Zusammenfassung
Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung."
Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Pete Hacket Western Special Sammelband Dezember 2017
Dieses Buch enthält folgende Western:
––––––––
PETE HACKETT: ALLGEGENWÄRTIG ist der Tod
Pete Hackett: Jeder zahlt für seine Schuld
Pete Hackett: Am Ende der Fährte wartet der Tod
Über den Autor
Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war - eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.
Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung."
Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.
Copyright
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker
© by Author /Cover KLAUS DILL
© dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Alle Rechte vorbehalten.
U.S.-Marshal Bill Logan
Unschuldig und geächtet
Western von Pete Hackett
––––––––
EIN CASSIOPEIAPRESS E-Book
© by Author www.Haberl-Peter.de
© 2012 der Digitalausgabe 2012 by AlfredBekker/CassiopeiaPress
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LANCE BANNISTER HATTE den North Pease River überquert. Auf seiner Fährte ritten drei Kopfgeldjäger. In dem kleinen Ort Narcisso war er ihnen im letzten Moment entkommen. Vor Lance dehnte sich totes, felsiges Terrain. Das Land, das hinter ihm lag, war ebenso felsig, staubig, ausgestorben und gefährlich.
Sie kamen wie hungrige Wölfe auf seiner Fährte. Sie wollten sich das Kopfgeld verdienen, das die Regierung von Texas auf Lance Bannisters Kopf ausgesetzt hatte. 1000 Dollar! Tod oder lebendig...
Du musst diese drei Bluthunde von deiner Fährte fegen, Lance!, durchzuckte es ihn. Du bist unschuldig. Wenn du sie in die Hölle schickst, dann ist es Notwehr.
Er trieb das Pferd zwischen die Felsen, suchte sich einen guten Platz, saß ab und zog seine Winchester aus dem Scabbard...
Bannister mahnte sich zur Ruhe. Die drei Hombres waren tödlich gefährlich. Er würde vor ihnen erst Ruhe haben, wenn sie nicht mehr reiten und ihm folgen konnten.
Der Himmel war bewölkt. Es war schwül. In der Nacht hatte es geregnet. Die Erde begann zu trocknen. Das Land dampfte. Nach Westen zu zog sich Nadelwald. Die Wipfel der Bäume verschwanden im grauen Dunst.
Die drei Schufte näherten sich schnell. Es waren Killer. Ihr Gesetzbuch war der Colt, die Steckbriefe in ihren Satteltaschen legitimierten sie. Sie schossen erst und stellten dann die Fragen. Ja, sie waren tödlicher als Klapperschlangengift.
Lance lud durch. Das scharfe, trockene Klirren stand für den Bruchteil einer Sekunde in der Luft. Lance hasste es, zu kämpfen und zu töten. Aber sie zwangen ihn, sich seiner Haut zu wehren.
Kalte Entschlossenheit prägte seine Züge.
Schnell wurden die drei schwarzen Punkte vor der Kulisse der bizarren Landschaft größer. Dann konnte Lance Einzelheiten erkennen. Ihre knöchellangen Staubmäntel flatterten im Reitwind. Das ferne Rumoren der Hufschläge erreichte Lances Gehör.
Sein Gesicht war kantig geworden, der Mund schmal. In den tagealten Bartstoppeln hing der Staub der Felswüste. Lance zog das Gewehr an die Schulter.
Auf der anderen Seite des Creeks parierten die drei heruntergekommenen, hohlwangigen Kerle die Pferde. Die Tiere stampften auf der Stelle. Die Prämienjäger sicherten über den Fluss. Ihre hartlinigen Gesichter lagen im Schatten der Hutkrempen.
Über Kimme und Korn ruhte Bannisters kaltes Auge auf dem linken der drei Reiter. Er zielte genau auf seine Schulter. Der Abzug erreichte den Druckpunkt. Bannister staute den Atem. Er zögerte. Es war nicht seine Art, einem Mann aus sicherer Deckung eine Kugel in die Figur zu knallen. Aber diese drei Sattelwölfe wollten seinen Skalp. Sie würden nicht lange fackeln, ritte er ihnen vor die Mündungen.
An diesen Gedanken klammerte sich Bannister.
Er zog durch.
Die Winchester schleuderte ihren Knall über den Fluss. Als er über die Menschenjäger hinwegstieß, hatte die Kugel schon den linken Reiter aus dem Sattel gerissen. Sein Pferd vollführte einen erschreckten Satz nach vorn.
Raunend verhallte das Echo der Detonation.
Bannister hatte schon den rechten der Kerle im Visier. Aber als er abdrückte, hatten die beiden Strolche die Spanne zwischen Erkennen und Reagieren überwunden. Sie hämmerten ihren Pferden die Sporen in die Seiten und rissen sie herum. Die Tiere streckten sich erschreckt. Die Kopfgeldjäger lagen flach auf den Pferdehälsen.
Bannisters Kugel ging fehl. Er zerkaute eine bittere Verwünschung zwischen den Zähnen. Die beiden Schufte waren zwischen den Felsen verschwunden. Jäh riss das Poltern des Hufschlags ab. Gewehre wurden durchgeladen. Dann peitschten die Schüsse. Sie feuerten blindlings. Querschläger wimmerten nervtötend.
Ebenso schlagartig, wie das Gewehrfeuer einsetzt, riss es ab.
Bannister lief geduckt zu seinem Pferd. Er wollte fort sein, wenn die Kopfgeldjäger einen anderen Übergang über den Fluss genommen hatten und versuchten, ihn in die Zange zu nehmen.
Der Geächtete führte das Tier am Zaumzeug. Feuchter Staub und Sand mahlten unter den Hufen. Das Pochen, das die Hufe des Tieres verursachten, versank schon nach wenigen Schritten. In sicherer Entfernung saß Bannister auf. Er stellte die Winchester mit der Kolbenplatte auf den Oberschenkel. Die Rechte umspannte den Kolbenhals. Mit der linken Hand führte Bannister die Zügel.
Er folgte den Windungen zwischen den Felsen, die Augen waren unablässig in Bewegung.
Bannister dachte an den Burschen, den er ohne Warnung vom Pferd geschossen hatte. Er konnte nichts empfinden. Es war der Selbsterhaltungstrieb, der ihn leitete - eines der ältesten Prinzipien der Menschheit. Es war das erbarmungslose Gesetz der Wildnis. Bannister hatte das Leben eine Reihe harter Lektionen erteilt. Er hatte daraus gelernt. Das war überlebenswichtig. Ein Mann lernte in diesem gnadenlosen Land seine Lektionen entweder schnell und nachhaltig, oder er verschwand in einem namenlosen Grab.
Bei den Kerlen auf seiner Fährte handelte es sich um echte Jäger. Sie waren erfahren und kampferprobt. Sie hatten ihr Wild sozusagen gestellt. Und nun wollten sie es erlegen.
Bannister ließ das Pferd traben. Immer wieder schaute er hinter sich. Seit dem Fluss hatte er viele Meilen zurückgelegt. Manchmal hielt er an, um zu lauschen. Von den Kopfgeldjägern war weder etwas zu sehen noch zu hören.
Aber sie waren in der Nähe.
Davon war Bannister felsenfest überzeugt. Unbehaglichkeit beschlich ihn. Er trieb das Pferd in eine schnellere Gangart. Manchmal klirrte ein Huf, wenn er auf felsigen Untergrund traf. Bannisters stellte sich darauf ein, gedankenschnell reagieren zu müssen. In diesem Landstrich, den der Satan eigenhändig geschaffen haben musste, konnte der Tod hinter jedem Felsen lauern.
Es ging auf Mittag zu. Das felsige Terrain lag hinter Bannister. Das Land war ziemlich abgetrocknet. Bannister zog über eine tafelflache Ebene. Aus dem Dunst schälte sich eine Stadt. Rauch stieg aus den Schornsteinen.
Der Geächtete überlegte nicht lange. Er dirigierte das Pferd auf die Ansammlung von Häusern und Hütten zu. Am Ortsrand war ein verwittertes Brett an einen Baum genagelt. 'Tampico' war mit schwarzer Farbe auf dieses Brett gepinselt.
Bannister stieß die Winchester ins Sattelholster und ritt zwischen die ersten Häuser von Tampico. Er sah hier und dort einen schlafenden oder streunenden Straßenköter. Die Häuser reihten sich wie die Perlen an einer Schnur zu beiden Seiten der Main Street aneinander. Die meisten hatten falsche Fassaden. Es gab einige Läden, eine Kirche mit einem spitzen Glockenturm und einen Saloon.
Ein alter Mann zog eine zweirädrige Karre voll Stroh über die Fahrbahn. Auf dem Gehsteig vor dem Store sprachen zwei Frauen in langen Röcken und hochgeschlossenen Blusen miteinander. In einer Gassenmündung spielten drei Buben und ein Mädchen. Keines der Kinder war älter als acht Jahre.
Erleichtert stellte Bannister fest, dass es kein Sheriff's Office gab.
Er spürte Hunger und Durst und schaute sich um nach dem Mietstall. Bevor er sich der Befriedigung seiner körperlichen Bedürfnisse hingab, wollte er sein Pferd versorgen.
Der Oldtimer mit dem Karren war in einer Lücke zwischen den Häusern verschwunden. Das Quietschen der Räder auf den Naben und das Rumpeln konnte Bannister noch hören.
Vielleicht besitzt der Saloon einen eigenen Stall, dachte er und hielt darauf zu.
Da trat aus einer Gasse ein Mann. Der lange Staubmantel schlug ihm beim Gehen um die Beine. In seiner Rechten lag ein schwerer, langläufiger 45er Colt. Die Mündung deutete schräg zu Boden.
Bannister zerrte an den Zügeln. Der Braune stand prustend. Der Geächtete staute sekundenlang den Atem.
Indes der Mister langsam in die Mitte der Fahrbahn schritt, ließ er Bannister nicht aus den Augen.
Hinter Bannister dröhnten schwere Schritte auf dem Bohlengehsteig. Lance drehte fast zeitlupenhaft langsam den Kopf.
Der andere seiner beiden Jäger kam auf dem Gehsteig entlang. Auch in seiner Hand lag der Colt. Das Gesicht des Kerls war wie aus Granit gemeißelt. Seine Augen waren kalt wie die eines Reptils.
In Coltschussentfernung hielt der Hombre an.
Mit der Intensität eines Mannes, nach dem der Sensenmann die knöcherne Klaue ausstreckt, begriff Lance, dass sich die Falle geschlossen hatte.
Sie hatten ihn in der Zange.
