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Grabräuber: Mein Freund Tutenchamun 2

von Alfred Bekker (Autor:in)
©2017 160 Seiten

Zusammenfassung

Die Abenteuer des zehnjährigen Herkos am Hof des jungen Pharaos Tutenchamun.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


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Alfred Bekker

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Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Alfred Bekker

Mein Freund Tutenchamun 2

Grabräuber

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„Na komm schon, Tjesem!“, sagte Tutenchamun und streckte die Hände aus. Der Hund sah den erst zehnjährigen Herrscher Ägyptens aufmerksam an und stellte die Ohren auf. „Was ist – fürchtest du dich etwa?“, fragte der junge Pharao, als der Hund immer noch zögerte. „Tjesem!“

„Na, den Göttern sei Dank, dass dir Ägypten besser gehorcht als dieser Windhund!“, spottete seine Schwester Anchesenamun, die den Umgang ihres Bruders mit dem ringelschwänzigen, schlanken Windhund schon eine ganze Weile beobachtete.

Sie befanden sich auf der königlichen Barke, einem Nilschiff, das vollkommen aus Papyrus gefertigt worden war. Der mächtige Nil war die Lebensader der beiden Länder Ober- und Unterägypten, wie man das Reich des Pharaos offiziell nannte. Er floss von Süden her zuerst durch Oberägypten mit der alten Hauptstadt Theben, dann viele Meilen durch die Wüste und erreichte schließlich Unterägypten mit der neuen Hauptstadt Memphis. In Unterägypten teilte sich der Nil und ergoss sich ins Mittelmeer.

Der Wind wehte fast immer aus Norden und so war es ein Leichtes den Nil flussaufwärts zu segeln. Auch das Segel der königlichen Barke war die ganze Zeit über gebläht, sodass sie gut vorankamen. Wollte man mit dem Schiff in umgekehrte Richtung reisen, brauchte man einfach nur das Segel zusammenzurollen und sich von der Strömung treiben zu lassen.

Tjesem stand ganz am Rand des Schiffes. Die Bugwelle, die eines der Begleitschiffe der königlichen Barke aufwühlte, spritzte auf. Gischt machte ihm den Kopf nass. Der Windhund erschrak erst und um ein Haar wäre er in die Fluten des Nils gefallen. Dann schüttelte er sich.

„Na, ist doch ganz angenehm so eine Abkühlung – bei der Hitze!“, meldete sich nun ein anderer Junge zu Wort. Er unterschied sich in Kleidung und Aussehen von den Ägyptern an Bord. Gekleidet war er in eine Tunika mit einem breiten Gürtel und Sandalen. Sein Haar war im Gegensatz zu allen anderen an Bord viel heller und seine Augen leuchtend blau anstatt so dunkel, wie es bei Tutenchamun und seiner Schwester der Fall war. „Komm zu Herkos!“, sagte der hellhaarige Junge – und tatsächlich hörte der Windhund mit zur Spirale aufgerollten Schwanz auf ihn. Dieser Ringelschwanz gehörte zu den besonderen Kennzeichen dieser sehr schlanken, windschnittigen Hundeart, die dafür bekannt war, unwahrscheinlich schnell laufen zu können. Man hatte sie für die Jagd von Hasen gezüchtet.

Der Hund kam zu Herkos, ließ sich von ihm den Nacken kraulen und wedelte dabei mit dem Ringelschwanz. Dann legte er sich zu Herkos' Füßen.

„Alle Achtung!“, grinste Anchesenamun in Herkos' Richtung. Dann wandte sie sich an ihren Bruder und fuhr fort: „Und dabei ist Herkos nur ein Prinz und wird vielleicht mal in seiner Heimat ein König – du aber bist jetzt schon Pharao, und beide Länder Ägyptens verneigen sich vor dir - nur nicht dieser Hund!“

Herkos kraulte Tjesem hinter dem Kopf und der Windhund streckte sich gemütlich aus. Der hellhaarige Junge war ein Sohn des Königs der Insel Kreta, aber ob er selbst mal König werden würde, das stand noch gar nicht fest. Schließlich hatte sein Vater viele Söhne und welcher davon eines Tages einmal den Thron bestieg, musste sich erst noch zeigen. Eine feste Regel gab es dafür nicht. Irgendwann würde sein Vater einfach einen seiner Nachkommen zum Kronprinz ernennen. Und da Herkos noch ein paar ältere Brüder hatte, standen seine Chancen eher nicht so gut.

Allerdings konnte sich das schnell ändern. Die Menschen starben schnell und auf Kreta gab es längst nicht so gute Ärzte, die einem bei Krankheit helfen konnten, wie das in Ägypten der Fall war. Dort gab es mit Imhotep sogar einen eigenen Gott für die Ärzteschaft. Herkos hatte schon mit angesehen, wie diese Ärzte Operationen auf dem Marktplatz durchgeführt hatten und dadurch Krankheiten heilen konnten, bei denen es andernorts keine Rettung gegeben hätte.

