Lade Inhalt...

Falsche Mumien: Mein Freund Tutenchamun 1

von Alfred Bekker (Autor:in)
©2017 160 Seiten

Zusammenfassung

Die Abenteuer des zehnjährigen Herkos am Hof von Pharao Tutenchamun.

"Staub wirbelte hoch. Pferde wieherten laut auf, und Herkos sah den Streitwagen auf sich zu rasen. Die Pferde schienen vollkommen außer Kontrolle geraten zu sein.
Der zehnjährige Junge stand da und für einen kurzen Moment war er wie erstarrt. Ein Schrei schrillte ihm entgegen. In der dichten Staubwolke, die den dahin rasenden Streitwagen umgab, war so gut wie nichts vom Wagenlenker zu sehen, außer einem Schatten.
Der Wagen hob sich dunkel gegen die im Osten aufgehende Sonne ab und raste Richtung Westen.
Der Westen – das war für die Bewohner Ägyptens ein anderes Wort für Totenreich. Denn im Westen ging die Sonne unter. Sie starb ebenso wie der Mensch, verschwand am Abend hinter dem Horizont und weilte dann in der Nacht im Totenreich, ehe sie am Morgen im Osten wieder aufging.
Die Westlichen nannte man deshalb auch die Toten – und obwohl der zehnjährige Herkos kein Ägypter war und auch nicht an die Götter dieses Landes glaubte, wurde ihm nun, beim Anblick des Streitwagens doch ganz anders.
Mit der aufgehenden Morgensonne im Rücken sah es nämlich fast so aus, als würde Osiris, der Herr des Totenreichs selbst, auf ihn zufahren."

Alfred Bekker schreibt Fantasy, Science Fiction, Krimis, historische Romane sowie Kinder- und Jugendbücher. Seine Bücher um DAS REICH DER ELBEN, die DRACHENERDE-SAGA,die GORIAN-Trilogie und seine Romane um die HALBLINGE VON ATHRANOR machten ihn einem großen Publikum bekannt. Er war Mitautor von Spannungsserien wie Jerry Cotton, Kommissar X und Ren Dhark. Außerdem schrieb er Kriminalromane, in denen oft skurrile Typen im Mittelpunkt stehen - zuletzt den Titel DER TEUFEL VON MÜNSTER, wo er einen Helden seiner Fantasy-Romane zum Ermittler in einer sehr realen Serie von Verbrechen macht.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


image
image
image

​Copyright

image

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Bathranor Books, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author 

© dieser Ausgabe 2025 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen 

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

postmaster@alfredbekker.de

Folge auf Facebook:

https://www.facebook.com/alfred.bekker.758/

Folge auf Twitter:

https://twitter.com/BekkerAlfred

Zum Blog des Verlags!

Sei informiert über Neuerscheinungen und Hintergründe!

https://cassiopeia.press

Alles rund um Belletristik!

image
image
image

Alfred Bekker

Mein Freund Tutenchamun 1

Falsche Mumien

image

––––––––

image

Ein CassiopeiaPress E-Book

© by Author

© der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

www.AlfredBekker.de

*

image

Staub wirbelte hoch. Pferde wieherten laut auf, und Herkos sah den Streitwagen auf sich zu rasen. Die Pferde schienen vollkommen außer Kontrolle geraten zu sein.

Der zehnjährige Junge stand da und für einen kurzen Moment war er wie erstarrt. Ein Schrei schrillte ihm entgegen. In der dichten Staubwolke, die den dahin rasenden Streitwagen umgab, war so gut wie nichts vom Wagenlenker zu sehen, außer einem Schatten.

Der Wagen hob sich dunkel gegen die im Osten aufgehende Sonne ab und raste Richtung Westen.

Der Westen – das war für die Bewohner Ägyptens ein anderes Wort für Totenreich. Denn im Westen ging die Sonne unter. Sie starb ebenso wie der Mensch, verschwand am Abend hinter dem Horizont und weilte dann in der Nacht im Totenreich, ehe sie am Morgen im Osten wieder aufging.

Die Westlichen nannte man deshalb auch die Toten – und obwohl der zehnjährige Herkos kein Ägypter war und auch nicht an die Götter dieses Landes glaubte, wurde ihm nun, beim Anblick des Streitwagens doch ganz anders.

Mit der aufgehenden Morgensonne im Rücken sah es nämlich fast so aus, als würde Osiris, der Herr des Totenreichs selbst, auf ihn zufahren.

Herkos war schon lange genug in Ägypten, um all die Geschichten über Osiris gehört zu haben. Aber bisher hatte er immer an den Göttern seiner eigenen, fernen Heimat festgehalten und in den Legenden der Ägypter nur spannende Erzählungen gesehen. Osiris war ermordet worden und später wieder auferstanden - und nur durch diesen Mord war das Totenreich überhaupt entstanden, dessen Herr er seitdem war.

Konnte es vielleicht sein, dass der Totengott gekommen war, ihn zu holen?