*
DIE ATMOSPHÄRE AUF der Straße war wie mit Elektrizität geladen; unheilvoll, bedrückend, an den Nerven zerrend.
Bannisters Rechte tastete sich kaum wahrnehmbar zum Revolver. Mit den Schenkeln bannte er das Pferd auf der Stelle.
Die rasselnde Stimme des Kerls vor ihm erklang: "Okay, Bannister. Das war's. Steig ab und geh von deinem Gaul weg. Wir wollen nämlich nicht das Pferd treffen. Es bringt gut und gerne 100 Bucks."
Der Hombre griente niederträchtig. Seine Zähne funkelten zwischen den rissigen Lippen. Die Schicht aus Schweiß und Staub in seinem Gesicht brach.
"Warum dieser faule Zauber?", rief Bannister heiser vor Anspannung. Ja, jede Faser seines Körpers war zum Zerreißen angespannt. Jeder seiner Sinne war aktiviert. Seine Rechte war nur noch zwei Zoll vom Coltknauf entfernt. Der Hals des Pferdes verbarg seine verstohlene Bewegung zum Colt vor dem wachsamen Blick des Kerls, der zehn Schritte vor ihm stand.
Auf ihn konzentrierte Bannister sich in erster Linie.
"Du hast einen guten Amigo von uns niedergeschossen", kam es klirrend zurück. "Du hast ihn vom Pferd geknallt, ohne ihm den Hauch einer Chance zu lassen. Er wird seinen rechten Arm nie mehr richtig bewegen können, Bannister. Aber es ist wohl deine Art, aus dem Hinterhalt auf Männer zu feuern. Denk nur an den Hombre in Fort Worth, den du in den Rücken geschossen hast."
"Warum schießt ihr nicht einfach? Auf meinem Steckbrief steht doch 'tot oder lebendig'."
"Der Steckbrief ist zweitrangig geworden, nachdem du unseren guten Amigo Milt zum Krüppel geschossen hast, Bannister. Ich will in deinen Augen die Todesangst sehen, wenn wir dich in Stücke schießen. Jetzt steig ab! Wir haben genug geredet."
Für einen Augenblick wollten sich Resignation und Hoffnungslosigkeit in Bannisters Herz senken. Ein eisiger Hauch streifte ihn. Doch dann zwang er sich zu Ruhe und Besonnenheit. Seine Kiefer mahlten. Er spürte den kühlen Griff des Sechsschüssers an der Handkante. Er war nicht der Mann, der die Flinte einfach ins Korn warf. Bannister rechnete sich eine Chance aus. Eine vage Chance zwar nur - aber er wollte sie wahrnehmen.
Bannister nickte. "All right. Es wäre wirklich schade um das Pferd."
Er hob das linke Bein über das Sattelhorn.
Der Oberkörper des Prämienjägers vor ihm pendelte etwas nach vorn. Er nahm die Beine etwas auseinander, als suchte er festen Stand, um gegebenenfalls der ersten Kugel zu trotzen. Sicher war ihm diese Haltung in zig Kämpfen zur Gewohnheit geworden.
Bannister rutschte vom Pferd. Aus den Augenwinkeln sah er jetzt rechter Hand auch den zweiten Kerl. Und als Bannister mit beiden Beinen auf der Straße landete, hatte er den Colt in der Faust.
Der Kerl auf dem Gehsteig wollte eine Warnung brüllen. Sein Eisen stach ins Ziel. Lance Bannister fiel auf die Knie und feuerte. Mit dem Belfern des Schusses ließ er sich zur Seite kippen. Er rollte herum und feuerte zwischen den Beinen des Pferdes hindurch auf den Burschen, der sich mitten in der Fahrbahn postiert hatte.
Die Schüsse brüllten durch die Stadt. Bannister bekam eine Ladung klumpigen Straßenstaub ins Gesicht. Sein Pferd wieherte und stieg auf die Hinterhand. Und wieder brüllte der Colt in Bannisters Faust auf. Dann rollte Lance Bannister sich gedankenschnell vom Pferd weg in Sicherheit. Als die Hufe auf die Fahrbahn krachten, wurden sie ihm nicht mehr gefährlich.
Die Detonationen zerflatterten über den Dächern. Der Pulverdampf wurde vom sachten Wind zerpflückt. Lastende Ruhe senkte sich zwischen die Gebäude.
Der Kopfgeldjäger, der Lance Bannister auf der Straße erwartet hatte, lag mit ausgebreiteten Armen auf dem Rücken. Seine Rechte hielt noch immer den Griff des Sechsschüssers umklammert. Blut färbte das zerschlissene Hemd über der Brust dunkel und feucht.
Bannisters Kopf zuckte zu dem anderen herum.
Er hing mit baumelnden Armen über dem Gehsteiggeländer. Seine Kanone lag am Straßenrand. Der flachkronige Hut war ein Stück davongerollt.
In Lance Bannister löste sich die Spannung. Er kämpfte sich auf die Beine. Aus der Mündung seines Revolvers kräuselte noch ein feiner Rauchfaden. Bannisters Kehle war pulvertrocken. Er hatte dem Tod ins höhnisch grinsende Antlitz geschaut und war noch einmal davongekommen.
Das nervöse Pferd scheute vor Lance Bannister zurück. Prustend warf es den Kopf in den Nacken. Die Gebisskette klirrte. Der Mann erwischte es am Kopfgeschirr. Er lehnte sich gegen das Tier. Einige Male atmete er tief durch. Dann hatte er den Aufruhr seiner Gefühle unter Kontrolle.
Ein Name geisterte durch seine Gehirnwindungen.
Buster Kincaid!
Diesem Burschen hatte er sein Dilemma zu verdanken. Buster Kincaid hatte den Mord begangen, für den er büßen sollte. Der Mörder hatte es geschickt verstanden, ihm, Lance Bannister, den Mord in die Schuhe zu schieben. Er war zum Geächteten, zum Verfemten geworden.
Die Spur Buster Kincaids führte in den Panhandle.
Bannister schluckte trocken. Zwischen seinen Zähnen knirschte der Staub, den ihm die Kugel ins Gesicht geschleudert hatte. Kleine Dreckklumpen klebten auf seiner Haut. Ein Ruck durchfuhr ihn.
Er ging um das Pferd herum und näherte sich dem Kerl auf der Straße. Nur unterbewusst nahm Bannister wahr, dass aus den Häusern Menschen traten und sich langsam näherten. In einiger Entfernung rotteten sie sich in Gruppen zusammen. Mit einer Mischung aus Argwohn und Neugierde musterten sie ihn.
Der Prämienjäger war tot. Sein offener Mantel war auseinandergerutscht. Aus der Innentasche ragte ein Stück eines zusammengefalteten Papierbogens.
Bannister bückte sich und zog das Papier heraus. Er faltete es auseinander. Es war sein Steckbrief. In einem zornigen Impuls zerriss der Geächtete den Bogen. Die beiden Teile segelten zu Boden.
Bannister schritt steifbeinig zu dem anderen der beiden Kopfgeldjäger. Er fasste ihm in die Haare und hob seinen Kopf etwas an. Bannister starrte in weitaufgerissene, gebrochene Augen. Der Mund war noch von seinem Warnschrei verzerrt, der jedoch vom Krachen der Schüsse verschluckt worden war.
Bannister ließ den Kopf des Toten wieder nach unten sinken. Jetzt erst holsterte er den Colt. Er wandte sich um und schwenkte seinen Blick die Fahrbahn hinauf und hinunter. Die Menschen schauten betreten zur Seite. Niemand sprach ein Wort. Es war, als duckten sich die Männer und Frauen vor Lance Bannister.
Dieser kehrte zu seinem Pferd zurück und kletterte in den Sattel. Der Vierbeiner hatte sich beruhigt. Lance schnalzte mit der Zunge und ruckte im Sattel. Er ritt zwischen den Menschengruppen hindurch und verließ Tampico. Der Appetit war ihm vergangen. An seinen Händen klebte das Blut der drei Prämienjäger. Nicht nur, dass Buster Kincaid ihm einen Mord anhängte. Jetzt war er deswegen gezwungen gewesen, zu töten.
Diese Erkenntnis schürte Bannisters Hass auf Buster Kincaid.
*
JOE UND ICH HATTEN unser Abenteuer am Alamocito Creek gut überstanden. Um ein Haar hätten wir Federn gelassen. Aber Brad Sheldon hatte eiskalt und mit tödlicher Präzision unsere Gegner von der Hackknife Ranch am Flussufer zusammengeknallt.
Als wir ihn stellten, rastete er aus.
Wir mussten ihn töten.
Jetzt war ich auf dem Weg zum Mulberry Creek, um Jane Carter und ihren kleinen Sohn Lonny zu besuchen.
Ehe ich den Stern des U.S.-Marshals nahm, half ich Jane in Clarendon aus einer üblen Klemme. Dann befreiten Joe und ich sie und den kleinen Lonny aus der Hand zweier Banditen.
Jane war Witwe. Ihr Mann war vor nicht ganz einem Jahr ermordet worden. Der Mörder wurde nie ermittelt. Lionel Hastings, Janes Vater, war davon überzeugt, dass es ein Killer der Green Belt Ranch war.
Die Frau, von der ich in einsamen Nächten immer geträumt hatte, hatte mit Jane Fleisch und Blut angenommen.
Ich spürte ein Kribbeln im Bauch, wenn ich an Jane dachte.
Ich ritt über die Weide der Green Belt Ranch.
Es war später Nachmittag. Die Wolkendecke am Himmel war aufgerissen. Blacky trabte. Alles an seinem Körper war ein harmonisches Zusammenspiel von Muskeln und Sehnen.
Als im Westen die Wolken vor der Sonne zu glühen schienen und von Osten her die Abenddämmerung ins Land schlich, sah ich vom Kamm einer Bodenwelle aus die Gebäude der Horseshoe Ranch vor mir liegen. Dahinter zog sich die dunkle Wand des Ufergebüsches und erhoben sich die alten Flusspappeln.
In den Corrals der Ranch tummelten sich an die 100 Pferde. Jane hatte sich auf die Pferdezucht spezialisiert. Sie verkaufte sie an die Armee oder auf dem Pferdemarkt in Amarillo. Zwei Cowboys arbeiteten in einem der Corrals. Sie sonderten Pferde aus und trieben die ausgesonderten Tiere in einen Nebencorral, in dem schon über ein Dutzend Tiere standen.
Im Ranchhof jagte Lonny eine Hühnerschar mit einem dünnen Stock vor sich her. Mit vorgestreckten Hälsen, erregt gackernd und mit schlagenden Flügeln flohen die plumpen Vögel vor dem Knaben.