So konnte es gut sein, dass Herkos doch den Thron besteigen musste, wenn seine Brüder plötzlich an irgendeiner Krankheit oder den Folgen eines Unfalls starben.

Aber darüber machte er sich im Moment wenig Gedanken.

Seit drei Jahren schon lebte Prinz Herkos nämlich am Hof des jungen Pharao Tutenchamun. Herkos war eine Geisel. So lange die Beziehungen zwischen Ägypten und Kreta gut waren, sollte es auch ihm gut ergehen. Er wurde von ägyptischen Gelehrten ausgebildet, hatte deren Sprache und die Hieroglyphen-Schrift erlernt und vieles über ihre Götter gelernt. Und wenn er eines Tages nach Kreta zurückkehrte, um dort einen wichtigen Posten einzunehmen oder sogar doch noch König zu werden, dann war es für den Herrscher Ägyptens natürlich einfacher mit jemandem zu verhandeln, der die ägyptische Sprache verstand.

Für den Fall allerdings, dass der König von Kreta auf den Gedanken kam, sich etwa mit den Feinden Ägyptens zu verbünden, würde es Herkos schlecht ergehen. Und so hoffte man am Hof des Pharao, dass Herkos' Vater es sich zweimal überlegen würde, seinen Sohn in Gefahr zu bringen.

Obwohl Herkos eine Geisel war, hatte er sich allerdings bisher sehr wohl am Hof des Pharaos gefühlt. Er konnte sich vollkommen frei bewegen. Wohin hätte er auch fliehen sollen? Er konnte weder in die Wüste noch über das Meer flüchten. Und davon abgesehen hätte er dann auch das Wort gebrochen, das sein Vater gegeben hatte und mit dem das Bündnis zwischen Ägyptern und Kretern besiegelt worden war.

Bisher gab es für Herkos keinen Grund, sich Sorgen zu machen, zumal er sich inzwischen ein wenig mit dem jungen Pharao angefreundet hatte. 

„Scheint, als hätte er sich seinen Herrn selbst ausgesucht“, meinte Tutenchamun nun nachdenklich und deutete auf den Hund, der sich sichtlich wohlzufühlen schien. Der Hund war noch nicht lange an Bord der LICHT DES HORUS, wie das Schiff des Königs hieß. In der letzten Nacht hatte die kleine Flotte von prächtig hergerichteten Papyrus-Schiffen, in deren Begleitung Tutenchamun flussaufwärts zog, in einem kleinen Ort am Flussufer übernachtet.

Der örtliche Wesir hatte seinem Herrscher diesen Hund zum Geschenk gemacht. Da der Gott der Windhunde in dieser Gegend besonders verehrt wurde, sollte dieses Geschenk auch ein Zeichen für die Verbundenheit der Menschen, die hier lebten, mit dem Pharao sein.

Obwohl Tjesem eigentlich ein Tier war, das viel Auslauf brauchte, war er nun gezwungen, schon den ganzen Tag über auf der verhältnismäßig engen LICHT DES HORUS auszuharren. Hier musste er sich mit einem Platz begnügen, der kaum zwei Schritt durchmaß. Außerdem stiegen ihm dauernd die Düfte der Wesen in die empfindliche Nase, die an Bord der LICHT DES HORUS als Proviant mitgeführt wurden. Manches davon stellte offenbar auch für einen Windhund eine Köstlichkeit da und Tjesem hatte sich diesbezüglich auch schon mit dem königlichen Koch angelegt, der Tutenchamun selbstverständlich auf dieser Reise begleitete.

Aber jetzt lag er vollkommen ruhig bei Herkos und ließ sich kraulen.

Selbst die würzigen Düfte schienen ihn kaum noch abzulenken. Einmal schnaufte er zwar, so als müsste er niesen, aber er ließ den Kopf gesenkt. Der königliche Koch Meten-chepru sah ihn nur mit einem sehr finsteren Blick an und Tjesem winselte kleinlaut.

„Ich glaube, unser ehrenwerter Meten-chepru will damit sagen, dass du besser hier bei mir bleibst, wenn du nicht in den Kochtopf landen willst!“, raunte Herkos dem Hund zu. „Und wenn du nochmal darüber nachdenken solltest, ins Wasser zu springen und ans Ufer zu schwimmen, dann kann man dich nur warnen!“

Die LICHT DES HORUS segelte etwa in der Mitte des Flusses, der im Augenblick Hochwasser führte und dadurch an manchen Stellen so breit war, dass man das Gefühl hatte, sich auf einem Meer zu befinden - oder zumindest auf einem etwas größeren See.

Jedenfalls hörte Herkos manchmal einige der Ägypter an Bord der LICHT DES HORUS darüber auf diese Weise reden. Das lag ich daran, dass der Nil breiter wurde, je weiter man flussaufwärts fuhr. Viele der Besatzungsmitglieder waren zum ersten mal so weit nach Oberägypten gelangt. In Wahrheit hatte keiner von denen wirklich eine Ahnung davon, was es bedeutete, über ein richtiges Meer zu fahren, so fand Herkos. Er jedenfalls war wohl der einzige, der das schon erlebt hatte, als er mit von Kreta aus nach Ägypten gebracht worden war.

