläfer

von Alfred Bekker

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EIN CASSIOPEIAPRESS E-Book

© 2005, 2008, 2012 by Alfred Bekker

© 2014 der Digitalausgabe by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich (Westf.)

www.AlfredBekker.de

postmaster@alfredbekker.de

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MITTE DES 23. JAHRHUNDERTS werden die von Menschen besiedelten Planeten durch eine kriegerische Alien-Zivilisation bedroht. Nach Jahren des Krieges herrscht ein brüchiger Waffenstillstand, aber den Verantwortlichen ist bewusst, dass jeder neue Waffengang mit den Fremden das Ende der freien Menschheit bedeuten würde. Zu überlegen ist der Gegner.

In dieser Zeit bricht die  STERNENKRIEGER, ein Raumkreuzer des Space Army Corps , unter einem neuen Captain zu gefährlichen Spezialmissionen in die Weite des fernen Weltraums auf...

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ALFRED BEKKER schreibt Fantasy, Science Fiction, Krimis, historische Romane sowie Kinder- und Jugendbücher. Seine Bücher um DAS REICH DER ELBEN, die DRACHENERDE-SAGA,die GORIAN-Trilogie und seine Romane um die HALBLINGE VON ATHRANOR machten ihn einem großen Publikum bekannt. Er war Mitautor von Spannungsserien wie Jerry Cotton, Kommissar X und Ren Dhark. Außerdem schrieb er Kriminalromane, in denen oft skurrile Typen im Mittelpunkt stehen - zuletzt den Titel DER TEUFEL VON MÜNSTER, wo er einen Helden seiner Fantasy-Romane zum Ermittler in einer sehr realen Serie von Verbrechen macht.

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DIESES EBOOK ENTHÄLT folgende zwei Bände:

Band 25:  Aussichtslos

Band 26:  Schläfer

Der Umfang dieses Ebook entspricht 215 Taschenbuchseiten.

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Band 25: Aussichtslos

CAPTAIN BRABAK GOSSAN blickte gebannt auf den Panorama-Schirm des Sondereinsatzkreuzers MARIA STUART. Zwei Drittel des Schirms wurden von der scheinbar dreidimensionalen  Darstellung eines Morrhm-Mutterschiffs eingenommen. Dem abgehörten Funkverkehr nach, war es durchaus möglich, dass es sich sogar um das Flaggschiff jenes Verbandes handelte, dem das Space Army Corps im Kessimu-System eine Falle gestellt hatte.

„Gauss 1 bis 6 weiter auf Dauerfeuer!“, befahl Lieutenant Commander Brett Carlos, der Taktikoffizier, den Waffenoffizieren der nach vorne ausgerichteten schwenkbaren Gauss-Geschütze. Dutzende von Treffern rissen jetzt die Außenhülle des gewaltigen Schiffes auf.

„Captain, wir empfangen das Peil-Signal eines Kommunikators, wie er dem Standard-Modell des Space Army Corps entspricht“, meldete Lieutenant Terry Knight, der rothaarige Funkoffizier. „Es ist Captain Sunfrost!“

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Captain Gossan hielt es jetzt nicht länger im Kommandantensessel. Er erhob sich. „Auf den Schirm damit, Lieutenant Knight!“, befahl er.

„Jawohl, Sir.“

Knight nahm ein paar Schaltungen an seiner Konsole vor. Mit angestrengtem Gesicht glitten seine Finger über den Touchscreen und berührten in atemberaubender Geschwindigkeit Dutzende von Sensorpunkte, deren genaue Position dem Funkoffizier der MARIA STUART längst in Fleisch und Blut übergegangen waren.

Auf dem Hauptschirm wurde die Außenansicht des Morrhm-Mutterschiffs inzwischen durch ein grobkörniges, zitterndes Bild ersetzt.

Eine Frau von Anfang dreißig in der Uniform des Space Army Corps war zu sehen. Allerdings wirkte die Uniformjacke stark ramponiert. Unter ihren Augen hatten sich dunkle Ringe gebildet. Ihr Gesicht wirkte eingefallen und bleich. Mein Gott, sie ist kaum wieder zu erkennen, dachte Gossan. Die Gefangenschaft muss sie so gezeichnet haben...

„Hier spricht Captain Rena Sunfrost. Ich...“

Der Ton brach ab.

Das Bild begann zu zittern.

„Die Übertragung bricht ab“, stellte Lieutenant Knight fest. „Das Signal ist zu schwach.“

„Wir dürften uns ohnehin im Reichweitengrenzbereich von Captain Sunfrosts Kommunikator befunden haben“, ergänzte Ortungsoffizierin Lieutenant Petra DeKerk.

Das Bild verschwand und machte wieder einer Außensicht des Morrhm-Schiffes Platz. DeKerk schaltete eine schematische Ansicht des Mutterschiffs der Weltraumbarbaren auf ein Bildschirmfenster. Ein roter Punkt blinkte im oberen Drittel des Schiffes auf. „Das ist die letzte Peilung der Position von Captain Sunfrost“, erklärte DeKerk.

„Captain, wir müssen etwas tun, um die Sklaven an Bord zu retten“, meldete sich Commander Brent Davis zu Wort. Der Erste Offizier der MARIA STUART blickte auf die Anzeigen seiner Konsole und fügte nach einer kurzen Pause hinzu: „Es werden Tausende von Biozeichen aufgezeichnet. Die meisten davon scheinen K'aradan zu gehören. Mal ganz abgesehen davon, dass auch das Schicksal eines Space Army Corps Offiziers auf dem Spiel steht, dürften es uns unsere K'aradan-Verbündeten ziemlich übel nehmen, wenn wir eine allzu rücksichtslose Vorgehensweise an den Tag legen.“

„Finden Sie, wir gehen zu rücksichtslos vor, I.O.?“, stellte Captain Gossan eine Gegenfrage.

„Ich kritisiere nicht ihre Vorgehensweise, sondern gebe nur zu bedenken, dass wir diesen Aspekt nicht aus den Augen verlieren sollten!“

Captain Brabak Gossans Gesicht gefror zu einer Maske. Das einzige, was man nicht gebrauchen kann, wenn man den Befehl hat, mehrere, nicht miteinander vereinbare Ziele zu erreichen, ist Klugscheißerei, ging es ihm ärgerlich durch den Kopf. Seine Nerven waren bis auf das äußerste gereizt, auch wenn er davon nichts nach außen dringen ließ. Natürlich wollte er die Gefangenen möglichst schonen. Andererseits war es unumgänglich, dass so viele der Morrhm-Mutterschiffe zerstört wurden wie möglich, damit diese Plage der Randgebiete des K'aradan-Reichs endlich ein Ende hatte. Andernfalls war damit zu rechnen, dass die Weltraumbarbaren ihre Raubzüge bis auf unbestimmte Zeit fortsetzten.

In diesem Augenblick meldete Gauss 1 mehrere Jäger von Backbord, die wenige Augenblicke zuvor die Hangars auf dem Mutterschiff verlassen hatten.

Lieutenant Commander Brett Carlos koordinierte den Gegenangriff.

Die Morrhm-Jäger zerbarsten wenig später einer nach dem anderen im Feuer der Gauss-Geschütze. Trümmerteile irrlichterten durch das All. Die Geschosse der MARIA STUART trafen teilweise auch den Bereich um den Hangarschott. Die gesamte Sektion des Morrhm-Schiffes platzte förmlich auseinander.

„Feuer einstellen!“, befahl Captain Gossan.

„Sir, die Distanz zum Morrhm-Schiff fällt unter 30 000 Kilometer“, stellte Commander Brent Davis fest. Der Erste Offizier hob die Augenbrauen und überprüfte noch einmal den Entfernungsmesser.

„Bremsmanöver einleiten, Ruder!“, lautete Gossans Befehl.

Lieutenant Kjell Hansson, seines Zeichens Rudergänger der MARIA STUART, wurde von zunehmender Hektik ergriffen. Immer wieder tickten seine Fingerkuppen auf die entsprechenden Sensorpunke des Untermenues der Schiffsteuerung. Ohne Reaktion.

„Sir, das Bremsmanöver lässt sich nicht auslösen.“

„Notbremsung mit Überbrückung des Hauptrechners“, mischte sich Brett Carlos ein.

„Das System reagiert nicht“, berichtete Kjell Hansson. Sein Gesicht war aschfahl geworden. Schweißperlen glänzten auf seiner Stirn. „Partieller Systemausfall!“

„Wie ist da möglich?“, fragte Gossan.

„Möglicherweise steht das Teilversagen unseres Bordrechners in Zusammenhang mit der Transmission, die wir gerade bekommen“, meldete sich jetzt Lieutenant Knight zu Wort. Der rothaarige Kommunikationsoffizier überprüfte ein paar Einstellungen.

Gossan trat an Knights Konsole heran und blickte ihm über die Schulter. „Von was für einer Transmission reden Sie da?“

„Das wüsste ich auch gerne. Wir bekommen über ein sehr eigenartiges Signal Datensätze in unsere Speichersysteme eingespielt.“

„Ich habe den Vorgang hier auf der Anzeige!“, erklärte Commander Davis.

„Wer schickt uns da etwas? Admiral Nainovel von der LEVIATHAN?“, knurrte Gossan.

„Die Richtung stimmt“, sagte Davis. „Aber das Signal stammt nicht von der LEVIATHAN, sondern von Tamo...“

Davis aktivierte eine schematische Übersicht des Kessimu-Systems und zoomte den Doppelplaneten Kessira-Tamo heran. Der Ursprungsort lag tief unter der Eiskruste von Tamo.

„Übertragung unterbrechen!“, befahl Gossan.

„Unterbrechung unmöglich“, meldete Terry Knight. Der Rothaarige versuchte es noch mit einer Überbrückungsschaltung, aber die funktionierte einfach nicht. Kopfschüttelnd lehnte er sich zurück. „Tut mir leid Sir, da hat uns jemand die Kontrolle über den Bordrechner aus der Hand genommen.“

Gossans Augen verengten sich. Er wandte sich an Davis. „I.O., was ist das für eine Transmission, die uns da erreicht?“

„Sieht aus wie Datenmüll, Sir. Völlig sinnlose Zeichenkolonnen, die unsere Speichermodule überlaufen lassen.“

„Heißt das, wir haben mit weiteren Systemausfällen zu rechnen?“

„Ganz sicher, Captain.“

„Wir werden in einer Viertelstunde mit dem Mutterschiff kollidieren, wenn es uns bis dahin nicht gelingt, die Kontrolle über die Steuerung zurückzuerlangen“, meldete Hansson.

Gossan ballte unwillkürlich die Hände zu Fäusten.

„Na, großartig“, knurrte er. „DeKerk! Alarmmeldung an Admiral Nainovel!“

„Sir, kein Peilsignal und keine ID-Kennung der LEVIATHAN mehr anmessbar!“, rief Knight.

Commander Brent Davis bestätigte dies, nach einem Blick auf seine Anzeigen, die zumindest noch teilweise funktionierten. „Die LEVIATHAN ist funktechnisch genauso tot wie die STAR CHASER und die STERNENKRIEGER“, stellte er fest.

„Mister Knight, senden Sie den Alarmspruch trotzdem ab. Wir wissen schließlich nicht, ob wir unseren Instrumenten noch trauen können und vielleicht empfängt ihn ja doch noch jemand.“

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Eine weitere Erschütterung erfasste die VONDRASH. Der Widerhall mehrerer Explosionen in den äußeren Sektionen des Flaggschiffs der Zuur-Morrhm ließ den Boden vibrieren.

Rena Sunfrost verlor kurz das Gleichgewicht und musste sich an der Wand des Korridors festhalten.

Ihr Gegenüber stieß einen Laut aus, der Ähnlichkeit mit einem dröhnendem Gelächter besaß, dessen genaue Bedeutung sich aber weder Rena noch der Translator ihres Space Army Corps Kommunikators zu interpretieren getraute.

Atraan, der breitschultrige Stammeshäuptling der Zuur-Morrhm, parierte die Erschütterung einfach mit einem weiten Ausfallschritt seines rechten Beins. Die Beine der Morrhm waren sehr stämmig, die Füße so groß, dass die Weltraumbarbaren auch unter ungünstigsten Bedingungen einen sicheren Stand hatten.

Er öffnete das breite Maul mit den keilerartigen Hauern. Aber noch ehe er einen artikulierten Laut hervorbringen konnte, hatte Rena bereits das Wort ergriffen.

Es kümmerte sie dabei nicht im mindesten, dass dies einer Sklavin nicht zustand.

Es ging jetzt um alles oder nichts. Die Morrhm schickten sich an, das Schiff zu verlassen und hatten offenbar nicht einen einzigen Gedanken daran verschwendet, was aus den Tausenden von Sklaven – überwiegend K'aradan, aber auch Angehörige von mehreren Dutzend anderen Rassen – werden sollte.

„Hängt ihr Morrhm nicht auch am Leben?“, fragte Rena Sunfrost.

Atraan sah sie an.

Sie – sein Eigentum, das ihm weit weniger wert war, als das Monoschwert oder die plump anmutende, aber dafür panzerbrechende Projektilpistole an seinem Gürtel.

„Nicht so wie ihr“, erwiderte Atraan. „Ein Morrhm-Krieger bezieht die Möglichkeit des eigenen Todes stets in seine Überlegungen ein. Er weiß, dass die Wahrscheinlichkeit eines frühen Endes viel größer als die eines langen Lebens ist. Und er weiß auch, dass es nicht darauf ankommt, eine lange Zeitspanne unter den Augen der Götter gewandelt zu sein. Wir sind alle irgendwann in Trooms Reich, aber bis dahin kommt es darauf an, ruhmreiche Taten zu vollbringen...“

„Wie ruhmreich ist es, Sklaven auf einem explodierenden Schiff zurückzulassen?“

„Wie ruhmreich ist es, all den Besitz hier zurückzulassen, den wir nicht in unseren Shuttles mitnehmen können, du Närrin! Das ist dasselbe. Etwas, über das sich ein Morrhm-Krieger keine Gedanken macht.“ Er trat näher. Eine der Frauen des Häuptlings steckte ihren mit Hauern bewehrten Kopf durch die Tür.