Wenn er ein grünes Gesicht und einen Krummstab hat, dann ist er es!, dachte Herkos. Dann gibt es diesen Gott der Unterwelt wirklich, der über die Toten zu Gericht sitzt!

Und tatsächlich. Der Umriss eines Krummstabs war als Schattenriss vor der Sonne für einen Moment deutlich zu erkennen.

So viele Gedanken schwirrten dem jungen Herkos in diesem einzigen Moment durch den Kopf.

Früh am Morgen war er losgegangen, immer am Flussufer des Nil entlang, noch bevor die Fellachen genannten Bauern auf ihre Felder gingen oder die Nilschiffe den Fluss auf und ab fuhren. Und vor allem bevor Herkos seinen Verpflichtungen am Palast nachkommen musste.

Schon drei Jahre lebte der Junge am Hof des Pharao als Geisel. Er wurde in ägyptischer Sprache und Schrift ausgebildet und hatte ein ebenso gutes Leben wie die Prinzen und Prinzessinnen.

Das war auch richtig so, denn er war ja auch ein Prinz – der Sohn eines Königs, der über die ferne Insel Kreta herrschte und mit dem Pharao verbündet war.

Solange sich beide Reiche gut verstanden, würde es auch Herkos am ägyptischen Hof gut gehen. Aber falls es seinem Vater vielleicht einfallen sollte, die Feinde des Pharao zu unterstützen, wäre es ihm natürlich schlecht ergangen.

Deswegen wuchs Herkos nicht zu Hause auf Kreta, sondern hier, in diesem fremden Land auf.

Wieder drang ein schriller Schrei an Herkos Ohren.

Im letzten Moment sprang Herkos zur Seite. Er landete hart auf dem trockenen, steinigen Boden. Der Wagen raste dicht an ihm vorbei.

Herkos rappelte sich sofort wieder auf und war einen Augenblick später wieder auf den Beinen. Das aschblonde Haar war allerdings ziemlich zerzaust und die edle weiße Tunika ganz verdreckt.

Der Wagen raste unterdessen weiter, geradewegs auf den Sumpf am Flussufer zu, wo die Papyrusstauden wuchsen und manchmal noch Nilkrokodile auf Beute lauerten. 

Der Wagen rumpelte und jetzt sah Herkos auch zumindest von hinten denjenigen, der dieses rasend schnelle Gefährt lenkte.

Osiris war es jedenfalls nicht, denn seine Haut war nicht grün wie die eines Leichnams.

Es war auch kein Krieger des Pharao. Keiner der vielen tausend Soldaten, die in seinem Dienst standen, worunter die Wagenlenker und Bogenschützen normalerweise diejenigen waren, die am höchsten bezahlt wurden und die meisten Vorrechte genossen.

Auf diesem Wagen stand nur ein Junge, der von seiner Gestalt her nicht älter als Herkos selbst sein konnte.

Er hielt die Zügel mit seinen Händen, und mit der Linken zusätzlich noch einen Krummstab. Der Junge balancierte auf dem Wagen, der wie ein bockiges Pferd in die Höhe sprang, wenn er über eine Unebenheit oder durch Schlaglöcher fuhr. Trotz allem schien der Junge sehr geschickt und sicher. Genau so, wie Herkos es bei den besten Wagenlenkern gesehen hatte, wenn sie vor dem Pharao über die breiten Prachtstraßen der Hauptstadt fuhren, nachdem sie von einem siegreichen Feldzug zurückkehrten. Der Junge auf dem Wagen – wer immer er auch sein mochte – musste schon sehr viel Übung in dieser Kunst haben. Andernfalls wäre er wahrscheinlich schon längs in den Staub geschleudert worden.

Nun hatte der Wagen das feuchte, schlammige Ufer erreicht und wurde langsamer. Die Räder blieben wenig später im Morast stecken. Die Pferde wieherten und schnaubten, aber so sehr sie auch zogen, sie konnten den Wagen nicht mehr weiter ziehen.

Der Junge auf dem Wagen versuchte beruhigend auf die Tiere einzureden, aber die schienen ihn gar nicht weiter zu beachten. Irgendetwas war in sie gefahren, das sie vollkommen wild werden ließ.

Herkos stockte der Atem, als er den Jungen auf dem Wagen erkannte.

Das war niemand anderes als der kindliche Pharao Tutenchamun, der seit einem Jahr auf dem Thron der beiden Länder saß, wie die Ägypter selbst ihr Reich nannten.

Genau wie Osiris als König der Unterwelt trug auch der Pharao einen Krummstab als Zeichen seiner Herrschaft.

Osiris wäre allerdings mit seiner göttlichen Zauberkraft sicher einfach über den Fluss gefahren und nicht im Schlamm stecken geblieben!, ging es Herkos durch den Kopf. Für den Pharao hingegen galten, zumindest was dies betraf, dieselben Regeln wie für jeden gewöhnlichen Wagenlenker und sogar einen Fellachen, der seinen Ochsenkarren vorantrieb.