Der grauhaarige Lionel hockte im offenen Scheunentor auf einem Dengelbock und begradigte mit einem Hammer die Schneide der Sense, mit der er immer das Futter für die Milchkuh mähte. Die hellen Hammerschläge erfüllten die Abendluft.
Ich zügelte zwischen den Corrals mein Pferd.
Es war ein Bild des Friedens und der Ruhe, das sich mir bot.
Da sah mich Lonny. Er hörte auf, die Hühner zu jagen, schaute einige Zeit zu mir her, dann krähte sein kindliches Organ: "Grandpa, Ma, da ist Logan! Logan mit dem schönen schwarzen Pferd."
Er schleuderte den Stock davon und rannte mir entgegen.
Lionel, der falkenäugige Kauz, senkte die Hand mit dem Hammer und drückte sich vom Dengelbock in die Höhe.
Aus der Tür des Haupthauses trat Jane.
Ich sah sie und mein Herz schlug einen Takt höher.
Lonny, der sechsjährige Blondschopf, langte bei mir an und schaute zu mir in die Höhe. Seine Augen strahlten. Ich beugte mich aus dem Sattel, er streckte mir die Hände entgegen. Ein Ruck, und er saß vor mir auf Blacky. Lonny lachte hell und hämmerte mit seinen Schuhen gegen die Seiten des Rappen.
Jane blickte uns entgegen. Sie lächelte. In ihren dunklen Augen glaubte ich Wärme und Freude wahrzunehmen. Ich saß ab. Lonny ließ ich auf Blacky sitzen. Ich fühlte Verlegenheit und suchte nach Worten.
Jane rettete mich aus meiner Not, indem sie sagte: "Hallo, Logan, ich freue mich sehr, dass Sie den Weg zu uns gefunden haben. Wie ich sehe, tragen Sie jetzt den Stern eines U.S.-Marshals. Das heißt also, Sie bleiben im Panhandle."
"Yeah." Ich nickte. Meine Stimme klang etwas belegt. "Ich denke, es ist ein guter Job. Joe Hawk und ich sind ziemlich gute Freunde geworden. Ja, Jane, ich glaube, im Panhandle habe ich den Platz gefunden, den ich jahrelang gesucht habe."
Vielleicht schaute ich sie eine Idee zu intensiv an, denn sie errötete.
Diesmal war es Lionel, der mich über meine Verlegenheit hinwegrettete. Der Oldtimer mit dem runzligen Gesicht, das an die Rinde einer der alten Flusspappeln erinnerte, keifte: "Richtig. Ein Mann muss zu etwas gut sein auf der Welt. Er muss von einer Sache überzeugt sein und für seine Überzeugung einstehen. Sonst taugt entweder seine Überzeugung oder er selbst nichts."
"Kommen Sie rein, Logan", lud mich Jane ein.
"Hat die Green Belt Ruhe gehalten?", fragte ich, indes ich Lonny vom Pferd hob. Er zappelte und schimpfte. Schließlich aber stand er am Boden. "Du darfst ihn wieder reiten", versprach ich und strich ihm über die weichen Haare.
Er funkelte mich an und stapfte beleidigt davon.
"Ja", erklärte Jane. "Von der Green Belt hat sich niemand mehr hier sehen lassen. Aber dieser Friede ist sicher nur trügerisch und nicht von Dauer. Charles McLeod wird seine schmutzigen Finger wieder nach der Horseshoe ausstrecken."
Lionel nahm mir die Zügel Blackys ab und führte das Tier zum Tränketrog.
Jane machte eine einladende Handbewegung.
Ich schritt an ihr vorbei ins Haus. In der Wohnstube war es düster. Als ich mich der Frau zuwandte, die mir gefolgt war, konnte ich den Duft ihrer Haare riechen. Ihr Gesicht wirkte weich und gelöst im diffusen Licht. Ernst, sachlich und klar sagte sie: "Ich freue mich wirklich, dass du gekommen bist, Logan. Ich habe oft an dich gedacht."
Sie ließ die Förmlichkeiten einfach weg und benutzte das vertraute 'du'. Ein Blick in ihre dunklen Augen ließ mich erkennen, dass sie jedes Wort so meinte, wie sie es sagte. Ihr Mund war sinnlich und ein wenig geöffnet. Zwischen ihren schön geschwungenen Lippen glitzerten ihre ebenmäßigen Zähne.
Jede andere Frau hätte ich jetzt wahrscheinlich in die Arme genommen und geküsst.
Bei Jane aber hielt mich etwas zurück. Ich wusste es selbst nicht zu deuten. Vielleicht ahnte ich, dass sie noch Zeit brauchte. Ihr Mann war ermordet worden. Sicher, die Zeit heilt Wunden. Aber als ich sie vor kurzer Zeit kennen lernte und wir an dem Abend, an dem Joe und ich auf der Horseshohe blieben, lange miteinander gesprochen hatten, da war mir nicht entgangen, dass sie noch nicht ganz darüber hinweg war.
Ich wollte mir nichts nehmen, was sie nicht mit Herz und Seele bereit war zu geben.
Sie brauchte Zeit.
Ich wollte mir nichts verscherzen.
Also hielt ich mich zurück und erwiderte: "Mir erging es genauso. Und ich konnte es kaum erwarten, hier zu sein. Yeah, Jane. Als ich dich zum ersten Mal sah, brachtest du etwas in mir zum Schwingen, etwas, das ich nie vorher kennen gelernt habe. Es ist so und du sollst es wissen."
Sie senkte den Blick. Ihre Brust hob und senkte sich unter einem tiefen Atemzug. "Ich bin noch nicht so weit, Logan. Ich denke, du verstehst das. Ich..."
Sie brach ab. Ihre Züge nahmen einen herben Ausdruck an. Jane ging an mir vorbei zum Ofen. "Willst du eine Tasse Kaffee? Ich habe auch frischen Apfelkuchen gebacken. Oder soll ich dir ein Glas Bourbon einschenken?"
"Kaffee und Apfelkuchen." Ich ging zum Tisch und setzte mich.
Draußen nahm die Düsternis zu. Die Hühner gackerten. Ich hörte das Schlagen ihrer Flügel. Dem Oldtimer schien es zuviel zu werden, denn er keifte: "Jetzt lass endlich die Viecher in Ruhe, Lonny, du kleiner Bengel. Wie sollen sie Eier legen, wenn du sie zu Tode hetzt?"
Jane, die mit einer eisernen, rußgeschwärzten Kanne und einer Tasse zum Tisch kam, lachte. "Lonny ist ein ziemlicher Wildfang", erklärte sie dann. "Er macht seinem Grandpa das Leben oft sehr schwer."
Der Bann der Betretenheit nach ihren klaren Worten war gebrochen. Sie schenkte mir Kaffee ein, brachte Zucker und einen Teller voll Apfelkuchen und sah mir dann zu, wie ich das Gebäck in mich hineinmampfte. Der Kuchen schmeckte vorzüglich.
Plötzlich ging die Tür auf. Lionel schob den widerstrebenden Lonny in den Raum. Der Oldtimer blaffte: "Es nähert sich der Ranch ein Reiter. Er kommt von Süden herauf. Wenn das bloß kein Schnellschießer der Green Belt ist!"
Er war mit drei Schritten bei einem Schrank, riss die Tür auf und holte sein Gewehr heraus. Entschlossen repetierte er.
Ich schob den letzten Bissen Apfelkuchen in den Mund und schwemmte ihn mit Kaffee hinunter.
Jane zeigte Unruhe. Sie hatte sich erhoben. Fremde Reiter auf ihrem Grund und Boden waren für sie ein schlechtes Omen. Sie sah mich besorgt an.
"Keine Sorge", murmelte ich und drückte mich hoch. "Bleibt im Haus. Ich werde dem Hombre einen gründlichen Blick unter den Hutrand werfen."
"Ich komme natürlich mit!", begehrte der Oldtimer auf. Seine Augen funkelten kriegerisch.
Ich konnte es ihm kaum verwehren. Darum nickte ich. "Sie können mit ihm reden. Sollte es rauchig werden, lassen Sie mir den Vortritt. Klar?"
Lionels Miene verkniff sich. Schließlich aber war er einverstanden.
Wir verließen das Haus. Ich schloss die Tür hinter mir. Durch die Lücke zwischen Haupthaus und Pferdestall konnte ich den Reiter sehen. Er ließ das Pferd im Schritt gehen und saß nach vorne gekrümmt im Sattel.
Blacky stand am Holm beim Tränketrog. Lionel hatte die Sattelgurte gelockert und eine Schwinge voll Hafer vor ihn hingestellt. Ich holte mein Gewehr.
Lionel und ich erwarteten den Reiter.
Als er in den Hof ritt, war mir klar, dass sowohl er wie auch das Pferd ziemlich am Ende waren. Obwohl der Mann zusammengesunken auf seinem Braunen saß, konnte ich feststellen, dass er ziemlich groß sein musste. Er hatte sich den Hut weit in die Stirn gezogen. Seine Augen waren entzündet und blickten erschöpft. Die tagealten Bartstoppeln verliehen ihm ein verwegenes Aussehen. Er war gekleidet wie ein Cowboy, mutete aber abgerissen und heruntergekommen an.
Auf den ersten Blick bot er alles andere als eine Vertrauen erweckende Erscheinung.
Das ermüdete Tier blieb fast von selbst stehen. Der Fremde stemmte die Arme auf das Sattelhorn und sagte heiser: "Mein Name ist Tex Sherman. Ich..."
Er verschluckte sich fast. Sein Blick verkrallte sich an dem Abzeichen an meiner Weste. Dann wanderte er langsam höher und saugte sich an meinem Gesicht fest. "Sie sind U.S.-Marshal", murmelte er. "Über euch Burschen kursieren ja die wildesten Gerüchte. Ihr sollt sehr schnell mit dem Colt bei der Hand sein und zieht eine ziemlich rauchige Spur durchs Land."
Ich zuckte mit den Schultern. "Ich habe selbst davon gehört. Beurteilen kann ich es nicht. Ich bin nicht lange genug dabei."
Sherman befeuchtete sich mit der Zunge die Lippen. Dann saß er ab. Die Unruhe, die mein Stern bei ihm zu verursachen schien, entging mir nicht. Er widmete seine Aufmerksamkeit Lionel, der neben mir stand und Sherman mit dem Ausdruck des tiefverwurzelten Misstrauens musterte. Shermans Lippen sprangen auseinander: "Ist das Ihre Ranch, Mister?"
"Sie gehört meiner Tochter. Was treibt Sie auf unser Land?"