Es war Poggra. Rena Sunfrost erkannte sie daran, dass ihr der Hauer rechts unten abgebrochen war – bei einem besonders heftig durchgeführten Beißritual, wie die anderen Frauen Atraans lästerten.

„Es wird Zeit, Gebieter.“

Atraan drehte sich zu ihr um.

„Behalte deinen Speichel und geh schon mal“, sagte er. Wie Rena inzwischen wusste, bedeutete die Aufforderung, seinen Speichel zu behalten, eine durchaus höflich gemeinte Aufforderung, ein Gespräch auf einen späteren Zeitpunkt in intimerem Rahmen zu verschieben.

Poggra war als keineswegs beleidigt, sondern stieß einen gurrenden Laut aus, der bei weiblichen Morrhm Ausdruck höchster Vorfreude war.

Bei männlichen Morrhm war die Bedeutung desselben Lauts keineswegs so genau festgelegt, sondern hing stark vom Kontext ab. Zwischen offener Aggression und dem Ausdruck einer Emotion, die man wohl als das Morrhm-Äquivalent für Zuneigung bezeichnen musste, war alles möglich und wie man die jeweilige Bedeutung herausfinden konnte, hatte Rena in all der Zeit, die sie nun schon unter den Weltraumbarbaren zubrachte, noch nicht herausfinden können.

„Warte nicht mehr zu lange, mein Lieblingsschlächter“, gurrte sie. „Ich kann es kaum erwarten, wie du das Blut von Kommandant Taur spritzen lässt, wenn du ihm sein Schiff wegnimmst!“

Mit diesen Worten verschwand Poggra.

Da kann sich ja jeder Ehemann nur glücklich schätzen, wenn er so ein holdes Weib errungen hat, ging es Rena durch den Kopf. Und in Atraans Fall sind es ja sogar gleich mehrere dieser Grazien...

Der Häuptling der Zuur-Morrhm näherte sich Rena bis auf einen Schritt.

So nahe, dass sie den ziemlich intensiven Ledergeruch in der Nase hatte, der von seinem Gürtel und den Schulterriemen ausging.

„Vielleicht hat es für den weiteren Verlauf der Schlacht einen Vorteil für uns, wenn ich euch zur Rettung verhelfe...“

„Ja, vor allem im Fall einer Gefangenschaft!“

„Das ziehe ich weniger in Betracht. Vor allem denke ich daran, dass ein Teil eurer Kräfte durch die Rettungsarbeiten gebunden wird. Und das Schiff, das uns angegriffen hat, wird ganz sicher in der Nähe der VONDRASH bleiben, bis sie explodiert.“ Ein glucksender Laut drang tief aus der Kehle des Häuptlings. „Komm mit mir, Sklavin. Ich werde dir etwas zeigen!“

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Der Morrhm-Häuptling brachte Sunfrost in den Maschinentrakt. Über seinen Kommunikator nahm er zwischenzeitlich Kontakt mit Poggra und seinem Clan auf. Schließlich hatte er keineswegs die Absicht, an Bord der VONDRASH zurückgelassen zu werden. Die Selbstzerstörungsanlage war schließlich aktiviert.

Unterwegs versuchte Rena über ihren Kommunikator Kontakt zu den sich offenbar nähernden Space Army Corps Einheiten zu bekommen.

Möglicherweise lag eines der Schiffe ja in Reichweite.

Schließlich empfing sie sogar die ID-Kennung der MARIA STUART.

Gott sei Dank, durchfuhr es sie.

Sie meldete sich. Auf dem Mini-Display erschien das von Schlieren durchzogene Gesicht von Captain Brabak Gossan. Ein bekanntes Gesicht nach all der Zeit als Sklavin... Nichts kann besser für die nötige Dosis Euphorie sorgen, die ich wohl brauchen werde, um den Rest auch noch durchzustehen! Gleichgültig, wie dieses ganze Spiel auch immer enden mag...

Sie hatte kaum einen einzigen Satz herausbringen, geschweige denn die MARIA STUART vor der drohenden Explosion warnen können, als die Verbindung bereits wieder abgebrochen war. So sehr sie auch an ihre Gerät herumschaltete, sie ließ sich nicht wiederherstellen.

„Gib es auf, Sklavin“, sagte Atraan schließlich.

Rena glaubte, die non-verbalen Signale, die diese Äußerung begleiteten, inzwischen gut genug interpretieren zu können, um ein gewisses Amüsement erkennen zu können.

Am besten ich mache gar nicht erst den Versuch, die Psyche eines Morrhm verstehen zu wollen, ging es ihr durch den Kopf. Gleichzeitig versuchte sie, ihren Hass zu unterdrücken. Denn sie wusste, dass sie der nicht weiterbringen würde. Es hieß jetzt einen kühlen Kopf zu bewahren. Alles andere führte nur in eine Sackgasse. Du hast keine Chance, also kannst du sie auch nutzen.

Überall an Bord der VONDRASH herrschte das blanke Chaos. Sklaven der unterschiedlichsten Herkunft und Morrhm, die zu den Hangars gelangen wollten, begegneten sich auf den Korridoren. Niemand bewachte noch die Gefangenen. Hier und da versuchten einige der K'aradan-Sklaven, die Gelegenheit auszunutzen und ihre Wut an den offensichtlich auf dem Rückzug befindlichen Morrhm auszulassen. Es war der Mut der Verzweiflung, der sie dazu trieb, denn natürlich hatten sie unbewaffnet nicht den Hauch einer Chance. Immer wieder waren grässliche Schreie zu hören. Und manchen, die von Monoschwertern zerhackt wurden, blieb nicht einmal mehr dazu die Gelegenheit.

Über einen per Kommunikator ausgegebenen Rundspruch erfuhr Atraan – und damit auch Rena –, dass eine Hangarsektion durch Treffer des Gegners vollkommen zerstört war.

Atraan dirigierte daraufhin über Funk seinen Clan zu einer anderen Hangarsektion um.

Als Poggra ihn mit Fragen darüber zu nerven begann, was er denn noch so Dringendes zu erledigen hätte, schaltete er ihre leise, gurgelnde Stimme einfach ab.

Schließlich erreichten sie einen Kontrollraum.

Die Bedienungsmannschaft hatte ihn längst verlassen.

Ganz in der Nähe war eine Explosion zu hören.

Der Boden erzitterte und Rena dachte für einen Moment darüber nach, dass das Chaos im Maschinentrakt wahrscheinlich mit einem deutlich erhöhen Niveau an Radioaktivität einherging. Aber das ist jetzt alles nicht mehr so wichtig... Hauptsache dieses Inferno überleben und dabei nicht diejenigen ins Verderben ziehen, die hier im Kessimu-System gewartet haben, um diesen Marodeuren das Handwerk zu legen...

Atraan aktivierte eine Konsole.

Sie reagierte mit einem Lichtblitz an der Stelle, an der sich eigentlich eine Anzeige hätte öffnen müssen.

Beißender Qualm stieg aus dem Gehäuse auf.

Atraan kümmerte sich nicht weiter darum, sondern ging zur nächsten Konsole und hatte hier mehr Glück. Sie war noch in Betrieb. Er aktivierte die Anzeigen. Ein Teil der Wand verwandelte sich in einen Bildschirm, der sich wiederum in verschiedene Fenster teilte.

Eines dieser Fenster zeigte ein sich näherndes Raumschiff.

Atraan stieß einen Laut aus, der wohl nichts anderes als pure Überraschung signalisierte. Er wandte den Kopf in Renas Richtung. „Ich wusste gar nicht, dass dein Volk ein Anhänger der Hrrangor-Taktik ist“, stellte er fest.

„Ich auch nicht“, bekannte Rena. „Zumal ich keine Ahnung habe, was das sein soll!“

Atraan lachte dröhnend.

„Hrrangor ist ein Held unserer Geschichte. Und zwar aus einer Zeit, als wir angeblich nur auf einer einzigen Welt lebten und nicht mit Raumschiffen, sondern auf gewaltigen Flößen einen Ozean aus purem H20 befuhren. Natürlich glaubt heute niemand mehr diese Geschichten, aber auch wenn sich Mütter diese Geschichten ausgedacht haben mögen, um ihre Kinder zu erschrecken und sie dazu zu bewegen, ihnen zu gehorchen, wird die Taktik eines selbstmörderischen Angriffs, der die eigene Zerstörung miteinkalkuliert, noch heute nach diesem Helden namens Hrrangor benannt.“

„Ging es nicht eigentlich darum, dass du mir zeigen wolltest, wie wir Sklaven uns retten können?“, fragte Rena Sunfrost.

Sie hatte zunächst gezögert, diese Frage zu stellen. Schließlich war ihr durchaus klar, dass ihr Schicksal am seidenen Faden hing und Atraan es sich durchaus auch wieder anders überlegen konnte. Schließlich war sein Interesse an einer Rettung der Sklaven nicht gerade als überragend zu bezeichnen, sondern entsprang vielmehr einer halb boshaften Laune.

Atraan kümmerte sich nicht weiter um Renas Einwand.

Stattdessen schaltete er mit geradezu provozierender Ruhe an den Kontrollen der Konsole herum und veränderte den Darstellungsmodus. Eine schematische Darstellung samt Kursextrapolation des derzeitigen Kurses machte auch Rena auf den ersten Blick klar, dass das sich nähernde Space Army Corps Schiff auf einem Kollisionskurs war. Rena hatte das Schiff längst als Sondereinsatzkreuzer MARIA STUART identifiziert. Auch sie war jetzt durch den Kurs, den das Schiff eingeschlagen hatte, zutiefst irritiert.

Rena war zwar kein gelernter Rudergänger und der neue Mesonenantrieb der SEKs erlaubte ein deutlich erhöhtes Maß an Manövrierfähigkeit – aber dass dieses Schiff dem drohenden Zusammenprall wohl kaum noch ausweichen konnte, lag auf der Hand.

Was soll das? Hat Gossans Crew die Kontrolle über das Schiff verloren?

„Hrrangor forderte die Götter heraus. Der Totengott Troom hatte beschlossen, seine Seele zu nehmen, aber während normalerweise selbst jeder Morrhm-Krieger anerkennt, dass Troom die einzige Macht des Universums repräsentiert, der man sich nicht widersetzen kann, wollte Hrrangor dies nicht akzeptieren. Wenn es schon für ihn selbst keine Rettung geben sollte, dann doch wenigstens für alle, die nach ihm von diesem ständigen Begleiter aller Krieger heimgesucht wurde. Und so fasste er einen Plan.“

Ich für mein Teil wäre schon glücklich darüber, selbst einen Plan zu haben, wie ich Troom entkommen könnte, dachte Rena voller Ungeduld.

Die Ruhe, die der Morrhm-Häuptling an den Tag legte, war für Rena nur noch sehr schwer erträglich. Was will er mit seiner Erzählung bezwecken? Mir vorführen, wie sehr ich – im Gegensatz zu ihm – am Leben hänge? Aber eine so subtile, verfeinerte Form des Sadismus ist bei einem Barbaren wie ihm wohl kaum anzunehmen...

Atraan fuhr fort: „Hrrangor nahm sich vor, Troom zu besiegen. Als der Totengott ihm erschien, fuhr er ihm mit einem Floß entgegen, das bis zum Rand mit primitivem Sprengstoff gefüllt war. Als er Troom erreicht hatte und der Totengott ihn mit seinen finsteren Schattenarmen umfing, ließ er die Ladung hochgehen.“

„Ich nehme an, die Sache war ein Desaster“, versuchte Rena die Erzählung ungeduldig abzuschließen. „Schließlich hat der Tod nichts von seiner Macht eingebüßt.“

„Vollkommen richtig“, stimmte Atraan zu. „Hrrangor hat einfach nicht bedacht, dass man den Tod nicht töten kann...“

„Wie wahr!“

„Aber der Kommandant dieses Sichelschiffes scheint diese Erfahrung erst selbst machen zu wollen, dieser Narr!“

Man kann tatsächlich an einen Kamikaze-Angriff denken, überlegte Rena. Obwohl das nun wirklich nicht zu den taktischen Vorgehensweisen gehört, die man auf der Space Army Corps Akademie beigebracht bekommt!

Auf der Anzeige an der Wand sah Rena jetzt Kolonnen von Zeichen. Rena war noch weit davon entfernt, sie wirklich lesen zu können. Aber das Erstaunliche an diesen Zeichenkolonnen konnte selbst einer Analphabetin nicht entgehen.

Es ist immer dasselbe Zeichen! Wie Datenmüll! Als ob jemand die gesamte Information durch Nullen ersetzt hätte!

„Da scheint auch nicht mehr alles zu funktionieren“, knurrte Atraan. „Aber es wäre wohl ein Wunder, wenn es anders wäre.“ Er deutete auf das Display. „Auf den großen Schirm bekomme ich es jetzt nicht mehr, aber in etwa einer Viertelstunde werden sich mehrere Sauerstoffblasen aus einer speziellen, transparenten Kunststofffolie bilden. Das ist der einzige Weg für euch Sklaven, die VONDRASH noch zu verlassen!“

„Eine Sauerstoffblase?“, fragte Rena ungläubig.

„Was dagegen einzuwenden? Ihr könnt doch bekanntermaßen nur wenige Augenblicke lang ohne Sauerstoff auskommen.“

„Wir werden erfrieren!“

„Nur wenn sich die Blase direkt in einem planetaren Schatten befinden sollte. Ansonsten besteht eher die gegenteilige Gefahr – dass sich die Blase durch die Bestrahlung durch das Zentralgestirn aufheizt und ihr bei lebendigem Leib gegart werdet. Naja, ich nehme an, dass eure Leute alles tun werden, um euch schnell genug zu retten...“ Ein Laut, der an ein Kichern erinnerte, kaum zwischen den Hauern des Morrhm hervor. Schließlich fuhr er fort: „Ich habe das Programm initialisiert. Jetzt könnt ihr nur noch hoffen, dass euch Troom noch einmal das Tor zu seinem Reich des Todes versperrt. Wenn du das dreieckige Sensorfeld berührst, wird eine Rundspruchfunktion für das gesamte Schiff ausgelöst. Vorausgesetzt, sie funktioniert noch, kannst du damit die Evakuierung koordinieren.“ Atraan bedachte Rena mit einem Blick, wie sie ihn von dem Morrhm-Häuptling nie zuvor gesehen hatte. Er verzog den Mund in die Breite, sodass seine Hauer deutlicher hervortraten.