„Vielleicht solltest du Tjesem eine richtigen Namen geben, mein Pharao“, sagte Herkos. Schließlich war 'Tjesem' einfach nur das ägyptische Wort für Windhund. Man unterschied neun verschiedene Arten und für jede dieser Windhund-Arten gab es  eine eigene Gottheit.

Tutenchamun beugte sich etwas vor und sah sich den Hund, den er bis jetzt einfach Tjesem genannt hatte. „Ehrlich gesagt, bin ich mir nicht sicher, welcher der neun Arten er überhaupt angehört“, meinte er. „Und damit kann ich mir auch nicht sicher sein, welchem der neun Windhundgötter ich ihn weihen sollte, wenn ich ihm einen Namen gebe!“

„Könnte ein Mischling sein!“, glaubte Herkos.

Aber Tutenchamun schüttelte energisch den Kopf. „Das glaube ich nicht. Niemand würde es wagen, mir einen minderwertigen Hund zu schenken!“

„Wer sagt, dass er minderwertig ist!“, erwiderte Herkos. „Im Gegenteil: Kann doch sein, dass er die guten Eigenschaften von mehreren Arten in sich vereinigt!“

„Und die Macht von mehreren Windhundgöttern!“, mischte sich Anchesenamun ein.

Aber bei dem jungen Pharao überwogen die Zweifel. „Wenn ich ihm einen falschen Namen gebe oder ihn der falschen Windhund-Gottheit weihe, dann könnte das Unglück bringen. Die Götter soll man nicht beleidigen...“

„Naja, aber die neun Tjesem-Götter sind ja nun wirklich nicht die bedeutendsten Götter Ägyptens!“, meinte Herkos etwas leichtfertig. „Wenn es jetzt Amun oder Osiris, der Herr der Unterwelt... Aber...“

„Für jemanden, der von einer fernen Insel kommt und für den unsere Götter fremd sind, mag das stimmen“, schnitt ihm Tutenchamun das Wort ab. „Aber nicht für den Pharao! Ich werde Tjesem also erstmal keinen Namen außer Tjesem geben, denn damit beleidige ich keinen der neun Windhundgötter!“

Herkos zuckte mit den Schultern.

Tjesem bellte einmal laut und kräftig, fast so, als würde er den Worten des jungen Pharao zustimmen. „Mir soll es recht sein“, sagte Herkos.

„Sieh dich um, Herkos“, sagte Tutenchamun. „In allem, was hier lebt und herumfliegt und sich bewegt ist die Macht der Götter enthalten. Der Nil selbst ist ein Gott und in den Krokodilen lebt Sobek. Die Nilpferde, die heiligen Ibisse, die mit ihren krummen Schnäbeln auf Fischjagd gehen und den streunenden Katzen in den Straßen unserer Hauptstadt – in jedem dieser Wesen lebt die Macht der Götter genauso, wie in der Sonnenscheibe, die jeden Tag im Osten aufsteigt und am Abend hinter den Sanddünen der Wüste im Westen wieder in die Finsternis des Totenreichs versinkt. In alledem zeigt sich die Macht der Götter! Sie nehmen die unterschiedlichsten Gestalten an und erscheinen uns auf vielfältige und manchmal unerwartete Weise! Unsere Götter sind wie die Schauspieler, die an meinem Hof auftreten und verschiedene Masken anlegen und es ist unmöglich ihrer Macht zu entgehen!“

„Was mein Bruder damit sagen will ist: Dass wir nicht den Fehler unseres Vaters wiederholen wollen!“, mischte sich nun Anchesenamun ein.

Herkos nickte.

„Das verstehe ich“, sagte er.

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Herkos war lange genug am Hof des Pharao um zu wissen, was es mit dessen Vater auf sich hatte. Echnaton hatte alle Götter abschaffen und sie durch einen einzigen, nämlich die Sonnenscheibe Aton ersetzen wollen. Aber das hatte großen Widerstand im Land ausgelöst – vor allem natürlich bei den Priestern der anderen Götter. Und bevor Tutenchamun den Thron bestieg, musste er dem Glauben daran, dass die Sonnenscheibe Aton der einzige Gott sei, abschwören und sogar seinen Namen ändern.

Früher hatte er Tutenchaton geheißen, was Ebenbild des lebenden Aton hieß. Jetzt bedeutete sein Name Ebenbild des lebendigen des Amun, nach dem zeitweilig verbotenen mächtigen Gott Amun. Er wurde vor allem in Oberägypten verehrt und zumeist als Mensch mit blauer Haut und Federkrone dargestellt. Manchmal trug er aber den gehörnten Kopf eines Widders.