"Es ist Zufall, dass ich hier landete. Ich habe einen langen Trail hinter mir. Wird Ihre Tochter mir Gastfreundschaft gewähren?"
"Wo kommen Sie denn her?", fragte Lionel gedehnt. Er starrte diesen Sherman an, als wollte er seine geheimsten Gedanken ergründen. "Und wohin möchten Sie. Oben am Salt Fork Red River liegt die Green Belt Ranch. Ist sie vielleicht Ihr Ziel?"
Die letzte Frage kam lauernd.
Ich beobachtete Sherman scharf. Nicht ein Muskel zuckte in seinem Gesicht, als er erwiderte: "Green Belt Ranch? Nie gehört. Ist es eine große Ranch?"
"Eine der zehn Hauptranches der Panhandle Cattle Company", versetzte ich und beobachtete seine Reaktion.
Shermans Schultern strafften sich. "Ich suche einen Job hier im Panhandle. Warum also sollte ich nicht mal bei dieser Green Belt Ranch anklopfen. Von der Company habe ich schon gehört. Der größte Teil des Landes im Panhandle soll ihr gehören. Außerdem beansprucht sie das Regierungsland. Mehr jedoch weiß ich nicht. Ich war unten, in der Nähe von Fort Worth, als Cowboy tätig. Als..."
Er verstummte, seine Brauen schoben sich zusammen, seine Lippen wurden dünn.
"Was? Warum reden Sie nicht weiter, Sherman?", schnappte der Oldtimer.
"Als mein Boss starb, verlor ich meinen Job", vollendete Sherman seinen angefangenen Satz von eben. "Also schwang ich mich auf mein Pferd und ritt nach Westen."
Ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, dass er log. Sein ganzes Verhalten mutete mich seltsam an. Wie er sah ein Mann aus, der auf der Flucht war. Er hatte den unruhigen Blick des Gehetzten. "Und wer reitet auf Ihrer Fährte?", fragte ich.
Sein Gesicht zuckte zu mir herum. "Niemand", presste er hervor.
Lionel Hastings kämpfte mit sich. Seine Zähne mahlten, als kaute er einen Priem. Schließlich entrang es sich ihm fast widerwillig: "Auf der Horseshoe Ranch wurde noch nie einem erschöpften Mann und seinem Pferd die Gastfreundschaft verweigert. Also versorgen Sie Ihren Braunen, Sherman, waschen Sie sich den Schmutz aus dem Gesicht und dann kommen Sie herein. Sind Sie aber mit Hintergedanken hier aufgekreuzt, dann sollten Sie sich sofort wieder das Pferd zwischen die Oberschenkel klemmen und das Horseshoe-Land verlassen."
"Welche Hintergedanken? Ich bin froh, wenn ich was Warmes in den Bauch kriege und in einen Haufen Heu zum Schlafen kriechen kann. Keine Sorge, Oldman. Morgen früh sind Sie mich wieder los. Ich bin aber auch gerne bereit, für eine Mahlzeit und ein Dach über dem Kopf Holz zu hacken oder den Pferdestall auszumisten."
Sherman führte sein Pferd zum Trog. Er bewegte sich sattelsteif und etwas linkisch. Ich hatte längst registriert, dass er den Colt nicht trug wie ein Cowboy. Aber das hatte nichts zu sagen.
Dennoch: Alles an diesem Hombre erschien mir rätselhaft, geheimnisvoll und raubtierhaft gefährlich.
Ich nahm mir vor, ein Auge auf ihn zu werfen.
*
MIT DEM FEINEN INSTINKT der Frau schien Jane zu spüren, dass Tex Sherman ehrlich und geradlinig war.
Er aß mit dem gesunden Appetit eines Mannes, der seit Tagen nichts mehr Richtiges zwischen die Zähne bekommen hatte. Er hatte sich am Brunnen gewaschen und sogar rasiert und sah jetzt bei Weitem nicht mehr wie ein verwegener Sattelstrolch aus.
Geduldig beantwortete er alle Fragen, die ihm Lionel und Jane stellten. Lonny schlief bereits. Die Lampe, die über dem Tisch von der Decke hing, brannte und warf ihr Licht auf uns.
Ich hielt mich 'raus. Ich beobachtete nur.
Irgendwann sagte Jane: "Ich will in einigen Tagen eine größere Pferdeherde zum Verkauf nach Amarillo treiben, Sherman. Sie suchen doch einen Job. Als Cowboy können Sie sicherlich mit Pferden umgehen."
Sherman nickte: "Mit Pferden und Rindern. Ich bin 15 Jahre lang hinter Kuhschwänzen hergejagt, habe Wildpferde eingeritten sie zu zahmen Lämmern eingebrochen. Das war mein Leben, bis mein Boss -" er stockte kurz, "- starb."
"Woran starb ihr Boss?" Ich konnte es mir nicht mehr länger verkneifen, diese Frage zu stellen. Jedes Mal wenn die Rede auf den Tod seines Bosses kam, hatte er Mühe, sich nicht zu versprechen.
Ich musterte ihn zwingend.
Sherman seufzte. "Na schön, Marshal. Er wurde erschossen. Die Spur seines Mörders führt in den Panhandle. Er knallte Zack Wilder - so hieß mein Boss -, eine Kugel in den Rücken und nahm ihm 5000 Dollar ab, die er aus dem Verkauf einer Rinderherde erzielte."
"Und diesen Mann jagen Sie?"
"Ja. Sein Name ist Kincaid - Buster Kincaid."
Der Name sagte keinem etwas am Tisch. Kurze Zeit schwiegen wir nachdenklich.
Er wird nicht gejagt, sagte ich mir in dieser Zeitspanne, in der es ruhig war und nur das Surren der Fliegen um die Lampe zu vernehmen war. Er ist der Jäger...
Seine Geschichte klang glaubhaft.
Janes Stimme schnitt in mein Grübeln. Sie sagte: "Möchten Sie den Job haben, Sherman? Ich beschäftige zwar insgesamt vier Reiter, aber zwei muss ich zum Schutz der Ranch zurücklassen. Uns wäre also beiden gedient, wenn Sie annehmen."
In diesem Moment war sie nur die kühl rechnende und kalkulierende Geschäftsfrau.
Dennoch wollte in mir so etwas wie Eifersucht aufkeimen. Dieser Tex Sherman sah verdammt gut aus, war höchstens 32 Jahre alt - und er würde, wenn er den Job annahm, auf der Ranch in der Nähe Janes sein.
Ich hingegen würde irgendwo mit Joe durch den Panhandle reiten, im Auftrag Richter Humphreys, im Auftrag von Recht und Ordnung.
Meine Hoffnung, dass Tex Sherman ablehnte, wurde brutal zerstört, als er zu verstehen gab: "Ich wäre ein Narr, wenn ich nein sagen würde. Yeah, ich nehme den Job an. Sie werden sehen, dass Sie mit mir einen guten Fang gemacht haben."
Er grinste Jane blitzend an.
Und Jane lächelte zurück.
Ich registrierte es mit einem hohen Maß an Enttäuschung.
Sherman und ich schliefen auf dem Zwischenboden der Scheune im Stroh. Als der Morgen graute, erhob ich mich leise und stieg die Leiter hinunter. Sherman schnarchte wie ein Bär.
Ich ging in den Stall und sattelte Blacky. Ich spürte das Feuer, das in dem Pferd steckte. Blacky war unruhig und stampfte auf der Stelle, als konnte er es nicht erwarten, die Hufe wirbeln zu lassen.
Als ich ihn an der Mähne in den Hof führte, kam mir Jane vom Haupthaus her entgegen. Sie trug ein Nachthemd und darüber einen Hausmantel. Als sie vor mir stand und hinauf in mein Gesicht blickte, wurde es mir wieder schmerzlich bewusst, dass dieser Sherman in ihrer Nähe sein würde, während ich vielleicht erst in einigen Wochen wieder die Horseshoe Ranch besuchen konnte.
"Keine Sorge, Logan", erklärte sie kehlig. "Wie ich schon sagte: Ich brauche noch etwas Zeit. Das habe ich in den vergangenen Monaten noch zu keinem Mann vor dir gesagt, und ich werde es auch zu keinem sagen, wenn du fort bist. Tex Sherman kann dir also nicht gefährlich werden."
Mit dem letzten Wort stellte sie sich auf die Zehenspitzen und hauchte mir einen schnellen Kuss auf die Lippen.
Ich wollte nach ihr greifen, sie an mich ziehen, sie küssen.
Aber Jane war schon herumgeschwungen und eilte ins Haus zurück.
Ich war wie vor den Kopf gestoßen.
Unter der Haustür wandte sie sich noch einmal um und rief: "Adios, Logan. Und denk daran: Die Türen auf der Horseshoe stehen dir immer offen."
Dann war sie im Haus.
Gedankenvoll saß ich auf. Wenn es auch nur ein hingehauchter Kuss war. Ich glaubte, ihre weichen Lippen noch immer zu spüren.
Ich ritt an.
Der Wind ließ die Blätter der Büsche und Bäume erzittern. Die Natur erwachte zum Leben. Ich war mit meinen Gedanken bei Jane.
*
BUSTER KINCAID HATTE auf dem Bergsattel das Pferd abgestellt und sich an einen Felsen gesetzt. Er rauchte.
Es war früher Morgen. Vor Kincaid lag der Mustang Creek, der seine Fluten von Norden herunter zum Canadian River wälzte. Von Westen her mündete ein schmaler, namenloser Fluss in den Mustang Creek. Genau in diesem Mündungsdreieck hatte Duncan Riggs begonnen, eine Farm aufzubauen.
Nebenbei wollte Duncan Riggs Fleischrinder züchten. Riggs war vorher Cowboy gewesen. Er arbeitete fünf Jahre auf einer Ranch drüben in New Mex. Er bekam von seinem Boss zwar nur den halben Lohn, dafür aber für jeden Monat seiner Tätigkeit ein Hereford-Rind. Und als Riggs den Cowboys-Job an den Nagel hängte, legte sein Rancher den erarbeiteten 60 Rindern noch eine Prämie von zehn Kühen hinzu. Also kam Duncan Riggs vor einem halben Jahr mit 70 Herefords am Mustang Creek an.
Da unten war alles noch im Aufbau begriffen. Fertig war eigentlich nur die Hütte, in der Duncan Riggs lebte.
Buster Kincaid schnippte den Zigarettenstummel fort. Sein suchender Blick schweifte über den schmalen Fluss hinweg. Langsam wurde er ungeduldig. Im Osten schob sich die Sonne schon weit über den Horizont hinaus.