„Falls du in Gefangenschaft geraten solltest, werde ich an dich denken, Atraan“, sagte Rena.

„Du wirst in jedem Fall an mich denken, Sklavin.“

„Was ist mit der Selbstzerstörungssequenz?“

„Ich habe die zeitliche Codierung etwas verändert, das ist alles. Lass dich überraschen!“

„Was soll das heißen?“

„Ach, dass ihr Säugetierabkömmlinge auch immer die Langeweile einem ereignisreichen Leben vorziehen müsst! Leb wohl, Sklavin!“

Mit diesen Worten verließ der Häuptling den Raum und ließ Rena stehen.

Die Gedanken rasten nur so durch Renas Hirn.

Man kann alles Mögliche von ihm halten – nur sollte man seine Intelligenz niemals unterschätzen!

Die tiefere Absicht hinter Atraans Vorgehen schien plötzlich glasklar vor ihr zu liegen.

Sie ist so einfach! Er hofft, dass weitere Space Army Corps Schiffe durch die Blasen mit evakuierten Sklaven angelockt werden. Wenn dann das große Inferno losbricht, ist der Zerstörungseffekt um so größer.

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Gaus 1-4 evakuieren!“, befahl Lieutenant Commander Brett Carlos. „Die Sektion muss sicherheitshalber abgeschottet werden. Es steht ein Aufprall bevor und es ist mit schweren Schäden zu rechnen.“ Der Taktikoffizier der MARIA STUART wartete ungeduldig die Bestätigungen der betreffenden Waffenoffiziere ab.

Innerhalb von weniger als einer halben Minute war die Sektion evakuiert und abgeschottet.

Carlos machte eine entsprechende Meldung an den Captain.

Captain Gossan nickte zur Bestätigung nur leicht. Was jetzt geschieht ist nicht aufzuhalten, ging es ihm durch den Kopf.

„Maximaler Schwenk nach Steuerbord!“, meldete Hansson. Der Rudergänger hatte in den letzten Minuten wirklich alles getan, was in seiner Macht stand. Lieutenant Keith McCall, der Leitende Ingenieur, war in einer Interkom-Dauerkonferenz zugeschaltet worden und hatte zusammen mit seinem Team aus erstklassigen Technikern ebenfalls an diesem Problem gearbeitet. Leider nur mit mäßigem Erfolg. Es war selbst bei voller Ausnutzung der durch den Mesonenantrieb gegebenen Manövriermöglichkeiten nicht zu verhindern, dass die MARIA STUART mit einem ihrer Sichelbögen die Außenhülle des Morrhm-Mutterschiffs touchierte.

Welche Auswirkungen das für beide Schiffe hatte, war noch überhaupt nicht abzuschätzen. Die Außenhülle des Morrhm-Mutterschiffs bestand aus einer Legierung, die über keine besonders ausgeprägten Panzereigenschaften zu verfügen schien. Zumindest ließ die Auswertung der aus dem bisherigen Gauss-Beschuss gewonnenen Daten diesen Rückschluss zu.

„Noch drei Minuten bis zum Kontakt“, meldete Kjell Hansson.

„Sir, weitere Systeme fallen durch Überlauf der Datenspeicher aus“, meldete unterdessen DeKerk.

„Zugriff dieses fremden Datenstrahls auf unseren Rechner ist nicht zu stoppen“, ergänzte McCall.

„Dann unterbrechen Sie einfach die Energiezufuhr, L.I.!“, entfuhr es Gossan mit hochrotem Kopf. „Schlimmer kann es dadurch auch nicht werden.“

„Energiezufuhr befindet sich nicht mehr in unserem Zugriff“, meldete McCall.

„Das kann ich leider nur bestätigen“, sagte Hansson.

„Captain!“, rief Lieutenant Knight. „Noch immer keine Antwort von Admiral Nainovel und dem Rest unserer Flottille. Das einzige, was ich momentan empfange, ist ein allgemeines Notrufsignal im Normalfunkbereich. Es stammt aus dem Orbit von Kessimu VII und beinhaltet die Kennung einer Landefähre der ALEXANDER.“

„Was ist mit der ALEXANDER?“

„Offenbar wurde sie von den Morrhm geentert. Es gibt nur eine Handvoll Überlebende. Und noch etwas: Diese Meldung ist mehrere Stunden alt.“

„Na großartig“, knurrte Gossan sarkastisch. „Dann können wir voller Optimismus unserem eigenen Untergang entgegenfliegen.

„Aufprall in wenigen Sekunden!“, rief Hansson.

Gossan ließ sich in seine Kommandantensessel nieder und hielt sich vorsorglich an den Handläufen fest.

Ein furchtbares, knarrendes Geräusch durchlief das Schiff. Der Bereich, in dem sich die Gauss-Geschütze 1-3 befanden, schrammte in die Außenhaut des Morrhm-Schiffes hinein. Sofort wurde der Totalausfall der betreffenden Waffenstationen gemeldet. Risse traten auf. Panzerplatten wurden deformiert und drückten sich ins Innere des Schiffes. Die Atemluft entwich aus der betreffenden Sektion, die glücklicherweise bereits abgeschottet war. Die MARIA STUART hakte sich fest und verlieh dem riesigen Morrhm-Raumer jetzt einen leichten Drall. Langsam begann eine chaotische Eigenrotation des Mutterschiffs.

„Starke Deformationen an der Halbsichelsektion auf Backbord“, meldete DeKerk.

„Captain, wir hängen fest!“, meinte Hansson. „Ohne eine Wiedererlangung der Antriebskontrolle kommen wir hier nicht weg.“

Das Licht begann zu flackern.

„Ich sagte ja, dass fortwährend weitere Teilsysteme durch den Überlauf der Datenspeicher in Mitleidenschaft gezogen werden“, kommentierte DeKerk dieses Ereignis. Sie drehte sich herum und wandte sich an den Ersten Offizier. „Mister Carlos, bitte überprüfen Sie doch die im Moment gerade eingehenden Daten...“

„Zwei Sauerstoffblasen“, murmelte dieser mit zerfurchter Stirn. „Den Taster-Daten nach besteht die Außenhaut aus einem äußerst widerstandsfähigen und transparenten Stoff auf Karbon-Basis.“

„Auf den Schirm damit!“, befahl Captain Brabak Gossan.

Petra DeKerk kam diesem Wunsch sofort nach.

Zu ihrer Überraschung funktionierte die hochauflösende Bildschirmdarstellung mit quasi dreidimensionaler Qualität noch fehlerfrei. Sicher nur eine Frage der Zeit, wann das nicht mehr der Fall sein wird, wenn diese Schwemme an Datenmüll weiter anhält, ging es DeKerk durch den Kopf.

Wie gigantische Kaugummiblasen wölbten sich die soeben georteten und mit einer Sauerstoffatmosphäre gefüllten Blasen an verschiedenen Stellen aus der Außenhülle des Morrhm-Mutterschiffs heraus. Zunächst waren es nur zwei, wie DeKerk gemeldet hatte. Aber schon bald wurden eine dritte und eine vierte Sauerstoffblase geortet.

„Captain, ich denke wir haben es mit einem sehr ungewöhnlichen Rettungssystem zu tun“, stellte Commander Brent Davis fest. „Zumindest kann ich innerhalb der Blasen die ersten Biozeichen von K'aradan und einigen anderen Lebensformen orten.“

„Was ist mit den Morrhm?“, fragte Gossan.

Brent Davis schüttelte nach eingehender Prüfung seiner Anzeigen bedauernd den Kopf. „Nein, bislang haben wir da leider keinen einzigen zu verzeichnen. Aber der Anteil der Menschen unter den Sklaven dürfte sehr gering sein, sodass es vielleicht auch nur eine Frage der Zeit ist, wann wir einen herausfiltern können.“

„Vorausgesetzt, unser Rechnersystem macht noch so lange mit“, gab Captain Gossan nachdenklich zurück. Letzteres war nämlich äußerst fraglich.

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Poggra zoomte auf dem Hauptbildschirm des Sturm-Shuttles, mit dem auch Atraan die VONDRASH verlassen hatte, eine der Sauerstoffblasen heran, die jetzt aus der Außenhülle traten und sich soweit aufblähten, dass sie zu platzen drohten.

„Einzelne Säugetierabkömmlinge sind schon durch die transparente Karbon-Kunststoffhülle sichtbar“, stellte sie amüsiert fest. „Ahnen sie wirklich nicht, was dein Plan beinhaltet, mein skrupelloses Massenmörderlein?“

Atraan knurrte.

Der aasige Atem, der aus der dunklen Maulhöhle zwischen seinen Hauern hervordrang, bedeutete, dass sich beim Häuptling der Zuur-Morrhm die obere Magenklappe geöffnet hatte. Eine bei Morrhm typische physiologische Reaktion des Widerwillens. Atraan mochte es nämlich nicht, wenn seine Frauen ihn mit Kosenamen bedachten.

Zusammen mit Dutzenden von anderen vollkommen überfüllten Shuttles retteten sich die Morrhm der VONDRASH zu der baugleichen LASHGRA, die unter dem Kommando des Unterhäuptlings Taur stand.

„Wir bekommen eine Transmission von der LASHGRA“, meldete Poggra.

„Ist es Taur?“, knurrte Atraan.

„Seine persönliche Kennung ziert den Quellcode dieser Nachricht“, stellte Poggra fest. „Willst du diese aus Trooms Hölle überhaupt noch einmal einer Funkaudienz für würdig erachten?“

„Im Moment sind wir leider von ihm abhängig“, gab Atraan zu bedenken.

„Er würde es nicht wagen, etwas gegen dich zu unternehmen, solange der Kampf andauert.“

„Da magst du sogar recht haben“, antwortete Atraan. „Ganz egal, was man über Taur sagen mag – er hat ein gewisses Maß an Ehre.“

„Was vielleicht gleichbedeutend damit ist, dass er sich wie ein Dummkopf verhält.“

Atraan stieß einen Laut aus, der wie ein tief empfundenes Seufzen klang. Wie ich das hasse, dachte er. Aber Mord ist nun einmal unter uns Morrhm die Interaktionsform mit der längsten Tradition. Und das hat auch gewisse Vorteile – denn es gibt keine Form, die klarer wäre!

Gesicht und Oberkörper des Kommandanten Taur erschienen auf dem Hauptschirm des Shuttles.

„Sei gegrüßt, Häuptling der Zuur“, brachte Taur zumindest verbal den pflichtgemäßen Tribut dar, den er seinem Anführer gegenüber schuldig war. „Die Hilfe in der Not sei dir von Herzen gegönnt und die Hangartore der LASHGRA stehen für dich und die deinen offen!“

„Dafür danke ich dir“, erwiderte Atraan, der es hasste, in einer Situation zu stecken, in der er zu so einer Heuchelei gezwungen war.

Aber der Augenblick der Wahrheit sollte noch kommen.

Die Wahrheit des Monoschwertes. Alles andere zählt ohnehin nicht, überlegte er.

„Eine Frage hätte ich aber gerne von dir beantworte. Weshalb hilfst du den Sklaven dabei und hast dein Schiff nicht längst mit Hilfe der Selbstzerstörung in ein Inferno für den Feind verwandelt?“

„Das Inferno wird noch zu sehen sein, so wahr ich hier stehe. Es wird sich nur ein wenig verzögern. Und was die Gefangenen angeht, sie sind nur die Köder...“

„Eine Kriegslist hinter der Maske der Barmherzigkeit. Wer hätte das gedacht?“

Ja, glaube nur nicht, dass ich die Wahrheit hinter der Maske DEINER Barmherzigkeit nicht auch erkennen würde, dachte Atraan voller Grimm. Aber es gelang ihm, sich weitgehend zu beherrschen. Äußerlich wirkte der Morrhm-Häuptling fast so erstarrt wie eine Statue. Es war ihm nichts anzumerken.

Der Kontakt wurde unterbrochen.

„Ich fürchte, er wird dich gleich mit einem Mordkommando empfangen, Atraan“, warnte Poggra.

Aber in diesem Punkt war Atraan anderer Meinung.

„Das glaube ich nicht!“

„Und was veranlasst dich zu deinem Optimismus?“

„Taur weiß, dass er es selbst tun muss. Er muss mich mit eigenem Schwert töten, wenn er den Respekt der Krieger haben will. Sonst wird er sich allenfalls kurzfristig an die Spitze schwingen können und das weiß er genau.“

„Er ist größer und stärker als du!“

„Und doch bin ich der bessere Kämpfer. Es gab seit Generationen niemanden, der sich so lange an der Spitze der Zuur halten konnte, wie ich.“

„Ich kann dir nur raten, vorsichtig zu sein.“

„Das bin ich, Poggra. Sei unbesorgt.“

„Der Gedanke, in Taurs Harem eingegliedert zu werden, erfüllt mich nicht gerade mit Freude. Er soll ein lausiger Beißer sein.“

„Na, wenn das deine einzige Sorge ist, Poggra.“

Sie stutzte. „Weshalb?“

„Ich habe gehört, er soll die Frauen seiner Feinde zerstückeln und sich die Leber zubereiten lassen. Aber das ist bestimmt nur ein Gerücht...“

„Wie auch immer, du wirst dich auf einen sofortigen Angriff gefasst machen müssen.“

„Nein, dazu hätte Taur nicht den Mut. Und das nicht, weil er mich als Kämpfer so sehr fürchtet, denn wie du richtig bemerkt hast, bin ich sowohl kleiner als auch schwächer.“

„Was sollte ihn davon abhalten, Atraan?“, hakte

Poggra nach.