Herkos kannte Tutenchamun vom Sehen her, aber sie hatten noch nie miteinander gesprochen. Er konnte sich noch gut an die Krönungszeremonien erinnern. Nie zuvor hatte er ein größeres Fest erlebt. Und in seiner Heimat wäre das, was er hier erlebt hatte, wohl so gut wie unvorstellbar gewesen.

Herkos näherte sich dem Wagen. Er sank bis zu den Knöcheln in den Schlamm ein. Die Ledersandalen waren damit ruiniert, und Herkos machte sich schon darauf gefasst, dass man ihn deswegen später ausschimpfte. Aber das war ihm jetzt gleichgültig, schließlich war der Pharao selbst in Schwierigkeiten. Und Herkos sah es als seine Pflicht an, ihm zu Hilfe zu eilen.

Schließlich kannte er sich mit Pferden aus wie kaum ein Zweiter. Er stapfte bis zu dem Zweiergespann. Die Tiere zogen heftig an ihren Geschirren. Aber die Wagenräder bewegten so gut wie gar nicht mehr. Eine halbe Umdrehung, mehr ging es nicht mehr voran.

Herkos näherte sich den Pferden von der Seite. Dann bekam er eines von ihnen am Geschirr zu fassen und berührte es an den Nüstern. Es beruhigte sich und das wirkte auch auf das zweite Tier. Herkos schaffte es innerhalb kurzer Zeit, beide Tiere wieder zu handzahmen, folgsamen Tieren zu machen. Eines von ihnen war ein Apfelschimmel. Der schnaubte noch ein paar mal, so als wollte er gegen Herkos' Beruhigungsmethoden protestieren. Aber es dauerte gar nicht lange und beide Tiere waren vollkommen friedlich.

Der kindliche Pharao hatte aufmerksam zugesehen.

„Bravo! Amun hat dir die Macht gegeben, mit Pferden zu sprechen!“

Herkos ließ das Geschirr des Apfelschimmels los. Er verneigte sich, denn schließlich stand er vor niemand geringerem als dem Pharao, dem Herrscher der beiden Länder Ober- und Unterägypten. Mit erst neun Jahren war der auf den Thron gekommen. Herkos hatte ihn schon oft im Palast gesehen. Zum Beispiel dann, wenn die Audienz abgehalten wurde, während er die hohen Wesire des Reiches empfing. Oder wenn er an den heiligen Zeremonien teilnahm. Der Pharao war für die Menschen seines Landes nicht nur ein König, der Recht sprach und die Armee befehligte und in dessen Namen Steuern eingetrieben wurden. Er bedeutete viel mehr für sie. Er sorgte dafür, dass die Sonne aus dem Totenreich jeden Tag wieder aufstieg und dass in jedem Jahr die Nilflut kam, die fruchtbaren Schlamm aus den Ländern im Süden nach Ägypten spülte. Und ohne diesen Schlamm hätte es keine Ernte gegeben und sehr bald hätte die Wüste bis zu den Ufern des Nil gereicht. Hunger und Not hatte es in den wenigen Jahren, in denen die Flut nicht gekommen war, in beiden Ländern des Pharao gegeben und obgleich die letzte Katastrophe dieser Art schon zu lange her war, als dass irgendjemand, der heute lebte, dies noch selbst hätte erdulden müssen, erzählte man noch heute davon.

„Ich bitte um Verzeihung, mein Pharao, aber mir schien, dass du in großen Schwierigkeiten wärst!“, sagte Herkos. Er beherrschte die Sprache der Ägypter inzwischen genauso perfekt, als wäre er hier geboren worden und hätte sein Lebtag nichts anderes gesprochen.

„Du brauchst dich nicht zu entschuldigen“, sagte Tutenchamun. „Ich war wirklich in großer Not. Mit den Pferden war irgend etwas. Vielleicht ist ein Dämon in sie gefahren. Aber um ehrlich zu sein glaube ich eher, dass es die Bienen waren, die plötzlich auftauchten und den Pferden so zusetzten.“

„Bienen?“, wunderte sich Herkos.

Der Pharao stieg vom Wagen herunter. Dass auch er bis zu den Knöcheln in den Schlamm einsank, schien ihm gar nichts weiter auszumachen.

Aber das liegt vielleicht auch daran, dass ihn niemand wegen der verdorbenen Ledersandalen ausschimpfen wird – mich aber schon!, ging es Herkos durch den Kopf. 

„Wie heißt du?“, fragte der Pharao.

Herkos neigte den Kopf.

„Mein Name ist Herkos.“

„Ich sehe jeden Tag hunderte von Menschen und wahrscheinlich hat mir zumindest jeder Einwohner der Hauptstadt schon mal gegenübergestanden – so kommt mir auch dein Gesicht irgendwie bekannt vor.“

„Ich wohne seit drei Jahren im Palast“, sagte Herkos.