Der Mörder hatte auf der Bar-H Ranch angeheuert. Die Bar-H gehörte zur 'Panhandle Cattle Company'. Der Vormann der Bar-H hatte Kincaid vor über einer Woche als Weidedetektiv eingestellt. In Wirklichkeit war es Kincaids Job, den Farmern und Smallranchern rund um das riesige Weidegebiet der Bar-H zuzusetzen und sie zur Aufgabe zu bewegen.
Buster Kincaid rollte sich eine neue Zigarette. Tief inhalierte er den würzigen Rauch.
Ja, er war ein skrupelloser Mörder. Wegen 5000 Dollar hatte er unten bei Fort Worth seinen Ranchboss kaltblütig abgeknallt. Den Mord Lance Bannister anzuhängen war nicht allzu schwer. Eine halbe Stunde vor dem Mord hatten sich Zack Wilder und Lance Bannister heftig im Saloon gestritten. Es war wegen eines Girls. Wilder hatte ziemlich viel getrunken. Um ein Haar wären sie mit den Fäusten aufeinander losgegangen. Wilder hatte Lance Bannister gefeuert. Bannister, der auch nicht mehr nüchtern gewesen war, stieß einige Drohungen aus...
Bannister war entkommen. Er, Kincaid, musste Bannister fürchten und setzte sich ab. Hier, im Panhandle, auf der Bar-H, hoffte er seine Spur verwischt zu haben.
Endlich tauchte zwischen den Hügeln im Westen ein Reiter auf. Er führte an der langen Leine einen Bullen. Dem Tier war schon als Jungrind ein eiserner Ring durch die Nase gezogen worden. An diesem Ring war die Longe befestigt.
Duncan Riggs hatte den Zuchtbullen bei einer Viehauktion in Romero, im Westen des Hartley Countys, ersteigert. Der Preis für das Rind warf ihn zwar zurück, was den Aufbau der Farm anbetraf, aber eines Tages würde sich der Bulle bezahlt machen. Riggs hatte am Abend Romero verlassen und war die Nacht - abgesehen von einer Stunde Rast - durchgeritten.
Buster Kincaid beobachtete aus engen Augenschlitzen den Reiter. Die Sonne stand hinter ihm. Obwohl sie ihn nicht blenden konnte, hatte er sich den Stetson weit in die Stirn gezogen.
Riggs kam am Fluss entlang.
Entschlossen ging Kincaid zu seinem Pferd. Er ließ die Zigarette fallen und zog sich in den Sattel. Ohne Hast ritt er den Hügel hinunter. Kniehohes Gestrüpp wucherte hier zwischen verkümmertem Gras. Unten, bei den Flüssen, da war das Weideland grün und saftig. Da gediehen auch Büsche und Bäume. Die Hügel aber waren von der sengenden Sonne verbrannt, und der Regen vor zwei Tagen hatte daran nichts zu ändern vermocht.
Kincaid stellte sein Pferd neben der Hütte ab, die Riggs als sein Wohnhaus bezeichnete. Das Dach hatte der Neufarmer mit dicken Bohlen verschalt und diese wiederum mit Grassoden abgedeckt.
Zwei andere Hütten waren noch nicht fertig. Bei der einen fehlte das Dach, von der anderen stand erst das Gerüst. Es gab jedoch schon einen Corral. Er war zum Fluss hin offen, so dass Riggs' Pferd jederzeit zum Wasser konnte.
Alles hier mutete ärmlich und provisorisch an. Verächtlich schürzte Buster Kincaid die Lippen. Er rückte das Holster zurecht und drückte den Coltknauf griffbereit nach außen. Dann öffnete und schloss er einige Male die Rechte, um sie geschmeidig zu machen.
Schon bald hörte Kincaid den Hufschlag. Nach einiger Zeit ritt Duncan Riggs um eine Buschgruppe herum. Er saß auf einem Grulla-Hengst. Der Bulle trottete mit gesenktem Schädel neben dem Pferd her. Duncan Riggs war verstaubt und verschwitzt.
Als Buster Kincaid hinter der Hütte hervortrat, zügelte Riggs. Verdutzt starrte er den Mann an. Riggs schien die Sonne ins Gesicht und so konnte er keine Einzelheiten erkennen. Etwas Bedrohliches, Unheilvolles ging von dem Fremden aus.
"Wer bist du?", rief Riggs staubheiser. "Was hast du hier zu suchen?"
"Ich arbeite auf der Bar-H als Weidedetektiv, Riggs", kam es über Kincaids schmale Lippen. "Nachdem von der Bar-H Weide ein Dutzend Hereford-Kühe verschwunden sind, bin ich der Spur gefolgt. Sie führte hierher. Ich fand die Kühe mit dem Bar-H Brand zwischen deinen Rindern." Buster Kincaid schob das kantige Kinn vor. "Wie mögen sie da wohl hingekommen sein?"
"Ich habe sie nicht über den Creek getrieben, Mister." Riggs trieb sein Pferd weiter. Er ahnte Schlimmes. Die einzige Waffe, die er besaß, war der alte Winchester 66 Carbine in seinem Scabbard. "Sicher haben die Rinder von sich aus den Fluss überquert und sich in meine Herde gemischt. Du kannst sie ja aussondern und zurücktreiben."
Beim Corral saß Riggs ab. Er schlang erst die Leine des Pferdes um eine der Querstangen, dann die Longe, die zum Ring in der Nase des Bullen führte. Dann griff er nach dem Gewehr.
"Stopp!", erklang es kalt und schneidend.
Duncan Riggs erstarrte mitten in der Bewegung. Kincaids Rechte lag auf dem Revolverknauf.
"Zur Hölle mit dir!", knirschte Duncan Riggs. "Ich bin nicht verantwortlich für die Wege, die die Rinder der Bar-H einschlagen. Ihr müsst eben auf euer Vieh aufpassen. Wozu beschäftigt ihr eine halbe Kompanie Weidereiter?"
"Du hast die Rinder gestohlen, Riggs!", peitschte Kincaids Stimme. "Ja, du hast sie vor zwei Nächten von der Bar-H Weide abgetrieben und über den Fluss gebracht. Ich habe deutlich die Spur eines Pferdes zwischen den übrigen Spuren erkennen können. Du bist ein Viehdieb, Riggs!"
Duncan Riggs duckte sich. Sprungbereit stand er da, unruhiges Flackern in den Augen. Er atmete hart und stoßweise. "Verdammt, Mister", stieß er hervor, "ich war nicht auf der Bar-H Weide. Was willst du mir in die Schuhe schieben? Ist das ein mieser Trick der Bar-H, um einen lästigen Nachbarn loszuwerden?"
Buster Kincaid grinste scharf. "Mag schon sein. Was mit Viehdieben geschieht, wirst du ja wissen."
Duncan Riggs wurde der Hals eng. Ja, was oftmals mit Viehdieben geschah, wusste er. Der Atem fuhr wie eine scharfe Klinge durch seine Brust. Die Augen Kincaids zeigten eine unheimliche Drohung. Duncan Riggs schwieg, weil er plötzlich die ganze Wucht der Gefahr begriff, in der er sich befand. Er schielte nach seinem Gewehr.
Fast gemächlich zog jetzt Buster Kincaid den Colt.
Für Duncan Riggs gab es keine Fragen mehr. Seine Rechte zuckte zum Kolben der Winchester, der aus dem Sattelschuh ragte. Jeglichen anderen Gedankens beraubt war der Neufarmer nur noch von dem Willen besessen, sich seiner Haut zu wehren.
Kincaid jedoch schien unvermittelt zu explodieren. Und er tötete mit eiskalter Präzision.
Noch ehe Riggs das Gewehr aus dem Scabbard hatte, brüllte schon der Sechsschüsser in Kincaids Faust auf.
Duncan Riggs spürte den furchtbaren Schlag gegen die Brust, dann versank um ihn herum die Welt. Als er neben seinem Pferd auf den Boden krachte, war er schon tot. Das Tier tänzelte erregt. Das Blut des Neufarmers sickerte in den Staub.
Die Detonation war verhallt. Ohne jede Gemütsregung starrte Kincaid sekundenlang auf die leblose Gestalt, dann stieß er den Colt ins Holster und setzte sich in Bewegung.
Riggs lag auf dem Bauch. Mit dem Fuß drehte ihn Kincaid herum. Mitleidlos fixierte Kincaid das bleiche Gesicht, das die absolute Leere des Todes prägte.
Kincaid wandte sich ab. Er zog die Winchester Riggs' aus dem Scabbard, lud durch und feuerte einen Schuss in die Luft ab. Dann hebelte er noch einmal durch. Die Patrone wurde ausgeworfen und klimperte auf den Boden. Sie versank halb im Staub. Kincaid stieß das Gewehr wieder in das Sattelholster. Dann lud er den Toten auf das Pferd, nahm dem Bullen die Longe ab und band mit dem Strick die schlaffe Gestalt am Sattel fest.
"Alles muss seine Ordnung haben, mein Freund", murmelte Kincaid ungerührt. Dann führte er den Grulla-Hengst hinter das Wohnhaus und kletterte in den Sattel seines Pferdes.
*
ICH TRAF JOE IN DER Unterkunft hinter dem Court House, in dem Richter Jerome F. Humphrey die Fäden von Recht und Ordnung im Panhandle in seinen Händen hielt.
Mein Pferd stand im Stall des Distrikt Gerichts. Mein alter, gebrochener Sattel befand sich ebenfalls dort.
Es war ein Schlafraum mit sechs Bunks. Zu jeder dieser Feldliegen, die aus Armeebeständen stammten, gab es einen Spind für die persönlichen Dinge der Marshals.
An einem Tisch beim Fenster saß ein Mann. Er war schwarzhaarig, hatte ein dunkles Gesicht mit tiefen Furchen und harten Linien und trug eine schwarze Klappe über dem linken Auge. Ein mächtiger Schnurrbart verdeckte seine Oberlippe. An seiner Weste schimmerte ein Stern, der aus einem Stück Messingblech geschnitten war.
Dieser düstere Mister reinigte seinen Colt mit einem weichen Lappen. Die Waffe war zerlegt, die Bestandteile lagen auf einer alten Zeitung um ein Kännchen mit Öl herum.
Er hob den Kopf, als ich eintrat und blickte mir entgegen.
Joe, der auf seiner Bunk lag und die Hände hinter dem Kopf verschränkt hatte, setzte sich auf und rief: "Heh, Jim, da kommt Logan. Ich habe dir von ihm erzählt. Er hat ein paar Figuren von der Green Belt ziemlich klein gemacht."