Die Priester des Amun misstrauten dem jungen Pharao und immer wieder gab es Gerüchte darüber, dass sie am liebsten jemand anderen an seine Stelle setzen wollten.

„Ich muss sehr vorsichtig sein, was die Götter betrifft“, erklärte Tutenchamun. „Denn jeder Fehler könnte mir so ausgelegt werden, dass ich vielleicht ähnliche Pläne hege wie mein Vater Echnaton und den Priestern wieder ihren Besitz wegnehme!“

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Die Stunden gingen dahin und ein Diener reichte zwischendurch ein paar Früchte. Anschließend bekamen auch Anchesenamun und Herkos etwas davon angeboten. Für größere Mahlzeiten war es einfach zu heiß. Herkos bemerkte, wie sich im hinteren Teil des Schiffes zwei Männer sehr intensiv unterhielten. Der eine war groß und breitschultrig. Er trug die Rüstung eines Befehlshabers, die aus vielen kleinen Platten aus Kupfer bestand, die miteinander auf kunstvolle Weise verbunden waren. In der Sonne glitzerte diese Rüstung prächtig, aber es war gewiss nicht gerade angenehm, sie bei dieser Hitze zu tragen, obwohl er unter einem Schirm platzgenommen hatte. Nur sehr hohe Befehlshaber in der Armee des Pharaos besaßen solche Rüstungen und dasselbe galt für das Bronzeschwert, das er an der Seite trug. Die einfachen Soldaten, von denen mehrere Hundert auf weiteren Papyrus-Schiffen die Barke des Pharao begleiteten, waren normalerweise mit einer Streitaxt aus Bronze sowie Speer und Schild bewaffnet. Ein kleinerer und besonders ausgebildeter Teil unter ihnen trug Pfeil und Bogen. Aber der breitschultrige Mann unter dem Schirm war schließlich auch der oberste Befehlshaber des Heeres. Sein Name war Haremhab. Er hatte sich vom einfachen Soldaten in diesen hohen Rang hochgearbeitet und schon Tutenchamuns Vater Echnaton gedient.

Manche sagten, dass Haremhab im Reich eigentlich mächtiger war, als der Pharao selbst.

Der zweite Mann war schon älter. Sein Haar grau und er trug ein schneeweißes Gewand, auf dem deutlich eine Kette mit einem Amulett zu sehen war, das ihn als Großwesir des Pharaos kennzeichnete. Sein Name war Eje und solange Tutenchamun noch nicht volljährig war, führte er den Großteil der Regierungsgeschäfte.

Was die beiden miteinander besprachen, konnte Herkos nicht verstehen, aber es musste sehr wichtig sein. Nur ein paar Worte konnte Herkos dabei aufschnappen. „Amun“ und „Abydos“ lauteten sie.

Letzteres war die große Totenstadt, in der unglaublich prächtige Tempel standen und die Zeremonien zu ihren  Westlichen abgehalten wurden, wie man die Toten in Ägypten zu nennen pflegte. Schließlich war dort, wo die Sonne unterging, also im Westen, der Eingang zu diesem unterirdischen Reich, das vom Gott Osiris regiert wurde.

Herkos hatte schon viel über diese Totenstadt gehört. Dass man eine ganze Stadt nur zu Ehren der Toten errichtete, das gab es wohl in keinem anderen Land. Zumindest soweit Herkos darüber Bescheid wusste.

Diese Totenstadt war das Ziel ihrer Reise – und so neugierig Herkos auf der einen Seite auch war, so sehr schauderte ihn der Gedanke daran doch auch.

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Am Abend suchten sie eine Stelle am Ufer, wo man die Schiffe gut festmachen und ein Lager aufschlagen konnte.

Bei Nacht wurde die Reise nicht fortgesetzt. Das wäre einfach zu gefährlich gewesen. Krokodile und Nilpferde waren nur einige der Gefahren, die dann lauerten.

Die Soldaten, Schiffsleute und Diener gingen zuerst an Land und machten sich daran, ein Lager zu errichten.

Tjesem ließ es sich natürlich nicht nehmen, mit einem großen Sprung an Land zu gelangen, noch bevor die Barke des Pharao überhaupt richtig angelegt hatte.

„Worauf wartest du? Hinterher, Herkos!“, rief Anchesenamun spöttisch. „Auf einen Prinzen von Kreta hört dieser Hund ja schließlich, während ihm das Wort des Pharaos vollkommen gleichgültig ist!“

Herkos ärgerte sich etwas über den Hochmut von Prinzessin Anchesenamun. Aber so war sie nunmal. Inzwischen hatte Herkos längst begriffen, dass diese Art, die auf den ersten Blick wie Hochmut wirkte, gar nicht böse gemeint war. Sowohl Anchesenamun als auch ihr pharaonischer Bruder waren einfach in der Überzeugung aufgewachsen, etwas ganz Besonderes zu sein.

Herkos sprang an Land und rannte hinter Tjesem her.