„Dann bist du länger dort als ich!“, stellte Tutenchamun überrascht fest. „Ich kam ja erst hier her, nachdem mein Vorgänger Semenchkare so plötzlich starb... Und ich weiß bis heute nicht, ob es die Götter wirklich gut mit mir gemeint haben, als sie dadurch dafür sorgten, dass ich auf den Thron kam.“

„Du bist der Sohn des berühmten Pharao Echnaton, von dem man sogar bei uns auf Kreta erzählte“, sagte Herkos etwas überrascht. „Wieso kannst du es bedauern, auf dem Thron zu sein?“

„Oh, bedauern ist das falsche Wort“, erwiderte Tutenchamun. „Du hast Recht, ich bin der Sohn von Echnaton – aber es müsste wohl vollständig heißen: Der letzte Sohn von Echnaton. Wie mein Halbbruder Semenchkare starb, ist nie wirklich aufgeklärt worden. Vielleicht war es die Rache des Gottes Amun für das, was mein Vater getan hat...“ Tutenchamun zuckte mit den Schultern. „Immerhin hat er alle Götter abschaffen und durch einen einzigen Gott ersetzen wollen. Das hat man ihm vielleicht übel genommen und ich fürchte, das gilt auch für seine Nachfahren...“ Er zuckte mit den Schultern. „Es geschieht, was die Götter bestimmen. Was wir tun oder lassen ist sowieso nicht wichtig, denn jeder von uns wird viel länger im Totenreich bei den Westlichen sein, als bei den Lebenden. Darum kommt es eher darauf an, wie wir nach dem Tod weiterleben, als dass wir uns große Sorgen über das Hier und Jetzt machen sollten.“

Herkos verneigte sich etwas.

Normalerweise hätte Herkos seinem Gegenüber gerne widersprochen, denn er war ganz anderer Ansicht. Alles nur auf die Götter zu schieben, fand er nicht richtig. Es kam seiner Meinung nach durchaus darauf an, was man selbst tat. Und was nach dem Tod war, konnte niemand wissen, denn kein Mensch war bisher aus dem Totenreich zurückgekehrt.

Aber manchmal ertappte sich Herkos inzwischen dabei, an dem zu zweifeln, was er in seiner Heimat gelernt hatte. Schließlich beschäftigten sich die Ägypter Zeit ihres Lebens sehr intensiv damit, was sie nach dem Tod erwartete. Konnten all diese Menschen sich so sehr irren? Sollten all diese großen Bauwerke, die Pyramiden, die Grabstätten, die riesenhaften Totentempel am Ende umsonst gebaut worden sein? Das war schwer vorstellbar, fand Herkos inzwischen. Und so stand es in der Frage, ob die Ägypter vielleicht Recht damit hatten, sich so intensiv auf das Jenseits vorzubereiten, für den jungen Kreter inzwischen unentschieden.

„Du bist einer von den Geiseln!“, stieß Tutenchamun dann hervor. „Deswegen kenne ich dein Gesicht.“

„Ja, das ist wahr“, nickte Herkos.

Tutenchamun lachte. „Und was machst du hier in aller Frühe?“

„Ich wollte ungestört am Fluss entlanggehen. Es gibt hier so viel zu entdecken um diese Zeit. All die Vögel und Tiere... Später am Tag trifft man sie nicht mehr und außerdem muss ich dann am Unterricht teilnehmen, um eure Sprache noch perfekter zu beherrschen.“

„Wenn es nach mir ginge, würde ich dich von dieser lästigen Pflicht gerne befreien“, meinte der Pharao schmunzelnd. „Aber leider habe ich in vielen Bereichen noch keine Befugnisse, weil ich zwar Pharao bin, aber trotzdem als Kind gelte und über viele Dinge mein Großwesir entscheidet.“

„Das wusste ich nicht.“

„Ich sorge dafür, dass die Nilflut kommt und die Sonne von  den Westlichen zurückkehrt – das traut man mir zu. Aber nicht, die Staatsgeschäfte zu führen!“, bekannte Tutenchamun.

Die beiden Jungen wechselten einen etwas längeren Blick. 

Seltsam, dachte Herkos, eigentlich scheint er ein ganz normaler Junge zu sein. Bisher hatte der kretische Prinz den Pharao eigentlich immer nur als jemanden kennen gelernt, der wie ein gottgleiches Wesen verehrt wurde und vor dem sich alle verneigten. Jemand, der in den Tempelzeremonien eine wichtige Rolle spielte und von dem unvorstellbar viel abhing. Jetzt schien ihn gar nichts von Herkos zu unterscheiden – außer vielleicht die Farbe der Haare. Denn die Haare Tutenchamuns waren viel dunkler als die von Herkos.

„Eigenartig“, sagte der junge Pharao. „Wir haben wohl beide denselben Grund, um so früh am morgen hier her zu kommen.“

„Es wundert mich, dass du dich das traust“, meinte Herkos.