„Die Vorsicht. Er wird erst losschlagen, wenn er tatsächlich glauben kann, dass alle anderen Unterhäuptlinge und ihre Gefolgschaft tatsächlich auf seiner Seite stehen.“

Wenig später flog das Shuttle des Häuptlings der Zuur-Morrhm durch eines der offenen Hangartore der LASHGRA ein.

Die Landung war etwas holprig. Das Beiboot wurde ziemlich durchgeschüttelt und als es auf dem Boden aufsetzte, war der Antigrav offenbar nicht richtig dosiert. Das Shuttle schrammte mit den Kufen an der Unterseite über den Boden und wurde erst durch die Innenwand gestoppt.

Währenddessen schloss sich das Hangartor.

„Irgendwelche Besonderheiten?“, fragte Atraan eher beiläufig, während Poggra den Schadensbericht von der Anzeige ablas. „Wir sind auf jeden Fall noch manövrierfähig. Abgesehen von ein paar Beulen bei uns und in der Hangarwand ist wohl nichts passiert!“

„Was ist los? Hat dich deine Begabung als Pilot verlassen?“

„Nein, wir haben irgendeinen kleineren Schaden an der Software unseres Bordrechners. Ich lasse gerade das Diagnoseprogramm laufen. Das hängt alles offenbar mit einem Peilstrahl zusammen, den wir vor kurzem empfangen haben.“

„Sieh zu, dass das Problem gelöst wird“, wies Atraan Poggra an.

„Ja, Gebieter“, sagte sie und benutzte dabei die traditionelle unterwürfige Formel, die sie jedoch nicht so ganz Ernst zu nehmen schien.

Der Bildschirm zeigte jetzt die Umgebung in dem gewaltigen Hangar, in dem derzeit nur wenige Raumschiffe untergebracht worden waren. Nur eine Handvoll Jäger hatte Kommandant Taur noch zur Verteidigung seines eigenen Schiffes zurückgelassen. Außerdem waren da natürlich vor allem die anderen Sturm-Shuttles, mit denen die Morrhm-Besatzung von der VONDRASH geflohen war.

„Luftdruck und künstliche Schwerkraft sind hergestellt“, las Poggra die Anzeigen ab.

„Also auf ins Vergnügen“, meinte Atraan.

Er passierte als erster die Außenschleuse seines Shuttles.

Ein Innenschott des Hangars öffnete sich.

Taur erschien mit einem zahlreichen Gefolge.

So einen Massenauflauf an Getreuen veranstaltet man nur, wenn man ein Publikum für eine Machtdemonstration braucht, überlegte Atraan. Oder wenn man sich ausgesprochen unsicher fühlt.

Atraan setzte darauf, dass letzteres der Fall war.

Er trat Taur entgegen. Dieser blickte immer wieder zur Seite, sodass er seine Gefolgsleute aus den Augenwinkeln heraus sehen konnte.

„Das Schlachtenglück hat uns verlassen, Häuptling. Es ist lange her, dass wir in der Geschichte unseres Stammes den Verlust eines Mutterschiffs zu beklagen hatten.“

Während Taur diese Worte in einem Tonfall getragener Feierlichkeit von sich gab, straffte er seine Körperhaltung, so als wollte er demonstrativ auf die Tatsache hinweisen, dass er der größere der beiden Krieger war.

Seine Gefolgschaft wirkte abwartend.

Wie oft hast du so etwas schon durchgemacht, überlegte Atraan. Die Aufmärsche dieser Art, an die du dich erinnern kannst, sind kaum noch zu zählen. Es ist immer dasselbe Spiel. Und zwar eines, das inzwischen niemand so gut beherrschen dürfte wie ich – denn all diejenigen, die über eine auch nur annähernd ähnlich große Erfahrung verfügen, sind längst tot... Gestorben durch den bläulich blitzenden Schwung meines Monoschwertes...

Taurs Hinweis auf das mangelnde Kriegsglück konnte man durchaus bereits als die Ankündigung eines Machtkampfes auffassen.

Aber du Feigling versteckst das noch in scheinbar sachlicher Kritik und dem Ausdruck eines Bedauerns, das wir alle teilen und dir deshalb nicht vorgeworfen werden kann. Wie immer auf Nummer sicher, Taur? Das wird nicht ausreichen, um gegen mich zu bestehen!

„Wir alle hier machen uns sehr ernsthafte Gedanken darüber“, stellte Taur fest.

Sind deine Argumente und dein Schwertarm so schwach, dass du dich erst der Unterstützung aller versichern musst, du Wurm? Atraan verzog das Maul, sodass seine Hauer hervortraten. Speichel tropfte an ihnen herunter.

„Ich hoffe, diese Gedanken sind zum Wohl aller!“, sagte Atraan gedehnt.

„Das Wohl des Stammes steht über allem“, gab Taur eine formelhafte Erwiderung.

„Das freut mich zu hören, denn wir stehen mitten in einer Schlacht, die über das Fortbestehen unseres Stammes entscheiden kann. Deswegen wäre es wichtig zu wissen, dass die Stammesoberen und Mutterschiffkommandanten hinter ihrem Häuptling stehen.“

„Daran sollte niemals irgendein Zweifel aufkommen. Aber Zweifel darüber, welchen Weg wir einschlagen sollen, sind wohl angebracht.“

Hey, du bist ja richtig mutig, ging es Atraan durch den Kopf. Sein Maul wurde noch breiter. Das war ja schon fast so etwas wie eine Herausforderung.

„Wer sagt das? Hat derjenige auch einen Namen?“, hakte Atraan nach.

„Es sind viele und viele Namen tragen sie“, war die Antwort des Schiffskommandanten. Hier und da kam zustimmendes Geraune auf.

Du lässt mir keine andere Wahl, dachte Atraan. Noch ehe es zu weiteren Äußerungen der Zustimmung kam, zog er sein Monoschwert. Bläuliches Flimmern umgab die Klinge, während sie durch die Luft wirbelte.

Taur hatte sein eigenes Schwert bereits zur Hälfte aus der Scheide gerissen, als Atraans Klinge ihm den Oberarm sauber knapp unterhalb der Schulter abtrennte.

Der Schwertarm fiel mitsamt der Waffe zu Boden.

Mit einem klirrenden Geräusch blieb die Waffe dort liegen. Die prankenartige Faust des Kommandanten der LASHGRA krallte sich noch immer um den Schwertgriff, an dessen Ende sich ein Kristall befand, der ein Drei-D-Wappen seines Besitzers zu projizieren vermochte. Dieser Mechanismus wurde nun versehentlich ausgelöst. Taurs schreckgeweiteter Blick wurde dadurch für den Bruchteil einer Sekunde abgelenkt.

Es war der letzte Augenblick, den Taur bewusst erlebte, denn die anschließende Kombination von Hieben zerteilte seinen restlichen Körper in ein halbes Dutzend Einzelteile.

Dann verharrte der Häuptling der Zuur-Morrhm in martialischer Pose über Taurs sterblichen Überresten. Das Blut seines Kontrahenten perlte einfach von der Klinge. Es fand dort auf Grund der besonderen molekularen Struktur der Monoschneide keinerlei Halt.

Niemand im Hangar wagte es, auch nur heftig zu atmen.

„Gibt es noch irgendwelche Fragen, was die künftige Strategie angeht?“, fragte Atraan.

Er wirkte äußerlich vollkommen ruhig.

Das ist eines der Geheimnisse. Niemandem nimmt man es ab, dass er einen Stamm beherrschen kann, der dasselbe nicht einmal mit sich selbst schafft!

Sehr zögernd nahm Atraan schließlich eine entspanntere Haltung ein. „Ich sehe, dass es offenbar in diesem Punkt keinerlei Diskussionsbedarf mehr gibt.“

„Der neue Kommandant der LASHGRA sei willkommen!“, meldete sich einer der anwesenden Krieger zu Wort. Er hieß Grontzor und war für seinen Opportunismus bekannt, obwohl er dazu auf  Grund seiner körperlich selbst für Morrhm-Verhältnisse sehr robusten Erscheinung gar keinen Anlass hatte. Zunächst zögernd, dann immer lauter, stimmten die anderen in diesen Ruf mit ein.

„Ich sehe, dass wir uns gut verstehen werden!“, schloss Atraan schließlich. „Und da wir uns in einer mehr als gefährlichen Situation befinden, schlage ich vor, dass sich alle Anwesenden umgehend wieder auf ihre Posten begeben.“

Ein Chor zustimmender Laute kam Atraan entgegen.

Das wäre schon einmal geschafft, dachte er. Sein Blick glitt tiefer, auf Taurs blutige Überreste. Eigentlich schade um ihn. Aber irgendwann musste es wohl zu dieser Konfrontation kommen... Und es ist nun einmal in jeder Auseinandersetzung ein unschätzbarer strategischer Vorteil, den Zeitpunkt der Schlacht bestimmen zu können. Und mehr habe ich auch nicht Getan...

Die Gruppe, die einst Taurs Gefolgschaft gebildet hatte, zerstreute sich nun.

„Einen Augenblick!“, dröhnte Atraans Stimme durch den Raum. „Grontzor möge bitte noch einen Augenblick hier bleiben. Ich habe ihm etwas zu sagen.“

Einige der Morrhm fletschten Grontzor gegenüber die Hauer, was wohl in erster Linie daran lag, dass sie es bedauerten, die Situation nicht ebenso konsequent und opportunistisch ausgenutzt zu haben.

Jetzt schien dem internen Aufstieg dieses Karrieristen nichts mehr im Wege zu stehen.

Atraan wartete, bis die anderen den Hangar verlassen hatten.

Grontzor neigte leicht den Kopf und deutete eine Verbeugung an.

„Du wolltest mich sprechen, mein Häuptling und Schiffskommandant?“, fragte er.

„Das ist richtig.“

„Ich werde so loyal auf deiner Seite sein, wie ich es zuvor bei Taur war“, versicherte er.

Atraan musterte sein Gegenüber. „Ach, wirklich? Vielleicht solltest du noch hinzufügen: Wie du es bei jedem anderen tun würdest, der zufällig an der Spitze wäre!“

„So ist nun einmal der Lauf der Dinge.“

„Ja, mag sein.“

Grontzors Blick wandte sich dem Monoschwert zu, das Atraan die ganze Zeit über nicht aus seiner Pranke gelegt hatte.

Fast so, als bräuchte er die Klinge noch.

Grontzor ahnte, was sein Gegenüber vorhatte und riss seine eigene Waffe heraus. Aber er tat dies völlig überhastetet. Sein erster Hieb war unbeholfen und es war für Atraan ein Leichtes, ihm auszuweichen.

Der Häuptling antwortete mit einem schnellen Stoß, der knapp unterhalb des Brustpanzers in den Körper seines Gegners eindrang. Grontzors Augen erstarrten.

„Ich mag keine Opportunisten“, erklärte Atraan. „Das war es, was ich dir noch sagen wollte... Ich hoffe, die Botschaft kommt nicht bereits zu spät!“

Leblos sank Grontzor zu Boden

Atraan zog sein Monoschwert aus dem Körper des Anderen und steckte es zurück an den Gürtel.

„Sollen wir hier aufräumen?“, fragte Poggra, die etwas abseits stand und mit Wohlgefallen zugesehen hatte, wie sich ihr Gatte Respekt verschafft hatte.

„Nein. Lasst sie liegen. Es ist vielleicht ganz gut, wenn der einer oder andere daran erinnert wird, was ihm blüht, wenn er sich mit mir anlegt!“

„Wie du meinst, Atraan!“

In diesem Moment schrillte überall auf der LASHGRA ein Alarmsignal...

Atraan und Poggra wechselten einen kurzen Blick. Dann griff Atraan zu dem Kommunikator an seinem Gürtel und nahm Verbindung mit der Brückencrew auf.

„Hier spricht Atraan, Oberhäuptling aller Zuur und neuer Kommandant der LASHGRA! Was ist bei euch los?“

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Es gibt Situationen, in denen man nur falsch handeln kann, überlegte Steven Van Doren. Es ist nicht das erste Mal, dass du das erfahren musst. Der Erste Offizier des Sondereinsatzkreuzers STERNENKRIEGER starrte auf die Anzeigen seiner Konsole. Er hatte eine Positionsübersicht eingeschaltet. Immerhin funktionierte sie noch, auch wenn sie nur noch im Abstand mehrerer Minuten aktualisiert wurde, was eigentlich nicht dem Standard der auf der STERNENKRIEGER installierten Technik entsprach. Aber diese Anzeige litt wie alle anderen Systeme an Bord des Sondereinsatzkreuzers unter dem Zugriff einer fremden Macht.

Mit einem Datenstrahl wurden große Mengen an völlig sinnlosen Zeichen versandt, die nach und nach die Datenspeicher der STERNENKRIEGER füllten und so ein System nach dem anderen zum Kollaps brachten.

Wenn dieser Vorgang in demselben Tempo fortschritt, wie es bisher zu beobachten gewesen war, wurde die Lage bald prekär – und das nicht nur deshalb, weil die Morrhm-Shuttles jetzt freie Bahn hatten, um zu entern, sondern auch weil die Lebenserhaltungssysteme ebenfalls irgendwann nicht mehr funktionierten.

Der gesamte Flottenverband unter Admiral Nainovel schien davon betroffen zu sein. Ebenso die K'aradan-Verbände der lokalen Systemverteidigung und die private Kampfflotte des regierenden Hauses Kessir, dessen Stammlehen der Doppelplanet Kessira-Tamo war.

Steven Van Dorens Gedanken schweiften ab.

Sie gingen zurück in jene Situation während des zweiten Qriid-Krieges, als er sich dafür entschieden hatte, entgegen der Befehlslage der Besatzung eines havarierten Qriid-Schiffes das Leben zu retten.

Um zwei Rangstufen war er seinerzeit dafür vom Oberkommando des Space Army Corps degradiert worden. Einen davon hatte er inzwischen durch Beförderung wieder wettgemacht. Commander Van Doren. Captain war er bereits gewesen und jemand wie Ned Nainovel, mit dem er zusammen die Space Army Corps Akademie auf Ganymed besucht hatte, war sogar Admiral.

So ist das Leben, da hilft alles lamentieren nichts. Besser man findet sich mit den Gegebenheiten ab, anstatt verpassten Chancen hinterher zu trauern.