Der düstere Mister legte den Coltlauf weg und erhob sich, umrundete den Tisch und näherte sich mir. Er war groß und hager wie ein Wüstenwolf und erinnerte mich an einen Piraten. Sein Händedruck war fest. Seine Stimme klang dunkel und kehlig. "Ich heiße Jim Tucker."
"Wir nennen ihn 'One Eye'", gab Joe grinsend zu verstehen. "Eine Schrotkugel hat ihm das Auge gekostet."
'One Eye' Jim Tucker kehrte zum Tisch zurück.
Joe grinste süffisant. "Na, Amigo, wie war's?"
Er wusste, dass ich von der Horseshoe Ranch kam.
Ich warf die Satteltaschen auf meine Liegestatt. Tucker kümmerte sich nicht mehr um uns. Ich wandte mich Joe zu. "Was erwartest du? Ich hab Jane und ihrem Jungen einen Besuch abgestattet. Sie hat mich mit frischem Apfelkuchen und Kaffee bewirtet und ich habe von ihr erfahren, dass die Green Belt sich ruhig hält."
"Apfelkuchen", echote Joe. "Warum finde ich niemand, der mir Apfelkuchen serviert?"
Ich grinste ihn an. "Sicher gibt es hier in Amarillo ein Restaurant..."
Joe winkte ab und erhob sich. Er reckte seine und knurrte: "Du hattest dein Vergnügen, Amigo. Jetzt kommt die harte Arbeit. Gehen wir hinüber in unser Office und fertigen wir einen Bericht über die Vorkommnisse am Alamocito Creek." Er seufzte. "Das Leben eines U.S.-Marshal besteht eben nicht nur aus reiten und kämpfen. Es gibt auch trübe Tage, an denen du am Federhalter kaust, dir verständliche Sätze ausdenkst und eine Menge Papier vollkritzelst. Du kannst doch hoffentlich schreiben?"
"Nun, ja..."
"Hervorragend." Joe klatschte in die Hände, griff nach seinem Hut, der an einem Nagel hing, den er in den Spind geschlagen hatte und stülpte ihn sich auf den Kopf. "Dann wollen wir mal."
Er schob mich zur Tür.
An das Courthouse war ein flaches Gebäude angebaut, in dem der Countysheriff und seine Deputys ihre Büros hatten. Im Keller dieses Gebäudes befanden sich die Gefängniszellen. Das Gerichtsgebäude mit den unzähligen Fenstern, die Mannschaftsunterkunft, der Stall und ein weiteres Gebäude waren im Karree um einen Innenhof errichtet. Der Wind trieb Staubwirbel über den freien Platz.
"Dieser 'One Eye' Jim Tucker", brach ich nach einer Weile das Schweigen, "ist er schon lange dabei?"
"Von Beginn an. Er ist ein hervorragender Mann. Sein Auge hat er als 17-jähriger verloren, als ein paar Banditen die Viehherde rauben wollten, die er mit einigen Männern zum Verkauf trieb. Seitdem hasst er jeden Gesetzlosen. Tucker ist der Härteste von allen. Ein Mann der Tat, der kaum redet. Er geht mit einem Gefängniswagen auf die Jagd. Oft ist er einen Monat lang unterwegs. Wenn er zurückkehrt, ist sein Fuhrwerk voll mit großen und kleinen Gesetzesbrechern."
Joe rückte sich den Hut aus der Stirn. Dann hob er beide Hände, ließ sie wieder sinken und hub erneut an: "Manchmal bringt 'One Eye' auch einen Karren voller Leichen. Er fackelt nicht. - Jetzt ölt er seine Waffen. Das bedeutet, dass er bald wieder auf Verbrecherjagd geht. Sein Jagdrevier ist die Grenze zum Indianerterritorium oben im Norden. Viele zwielichtige Gestalten treibt es da hinauf, weil sie in Oklahoma für einige Zeit in der Versenkung untertauchen möchten."
Wir betraten das Court House und befanden uns wenig später in unserem Office. Die Luft hier war abgestanden und muffig. Ich ging zum Fenster, um es in die Höhe zu schieben. Da sah ich den Reiter. Er führte einen Grulla-Hengst, und über dessen Rücken hing eine schlaffe Gestalt.
Vor dem Sheriff's Office verhielt er. Etwas ungelenk saß er ab.
"Joe", sagte ich über die Schulter. "Sieh mal."
Joe trat neben mich.
Unten war der Reiter abgesessen und in dem Anbau verschwunden, in dem der Sheriff und seine Deputys die Büros hatten.
"Gehen wir hinunter", meinte Joe, als er die Eindrücke, die sich ihm boten, verarbeitet hatte. Er schaute ernst.
Als wir auf die Straße traten, standen der Mann, der den Toten in die Stadt gebracht hatte, und Chris Tucker, der Sheriff, bei dem Grulla-Hengst mit der makabren Last.
Wir schlenderten näher und konnten bald schon hören, was der Reiter sagte. "...ich ihn zur Rede stellen wollte, griff er nach dem Gewehr und schoss auf mich. Ich musste mich meiner Haut wehren und zog den Colt. Eigentlich wollte ich ihn nur kampfunfähig schießen. Aber er sprang zur Seite - und genau hinein in meine Kugel."
Wir waren heran. Der Sheriff fixierte uns kurz. Es gab etwas an Chris Tucker, das mich störte. Er war arrogant und fast krankhaft selbstgefällig. Von Joe wusste ich, dass er sich gerne auf die Seite der PCC schlug. Joe verdächtigte ihn sogar der Korruption. Mein Freund würde der Sheriff wohl niemals werden.
Ich hatte ihn erst zwei- oder dreimal gesehen, seit ich U.S.-Marshal war. Und jedes Mal hatte Tucker mich spüren lassen, dass die Antipathie auf Gegenseitigkeit beruhte.
"Wer ist der Mann?", hörte ich Joe fragen. Er griff dem Toten in die Haare und hob seinen Kopf etwas an. Wir sahen das erstarrte Gesicht eines etwa 30-jährigen.
"Duncan Riggs", knurrte der Sheriff. "Kincaid folgte der Spur einiger gestohlener Rinder. Sie standen auf Riggs Weide am Mustang Creek. Riggs schoss auf Kincaid."
Kincaid! Es durchfuhr mich wie ein Blitzstrahl. Ich starrte den Burschen an. Er war groß und indianerhaft dunkel. Und er verströmte etwas, das mich fast körperlich berührte. Es war wie ein animalischer Geruch.
Sprach nicht Tex Sherman, der seit gestern Abend auf der Horseshoe Ranch arbeitete, von einem Kincaid, der in der Nähe von Fort Worth einen Raubmord begangen haben sollte?
Sagte Sherman nicht, dass die Spur des Mörders in den Panhandle führt?
O verdammt! Stand ich diesem Buster Kincaid gegenüber, den Sherman suchte, um ihn zur Rechenschaft zu ziehen?
Ich ließ mir nichts anmerken. Ich schluckte trocken und fragte: "Waren es Ihre Rinder, Kincaid, die er stahl?"
"Es waren die Rinder der Bar-H Ranch", kam es kühl zurück. "Ich arbeite dort als Weidedetektiv. Aus der Fährte, die die Rinder gezogen haben, konnte ich deutlich eine Pferdespur herauslesen. Dass Riggs nach dem Gewehr griff und auf mich feuerte, war so etwas wie ein Schuldeingeständnis."
Joe zog die Winchester aus dem Scabbard. Er hebelte eine Patrone nach der anderen heraus. Als die letzte am Boden lag, stieß er hervor: "Elf! Es fehlt tatsächlich ein Schuss."
Das Röhrenmagazin der Winchester 66 Carbine fasste in der Tat nur 12 Patronen.
"Das besagt gar nichts", murmelte ich.
"Was wollen Sie damit sagen?", fuhr mich Kincaid an.
"Dass eine fehlende Patrone kein Beweis ist, dass Riggs auf Sie geschossen hat."
Joe schnüffelte an der Mündung und am Schloss. "Geschossen wurde mit dieser Waffe", murmelte er und stieß sie wieder in den Sattelschuh.
"Auch das besagt nichts", erklärte ich kühl.
Kincaid schoss mir einen vernichtenden Blick zu.
Der Sheriff stieß grimmig hervor: "Ich werde den Fall untersuchen. Ihr Kerle vom District Court braucht eure Nasen nicht reinzustecken. Da es wohl keine Zeugen gibt, werde ich Kincaids Worten Glauben schenken."
So einfach war das.
"Seit wann fällt das Hartley County denn in Ihren Zuständigkeitsbereich, Tucker?", knurrte Joe.
Der Sheriff ging nicht darauf ein.
Ich wandte mich an Kincaid. "Seit wann arbeiten Sie schon für die Bar-H als Weidedetektiv?"
"Wenn das ein Verhör sein soll", herrschte Kincaid mich an, "dann geben Sie sich keine Mühe, Marshal. Ich werde dem Sheriff den Vorfall zu Protokoll geben, und er wird die notwendigen Ermittlungen anstellen. Ich habe Duncan Riggs in Notwehr getötet. Sich seiner Haut zu wehren verbietet kein Gesetz."
Er und der Sheriff ließen uns einfach stehen und verschwanden im Office.
"Gehen wir zum Richter", murmelte Joe. "Er wird den Sheriff zurückpfeifen. Der Tod dieses Duncan Riggs macht mich nachdenklich. Es stinkt zum Himmel, Amigo. Ich verwette ein altes, verlaustes Hemd gegen einen Monatslohn, dass hinter seinem Tod System steckt."
"Du denkst, dass die Bar-H anfängt, ihre Weidegrenzen zu säubern?"
Joe nickte.
Wir begaben uns zum Richter. Humphrey hörte sich unseren Bericht an. Ich erzählte ihm noch die Geschichte von Tex Sherman, der einem Mann namens Buster Kincaid in den Panhandle gefolgt war.
Die Stirn des Richters legte sich in Falten. Nachdenklich schaute er uns an. In seinem klar geschnittenen, aristokratisch anmutenden Gesicht arbeitete es. Dann sagte er: "All right, Marshals. Untersuchen Sie die Umstände, die zum Tod Duncan Riggs führten. Und befassen Sie sich mit diesem Kincaid. Wenn er tatsächlich bei Fort Worth einen Mord begangen hat, dann darf das nicht ungesühnt bleiben."
Eine halbe Stunde später schon brachen wir auf. Die Pferde trugen uns nach Nordwesten.
*
DREI TAGE WAREN VERSTRICHEN. Wir hatten am Mustang Creek außer der Kartusche, die aus dem Winchester 66 Carbine Duncan Riggs' stammte, nichts gefunden. Es war eine Randfeuerpatrone vom Kaliber .44in, und daher war jeder Zweifel ausgeschlossen.