Natürlich konnte er ihn zunächst nicht einholen. Der Windhund war so schnell, dass man ihn gerade noch davon huschen sah. Seine schlanken Beine schienen die Erde kaum zu berühren, so leichtfüßig rannte er davon.

Herkos nahm alle seine Kräfte zusammen.

Zum Glück war es jetzt schon ein bisschen kühler geworden, seitdem die Sonnenscheibe schon zu mehr als der Hälfte bei den Westlichen im Totenreich versunken war.

Dennoch – der Abstand wurde immer größer.

Am Flussufer gab einen schmalen Streifen, der mit Sträuchern und ein paar Bäumen bewachsen war. Dort war der Boden dunkel durch den Nilschlamm, den der Fluss jedes Jahr mitbrachte. Das war das schwarze Land.

Hier war dieser fruchtbare Streifen besonders schmal.

Nach kurzer Zeit hatte Herkos es bereits durchquert. Der Windhund hatte ein paar Haken durch die Sträucher und Büsche  geschlagen. Ein paar halbverdorrte Bäume warfen einen großen Schatten, aus dem Herkos ihn dann noch einmal kurz auftauchen sah. Vielleicht folgte Tjesem ja irgendeinem kleinen Tier, das er gesehen hatte und nach dem er jetzt auf der Jagd war.

Jenseits der verdorrten Bäume begann bereits das rote Land.

So nannte man das Reich des Wüstengottes Seth.

So weit das Auge blickte war hier nur Geröll, rötlicher Sand und steinige Einöde zu sehen.

Herkos rang nach Luft.

Er blickte über das rote Land und achtete dabei auf jede Bewegung. Vielleicht lag es daran, dass ihm Tjesem erst gar nicht auffiel. Er stand nämlich vollkommen starr neben einem  Felsblock und sah dabei aus wie eines der Standbilder, die man von den neun Windhundgöttern an manchen Orteten bewundern konnte.

Kein Laut kam aus seinem halb geöffneten Maul und der Schwanz wirkte so ordentlich aufgerollt, dass man kaum glauben konnte, dies sei wirklich ein lebendes Wesen war.

„Tjesem! Bleib stehen! Ich komme zu dir!“, kündigte Herkos an. Und dabei dachte er: Nicht auszudenken, wenn ich schuld daran sein sollte, dass ein so wertvolles Geschenk an den Pharao einfach in die Wüste davonläuft!

Herkos überlegte schon, wie er Tjesem festhalten konnte. Leider trug der Windhund kein Halsband. Und so würde es wahrscheinlich sehr schwierig werden, ihn einfach so zu packen, ohne dass er dem Prinz von Kreta durch die Finger glitt.

Herkos näherte sich also vorsichtig.

Und dann bemerkte er ein Zischen am Boden. Etwas von dem rötlichen Sand wurde aufgewirbelt und eine Kobra richtete sich auf. Mit diesem Tier war ganz gewiss nicht zu spaßen. Es öffnete sein Schlangenmaul etwas und die gespaltene Zunge wurde sichtbar. Immer wieder schnellte diese Zunge aus dem Schlangenmaul. Die Giftzähne waren darunter deutlich sichtbar.

Der Körper der Kobra war jetzt gespannt wie ein Bogen. Sie schien bereit, jeden Moment nach vorn zu schießen und sich auf Tjesem zu stürzen.

Tjesem wiederum wirkte so starr wie das berühmte Kaninchen vor der Schlange, obwohl er eigentlich ja ein Windhund war. „Na lauf doch!“, hätte Herkos ihm am liebsten noch einmal zugerufen. Aber er schluckte diese Worte herunter, denn er wusste sehr wohl, dass jedes weitere Geräusch den Angriff der Schlange auslösen konnte, die jetzt noch drohend und zischend vor Tjesem stand.

Warum bewegte er sich nur nicht, ging es Herkos durch den Kopf. Hatte der Bann der Schlangengöttin Uto ihn getroffen? Schlangen und insbesondere Kobras waren schließlich – so wie zahllose andere Tiere auch in Ägypten – heilig.

Herkos näherte sich noch ein wenig.

Eine Hand umgriff den kurzen Zierdolch, den er am Gürtel trug. Die Klinge war aus Bronze und sogar recht scharf. Aber für den Kampf mit einer Schlange war Herkos viel zu langsam und außerdem hatte er sich auch zu nahe an das Reptil heranwagen müssen, um mit dem Bronzemesser irgend etwas ausrichten zu können.

Also nahm Herkos vorsichtig einen Stein vom Boden auf.

Für einen Moment wirkten sie alle drei – Herkos, Tjesem und die Schlange - so starr wie die Bilder an den Wänden der Amun-Tempel. Dann schleuderte Herkos den Stein. Er traf die Schlange genau. Mit einem wütenden Zischen schlängelte sie sich durch durch den rötlichen Sand davon und verschwand in einer Öffnung zwischen den Felsen.