Im Übrigen stand er bis heute zu seiner damaligen Entscheidung. Es gab Situationen, in denen auch ein Befehl nicht bindend war. Es gab höhere Werte, als die Pflichterfüllung gegenüber dem Space Army Corps und den Humanen Welten, die diese Raumkriegsflotte der Menschheit schützen sollte.

Steven Van Doren war bereit gewesen, die Konsequenzen zu tragen.

Und jetzt?

Die Positionsanzeige wurde mal wieder aktualisiert. Die einzelnen Markierungen, die jeweils Jäger und Sturm-Shuttles der Morrhm repräsentierten, machten dabei kleine Sprünge. Sie näherten sich unaufhaltsam und es war nur noch eine Frage der Zeit, wann die ersten sich bis zur STERNENKRIEGER und den anderen Space Army Corps Einheiten im Orbit von Kessira durchgeschlagen hatten und zu ihrer äußerst rabiaten Nahkampftechnik übergingen. Aufschweißen, eindringen, Gefangene machen. Das war ihre Devise. Allerdings hinterließen sie auch schon mal ein paar atomare Sprengsätze, wenn sie meinten, dass etwas zerstört werden müsste. Da sie selbst sehr strahlungsresistent waren, kümmerten sie die Folgen nicht weiter.

Es gibt einen eklatanten Unterschied zwischen damals und heute, ging es Steven Van Doren jetzt durch den Kopf. Damals hatte ich die Möglichkeit, zu entscheiden. Ich konnte als Handelnder in die Geschehnisse eingreifen. Jetzt bin ich zum Zuschauen verdammt. Ich sehen, wie sich die Morrhm-Sturm-Shuttles nähern, aber es gibt nichts, was ich im Moment dagegen tun kann.

„Wir müssen einen Weg finden, den Zugriff dieses Datenstrahls zu beenden“, erklärte Captain Warrington.

Auch er macht einen Unterschied zu damals aus, wurde es Van Doren klar. Und das in zweifacher Hinsicht. Erstens war ich damals selbst Captain und zweitens stellt insbesondere DIESER Captain in auswegloser Situation ein ganz besonderes Problem dar...

Captain Warrington fehlte einfach der entscheidende Killer-Instinkt. Er war zwar ein hochbegabter Mann, der die Akademie mit Auszeichnung durchlaufen hatte und auch später in seiner Laufbahn als Offizier eine makellose Erfolgsstory vorweisen konnte. Von der über Generationen zurückzuverfolgenden militärischen Vergangenheit und Tradition seiner Familie einmal ganz abgesehen. Letztere umgab ihn mit einem Nimbus, der ihn offenbar in der Vergangenheit für manche Vorgesetzte unangreifbar gemacht hatte.

Milton Warrington – dieser Name zählte einfach etwas in der noch kurzen Geschichte des Space Army Corps.

Dass dieser Milton Warrington seinen Namen mit einer römischen III schrieb, schien dabei ein Detail zu sein, das allzu schnell in Vergessenheit geriet.

Es war eben doch ein Unterschied, ob man selbst eine Legende war oder nur deren Nachfahre.

Jedenfalls war Warrington niemand, dessen Führung sich jemand wie Van Doren gerne überließ. Es fehlte dem Ersten Offizier der STERNENKRIEGER einfach das Vertrauen in Warringtons Fähigkeiten.

„Das Ortungssystem weist eine zunehmende Fehlerquote auf“, stellte Wiley Riggs fest. Der Ortungsoffizier schüttelte langsam den Kopf. „Die Morrhm-Einheiten scheinen auch etwas von ihrer Manövrierfähigkeit eingebüßt zu haben. Jedenfalls steht fest, dass sie ebenfalls von Tamo aus angepeilt werden.“

„Dass die Sicherheitsvorkehrungen der Morrhm ausgeklügelter sind als die des Space Army Corps und der K'aradan-Schiffe, halte ich für ausgeschlossen“, sagte Van Doren.

„Trauen Sie barbarischen Spezies keine technischen Errungenschaften zu?“, fragte Warrington an seinen Ersten Offizier gewandt.

„Doch, das schon“, murmelte Van Doren und dachte gleichzeitig: Sie wollen das doch jetzt wohl nicht im Ernst mit uns diskutieren wollen, Captain – oder?

Warrington schien tatsächlich keine Lust zu haben, dieses Thema zu vertiefen.

„Wenn wir nichts unternehmen, wird in spätestens einer halben Stunde das erste Sturm-Shuttle an unserer Außenwand andocken“, sagte Riggs. „Und dass die Brüder nicht gerade zimperlich sind, haben sie ja bereits mehr als unter Beweis gestellt!“

Es war nicht nötig, dass Riggs das näher erläuterte.

Aufschweißen, eindringen und niederkämpfen – eine weitergehende Strategie schienen die Morrhm nicht zu kennen. Nicht einmal der schonende Umgang mit der potenziellen Beute schien bei ihnen zur Gewohnheit oder gar zum Teil ihres Gesetzes geworden zu sein.

„Wir könnten versuchen, die Gauss-Geschütze aus der Kontrolle des Bordrechners herauszunehmen“, schlug Lieutenant Commander Robert Ukasi, seines Zeichens Taktikoffizier an Bord der STERNENKRIEGER vor. Er war darüber hinaus die Nummer drei in der Hierarchie an Bord und hatte daher auch noch einiges an Pflichten zu erledigen, was akut mit dieser Stellung an Bord in Zusammenhang stand.

Schließlich musste er für den Fall, dass der Erste Offizier von Bord ging oder möglicherweise dauerhaft ausfiel, an dessen Stelle treten.

„Gauss-Geschütze, die manuell bedient werden?“, fragte Warrington ungläubig. „Haben Sie eigentlich eine Ahnung, wie hoch die Trefferquote ohne Rechnerunterstützung wäre?“

„Lassen Sie all diese Geschütze zusammenschalten“, fuhr Ukasi fort. „Ich versuche sie dann von meiner Konsole aus synchron zu bedienen. Und was die Berechnungen angeht, die ansonsten das Zielprogramm des Bordrechners erledigen muss, so könnte ich das vielleicht übernehmen.“

„Sie?“, fragte Captain Warrington erstaunt. Er erhob sich jetzt aus seinem Kommandantensessel. „Ich weiß aus Ihren Personalunterlagen, dass Sie als hervorragender Mathematiker gelten und man Ihnen schon während ihrer Zeit auf Ganymed riet, den Dienst im Space Army Corps gar nicht erst anzutreten,  sondern stattdessen eine Tätigkeit an einem Forschungsinstitut, einer Universität oder in einem Industrieunternehmen anzustreben.“

Aber Ukasi hatte sich seinerzeit darauf nicht eingelassen und es schien als hätte er seine ganz persönlichen Gründe, um im Space Army Corps zu dienen. Gründe, die mit seiner Herkunft und dem Tod seiner Eltern zu tun hatten. Er war einfach der tiefen Überzeugung, dass die Menschheit eine schlagkräftige Raummacht brauchte, die in der Lage war, die von Menschen besiedelten Welten in der Galaxis so wirksam zu schützen, dass sie kein leichtes Angriffsziel mehr waren.

„Was meinen Sie, Van Doren?“

„Ich habe schon auf der alten STERNENKRIEGER I beobachten dürfen, wie Lieutenant Commander Ukasi die Daten zur Schiffssteuerung schneller berechnete als der Computer. Also warum sollten wir es nicht versuchen?“

„Ganz meine Meinung“, mischte sich Ruderoffizier John Taranos ein, wofür er von Captain Warrington einen tadelnden Blick erhielt.

„Gut“, wandte sich der Captain an den Taktikoffizier. „Tun Sie alles, was Sie für nötig halten, Lieutenant Commander Ukasi.“

„Aye, aye, Captain.“

„Lassen Sie sich von Erixon helfen.“

„Ich nehme an, dass unser L.I. im Maschinentrakt alle Hände voll zu tun hat, um den normalen Betrieb aufrecht zu erhalten, Sir“, wandte Ukasi ein. „Schließlich nützt es uns nichts, sollte es uns gelingen, die Morrhm abzuwehren und anschließend ersticken wir, weil die Lufterneuerung nicht mehr funktioniert.“

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Ukasi nahm Kontakt zu den Waffenoffizieren auf, die jeweils eines der 10 Gauss-Geschütze bemannten, über die die STERNENKRIEGER verfügte. Ukasis Idee einer Synchronschaltung stieß nicht bei allen auf Gegenliebe. Lieutenant Branco Delkey, der Waffenoffizier von Gauss 1 meinte beispielsweise, dass es doch wesentlich effektiver sei, die Geschütze einzeln zu schwenken und von Hand Ziele auszuwählen.

Lieutenant Paul Mandagor, stieß ebenso in dasselbe Horn wie Kai Retseb von Gauss 2.

Aber in diesem Punkt ließ Ukasi nicht mit sich reden. Er hatte offenbar in seinem Kopf bereits eine sehr präzise Vorstellung und machte sich nun daran, den Plan in die Tat umzusetzen.

Die ersten Sturm-Shuttles der Morrhm näherten sich der STERNENKRIEGER bis auf wenige hundert Kilometer. Ihre Waffen benutzten die Morrhm erst im Nahkampf. Das galt sowohl für ihre Jäger, als auch für die Fußkrieger, mit den Monoklingen.

Nach zahllosen erfolglosen Versuchen gelang es Ukasi schließlich die Computerkontrolle über das Zielvisier auszuschalten. Die Gauss-Geschütze wurden parallel geschaltet und vom Bordrechner vollkommen abgekoppelt. Jeder Schwenk mit einer dieser Waffen bedeutete eine Bewegung aller. Aber noch gab es die Schwierigkeit, dass überhaupt kein Schuss ausgelöst wurde, wenn die Waffen im Einsatz waren.

„Bandit 1,3 und 7 in bedenklicher Nähe“, meldete Lieutenant Riggs. 

Ukasi ließ immer wieder die Geschütze sich hin und her bewegen und löste die Feuerfunktion aus. Der Taktikoffizier atmete auf. „Wenigstens lässt sich jetzt wieder feuern“, stellte er fest.

Bandit 3 wurde getroffen und zerplatzte. Aber die beiden anderen Sturm-Shuttles näherten sich weiter.

Lieutenant Jamalkerim bemühte sich weiter darum, Kontakt zu den anderen Schiffen herzustellen. Aber nach wie vor sendete keine der im Orbit um Kessira befindlichen Space Army Corps Einheiten noch ein ID-Signal.

„Allerdings bin ich mir inzwischen auch nicht mehr sicher, ob unsere Kommunikationsanlage überhaupt noch in der Lage ist, diese Signale ordnungsgemäß zu verarbeiten“, sagte sie. „Ich habe da so meine Zweifel. Der System Check-up ergibt ein paar höchst seltsame Fehleranzeigen.“

„Ich nehme an, das sind alles Nebenwirkungen der zunehmenden Speicherüberlastung, die wir zu verzeichnen haben“, antwortete Van Doren.

Plötzlich stießen die persönlichen Kommunikatoren von Van Doren, Taranos und Warrington EINEN Summton aus.

Der Captain und sein Erster Offizier tauschten einen verwunderten Blick, ehe Van Doren das Gespräch entgegennahm.

Warrington und Taranos folgten seinem Beispiel.

Auf dem Mini Display erschien das Gesicht eines Mannes mit Vollbart.

„Hier spricht Captain Theo Tulane von der FAR GALAXY EXPLORER. Wir empfangen keinerlei ID-Kennungen der anderen Space Army Corps-Schiffe oder der K'aradan-Verbände und es ist bisher nicht gelungen, Funkkontakt zu einem der anderen Schiffe wiederherzustellen...“

„Jetzt haben Sie es offenbar geschafft“, sagte Warrington.

„Offenbar ist es Ihnen gelungen, drei persönliche Kommunikatoren an Bord der STERNENKRIEGER anzusteuern“, gab Warrington zur Antwort.

Tulane grinste breit.

„Drei? Wir haben insgesamt über hundert Geräte angesteuert. Aber offenbar wirkt sich dieser Peilstrahl auch auf Geräte aus, die nicht unmittelbar mit dem Bordrechner in Kontakt stehen und blockieren zumindest teilweise die Zugänge!“

„Erstaunlich, dass Sie es geschafft haben, uns auf diesem Weg überhaupt zu erreichen...“, stellte Van Doren fest. „Unseren  - zugegebenermaßen unzuverlässigen Ortungsdaten nach - ist die Distanz zwischen FAR GALAXY EXPLORER und STERNENKRIEGER dazu im Augenblick eigentlich zu groß.“

„Ich habe ein paar begabte Techniker an Bord“, erklärte Tulane. „Die haben mehrere der Dinger zusammengeschaltet und das Signal um fünfhundert Prozent verstärkt! Wie Sie sehen ist der Erfolg dennoch bescheiden.“

„Sir, die FAR GALAXY EXPLORER ändert den Kurs“, meldete Riggs. Der Ortungsoffizier der STERNENKRIEGER hatte seit fünf Minuten zum ersten Mal wieder aktualisierte Positionsdaten.

Tulane bekam die Meldung offenbar mit, denn er ging sofort darauf ein.

„Wir verzeichnen Systemausfälle auf allen Ebenen, sind aber offenbar als einzige Space Army Corps Einheit im Nahbereich von Kessira-Tamo noch manövrierfähig. Naja, wenn man das so nennen kann. Die Funktionen sind stark eingeschränkt, aber wir kommen hier immerhin weg!“

„Was haben Sie vor, Tulane?“, fragte Warrington und sein Tonfall bekam jetzt eine Schärfe, die man ansonsten von ihm nicht gewohnt war. „Soweit ich weiß, wurden Sie offiziell wieder in Dienst gestellt und sind damit ein Space Army Corps Offizier mit allen Rechten und Pflichten.“

„He, was ist mit Ihnen los, Warrington? Immer locker bleiben. Nur, weil Admiral Nainovel im Moment genauso unerreichbar ist wie der Rest des Space Army Corps Kontingents hier im Kessimu-System, heißt das doch noch lange nicht, dass Sie jetzt seine Vertretung übernehmen müssen, Warrington. Im Übrigen darf ich Sie daran erinnern, dass wir für den Fall, dass diese Reaktivierung überhaupt rechtens ist, gleichrangig wären!“

„Mit welchem Ziel verlassen Sie den Orbitalbereich von Kessira-Tamo?“, fragte Warrington.