In der Herde am Fluss standen tatsächlich ein Dutzend Rinder mit dem Bar-H Brand.
Ich war und blieb skeptisch. Weder die Rinder auf der Riggs-Weide noch die Patronenhülse waren ein schlüssiger Beweis dafür, dass es sich so zugetragen hatte, wie Kincaid es uns erzählte.
Wir hatten das Protokoll, das der Sheriff gefertigt hatte.
Unterschrieben war es mit dem Namen - Buster Kincaid.
Ja, er war der Mann, auf dessen Fährte Tex Sherman ritt. Der Name Kincaid kam sicherlich öfter vor. Aber dass der Vorname auch übereinstimmen sollte, hielt ich für nahezu ausgeschlossen.
Buster Kincaid hatte sich mir als eiskalter Gunslinger präsentiert. Er hatte, als er den toten Farmer in die Stadt brachte, nicht ein Quäntchen Gefühl gezeigt. Ich traute ihm einen skrupellosen Mord zu.
Allerdings durfte ich mich als U.S.-Marshal nicht von meinen Emotionen leiten lassen.
Ich war jedoch entschlossen, diesem Mister auf den Zahn zu fühlen. Schließlich war Riggs in dem Gebiet erschossen worden, das Joe und ich als U.S.-Marshals zu betreuen hatten.
Wir nahmen uns vor, am nächsten Tag zur Bar-H zu reiten.
Nun, ich konnte nicht ahnen, dass in dieser Stunde noch, in der Joe und ich gemeinsam unsere Berichte verfassten, die Sache mit Tex Sherman und Buster Kincaid eine besondere Bedeutung erlangte.
Der Satan verteilte bereits die Karten in dem höllischen Spiel, das Joe und mich erneut auf einen rauchigen und blutigen Trail zwingen sollte...
*
DIE KLEINE MANNSCHAFT der Horseshoe Ranch trieb die 50 Pferde in einen der Corrals am Stadtrand. Immer wieder versuchten einzelne Tiere auszubrechen. Rings um das Gatter standen Neugierige. Der wogende Staub, den die Hufe in die heiße Luft rissen, hielt sie nicht davon ab, den Cowboys bei der Arbeit zuzuschauen.
Es herrschte so etwas wie Jahrmarktstimmung auf dem Gelände vor der großen Stadt, auf dem der Pferde- und Rindermarkt abgehalten wurde. Es gab für die Kinder sogar ein kleines Karussell mit hölzernen Pferden, die zwei Jugendliche mit ihrer Körperkraft auf dem runden Podium zum Kreisen brachten.
Eine Drei-Mann-Kapelle gab ihr Bestes. Über einem großen Feuer wurde ein Ochse gebraten. An einigen mit Girlanden geschmückten Jahrmarktbuden mit irgendwelchen Attraktionen drängten sich die Besucher.
Einige Auktionatoren redeten sich schon die Münder fusselig, um die Pferde zum bestmöglichen Preis an den Mann zu bringen. Geschäfte wurden per Handschlag getätigt, viel Geld wechselte den Besitzer.
Als die Pferde der Horseshoe im Corral waren und sich Jane an den Versteigerer wenden wollte, um ihm die Liste mit den Mindestgeboten zu übergeben, trat Tex Sherman an sie heran. Schweiß rann über sein Gesicht und zog helle Spuren in die Staubschicht, die sich auf seine Haut gelegt hatte.
"Werde ich noch benötigt, Jane?", fragte er, nachdem er sich den Hals freigeräuspert hatte. "Ich würde gerne mal in der Stadt ein paar Erkundigungen wegen Buster Kincaid einziehen."
Sein Blick versank in dem Janes. Er schaute sie intensiver an, als es das, was er gesprochen hatte, erforderlich machte.
Jane wurde verlegen und errötete. Sein Blick bereitete ihr Unbehagen. Sie spürte, dass sich bei Sherman etwas entwickelte, das sie nicht zu erwidern vermochte.
"Dooley, Welsh und ich schaffen es schon", versetzte sie. "Gehen Sie nur, Tex. Und geben Sie auf sich acht. Amarillo wird an den Abenden des Pferdemarktes zum Sündenpfuhl."
Er ging zu einem Wasserfass, wusch sich Staub und Schweiß aus dem Gesicht und trocknete sich mit seinem Halstuch ab. Noch kurze Zeit beobachtete er Jane, die sich an den Auktionator gewandt hatte und mit diesem sprach. Mit einer ausholenden Armbewegung wies sie über das Rudel erstklassiger Pferde in dem Stangencorral.
Sherman ging zu seinem Pferd, das er an einer der Querstangen festgebunden hatte. Er machte es los und stieg auf. Ehe er in Richtung Stadt ritt, suchte sein Blick noch einmal Jane. Als spürte sie es, dass er sie anstarrte, drehte sie sich zu ihm herum. Er lachte ihr zu und winkte. Dann nahm er seinen Braunen um die rechte Hand und ließ die Zügel locker.
Aus dem ganzen Panhandle waren die Ranchbosse und ihre Cowboys nach Amarillo gekommen. Auch einige Farmer boten ihre Erzeugnisse an. An den Haltebalken der Saloon drängten sich die Pferde. Verworrener Lärm durchzog die Stadt.
Vor dem 'Blue Bird Saloon' saß Sherman an. Er stellte sein Pferd in die Reihe der anderen Tiere, die hier standen und mit den Schweifen nach den lästigen, blutsaugenden Bremsen an ihren Flanken schlugen.
Tex Sherman stieg die vier Stufen zum Vorbau hinauf und stieß die Pendel der Flügeltür auseinander. Tabakqualm trieb ihm entgegen. Stimmen schwirrten durcheinander. Gelächter ertönte. Der Geruch von Bier und Schweiß erfüllte den Schankraum. Hinter der Theke hantierten zwei Keeper mit Gläsern und Flaschen. Eine Handvoll hübscher Girls bedienten die Gäste an den Tischen. Am Tresen standen die Burschen in Zweierreihe.
Sherman wurde kaum beachtet. Er trat an das Ende der Theke, schob sich zwischen zwei Kerlen hindurch und wartete, dass ihn einer der Keeper nach seinem Wunsch fragte.
Einer der Burschen neben ihm am Tresen stieß ihn an und sagte: "Heh, Stranger, von welcher Ranch kommst du? Dich hab ich noch nie gesehen. Für welches Brandzeichen drückst du den Sattel?"
Der Bursche hielt ein Glas Brandy in der Rechten und drehte es in der Hand. Fordernd schaute er Tex an. Seine Augen waren schon etwas gerötet vom Alkohol.
"Warum willst du das wissen, Amigo? Ist es nicht egal, auf welcher Ranch ich den Sattel quetsche? Ich hab dich auch noch nie gesehen. Sicher kennen dich und mich die wenigsten hier. Der Panhandle ist groß."
"Sag es mir!", beharrte der Cowboy auf seiner Forderung. "Ich bin von der Green Belt. Du hast dich zwischen mich und meinen Gefährten gedrängt. Wir haben uns gerade unterhalten. Das ist nicht gerade die feine Art, Stranger."
"Tut mir leid", murmelte Sherman, der keinen Ärger mit dem Burschen wollte. "Ich lasse mir nur ein Glas Bier geben und dann bin ich schon wieder fort. Tut mir echt leid, wenn ich eure Unterhaltung gestört habe."
Der andere der beiden, zwischen die er sich gedrängt hatte, versetzte ihm einen groben Stoß in den Rücken. "Warum entschuldigst du dich bei Rossiter? Meine Unterhaltung hast du auch gestört."
Shermans Züge verschlossen sich. Er drehte den Kopf zu dem anderen herum. "Die Entschuldigung galt für beide, mein Freund", sprach er ruhig, fast sanft. "Du wirst dich damit zufrieden geben müssen."
"Nein, damit gebe ich mich nicht zufrieden, Hombre." Der Bursche schüttelte stur den Kopf. Auch er hatte schon mehr Brandy intus als ihm gut tat. Er trat einen Schritt von der Theke weg. "Du wirst dich jetzt auch bei mir entschuldigen. So richtig wie ein artiger Junge. Du sagst: Entschuldige, Mister Donelly, dass ich deine Unterhaltung mit Mister Rossiter gestört habe. Ich bitte tausend Mal um Entschuldigung. Los, sag es!"
Die beiden waren auf Verdruss aus. Sherman spürte es ganz deutlich. Der Verstand sagte ihm, dass er klein beigeben sollte. Sein Stolz aber ließ es nicht zu, dass er sich vor den beiden Kuhtreibern demütigte. Darum stieß er abgehackt hervor: "Du solltest nicht soviel Brandy in dich hineinschütten, mein Freund, wenn du ihn nicht verträgst. Oder ist es gar nicht der Brandy? Hast du vielleicht Kuhmist in der Birne? Und du bist gar nicht betrunken sondern blöd!"
Ron Donelly prallte regelrecht zurück.
Es dauerte etwas, bis er das verarbeitet hatte. Plötzlich aber veränderte Wut seine Miene. Aus seinem Mund brach ein zorniges Keuchen, dann grollte sein Organ: "Dafür schlag ich dich in Stücke, Mister. Yeah, ich werde dir dein großes Maul mit den Fäusten stopfen."
Und Dave Rossiter zischte gehässig: "Und wenn Ron dir die heilige Mannesfurcht eingebläut hat, dann kriegst du von mir den Rest, Hombre. Bevor wir dich aber klein machen, sag uns trotzdem, auf welcher Ranch zu arbeitest. Dann können wir deine Kumpel verständigen, damit sie die Überreste von dir zusammenfegen."
"Ich stehe auf der Lohnliste der Horseshoe Ranch", knurrte Sherman und schlug zu.
Ron Donelly bekam seine Faust gegen das Jochbein. Sein Kopf wurde auf die Schulter gedrückt, ein erschreckter Laut kämpfte sich in seiner Brust hoch und erstickte in der Kehle.
Aber das bekam Sherman schon nicht mehr mit. Wild hatte er sich Dave Rossiter zugewandt. Und dem hämmerte erst die Linke, und sogleich die Rechte in den Leib. Rossiters Mund klaffte auf, seine Augen weiteten sich, die beiden Schläge nahmen ihm die Luft und er japste wie ein Karpfen auf Landgang.
Sofort bildete sich ein Kreis aus Leibern um die drei. Selbst wenn Tex Sherman fliehen wollte: Die Rotte stand Schulter an Schulter und bildete eine Mauer, die zu durchdringen ihm unmöglich gewesen wäre.