Herkos atmete tief durch. Dann klopfte er auf seine Schenkel. „Na komm schon, Tjesem! Oder willst du dummer Windhund darauf warten, dass die Schlange wieder aus ihrem Loch kommt!“

Tjesem stieß einen hohen, fiependen Laut aus. Die Begegnung mit der Schlange hatte ihn offenbar auch sehr erschreckt. Dann rannte er auf Herkos zu und ließ sich bereitwillig von ihm in die Arme schließen.

„Also, um dich zu tragen, bist du mir zu schwer!“, sagte der junge kretische Prinz. „Du folgst mir jetzt am Besten auf dem Fuß!“

Herkos hielt Tjesem an den langen Haaren fest, die der Windhund am Nacken besaß. Als er aufsah bemerkte er einen der Bogenschützen aus Haremhabs Garde, die die Reise Pharaos begleiteten. Die Haut des Kriegers war tiefschwarz. Er kam aus dem Land Nubien, das weit im Süden lag – dort, wo man den Nil nicht weiter flussaufwärts fahren konnte, weil Stromschnellen und Wasserfälle diese gewaltige Wasserstraße immer wieder unterbrachen. Viele Nubier waren für die Armee des Pharao angeworben worden – vor allem als Bogenschützen.

„Du hast Glück gehabt“, sagte der Nubier und senkte den bereits gespannten Bogen, in den er auch schon einem Pfeil eingelegt hatte.

„Ach, die Schlange war doch noch weit von mir entfernt!“, meinte Herkos leichthin. „Und das Steine werfen habe ich auf Kreta gelernt. Ich war ziemlich gut darin, sie zum Beispiel über das Wasser flitschen zu lassen, sodass sie immer wieder aufspringen... Richtige Wettbewerbe haben wir da früher gemacht! Allerdings war ich etwas aus der Übung, schließlich kommt man im Palast des Pharao nicht allzu oft dazu!“

Tjesem bellte kurz auf.

Herkos beugte sich und tätschelte ihm das Fell. „Ja, ist alles gut gegangen, Tjesem!“ Und an den Nubier gewandt fuhr er fort: „Jedenfalls danke ich dir dafür, dass du mir helfen wolltest.“

„Du hast mich missverstanden“, erklärte nun der Nubier.

Herkos blickte auf. „In wie fern?“

„Du hast deswegen Glück gehabt, weil ich keine Schlange töten musste, um dich oder diesen Hund zu retten! Die Schlangengöttin Uto zu beleidigen hätte vielleicht Unglück für uns alle heraufbeschworen – und gerade auf dem Weg in die Totenstadt Abydos sollte man mit den Göttern im Reinen sein!“

Herkos zuckte mit den Schultern.

„So habe ich das noch gar nicht gesehen“, gab er zu.

„Das solltest du in Zukunft aber. Vor allem dann, wenn wir in Abydos heiligen Boden betreten und unter besonderer Beobachtung der Götter stehen werden!“

„Du sprichst fast wie ein Priester und dabei...“

„...bin ich nur ein Bogenschütze?“, vollendete der Nubier den Satz.

„So wollte ich das jetzt nicht sagen“, beteuerte Herkos.

„Ist schon in Ordnung“, sagte der Nubier. „Aber die Amun-Priester würden niemanden aufnehmen, der aus einem fremden Land kommt und dessen Familie nicht hohes Ansehen genießt. Und davon abgesehen müsste ich dann die Hieroglyphen lesen lernen und dazu hätte ich nicht die Geduld.“

„Wie heißt du?“, fragte Herkos.

„Mein Name ist Pentafer“, sagte der Bogenschütze.

„Ich habe nicht bemerkt, wie du dich genähert hast.“

„Das muss ein Bogenschütze können, denn wir gehen auch für den Pharao auf die Jagd.“

„Du musst mir unbedingt bei Gelegenheit mal zeigen, wie du das gemacht hast – dich so lautlos zu nähern!“

„Jemand wie du wird das nie zu lernen brauchen“, erwiderte Pentafer. „Du bist doch schließlich eine der königlichen Geiseln.“

„Das stimmt.“

„Und das bedeutet, du wirst eines Tages in deine Heimat zurückkehren und eine sehr wichtige Stellung einnehmen. Man wird dich mit Pauken und Trompeten ankündigen – aber du wirst dich ganz gewiss nirgendwo anschleichen müssen!“

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Sie gingen zurück zu den anderen. Tjesem folgte Herkos nun auf dem Fuß, ohne, dass er ihn noch weiterhin an den Nackenhaaren festhalten musste.

Haremhab kam ihnen entgegen.