„Weshalb?“

„Na, du bist der Pharao – nicht irgendein Junge. Hast du keine Angst, dass irgendwo Feinde auf dich lauern?“

„Welche Feinde? Das Volk liebt mich, denn es weiß, dass ich die Ernte ermögliche! Feinde habe ich eher im Palast und so kann es draußen für mich kaum gefährlicher sein, als dort.“ Er seufzte. „Es ist interessant sich mit dir zu unterhalten. Wir sollten das öfter tun.“

„Nichts dagegen“, meinte Herkos.

„Vielleicht können wir uns ja auch im Palast sehen.“

„Sicher...“

„Immerhin kann ich mir bei dir sicher sein, dass du nicht nur deshalb meine Nähe suchst, weil du gerne ein Amt verliehen bekommen möchtest oder dir irgendwelche anderen Vorteile versprichst, wie so viele andere.“

In diesem Punkt hatte der Pharao natürlich recht. Herkos blieb letztlich ein Fremder, der eines Tages nach Kreta zurückkehren würde. Eine Karriere am Hof des Pharao war für ihn ohnehin nicht vorgesehen. 

Herkos Aufmerksamkeit war etwas abgelenkt. Er strich über das Fell des Apfelschimmels, der besonders schwer zu beruhigen gewesen war. Da klebte etwas. In dem kurzen Fell des Pferdes.

Herkos nahm die Hand zur Nase und roch daran. Dann wandte er sich an Tutenchamun.

„Hast du nicht gesagt, dass Bienen die Pferde vielleicht so verrückt gemacht haben könnten?“

Tutenchamun runzelte die Stirn mit den aufgemalten Augenbrauen. Den herrschaftlichen Krummstab hatte er sich ausnahmsweise hinter den Gürtel gesteckt, um die Hände frei zu haben, obwohl das eigentlich nicht einmal ein Pharao machte.

Schließlich nickte der kindliche Herrscher. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass es Bienen waren.“

„Das wäre kein Wunder!“, lautete Herkos' Ansicht.

„Gehört nicht nur Pferde beruhigen, sondern auch noch Hellseherei zu deinen Talenten“, wollte Tutenchamun mit noch stärker gerunzelter Stirn wissen.

„Nein – aber es ist Honig auf dem Pferderücken. Es ist doch klar, dass die Bienen das Pferd verfolgt und völlig verrückt gemacht haben.“

Honig auf dem Pferderücken? Das war wirklich eigenartig und der junge Pharao trat sofort neben Herkos und überprüfte das mit eigenen Händen. Auch er roch an dem, was an seinen Fingern hängen geblieben war. Tatsächlich, da konnten keinerlei Zweifel bestehen.

Seine Stirn hatte sich nun umwölkt.

„Schnell!“, forderte er dann. „Hilf mir, den Wagen wieder flott zu machen, damit wir zurückkehren können!“

„Aber du solltest darüber nachdenken, wer dir vielleicht Übles will, mein Pharao“, gab Herkos zu bedenken.

Tutenchamun nickte. „Ein übler Streich, der mir da gespielt wurde!“

„Nein, das war mehr als ein Streich. Da wollte jemand, dass  die Pferde durchgehen und du vielleicht mit dem Wagen verunglückst!“

Der Pharao wog den Kopf hin und her.

Davon, so schien es Herkos, wollte der junge Herrscher nichts wissen, obgleich es für diese Entdeckung eigentlich kaum eine andere Erklärung gab.

„Ich glaube, du übertreibst“, sagte er. „Und jetzt hilf mir, den Wagen aus dem Dreck zu ziehen. Ich muss nämlich dringend zurück in den Palast. Und ich fürchte, du auch!“

––––––––

image

Auch wenn Herkos eine Geisel am Hof des Pharao war, so war er keineswegs eingesperrt und hatte große Freiheiten, sofern er an den Fest-Zeremonien am Hof teilnahm und seinen Unterricht nicht vernachlässigte. Darauf legten die Ägypter nämlich wert. Jede Geisel sollte so gut wie möglich die Sprache des Landes erlernen, denn irgendwann kehrten Jungen wie Herkos ja in ihre Heimat zurück. Und dort bekleideten sie dann zumeist wichtige Posten. Entweder waren sie selbst die Nachfolger des Herrschers oder aber sie befehligten Einheiten der Armee. Und dann war es gut für den Pharao, wenn die Betreffenden die ägyptische Sprache beherrschten. Sobald es nämlich irgendwelche Probleme gab, hatte man es leichter, dies in Verhandlungen zu klären, weil man sich dann einfach besser verstand.

Die beide Jungen versuchten alles, um den Wagen wieder aus dem Dreck zu ziehen. Tutenchamun berichtete Herkos, dass er den Wagen absichtlich in den Sumpf gelenkt hätte, als er merkte, dass die Pferde einfach durchgingen und nicht mehr auf ihn hörten.

Die Räder des Streitwagens hatten sich schon tief in den Morast hinein gedreht. Zu tief, als dass man einfach nur den Pferden hätte gut zureden können.