„Das ist ganz einfach. Noch verfügen wir über eingeschränkte Manövrierfähigkeit und können hier weg. Der Datenstrahl hat seinen Ursprung unter dem Eis von Tamo.“

„Das haben wir inzwischen auch schon herausgefunden.“

„Mit zunehmender Entfernung besteht die Möglichkeit, dass die Verbindung vielleicht unterbrochen wird.“

Van Doren mischte sich in das Gespräch wieder ein und sagte: „Soweit wir wissen, sind auch unsere Sondereinsatzkreuzer, die am Angriff auf die Mutterschiffe beteiligt sind, sowie die Einheiten um Kessimu VII von diesem Strahl betroffen. Durch eine größere Distanz werden Sie es also wohl kaum schaffen, diesem Einfluss zu entgehen.“

„Der Einfluss dieses Signal reicht nach unseren Berechnungen sogar ein halbes Lichtjahr über die Bahn des äußersten Kessimu-Planeten hinaus“, gab Tulane seinem Gegenüber Recht.

„Welchen Sinn hat Ihre Aktion dann?“

„Ganz einfach: Wir sehen eine Chance, auf 0,4 LG zu beschleunigen und in den Sandström-Raum zu gelangen. Spätestens dann müsste die Verbindung unterbrochen werden!“

„Das Risiko kennen Sie, es gibt unter den gegebenen Umständen keine Garantie dafür, dass die Sandström-Aggregate fehlerfrei funktionieren“, gab Van Doren zu bedenken.

Tulane nickte. „Ja, aber wir sehen keine Alternative. Sobald wir es geschafft haben, die Verbindung zu kappen, werden wir versuchen, Ihnen zu helfen. Auf welche Weise auch immer...“

„Hatten Sie Verbindung mit Professor von Schlichten und seinem Forscherteam auf Tamo?“, hakte Van Doren nach. Tulane nickte. „Allerdings nur kurz, dann ist der Kontakt abgebrochen. Übrigens – falls es Sie beruhigt: Der Vorschlag, den Datenstrahl durch Eintauchen in den Sandström-Raum zu kappen, stammt von Professor von Schlichten und der versteht mehr von diesen Dingen, als wir alle zusammen.“

„Dieses Signal enthält fünfdimensionale Komponenten“, stelle Ukasi fest. „Allerdings muss das nicht zwangsläufig bedeuten, dass es auch im Sandström-Raum aktiv ist.“

„Ist es nicht“, stellte Tulane klar.

Van Doren hob die Augenbrauen. „Sagt von Schlichten?“

Tulane nickte. „So ist es.“

Das Bild auf dem Minidisplay wurde zittrig. Tulane sagte noch etwas, war aber nicht mehr zu hören. Augenblicke später verschwand auch das Bild. Die Verbindung war abgebrochen. Kein Kontakt, meldete eine aufblinkende Anzeige.

„Ich möchte wissen, was von Schlichten da unten auf Tamo angestellt hat!“, meinte Ukasi.

„Ich nehme an, er hat das versucht, wovon er und der Far Galaxy Konzern schon lange träumen – nämlich das uralte Wissen der Alten Götter zu retten“, glaubte Susan Jamalkerim.

„Ich weiß nicht, ob retten wirklich der richtige Ausdruck ist“, kommentierte Warrington. „Stehlen klingt irgendwie passender.“

„Seien wir ehrlich. Um dieser Versuchung zu widerstehen muss man wohl die menschliche Größe eines Qriid haben“, murmelte Van Doren.

„Ich frage mich, weshalb die Morrhm von diesem Datenstrahl kaum betroffen zu sein scheinen“, meinte Taranos. „Zumindest viel weniger, als das bei uns der Fall ist!“

„Ich nehme an, dass sie schlicht eine viel einfachere Technik besitzen, die weniger auf Rechnerunterstützung angewiesen und deswegen auch weniger anfällig ist“, lautete Van Dorens Vermutung.

Eine Pause des Schweigens entstand. Verbissen versuchte Ukasi die beiden herannahenden Sturm-Shuttles doch noch zu erwischen.

Aber die Trefferwahrscheinlichkeit war ohne elektronische Hilfe extrem gering.

Schon das Ukasi die die Angreifer um eine Einheit hatte reduzieren könne, grenzte an ein Wunder.

Schließlich wandte sich der Taktikoffizier an den Captain. „Schicken Sie Naderw los!“

„Mit dem Jäger? Ukasi, Sie wissen, wie überlegen die andere Seite in diesem Punkt ist. Die LEVIATHAN hat mindestens die Hälfte ihrer Jägerflotte verloren!“

„Es ist im Moment kein Jäger in unserer Nähe, sondern nur zwei Sturm-Shuttles, die ausgeschaltet werden müssen. Und die sind in Bewaffnung und Manövrierfähigkeit unseren Jägern keineswegs unterlegen.“

„Der nächste Morrhm-Jäger befindet sich bei 345-56-332!“, meldete Riggs. „Zumindest vor zehn Minuten. So alt sind meine Daten nämlich mittlerweile.“

„Das bedeutet: weit genug entfernt, sodass Naderw es wagen könnte“, mischte sich Van Doren ein.

„Ich schicke ungern Besatzungsmitglieder in den sicheren Tod“, sagte Warrington.

„Wenn es den Morrhm erst gelingt uns zu entern, gibt es ein Gemetzel“, stellte Ukasi klar.

Warrington atmete tief durch und straffte seine Haltung. „Gut. Lieutenant Jamalkerim, stellen Sie eine Verbindung zu unserem Piloten her!“

„Nehmen Sie besser den Kommunikator“, erwiderte Jamalkerim. „Ich vermelde gerade einen teilweisen Ausfall des Interkom-Systems. Vielleicht bekomme ich das wieder hin.“

„Dann viel Glück dabei“, knurrte Warrington.

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Name: Son Galt

Rang: Sergeant in der Marineinfanterie des Space Army Corps

Position: irgendwo im Orbit von Kessimu VII

Immer wieder gingen Son Galt diese Gedanken durch den Kopf. Es war wie eine Schleife, die ihn davor bewahrte, den Verstand zu verlieren.

In seinem raumtauglichen schweren Kampfanzug trieb er durch das All. Über Helmfunk hatte er verschiedene Notrufe mitanhören müssen. In drei Shuttles hatten sich die Überlebenden der ALEXANDER abgesetzt. Zwei dieser Landefähren vom L-Typ waren von Jägern der Morrhm eiskalt abgeschossen worden. Man vermutete kampffähiges Personal an Bord, das den Barbaren nur am Boden in die Quere kommen konnte.

Son Galt blickte durch die dünne Atmosphäre des trocken-kalten, marsähnlichen Planeten Kessimu VII. Der atmosphärische Druck betrug 20 Millibar und war damit zwar fast dreimal so stark wie ein Hochdruckgebiet auf dem Mars, was jedoch nur zwei Prozent des auf der Erde herrschenden durchschnittlichen Luftdrucks betrug.

Aber die Atmosphäre von Kessimu VII hatte eine Besonderheit.

Sie bestand zu mehr als vierzig Prozent aus Sauerstoff.

Wolkenformationen aus Kohlendioxid und Wasser bildeten sich in der Atmosphäre. Auf Grund der geringen, vor allem subplanetaren Wasservorkommen, bedeckten diese Wolken jedoch immer nur kleine Teile der Planetenoberfläche. Dort kam es dann allerdings immer wieder zu heftigsten elektrischen Entladungen, die auf grund des hohen Sauerstoffanteils der Atmosphäre in Form von bizarren Feuerstahlen ihren Weg zur Oberfläche nahmen. Die Luft brannte. Es gab selbst aus dem Weltraum sichtbare dunkle Flecken, wo derartige Brandblitze gewütet hatten. Wind und Wetter brauchten mehrere Standardwochen, um sie wieder vom Antlitz des Planeten zu tilgen.

Morrhm-Jäger waren in die Atmosphäre eingetaucht.

Son Galt zoomte sie mit seinem Helmvisier heran.

Da ist wieder dieses Störsignal, das der interne Rechner meines Anzugs nicht so richtig zu interpretieren weiß, ging es Galt durch den Kopf. Automatisch wurde eine Abfrage gestartet, die eine Datenübertagung einleiten sollte. Aber da es sich nicht um ein Signal mit Kennung des Space Army Corps oder Privatstreitkräfte des K'aradanischen Adelshauses Kessir handelte, wies Galt die Anfrage ab.

Bereits ein Dutzend Mal hatte dieses Signal versucht, sich selbstständig in sein System einzulinken.

Seltsam, dachte Galt.

Aber seine Aufmerksamkeit wurde nun durch etwas anderes abgelenkt.

Auf seinem Helmdisplay konnte er die herangezoomten Morrhm-Jäger deutlich identifizieren. Die dünne Atmosphäre von Kessimu VII sorgte für eine hervorragende klare Sicht, wie man sie auf der Erde nie gehabt hätte.

Die Jäger flogen den einzigen Raumhafen des Planeten an.

Wenig später konnte man aus dem All mehrere gewaltige Atompilze sehen, die sich langsam miteinander vereinigten. Die Jäger selbst hatten alle Mühe, der sich ausbreitenden elementaren Urgewalt zu entkommen. Offenbar hatte man die Auswirkungen des hohen Sauerstoffgehalts in der Atmosphäre nicht so richtig bedacht.

Ein Feuerball bildete sich, umschloss die zusammenwachsenden Atompilze wie eine Sonnenkorona.

Wie eine gigantische Blüte des Bösen, überlegte Son Galt.

Plötzlich meldete sich eine Stimme über die Frequenz seines Helmfunks.

„Hier Lieutenant Commander David Kronstein. Wir haben Sie geortet, Sergeant Galt und sind gleich bei Ihnen, um Sie an Bord zu nehmen.“

„Hier Galt! Ich freue mich, dass Sie mich nicht vergessen haben, Lieutenant Commander Kronstein.“

„Es wird leider eine Weile dauern, bis wir Ihre Position erreicht haben. Außerdem haben wir hier ein paar Störungen im Rechnersystem, die wir hoffentlich bald in den Griff bekommen.“

„Haben die zufällig mit einer nervenden Anfrage nach Datentransfer zu tun?“, fragte Galt.

„Woher wissen Sie das?“

„Selbst mein Anzugrechner war davon betroffen.“

„Dann hoffe ich, dass wir in Kontakt bleiben. Zum Rest der Flottille haben wir ihn nämlich verloren.“

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Zielobjekt erreicht“, meldete Mira O’Hara.

David Kronstein, der neben der Pilotin in der ALEXANDER L-2 Platz genommen hatte, sah sich die Ortungsergebnisse an. Das System arbeitet nur mit eingeschränkter Leistung, ging es ihm durch den Kopf. Er schaltete sich durch das Menue und stellte fest, dass ein Datentransfer ablief.

„Haben Sie den Transfer auf Port 467 C autorisiert, O’Hara?“, fragte Kronstein.

„Nein, Sir!“

„Dann stoppen Sie ihn!“

„Da können Sie von Ihrer Konsole sehr viel leichter, wenn Sie das Menue bereits geöffnet haben.“

„Ich habe es bereits versucht, aber die entsprechende Funktion reagiert nicht.“

„Was bekommen wir denn da aufgespielt?“, fragte Garcia.

„Sieht aus wie Datenmüll“, meinte Kronstein. Als ehemaliger Kommunikationsoffizier der STERNENKRIEGER kannte er sich mit Computersystemen hervorragend aus und so war ihm klar, dass sehr bald zum Datenüberlauf einzelner Speichersektionen und damit zu weiteren Fehlfunktionen kommen würde. Es scheint so, als hätten wir auch aus diesem Grund gar keine andere Wahl, als auf Kessimu zu landen, überlegte er.

Der im All schwebende Sergeant Son Galt erschien jetzt auf dem Hauptschirm der L-2.

Er machte ein paar Bewegungen mit den Armen und schien zu winken. Anscheinend ahnte er, dass die optischen Sensoren der L-2 ihn in ihrem Zoom hatten.

„Schön, wenn man selbst in dieser Lage noch Humor hat“, lautete Stroemfelds Kommentar.

Als Rudergänger der ALEXANDER war es für ihn schwer auszuhalten, dass eine Jägerpilotin und nicht er selbst die Steuerkonsole unter Kontrolle hatte. Aber auch er musste zugeben, dass es an O’Haras Manövern nichts auszusetzen galt.

Stroemfeld Bemerkung wurde schweigend hingenommen.

Da man vor wenigen Augenblicken erst die Vernichtung der beiden anderen ALEXANDER-Fähren miterlebt hatte, schienen die meisten diesen lockeren Kommentar für unpassend zu halten.

Aber Kronstein kannte den Rudergänger inzwischen längst gut genug, um zu wissen, dass Stroemfeld damit nur seine Anspannung zu überspielen versuchte.

Alle, die jetzt an Bord der L-2 sind und Sergeant Galt – 9 Überlebende von ursprünglich über hundert Mann Besatzung, dachte Kronstein und ein bitterer Geschmack bildete sich in seinem Mund. Er musste schlucken. Und was uns betrifft ist noch gar nicht gesagt, dass wir durchkommen.

Die anderen beiden Fähren waren bereits in die Stratosphäre von Kessimu VII eingeflogen, als sie durch Jäger der Morrhm abgeschossen worden waren. Schafften es schon die wenigen Jäger der Humanen Welten kaum, mit der atemberaubenden Manövrierfähigkeit der Morrhm-Modelle mitzuhalten, so waren Landefähren vom Standard-Typ wie die L-2 praktisch chancenlos. Wir werden eine ganz schön große Portion Glück brauchen, um durchzukommen!