„Da bist du ja, Herkos!“, sagte der Befehlshaber der Armee des Pharaos. „Ich hatte mir schon Sorgen gemacht! Man hat dich übrigens schon vermisst!“

„So?“

„Der lebendige Horus verlangt nach dir!“

Der lebendige Horus – das war einer der Namen, die der Pharao trug, denn der Herrscher Ägyptens galt als die Verkörperung des Gottes Horus, der vor langer Zeit gegen seinen Onkel, den Wüstengott Seth der Legende nach achtzig Jahre darum gekämpft hatte, wem die Krone Ägyptens zustand. Sie hatten sich dabei in Krokodile, Nilpferde und andere Tiere verwandelt und sich gegenseitig bis zum Letzten bekämpft – allerdings nicht nur mit Klauen, Zähnen und den unterschiedlichsten Waffen, sondern auch vor dem Gericht der Götter, das sich in all der Zeit nicht entscheiden konnte, wer recht hatte, denn es folgte in seiner Beurteilung immer der Aussage des letzten Zeugen. Schließlich aber siegte Horus – und seitdem waren alle Pharaonen Verkörperungen dieses Gottes.

Wenn Haremhab den Pharao so nannte, dann sollte das die besondere Hochachtung ausdrücken.

Inzwischen hatten Diener und Soldaten damit begonnen, ein Zeltlager für die Nacht zu errichten. Die Papyrus-Schiffe waren festgemacht und so weit wie möglich an das schlammige Ufer herangezogen worden.

Ein paar Kundschafter kehrten zurück und meldeten sich bei Haremhab. „Keine Krokodile in der Nähe!“, erklärten sie.

„Das ist gut“, sagte Haremhab zufrieden. „Wir wollen schließlich nicht in Sobeks Reich eindringen und seine Geschöpfe stören! Ich möchte trotzdem, dass die doppelte Anzahl der üblichen Wachen für die Nacht eingeteilt wird!“

„Sehr wohl, edler Herr!“, sagte einer der Soldaten und verneigte sich zusammen mit den anderen vor Haremhab.

„Gibt es Grund zur besonderen Vorsicht?“, fragte Herkos den Befehlshaber.

Haremhab musterte den jungen Prinzen einen Augenblick und lächelte dann verhalten. „Nein, nur die Übliche!“, behauptete der Befehlshaber. „Und falls es anders wäre, würde ich ganz bestimmt nicht mir dir darüber sprechen!“

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Herkos begab sich zu Tutenchamun und seiner Schwester, die sich interessiert ansahen, wie die Zelte hergerichtet wurden. Die Dienerschaft musste sich damit beeilen, denn schon sobald die Sonnenscheibe bei den Westlichen versunken war, würde es sehr dunkel werden. Zwei Diener waren damit beschäftigt, dem Pharao und seiner Schwester Luft zuzufächeln.

„Schön, dass das Geschenk nicht verloren ging“, sagte Tutenchamun lächelnd und deutete dabei auf Tjesem. Der Hund hielt sich dabei allerdings eng an seinem Bein. „So können wir auf dem Rückweg zumindest in jenem Dorf anlegen, ohne dass sich der lebendige Horus lächerlich macht, weil ihm ein Hund entlaufen ist!“

„Herkos sollte in Zukunft auf ihn achten“, meinte nun seine Schwester.

„Es gibt genügend Diener, die das übernehmen können!“, gab Tutenchamun zu bedenken.

„Ach Tut, du siehst doch das Herkos offenbar den Segen der neun Windhundgötter besitzt – sonst würde sich Tjesem doch nicht so an ihn schmiegen.“

„Gut“, sagte der Pharao schließlich. „Er soll fürs erste bei dir bleiben und auch in deinem Zelt schlafen!“

„Sehr wohl, mein Pharao“, nickte Herkos und verbeugte sich leicht. Sie hatten sich zwar angefreundet, seitdem Herkos dem Pharao mehrmals aus sehr ernsten Schwierigkeiten herausgeholfen hatte. Aber trotzdem war Tutenchamun immer noch der Pharao und Herkos nur eine Geisel. Wenn es darum ging, Entscheidungen zu treffen, ließ der junge Pharao auch keinen Zweifel daran, wer von beiden es zu sagen hatte.

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Herkos übernachtete in einem Zelt zusammen mit ein paar Beamten und Schreibern, die den Pharao auf die Reise nach Abydos begleiteten. Von den anderen Geiseln, war niemand auf diese Reise mitgenommen worden.

Herkos konnte diesen Umstand durchaus als Auszeichnung ansehen. Tutenchamun wollte ihn anscheinend einfach gerne in seiner Umgebung haben. Seine Schwester hatte zuerst geglaubt, dass er vielleicht ein Spion der Amun-Priester oder von irgendjemand anderem war, der ein Interesse daran haben konnte, den Pharao auszuhorchen.

Herkos fragte sich, ob sie vielleicht ihre Meinung geändert hatte. Es war fast anzunehmen. Erstens behandelte Anchesenamun den Prinzen aus Kreta weitaus freundlicher als früher und zweitens hatte Herkos sehr schnell gemerkt, was für einen großen Einfluss das Mädchen auf seinen Bruder hatte. Eigentlich war nicht anzunehmen, dass Herkos überhaupt auf die Reise nach Abydos mitgenommen worden wäre, wenn Anchesenamun dagegen ihren Widerspruch eingelegt oder auch nur Bedenken geäußert hätte.