Herkos ließ die Pferde vorsichtig ziehen, aber es schien so, als wäre der Wagen zu schwer und vor allem zu tief in den Morast eingesunken für sie.

Dann schoben sie beide von hinten, aber es stellte sich sehr schnell heraus, dass sie nichts ausrichten konnten, wenn die Pferde nicht richtig mithalfen. Für einen Zehnjährigen war Herkos zwar kräftig - aber nicht im Vergleich zum Gewicht des Wagens. Und Tutenchamun gab sich zwar alle Mühe und überraschenderweise stellte er sich sogar ziemlich geschickt an, aber sie bekamen die Wagenräder einfach nicht aus dem Schlamm heraus. Immer dann, wenn sie ein paar Handbreit vorwärts gekommen waren, sanken sie wieder ein.

Und die Pferde waren daraufhin erzogen, dass sie jemand vom Wagen aus mit den Zügeln lenkte. Auf Zuruf gehorchten sie nicht – nicht einmal dem Pharao.

Die Menschen hier können nur froh sein, dass ihm die Nilflut offenbar besser gehorcht als diese Gäule hier!, dachte Herkos. Aber er hütete sich natürlich davor, das auch laut auszusprechen und ermahnte sich selbst, immer daran zu denken, dass dies nicht irgendein Junge war, den er auf der Straße traf oder der mit ihm zusammen im Palast lebte. Dies war der Herrscher Ägyptens, und Herkos hatte keine Lust, sich und eventuell sogar seinem Heimatland dadurch Ärger einzuhandeln, dass er den amtierenden Pharao respektlos behandelte.

„Hast du eine Idee, wie wir den Wagen aus dem Dreck bekommen?“, fragte Tutenchamun.

Insgeheim hatte Herkos gehofft, dass der Pharao vielleicht vorschlug, dazu eine halbe Kompanie kräftiger Soldaten kommen zu lassen, die mit dem Problem im Handumdrehen fertig geworden wären. Aber aus irgendeinem Grund wolle er das nicht.

Tutenchamun schien die Gedanken von Herkos zu erraten, denn noch ehe der Junge aus Kreta dem König von Ägypten hatte antworten können, sagte der Pharao: „Ich weiß, was in deinem Kopf vorgeht, Herkos! Die Götter haben es dir auf die Stirn geschrieben! Du denkst, dass jemand wie ich nur mit den Fingern zu schnippen braucht und es kommen gleich zwanzig Bedienstete, die nur darauf warten, dass ich ihnen eine Aufgabe gebe!“

„Nun, du bist ja immerhin unbestritten der Pharao. Da liegt so ein Gedanke doch nahe, oder? Außerdem habe ich oft genug gesehen, wie viele Diener dich im Palast umschwirren...“

„Sicher. Ich könnte jetzt zum Beispiel dich losschicken, dass du zum Palast läufst – und bitte im Dauerlauf und nicht zu lahm – um dort Bescheid zu sagen, damit man mich aus meiner misslichen Lage herausholt. Wahrscheinlich würde man außer der gerade schon erwähnten Kompanie Soldaten auch noch einen Wagen schicken, damit ich nicht zu Fuß laufen müsste...“

Herkos seufzte.

So etwas in der Art hatte er schon befürchtet.

„Wenn du das für eine gute Idee hältst!“, meinte er und malte sich schon aus, wie ihn der Quartiermeister schimpfen würde, der für die Beaufsichtigung und Versorgung der edlen Geiseln zuständig war. Herkos war nämlich keineswegs der einzige seiner Art.

Der Mann, der dafür zuständig war und dabei über viele untergeordnete Diener gebot, hieß Ramenhotep und er war für seine schlechte Laune berüchtigt, wie Herkos schon einige Male zu spüren bekommen hatte.

„Wenn ich das für eine gute Idee halten würde, hätte ich es schon längst gesagt“, meinte Tutenchamun. „Aber was wird dann geschehen? Mein Großwesir Eje und General Haremhab, der mein Heer befehligt, sind sowieso schon der Ansicht, dass ich in dauernder Gefahr bin und man mir am besten ständig einen Wächter zur Seite stellt! Selbst in Momenten, die auch ein Pharao lieber allein erledigt!“

„Das stelle ich mir anstrengend vor“, gab Herkos zu.

Auch er wurde zwar am Hof stark umsorgt und man achtete sehr darauf, dass ihm nichts geschah. Denn wenn einer Geisel am Hof des Pharao etwas zustieß, dann zog das sicherlich eine Verstimmung mit dem betreffende Königreich nach sich, aus dem die Geisel stammte. Aber ganz so übertrieben wie beim Pharao war das natürlich in Herkos Fall nicht. Er hatte immer die Möglichkeit, den Palast zu verlassen und auf eigene Faust etwas zu unternehmen. Dass er flüchten könnte, befürchtete niemand. Warum auch? Erstens hätte er dann die Ehre seines Vaters, des Königs von Kreta beschädigt und zweitens – wohin hätte er schon fliehen können? Jenseits des schmalen besiedelten Streifens zu beiden Seiten des Nils war da nichts als Wüste. Ein Meer aus Sand, das die Ägypter auch das Rote Land nannten, während die Nilufer wegen des fruchtbaren Schlamms als das Schwarze Land bezeichnet wurden. Aber sich zu weit vom Schwarzen Land zu entfernen bedeutete ohnehin den sicheren Tod. Denn dort lauerte Seth, der Gott des Bösen und der Wüste, der Osiris einst umgebracht hatte.