Corporal Doy Masters, der auf einem der hinteren Sitze in der Fähre Platz genommen und seinen Helm zunächst abgesetzt hatte, setzte ihn sich nun wieder auf und aktivierte den Helmfunk.

Er bekam Kontakt mit Galt.

„Gleich ist es vorbei, Sarge.“

„Dass wir das schwerste Stück noch vor uns haben ist mir durchaus bewusst, Corporal!“

„Das wird schon klappen!“

„Noch etwas! Sie werden mich mit dem Fangnetz hereinholen müssen. Mein Antigravaggregat ist nämlich während des Kampfes an Bord der ALEXANDER schwer beschädigt worden und nicht mehr einsatzfähig.“

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Die L-2 steuerte auf den durch das All taumelnden Marineinfanteristen zu. Die Anziehungskraft von Kessimu VII zog dessen Körper seit geraumer Zeit an und beschleunigte ihn leicht. Son Galt hatte keine Möglichkeit, darauf ohne ein funktionierendes Antigrav-Pak Einfluss zu nehmen. Die Servokraft-Verstärkung seines Anzugs nützte ihm dabei nichts, denn er hätte sich von irgendetwas abstoßen müssen.

Als die L-2 sich Galt genug genähert hatte, wurde ein Fangnetz aus Kunststoff ausgeworfen, das zum Einfangen kleinerer Objekte im Weltraum diente. Danach dauerte es nur noch wenige Minuten, bis Son Galt an Bord war und die Außenschleuse passiert hatte.

„Es gibt weitere Systemausfälle“, stellte Mira O’Hara fest. „Wir können froh sein, wenn wir noch einigermaßen heile auf der Oberfläche ankommen!“

„Ich verstehe nicht, wieso sich der Systemzugang dieses Datenstrahls nicht einfach kappen lässt“, entfuhr es Kronstein.

„Tatsache ist, dass bereits sechzig Prozent aller Datenspeicher an Bord mit diesem rätselhaften Datenmüll gefüllt wurden.“

Kronstein lehnte sich in seinem Schalensitz zurück.

„Tun Sie mir einen Gefallen, O’Hara.“

„Wenn es in meiner Macht steht – jeden, Sir!“

„Suchen Sie für uns ein Landegebiet, in dem die Auswirkungen der atomaren Verseuchung nicht ganz so deutlich zu Tage treten.“

O’Hara strich sich eine verirrte Strähne aus dem Gesicht und lächelte matt. „Ich werde es versuchen, Ihre Wünsche zu berücksichtigen, Sir. Aber ehrlich gesagt, bin ich schon froh, wenn wir nicht bereits beim Durchmarsch durch die Atmosphäre verglühen.“

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An Bord der VONDRASH...

Rena Sunfrost hatte immer wieder versucht, in den Bordrechner des Morrhm-Mutterschiffes einzudringen, um die Schaltung für die Selbstzerstörung zu finden.

Du kannst den Schriftsatz nur unzureichend und außerdem bist du auch alles andere als eine Spezialistin für Morrhm-Technik, rief sie sich ins Gedächtnis.

Als schließlich ganz in ihrer Nähe ein Aggregat explodierte und die Konsole, an der sie sich bis dahin befunden hatte, nicht mehr reagierte, sah sie schließlich ein, dass sie auf diese Weise nicht vorwärts kam.

Beißender Qualm drang durch eine Ritze zwischen zwei Wandelementen des Kontrollraums.

Wird Zeit, dass du auch von hier verschwindest.

Rena atmete tief durch. Dutzende von Gedanken wirbelten im selben Sekundenbruchteil durch ihren Kopf. Was war jetzt das Richtige? Wenn das, was Atraan gesagt hatte, der Wahrheit entsprach, dann war die gesamte Evakuierung der Sklaven zum Scheitern verurteilt, wenn wenig später die Selbstzerstörungsschaltung dafür sorgte, dass alles in einem gewaltigen Inferno endete. Einem Inferno, das nach den Plänen des Morrhm-Häuptlings auch noch möglichst viele Schiffe der anderen Seite mit in Tod und Zerstörung hineinreißen sollte.

Alles hing davon ab, auf welche Zeitspanne der Countdown der Selbstzerstörung eingeschaltet war.

Aber Rena fand einfach keine Möglichkeit, das herauszufinden.

Auf der Bildschirmwand des Kontrollraums sah sie wieder die monotonen Zeichenkontrollen, die offenbar auch auf dem  Morrhm-Mutterschiff einen Datenspeicher nach dem anderen zu füllen begannen.

Was ging da vor sich?

War im Zuge des allgemeinen Chaos irgendeine Nonsensschaltung aktiviert worden?

Rena entschied, darüber nicht länger nachzudenken.

Sie verließ den Kontrollraum und eilte einen Korridor entlang. Ein Teil der Deckenverkleidung brach herunter und ein weißes Gas strömte aus, dessen Geruch ihr schier den Atem raubte. Die Zeit der Sklaverei hatte ihre Gesundheit ohnehin mehr oder weniger ruiniert. Die Strahlung und das schlechte Essen waren dafür in erster Linie verantwortlich. Sie war müde und abgeschlagen. Lethargie begann von ihr Besitz zu ergreifen. Ist nicht eigentlich alles umsonst? Du hast dein Bestes gegeben, um das Leben der Sklaven und auch dein eigenes zu retten. Vielleicht warst du einfach nicht gut genug, reichte deine Kraft schlicht und ergreifend nicht aus...

Rena versuchte, diese Gedanken aus ihrem Hirn zu verbannen. Sie wusste um die lähmende Wirkung dieser Depressionen. Durchhalten! Aufgeben kannst du, wenn die letzte Explosion der VONDRASH dich in Einzelteile im All verstreut und die Sauerstoffblasen platzen lässt wie ein paar billige Silvesterknaller...

Eine Lautsprecherstimme ertönte.

In der Sprache der Morrhm wies eine Kunststimme darauf hin, dass die Rettungsblasen in Kürze vom Schiff abgetrennt würden.

Rena begann zu laufen. Schweiß perlte ihr von der Stirn. Durch die schematischen Darstellungen auf den Anzeigen der Konsole, an der sie herumgeschaltet hatte, wusste sie, wo ungefähr die Zugänge zu den Blasen waren.

Schließlich hatte sie einen dieser Zugänge erreicht. Es handelte sich eigentlich um einen Hangarausgang. Es gab eine leistungsfähige Anlage, die unentwegt Atemluft in den riesigen Ballon aus einer sicherlich künstlich hergestellten, hauchdünnen und vollkommen transparenten Karbonfaser pumpte und sie sich weiter aufblähen ließ.

Durch den offenen Hangarschott sah sie unzählige K'aradan und Angehörige mehrerer Dutzend anderer Rassen schwerelos durcheinander schweben. Zwei Qriid waren ebenso darunter wie vereinzelte Xabo. Und natürlich war die Sauerstoffblase auch voll von den spinnenartigen Wesen, die offenbar nicht nur jedes Morrhm-Schiff des Stammes der Zuur vollkommen verseucht hatten, sondern auch auf so gut wie allen Welten der Umgebung zu finden waren.

Auch sie schwebten in der Schwerelosigkeit und strampelten dabei mit ihren Beinchen. Manchmal verhakten sich mehrere von ihnen ineinander und man konnte den Eindruck gewinnen, dass sie einen einzigen, bizarren Organismus bildeten.

Rena machte schließlich den letzten Schritt in die Blase. Sie geriet außerhalb des Einflussbereichs der an Bord herrschenden künstlichen Schwerkraft, von der Rena annahm, dass sie ungefähr dem Erdniveau entsprochen hatte.

Ein durchdringendes Signal ertönte. Das Schott wurde geschlossen.

Die Blase wurde aber durch mehrere Hochdruckrohre weiter mit Atemluft vollgepumpt.

Sie dehnte sich noch weiter aus.

Rena schätzte den Durchmesser auf gut hundertfünfzig Meter. Mit einem Geräusch, das an einen quietschenden Luftballon erinnerte, wurde die Öffnung der Blase durch einen Mechanismus verschlossen. Sie löste sich von der VONDRASH und schwebte in den Weltraum.

Rena ruderte etwas vorwärts. Wie ein Fisch in einem Aquarium, dachte sie.

Man hatte eine fantastische Außensicht, wie sie kein Raumflug vermitteln konnte. Die Luftblase schwebte zusammen mit inzwischen vier anderen durch das All. Durch die chaotische Rotation, in die das Flaggschiff der Zuur-Morrhm aus irgendeinem Grund geraten war, sorgte die Zentrifugalkraft dafür, dass die Blase regelrecht vom Schiff weggeschleudert wurde. Der Abstand vergrößerte sich rasch. Aber es würde bei dem geringen Tempo Tage dauern, bis wir weit genug entfernt wären, um nichts mehr von der Explosion abzubekommen, dachte Sunfrost.

Sie seufzte und versuchte, sich nicht der Resignation hinzugeben. Du hast es fast geschafft. Schließlich bist du in Freiheit – auch wenn du nicht weißt, wie lange du diese Freiheit genießen kannst...

Rena ruderte auf die transparente Karbon-Membran zu.

Sie war hauchdünn. Eine sehr feine, verletzlich wirkende Grenze zwischen all den Lebensformen, die hier umher schwebten und dem lebensfeindlichen Nichts des Weltalls.

Für Augenblicke gab sich Rena dem faszinierenden Anblick hin, der sich hier bot. Es dauerte fast eine Viertelstunde, bis sich das Mutterschiff so weit gedreht hatte, dass Rena die Ursache der chaotischen Eigenrotation bemerkte.

Ein Sondereinsatzkreuzer, durchfuhr es sie.

Im ersten Moment glaubte sie ihr eigenes Schiff, die STERNENKRIEGER, zu sehen, dass sich mit der Backbord- Sicheleinheit durch die Außenhülle der VONDRASH gebohrt hatte.

Aber das war nicht der Fall.

Sie erkannte den großen Schriftzug und die optische Kennung der MARIA STUART.

Rena griff zum Kommunikator.

Vielleicht bekomme ich ja noch einmal Kontakt, überlegte sie – obwohl es für ihre Warnungen jetzt wohl zu spät war.

Grelle Blitze leuchteten in der Ferne auf. Eine Atomsonne bildete sich und überstrahlte für Minuten selbst das Licht des Zentralgestirns.

Offenbar war noch ein weiteres Mutterschiff der Morrhm soeben zerstört worden.

Ob es jenes Schiff war, auf das Atraan und seine engsten Angehörige geflüchtet waren, wusste Rena nicht.

Aber eine gewisse Freude konnte sie einfach nicht verhehlen.

Die Blasen mit den evakuierten Gefangenen drifteten jetzt mehr und mehr auseinander.

Eigentlich kann man es niemandem empfehlen, uns zu retten!

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O’Hara lenkte die L-2 im Tiefflug über eine weitere, karge Ebene. In der Ferne erhoben sich schroffe, fast dreißig Kilometer hohe Gebirge, die jede irdische Erhebung bei weitem in den Schatten stellten.

„Ich frage mich, welche Strategie dahinter steckt, den Raumhafen zu vernichten“, meinte Charles Rahmani. Der Waffenoffizier der ALEXANDER schüttelte verständnislos den Kopf.

„Sie sollten nicht von sich auf andere schließen“, erwiderte Dr. Girard McFadden, der Schiffsarzt.

Rahmani runzelte die Stirn. „Wie meinen Sie das?“

„Ganz einfach: Sie denken, dass hinter allem, was die andere Seite tut, eine ausgefeilte Strategie steht, aber das scheint mir nicht der Fall zu sein. Es sei denn, Sie fassen die Verbreitung von Schrecken als Strategie auf.“

„Ich nehme an, dass die Morrhm es auf eine Staffel von Atmosphären-Kampfgleitern abgesehen hatte, die dort stationiert waren“, meinte Mira O’Hara. „Zumindest hatte ich deren Signaturen noch auf dem Schirm, bevor das Inferno da unten losging. Jetzt haben die Morrhm freie Bahn, um die Mineralienlager der Bergwerkssiedlungen zu plündern.“

„Haben Sie schon einen geeigneten Landeplatz für uns ausgesucht, O’Hara?“, fragte David Kronstein.

„Wir müssen nahe an eine der Bergwerkssiedlungen herankommen und dabei möglichst weit von dem Atominferno entfernt bleiben. Im Moment steuere ich Kar’Anan an.“ O’Hara aktivierte eine schematische Darstellung, die einen Teil des Bildschirms einnahm. Danach war Kar’Anan eine Bergwerkssiedlung auf der dem Raumhafen Kar’Kessimu entgegen gesetzten Hemisphäre des Planeten. Dreihundert K'aradan lebten dort – Bergbauspezialisten im Dienst des Adelshauses Kessir und ihre Familien.

„Wir finden dort alles, was wir brauchen“, fuhr O’Hara fort.

„Ich nehme an, dass sich die Schlacht um das Kessimu-System noch einige Zeit hinziehen wird“, sagte Kronstein. „Es wird also eine Weile dauern, bis uns jemand abholen kommt.“

„Und was diesen Vogel hier angeht, werden wir den kaum wieder starten lassen können, wenn die Vermüllung der Datenspeicher in diesem Tempo voranschreitet“, ergänzte O’Hara.

Wenig später fiel die Ortung aus. Aber da gute Sicht herrschte, war es für eine geübte Pilotin wie O’Hara keine Schwierigkeit, die Siedlung auch so anzufliegen. Sie lag am Fuß eines sehr charakteristischen Gebirges. Eine Kette von zwanzig bis dreißig Kilometer hohen Vulkankratern zog sich über tausend Kilometer fast parallel zum Äquator, bis sie sich mit einer anderen Gebirgsformation traf. Beide zusammen bildeten beim Anblick aus dem All ein T.

O’Hara steuerte Kar’Anan den Umständen entsprechend sicher an. Die charakteristischen Kuppelbauten waren deutlich zu sehen. Das Sonnenlicht des Zentralgestirns von Kessimu spiegelte sich in dem teilweise transparenten Material. Zylinderförmige Silos nahmen die Rohstoffe auf, die in einer vollautomatischen Fabrik sofort weiterverarbeitet wurden. Normalerweise brachte ein steter Strom von Transportgleitern sie nach Kar Kessimu, von wo aus sie dann für den interplanetaren Transport verschifft wurden.