Anscheinend hat sie nichts dagegen gehabt, dachte Herkos.

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Tjesem legte sich zu ihm und der Hund schlief rasch ein.

Herkos war auch ziemlich müde. Außerdem wusste er, dass es am Morgen beim ersten Strahl der Sonne gleich weiter gehen würde.

Eine Weile hörte Herkos noch die Stimmen aus den anderen Zelten durcheinander reden. Die Gespräche der Soldaten mischten sich mit denen der Schreiber, Beamte und Priester, die den Pharao ebenfalls begleiteten. Herkos schnappte hier und da ein paar Worte auf. Einer der Steuerleute meinte, dass  auf diesem Teilstück des Nils der Fluss eigentlich am besten zu befahren war. „Es gibt keine Untiefen und Sümpfe“, hörte einen der Steuerleute sagen, der diese Strecke wohl früher schon öfter gesegelt war und der jetzt vor den anderen offenbar mit seiner größeren Erfahrung prahlte.

Über diesem Gerede schlief Herkos schließlich ein.

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Irgendwann mitten in der Nacht schrak er plötzlich hoch. Er hatte schlecht geträumt. Verschwommen erinnerte er sich noch an Bruchstücke aus diesem Traum. Die Schlange, die er mit einem Stein getroffen hatte, war darin aus ihrem Loch zurückgekehrt und hatte sich in die Schlangengöttin Uto verwandelt. Manchmal wurde sie als Frau mit einer Schlangenkrone, manchmal auch einfach als Schlange dargestellt. In Herkos Traum war sie ein Mischwesen aus Schlange und Mensch gewesen und hatte Tjesem angegriffen. Dabei war ihr Maul plötzlich so groß geworden, dass sie den Hund mit einem einzigen Bissen verschlungen und heruntergewürgt hatte.

Herkos war schweißgebadet. Es dauerte ein paar Augenblicke, bis er begriff, dass das alles nur ein Traum gewesen war.  Das durchdringende Schnarchen eines der Hofbeamten sorgte unter anderem dafür, dass ihm das klar wurde. Er sah sich um, fühlte in der Dunkelheit neben sich und erschrak aufs Neue. Tjesem war verschwunden!

Nein, nicht schon wieder!, ging es ihm durch den Kopf.

Es blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als zu schauen, wo der Windhund geblieben war. In Zukunft werde ich ihn festbinden, nahm er sich vor.

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Herkos ging vorsichtig ins Freie.

Der klare Sternenhimmel wölbte sich über dem Land. Deutlich war ein auffälliges Sternbild aus sehr hellen Sternen zu sehen. Wenn man sie miteinander verband, bildeten sie einen Krieger oder Jäger. Dort erschien Horus, so glaubten die Ägypter und wenn ein Pharao gestorben war, dann stieg eine Seele genau zu diesem Sternbild hinauf.

Herkos sah sich um.

Tjesem war nirgends zu sehen. Also lief er durch das Lager.

Er traf einen der Wächter an, der eingeschlafen war und dabei seinen Speer wie eine Puppe im Arm hielt und vor sich hinschnarchte.

Vom Nilufer waren die Rufe von Vögeln zu hören, die die Nacht bevorzugten. Herkos kannte sie nicht. Außerdem erfüllte das Zirpen von Grillen die Nacht. Es war viel kühler geworden. Herkos nahm an, dass es nicht mehr lange dauern konnte, bis die ersten Sonnenstrahlen über dem Horizont glitten und der neue Tag beginnen konnte.

Herkos schlich an den Zelten vorbei zum Rand des Lagers. Wenn er Glück hatte, dann fand er Tjesem wieder und am Morgen würde niemand etwas davon bemerkt haben, dass der Hund ein zweites Mal weggelaufen war. Ansonsten gab es bestimmt Ärger. Es war zwar eine Ehre, dass der Pharao den Hund bei ihm persönlich in Obhut gegeben hatte. Aber das hatte natürlich auch die Kehrseite, dass er damit für Tjesem verantwortlich war.

„Tjesem“, flüsterte er.

Aber von dem Hund war nirgends etwas zu sehen.

„Was machst du da?“, fragte eine Stimme – tief und rau. Herkos zuckte zusammen.

Er stotterte vor sich hin.

„Ich...“

Aus dem Schatten trat der Nubier Pentafer. Er war wohl gerade zur Wache eingeteilt und sah nach dem Rechten.

„Du hast mir aber einen Schrecken eingejagt.“

Details

Seiten
Erscheinungsjahr
2017
ISBN (ePUB)
9783738915525
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2018 (März)
Schlagworte
grabräuber mein freund tutenchamun

Autor

  • Alfred Bekker (Autor:in)

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Titel: Grabräuber: Mein Freund Tutenchamun 2