„Wenn ich jetzt dich aussende, um Hilfe zu holen, wird man mich noch stärker bewachen und ich werde gar keine Gelegenheit mehr bekommen, einfach mit dem Streitwagen am Nil entlang zu fahren. Nicht einmal in diesen frühen Morgenstunden, wenn man dort fast völlig allein ist und die du ja auch für deinen Ausflug genutzt hast! Aus diesem Grund möchte ich, dass wir das unbedingt allein hinbekommen. Wir beide! Ich verspreche dir, dass ich dem Quartiermeister der königlichen Geiseln sagen werde, dass du nichts dafür konntest, dass deine Sandalen im Schlamm verdorben wurden und worüber er sonst noch so alles meckern dürfte.“

„Du kennst ihn?“

„Naja, der Palast hat gute Ohren und seine nicht gerade liebliche Stimme hallt nur so zwischen den Wänden, dass man denken könnte, der schakalköpfige Gott Anubis würde aus dem Totenreich heraus zu uns herauf jaulen.“

So respektlose Worte gegenüber den alten Göttern waren wohl nur einem Pharao gestattet, der schließlich selbst als Gott angesehen wurde und damit nur über seinesgleichen spottete. Und in Tutenchamuns Fall lag noch eine Besonderheit vor. Denn er war ja nicht im Glauben an die alten Götter erzogen worden. Im Gegenteil! Sein Vater hatte sie schließlich abschaffen und ihre Verehrung verbieten wollen.

Herkos sagte vorsichtig lachend: „Ja, genau so hört sich Ramenhotep an!“

„Na, dann streng mal deinen kretischen Hellhaarschädel an, damit wir eine Lösung finden!“

„Ich glaube, ohne die Pferde schaffen wir es nicht. Schieb du von hinten und ich...“

Tutenchamun stemmte die Arme in die Hüften. „Und du schaust zu, als wäre ich dein Diener und du der Pharao?“, fragte er – leicht empört.

Sich mit einer gewöhnlichen Geisel zu unterhalten war ja eine Sache – aber war der Pharao nicht der Bringer der Nilflut? Nahm er nicht die Rolle des Horus ein, dem Sohn des Osiris? Nein, es war völlig undenkbar, dass sich irdische Erscheinung von Gott Horus von irgendwem herumkommandieren ließ! Das kam überhaupt nicht in Frage!

„So war das nicht gemeint“, versuchte Herkos einzulenken, der wohl merkte, dass er mit seinen Worten etwas zu weit gegangen war.

„Das will ich meinen!“, maulte Tutenchamun.

„Wenn die Pferde auf dich hören würden, könnten wir es gerne umgekehrt versuchen“, meinte Herkos. „Und untätig wie ein hoher Herr, der seine Dienerschaft beaufsichtigt werde ich ganz gewiss nicht sein.“

Der Pharao kratzte sich am Kinn und nickte dann.

Das leuchtete ihm ein.

Also schob er von hinten am Karren während Herkos versuchte, die Pferde dazu zu bewegen, ihre überlegene Kraft doch endlich einzusetzen, damit der Wagen dadurch auch wieder ein Stück in die richtige Richtung bewegt wurde.

Das schien zunächst auch zu gelingen. Aber schon nach wenigen Handbreit, die sie vorankamen, gruben sich die Räder nur noch tiefer in den Schlamm hinein. Der Wagen war zu schwer, der Untergrund zu weich, man konnte es drehen und wenden wie man wollte, auf diese Weise konnten sie wohl keinen Erfolg haben.

Sie machten noch einen Versuch, aber schon nach wenigen Augenblicken brach Herkos die Sache ab.

„Das hat keinen Sinn!“, rief er. Die Pferde wurden auch schon wieder unruhig. Denen gefiel es nämlich auch überhaupt nicht, mit ihren Hufen im Schlamm zu stehen und darin langsam aber sicher immer tiefer einzusinken.