Aber Kar’Kessimu existiert nicht mehr, rief sich David Kronstein ins Gedächtnis. Während des Anflugs auf Kar’Anan schweiften Kronsteins Gedanken kurz ab. Die marsähnliche Landschaft von Kessimu VII ließ ihn an jene Welt im Sol-System denken, die auch für ihn im Verlauf der letzten Jahre zur zweiten Heimat geworden war.

Den roten Planeten.

Die Heimat seiner Freundin Yona.

Ihre Worte klangen ihm im Kopf. Worte, die auf nichts anderes hinausliefen, als dass sie ihre Beziehung in einen Hold-Status versetzt hatten. Eine Pause, so lautete die offizielle Sprachregelung zwischen ihnen. Aber Kronstein befürchtete, dass das nur der Anfang vom Ende war. Irgendwann hat es so weit kommen müssen, dachte Kronstein. So faszinierend es ist, an Bord eines Raumschiffs von Krisenherd zu Krisenherd durch das All zu fliegen – ein beziehungsfreundlicher Beruf ist das nun wirklich nicht...

Der Gedanke daran, dass es zwischen ihm und Yona vielleicht schon zu Ende war, versuchte er zu verdrängen. Die aktuelle Lage hatte schon genug entmutigende Aspekte.

Die Landung, die O’Hara wenig später in der Nähe der Kuppelbauten hinlegte, war für ihre Verhältnisse ungewöhnlich holprig.

Edward Stroemfeld verdrehte die Augen, nachdem alles vorbei und die L-2 noch fast zweihundert Meter über den trockenen, aufgesprungenen Wüstenboden von Kessimu VII geschrammt war.

„Sagen Sie jetzt nicht, dass Sie das besser gemacht hätten, Stroemfeld“, kam O’Hara einer bissigen Bemerkung des Rudergängers der ALEXANDER zuvor. „Der Höhenmesser und die hinteren Antigravmodule haben sich auf den letzten zweihundert Metern vor der Landung noch von der Kontrolle durch den Bordrechner verabschiedet – und unter solchen Umständen sollten Sie mir das erst einmal nachmachen!“

„So wie es aussieht, ist die Maschine jetzt in einem Zustand, der das wohl definitiv ausschließt“, erwiderte Stroemfeld beißend.

David Kronstein blickte erst auf die Anzeigen der Funkanlage und anschließend aktivierte er seinen persönlichen Kommunikator.

„Ist etwas nicht in Ordnung, Sir?“, fragte O’Hara.

„Wir bekommen ein automatisches ID-Signal der Siedlung“, stellte er etwas irritiert fest. „Ich schlage, wir ziehen uns Druckanzüge an und verlassen die Fähre, um uns umzusehen!“

„Lassen Sie Corporal Masters und mich vorangehen, Sir!“, schlug Sergeant Galt vor.

Kronstein drehte sich zu den Beiden um.

„In Ordnung.“

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Wenig später traten die beiden Marines mit dem Gauss-Gewehr im Anschlag ins Freie. Über dem nahen Gebirgszug brauten sich einige der gefürchteten Gewitter zusammen, die für Kessimu VII so charakteristisch waren. Um die Krater hatten sich jeweils Kränze aus schmutzig-weißen Wolken gebildet, aus denen Feuerstrahlen herab schossen, die bis zu zwanzig Sekunden lang sichtbar blieben und sich dabei immer weiter auszudehnen schienen.

„Hier brennt die Luft!“, meldete sich Son Galt über Helmfunk.

„Ich glaube, der Einsatz eines Thermostrahlers dürfte sich unter diesen Umständen wohl prinzipiell verbieten“, gab Doy Masters zurück.

„Es sei denn, man ist selbstmörderisch veranlagt!“

„Du sagst es.“

Corporal Masters griff an die Hüfte und trennte sein mobiles Ortungsgerät von der Magnethalterung. Er schwenkte das Gerät etwas herum, um den gescannten Bereich möglichst groß zu halten.

„Sarge, wenn ich den Daten dieses Moduls glauben darf, befinden wir uns in einer Geisterstadt.“

„Keinerlei Biozeichen?“

„Nein.“ 

Die beiden Männer gingen in ihren schweren Kampfanzügen auf das Hauptgebäude der Siedlung zu. Es besaß die Form eines Quaders, aus dem mehrere zylinderförmige Türme in den Himmel ragten. Diese Türme waren natürlich mit einer besonderen Blitzableiteranlage verbunden.

Sergeant Galt deutete mit dem Lauf seines Gauss-Gewehrs auf Spuren, die sich in den Boden eingegraben hatten. „Ich nehme an, hier sind Transportschiffe gelandet, um die Menschen von Kar’Anan an Bord zu nehmen und zu evakuieren.“

Doy Masters lachte heiser.

„Wahrscheinlich sind diese Transportschiffe längst von den Morrhm gekapert worden und die K'aradan von Kar’Anan können sich darauf gefasst machen, den Rest ihrer Tage als Sklaven zu verbringen.“

„Vorausgesetzt, wir holen sie nicht heraus!“

„So günstig stand die Schlacht nicht für uns!“

„Auch wieder wahr.“

Sergeant Galt nahm einen letzten Scan der Umgebung vor. Es war tatsächlich nicht ein einziges Bio-Zeichen eines K'aradan zu finden – von Menschen ganz abgesehen.

„Sehen wir uns mal um, was wir hier vorfinden, um zu überleben“, knurrte Masters.

Galt wurde plötzlich abgelenkt.

Irgend etwas tauchte am Horizont auf. Galt hatte in den Jahren, in denen er sich bei den Marines des Space Army Corps zum Sergeant hochgearbeitet hatte, einen sechsten Sinn für die Gefahr entwickelt. Einen Sinn, der ihm sofort und unmissverständlich signalisierte, wann er zu handeln hatte.

Mit Hilfe des in sein Helmvisier integrierten Zooms holte er die bislang für ihn kaum punktgroßen Objekte näher heran.

Dachte ich es mir doch, ging es ihm durch den Kopf. Sturm-Shuttles der Morrhm!

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Sauerstoffblasen“, fragte Captain Theo Tulane ungläubig. Der Kommandant der FAR GALAXY EXPLORER lehnte sich in seinem Sessel zurück und schlug die Beine übereinander.

„Ich weiß, wie seltsam das klingt, aber das trifft es genau!“, erklärte Ortungsoffizier Joseph Bramsson. „Und in diesem Fall glaube ich nicht an eine Fehlfunktion des Ortungssystems.“

„Immerhin eine effektive Art und Weise Tausende von Besatzungsmitgliedern zu evakuieren“, stellte Alex Enarom fest. Der Erste Offizier verschränkte die Arme vor der Brust.

„Es ist sind Sklaven – keine Besatzungsmitglieder“, korrigierte Tulane. „Gefangene, die sich befreien konnten...“

Bramsson aktivierte eine schematische Darstellung, die veranschaulichte, wie sich die Luftblasen mit den Gefangenen langsam von dem brennenden Wrack fortbewegten.

„Sie sind hilflos und müssen möglichst schnell aus den Blasen herausgeholt werden, wenn sie überleben sollen!“

„Es sind zwei unserer Sondereinsatzkreuzer in unmittelbarer Nähe – und ein weiterer hat es so gut wie erreicht“, meldete Bramsson. „Allerdings sendet keines dieser Schiffe noch eine ID-Kennung...“

„...oder ist über Funk erreichbar!“, ergänzte Debra Abdurrahman. Die Kommunikationsoffizierin der FAR GALAXY EXPLORER blickte noch einmal auf das Display ihrer Konsole und runzelte die Stirn. „Beides kann wohl nur bedeuten, dass diese Einheiten erheblich mehr unter der Speichervermüllung zu leiden haben als wir! Allerdings ist es wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis wir da aufgeholt haben.“

„Wir müssten den Gefangenen in den Blasen helfen. Selbst, wenn die Space Army Corps Einheiten voll einsatzfähig wären, könnten sie wahrscheinlich nicht alle an Bord nehmen...“, erklärte Alex Enarom.

„Wir werden das verschieben müssen, I.O.“, entschied Tulane. „Zuerst müssen wir den Sprung in den Sandström-Raum hinter uns gebracht haben, um damit hoffentlich wieder die volle Kontrolle über die Systeme zu erlangen.“

„Ich muss Sie darauf hinweisen, dass sich diese Kontrolle erst dann wieder einstellen wird, sobald ein ausreichend großer Anteil der Speicher von dem aufgespielten Datenmüll gereinigt wurde“, gab Abdurrahman zu bedenken.

„Das ist mit bewusst“, murmelte Tulane düster. „Aber immerhin besteht dann eine reelle Chance, das hinzubekommen.“

„Und wie verhindern wir einen erneuten Zugriff des Datenstrahls?“, fragte Waffenoffizier Jack Raimi.

„Eine gute Frage“, meinte Enarom.

„Auf die wir leider im Moment wohl noch keine Antwort haben“, schloss Tulane die Aussprache. „Aber ich sehe keinen anderen Weg. Wenn wir jetzt einfach Kurs auf die Luftblasen nehmen, werden wir in Kürze genauso manövrierunfähig dahindümpeln wie der gesamte Rest unserer Flottille.“ Tulane erhob sich jetzt von seinem Kommandantensessel und wandte sich an den Rudergänger. „Unsere gegenwärtige Geschwindigkeit, Mister Duval?“

„Exakt 3,8934 LG“, erwiderte Duval. „Allerdings habe ich Zweifel daran, dass die Sandström-Aggregate uns für längere Zeit im Zwischenraum halten werden.“

Tulanes Augen wurden schmal. „Was soll das heißen?“

„Dass mir der L.I. bereits jetzt Ausfälle meldet, die sich innerhalb des Systemchecks ergeben haben, der jedem Sandström-Flug vorausgeht.“

„Captain, auch eine sehr kurze Sandström-Flugphase müsste den Zweck des Manövers eigentlich erfüllen und uns vom Zugriff des Datenstrahls trennen“, glaubte Enarom.

„Funk! Geben Sie mir den L.I.!“, befahl Tulane.

„Aye, aye, Sir!“

Wenig später erschien das Gesicht von Moshe Yonk, dem Leitenden Ingenieur der FAR GALAXY EXPLORER auf einem Nebenbildschirm.

Yonk riet dringend zu einem sehr kurzen Eintauchen in den Sandström-Raum. „Ich schlage vor, die Sequenz zum Wiedereintritt sofort nach Eintauchen in den Sandström-Raum zu aktivieren. Normalerweise würde ich mit einem Sandström-Aggregat, dessen Datenspeicher bereits überwiegend vor dem Kollaps stehen, überhaupt keine Reise mehr machen, aber in diesem Fall ist es wohl unsere einzige Chance, den unerwünschten Kontakt loszuwerden.“

Unerwünschter Kontakt – dieser Ausdruck dürfte die Untertreibung des Jahrhunderts für dieses Phänomen sein, ging es Tulane durch den Kopf. Ein Ausdruck, der wahrscheinlich besser auf Admiral Nainovel und seine Reaktivierungsorder passt als auf diesen Mechanismus, der aus der Tiefe unter dem Eispanzer von Tamo auf unser System zugegriffen hat!

Einen Augenblick stand Theo Tulane mit nachdenklichem Gesicht da. Er zupfte sich auf eine für ihn sehr charakteristische Weise an seinem Bart und nickte schließlich sehr entschieden. „Ich folge Ihren Vorschlägen“, erklärte er. „Mister Duval, halten Sie unseren Aufenthalt im Zwischenraum sowohl zeitlich als auch räumlich gesehen so kurz wie möglich!“

„Jawohl, Sir“, kam Duvals Bestätigung.

Noch zehn Minuten vergingen, bis die FAR GALAXY EXPLORER die zum Eintritt in den Sandström-Raum nötige Geschwindigkeit erreicht hatte.

Das Forschungsschiff in den Diensten des Far Galaxy Konzerns entmaterialisierte.

Von den Ortungsschirmen der Morrhm verschwand es einfach und tauchte mehrere astronomische Einheiten entfernt wieder auf.

„Wiedereintrittsmanöver abgeschlossen“, erklärte Duval. „Geschwindigkeit liegt mit 5,1 LG zwar deutlich über dem Normalwert, ist aber noch gerade tolerabel. Die Differenz ist dadurch bedingt, dass die Kontrollen des Sandström-Aggregats offenbar nicht mehr einwandfrei reagierten.“

„Gut, dass wir uns nur so kurz im Zwischenraum aufgehalten haben“, lautete Enaroms Kommentar. „Andernfalls wären wir vielleicht mit achtzig Prozent der Lichtgeschwindigkeit ins Normaluniversum zurückgestürzt und sofort verdampft.“

„Was ist mit dem Zugriff des Datenstrahls?“, hakte Tulane nach.

Sowohl Duval als auch Bramsson machten sich sofort an die Überprüfung des Bordrechners.

„Keine Anzeichen für einen Zugriff mehr erkennbar“, meldete Duval schließlich. „Unser Plan hat offensichtlich funktioniert!“

Tulane atmete tief durch. „Na, wenigstens etwas.“

„Wir empfangen übrigens wieder ein ID-Signal der SONNENWIND“, ergänzte Abdurrahman. „Entweder die Besatzung hat inzwischen ebenfalls eine andere Möglichkeit gefunden, mit dem Problem fertig zu werden, oder...“ Sie sprach nicht weiter. „So wie sich mir das jetzt darstellt, lag es nicht an der SONNENWIND, sondern an uns. Unser System war einfach nicht in der Lage, das Signal zu interpretieren.“

Details

Seiten
Jahr
2018
ISBN (ePUB)
9783738918083
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2018 (März)
Schlagworte
folge chronik sternenkrieger doppelband

Autor

  • Alfred Bekker (Autor:in)

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Titel: Folge 25/26 Chronik der Sternenkrieger Doppelband