„Irgendetwas müssen wir doch tun!“

„Natürlich!“

„Soll der Pharao vielleicht zu den Fellachen hier in Gegend gehen, damit sie mit ihren Ochsen, seinen Streitwagen aus dem  Dreck ziehen? Was wäre das für eine Schande! Die ganze Hauptstadt würde davon sprechen und in zwei oder drei Wochen hätten die Papyrus-Boote diese sensationelle Geschichte Nilauf- und abwärts getragen! Und wenn ich dann das nächste Mal die Feiern zum Einsetzen der Nilflut leite, wird man insgeheim über mich lachen!“

„Aber so klappt es einfach nicht!“

„Was macht ihr denn in deiner Heimat in so einem Fall?“

„Ich habe dort nie einen Sumpf gesehen“, sagte Herkos. Er sah sich um. In seinem Kopf arbeitete es geradezu fieberhaft. Die  Sonne war schon bedenklich hochgestiegen und im Westen begann bereits die Luft vor Hitze zu flimmern. Es würde nicht mehr lange dauern, dann war es unerträglich heiß. Dann fiel sein Blick auf die Payrusstauden am Ufer. Und gleichzeitig sah Herkos eines der großen Flöße den Fluss hinabfahren. Der Nil war eine ideale Verkehrsstraße. Flussabwärts konnte man sich mit der Strömung treiben lassen. Und wenn man flussaufwärts fahren wollte, konnte man segeln, denn fast immer blies der Wind in günstiger Richtung. So ließen sich Güter und Personen sehr leicht auch in weit entfernte Teile des Reiches transportieren.

Auf dem Floß, das Herkos gerade beobachtete, lagen ausgestreckte, tote Krokodile. In den dichter bewohnten Gebieten an den Nilufern waren sie schon richtig selten geworden und sicherlich hatten die Männer auf dem Schiff einen ziemlich weiten Weg zurücklegen müssen, um diese Krokodile zu bekommen.

„Mumienhändler!“, entfuhr es Tutenchamun, dem das Floß auch aufgefallen war. „Und wahrscheinlich Betrüger! Möge der Krokodilgott Sobek sie für ihren Frevel strafen!“

„Wahrscheinlich werden diese Männer behaupten, dass sie die Krokodile flussaufwärts gekauft haben und dass sie da bereits tot gewesen sind“, meinte Herkos.

Tutenchamun nickte. „Und in Wirklichkeit haben sie selbst sie gejagt, obwohl das eine Sünde gegen den Krokodilgott ist! Aber der Preis für Krokodilmumien ist wohl einfach zu hoch, als dass die Angst vor Sobeks Rache diese Männer stoppen könnte.“

Damit hatte der Pharao wohl recht. Aus diesen Krokodilen würde man so schnell wie möglich Mumien machen - so wie es auch mit den Kadavern von anderen, als heilig angesehenen Tieren geschah. Katzen zum Beispiel. Diese Tiermumien galten als Glücksbringer und erzielten hohe Preise. Allerdings gingen die Kunden eigentlich davon aus, dass die mumifizierten Tiere eines natürlichen Todes gestorben waren. Schließlich wollten sich die Menschen ja das Wohlwollen des Krokodilgottes Sobek oder der Katzengöttin Bastet und noch anderer Tiergottheiten sichern – und nicht deren Zorn!

Darum wurden zusammen mit den Mumien auch kleine Schriftstücke auf Papyrus geliefert, auf denen versichert wurde, dass alles mit rechten Dingen zugegangen war.

Allerdings war es ein offenes Geheimnis, dass in vielen dieser Papyri schlicht und ergreifend gelogen wurde. Es hatte Herkos schon manchmal gewundert, dass nicht mehr Menschen misstrauisch wurden. Schließlich waren sehr viele Mumien von Krokodilen, Katzen oder Ibissen auf dem Markt – und es hätte sich schon eine Krokodilseuche ereignen müssen, dass so viele dieser Reptilien von alleine starben.

So wurden sie heimlich gejagt und dadurch immer seltener, was nur dazu führte, dass der Preis immer mehr stieg.

Auf dem Floß fiel ihm ein Mann auf, dem ein Arm fehlte. Er schien der Kapitän zu sein. Jedenfalls trug der Wind einige seiner Anweisungen bis zu Herkos und Tutenchamun hin. Er schien  nicht damit einverstanden zu sein, wie seine Bediensteten die Krokodile gelagert hatten. Kadaver verdarben schnell. Und wenn man nicht aufpasste, dann hatte man nur noch ein stinkendes, madenzerfressendes Stück Fleisch, aber nichts mehr, woraus man noch eine Mumie hätte machen können.

Deswegen war diese Schiffsbesatzung wohl auch des Nachts unterwegs gewesen, denn dann war es bedeutend kühler als an den brütend heißen Tagen, wenn die Sonne nur so vom Himmel herabbrannte.

Während Herkos das Floß beobachtete kam ihm eine Idee.

„Wenn Papyrus stark genug ist, um daraus Flöße und Boote zu machen, dann müsste er auch deinen Wagen tragen können!“, glaubte er.

„Das ist nicht dein Ernst!“

Details

Seiten
Erscheinungsjahr
2017
ISBN (ePUB)
9783738915518
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (Juli)
Schlagworte
falsche mumien mein freund tutenchamun

Autor

  • Alfred Bekker (Autor:in)

Zurück

Titel: Falsche Mumien: Mein Freund Tutenchamun 1