Dave Rossiter presste beide Hände vor den Bauch und wankte zur Seite. Plötzlich konnte er durchatmen. Mit Vehemenz füllten sich seine Lungen mit Luft. Ein Hustenreiz befiel ihn. Er artete aus zu einem richtigen Anfall. Er hustete sich fast die Lunge aus dem Leib.
Donelly aber hatte sich von dem Haken erholt, der ihm das Hirn durch und durch geschüttelt hatte. Der Schlag schien ihn ernüchtert zu haben. Er grollte: "Jetzt kriegst du es, Mister. Jetzt mache ich dich alle. Pass auf..."
*
EIN BLICK IN DONELLYS Gesicht führte Sherman die ganze Gefährlichkeit, Unberechenbarkeit und Verschlagenheit dieses Burschen vor Augen. Und er stellte sich auf jedwede Heimtücke und Gemeinheit von Seiten seines Gegners ein.
Donelly winkelte die Arme an und ballte die Hände. Auch Sherman nahm Kampfstellung ein. Die Blicke der beiden Männer verkrallten sich ineinander. In Donellys Augen flackerte es jäh auf, ein böses Glitzern trat in sie - sein Bein zuckte unvermutet und ansatzlos hoch.
Donelly wollte dem Kampf in heimtückischer Weise ein schnelles Ende bereiten. Er wollte den Gegner kampfunfähig machen und ihm dann gnadenlos den Rest geben. Das Wort Fairness war diesem Burschen fremd. Einen Ehrenkodex kannte er nicht. Er wollte zerschlagen, vernichten – er wollte den anderen zertrümmern.
Tex Sherman jedoch war auf der Hut. Er wich zurück und prallte mit dem Rücken gegen den Tresen. Mit beiden Händen konnte er den gemeinen Tritt abfangen, mit einem Ruck drehte er Donellys Fuß nach rechts und verdrehte so dessen Bein. Donelly versuchte - mit beiden Armen verzweifelt rudernd -, das Gleichgewicht zu bewahren, und es gelang ihm, sein Bein aus Shermans Händen zu winden.
Ein tiefes Knurren entrang sich ihm, dem Knurren einer wütenden Dogge nicht unähnlich. Im nächsten Moment hechtete er auf Sherman zu. Und dieser konnte nicht weiter zurückweichen, denn der Schanktisch behinderte ihn. Er empfing Donelly mit einer kurzgeschlagenen Doublette auf die Rippen. Donelly wurde die Luft aus den Lungen gedrückt. Ein Schwall heißer Atemluft streifte Shermans Gesicht. Sonst aber schienen Donelly die beiden Haken kaum etwas auszumachen. Seine Arme legten sich wie Stahlklammern um Shermans Oberkörper und pressten ihm mit unwiderstehlicher Gewalt die Arme gegen den Leib.
"Ich zerdrücke dich zu Brei!", quetschte Donelly zwischen den Zähnen hervor. "Was von dir übrig bleibt, werfe ich den Schweinen zum Fraß vor."
Tex Sherman hatte das Gefühl, zwischen den Backen eines riesigen Schraubstocks eingeklemmt zu sein. Donelly entwickelte fast übermenschliche Kräfte. Seine grenzenlose Wut und der Wille, den Gegner zu vernichten, verliehen sie ihm.
Sherman wusste, dass er diesem immensen Druck nicht mehr lange standhalten konnte. Seine Lungen bekamen schon nicht mehr den nötigen Sauerstoff. In Shermans Kopf entstand ein gewaltiger Druck, in seinen Ohren brauste es, er verspürte Schwindelgefühl. Alles in ihm bäumte sich dagegen auf, sich in der beginnenden Benommenheit treiben zu lassen und vielleicht in die Besinnungslosigkeit abzugleiten.
"Ja, zerquetsche ihn!", hechelte Dave Rossiter, der immer noch keuchte und hustete und dem die Tränen über die Wangen liefen. "Zerquetsche ihn wie eine Laus!"
In Tex Shermans Augen glühte der Wille auf, diesen Kampf zu gewinnen. Der Widerstandswille überwand alle körperlichen Nöte. Tief holte Sherman Luft. Seine Schultern hoben sich, er schien plötzlich zu wachsen. Einen Herzschlag lang spürte er, wie sich der Druck um seinen Oberkörper verringerte, und ehe Donelly nachfassen und ihn wieder verstärken konnte, explodierte Sherman. Er sprengte Donellys Umklammerung mit einem kraftvollen, abrupten Ruck seiner Arme und knallte seinem Gegner in blitzschneller Folge erst die rechte und dann die linke Faust in den Magen. Donellys Lippen sprangen auseinander, ein gehetzter Ton entfuhr ihm, die Augen quollen ihm aus den Höhlen und er krümmte sich Sherman entgegen.
Aber Tex Sherman versetzte ihm lediglich einen derben Stoß, der Donelly zurücktaumeln ließ. So verschaffte Sherman sich Bewegungsfreiheit. Der Druck in seinen Ohren ließ nach. Er bekam die Rebellion seiner Gefühle wieder in den Griff. Herzschlag und Puls nahmen wieder den normalen Rhythmus auf.
Sie belauerten sich. Keinem entging auch nur ein Wimpernzucken des anderen. Donelly fing an, Sherman zu umrunden. Sherman drehte sich langsam auf der Stelle. Unvermittelt drückte sich Donelly ab. Er flog regelrecht auf Sherman zu. Dieser tauchte zur Seite weg. Donelly taumelte an ihm vorbei ins Leere und kam erst unmittelbar vor der Mauer aus Leibern, die den Kampfplatz eingrenzte, zum Stehen.
Da war Sherman schon wieder heran. Donelly spürte Shermans harten Griff an der Schulter und wurde im nächsten Augenblick herumgewirbelt. Instinktiv duckte er sich, Shermans Faust wischte über seinen Kopf hinweg. Und nun ließ Donelly seine Faust fliegen. Sie donnerte gegen Shermans Brust und der krachende Schlag stieß Sherman zwei Schritte zurück. Er atmete hart und stoßweise, und sah Donelly erneut auf sich zuschnellen. Wie Dreschflegel wirbelten Donellys Arme durch die Luft. Sherman hatte Mühe, den Schlägen auszuweichen. Donellys Faust radierte über seine Schläfe, dann wurde Sherman am Kinn getroffen. Er blockte zwei, drei weitere Schwinger ab und als sich Donelly wieder auf ihn werfen wollte, glitt er tänzerisch einen Schritt zur Seite.
Mit einem wüsten Fluch auf den Lippen fuhr Donelly zu ihm herum. Aus der Drehung heraus schickte er die Rechte auf die Reise. Sherman wehrte den Schlag mit dem Unterarm ab. Gleichzeitig holte mit der Rechten zu einem mörderischen Schwinger aus. Wie ein Dampfhammer kam der Schlag aus der Hüfte, knochentrocken knallte die Faust gegen Donellys Kinn. Der Treffer stellte Donelly auf die Zehenspitzen. Shermans nächster Haken trieb ihn zurück, ließ ihn schwanken und seinen Kopf haltlos von einer Seite auf die andere pendeln. Er zeigte Benommenheit, schien einen Moment lang völlig orientierungslos zu sein, wurde aber aus seiner Betäubung gerissen, als er Sherman wie durch eine Nebelwand auf sich zukommen sah.
Übergangslos befiel Ron Donelly die Angst, dass er diesen Kampf verlieren könnte. Sein Verstand blockierte, das Herz drohte ihm in der Brust zu zerspringen. Es war fast Panik, die in ihm hochspülte und die ihn seine Lähmung, diese kaum zu überwindende Starre, abschütteln ließ.
Dazu kam, dass Donelly ein harter Brocken war, ein Mann aus Stahl. Und dann war da noch der Hass auf Sherman, der ihn bisher regelrecht vorgeführt hatte, der Donelly antrieb und beflügelte.
Aus blutunterlaufenen Augen stierte er Sherman an. Und dann trat er in Aktion. Seine Fäuste flogen. Sein Verstand schien ausgeschaltet zu sein, die blinde Wut diktierte ihn. Ein einziger seiner Heumacher hätte sicher ein Longhorn von den Beinen geholt. Aber seine Schwinger und Uppercuts pfiffen ins Leere. Denn im Gegensatz zu ihm behielt Tex Sherman seinen klaren Kopf. Geschmeidig wich er aus, er blieb in den Knien elastisch, tänzelte hin und her und bot Donelly keine Blöße.
Wieder zischten Donellys Fäuste über seinen Kopf hinweg. Sherman befand sich fast in der Hocke. Er zog einen Schwinger nach oben und seine Faust bohrte sich in Donellys Leib. Donelly knickte in der Mitte ein, instinktiv zuckten seine Arme nach vorne, doch Sherman kam behände hoch, sein Haken donnerte gegen Donellys Kinnwinkel, drückte seinen Kopf auf die Schulter und schleuderte ihn zur Seite.
Wieder torkelte Donelly gegen die Wand aus Leibern, gierig sog er die Luft in seine Lungen. Sein Gesicht zeigte schon Schwellungen, Blutergüsse und kleine Platzwunden. Seine Brust hob und senkte sich unter rasselnden Atemzügen.
Sherman wartete. Ihm entging nicht die Not Donellys, und dessen momentane Schwäche wollte er nicht ausnutzen. Vielleicht war es ein Fehler, fair zu sein, aber Sherman konnte nun einmal nicht aus seiner Haut. Also ließ er seinem Gegner Zeit, neue Kräfte und Energien zu mobilisieren.
Doch jetzt war es Dave Rossiter, der das Ruder herumreißen wollte. Er hatte seinen Hustenanfall überwunden. Ihm entging nicht, dass sein Kumpel Ron ziemlich angeschlagen war. Donelly keuchte und schwankte wie ein Grashalm im Wind.
Rossiter stürzte sich mit einem wilden, hassvollen Aufschrei und wild schwingenden Armen auf Tex Sherman.
Ehe Sherman richtig begriff, musste er zwei knochentrockene Haken einstecken. Er taumelte und sah Sterne. Instinktiv sprang er zurück. Zwei weitere Schwinger Rossiters pfiffen ins Leere. Aus den Nebeln der Benommenheit schälte sich das Gesicht des Green Belt-Reiters. Sherman wich weiter zurück. Jemand versetzte ihm einen Stoß und er taumelte Rossiter entgegen. In dessen Augen glühte es triumphierend auf...
Da peitschte eine Stimme: "Schluss! Verdammt! Aufhören!"
Zwei Männer bahnten sich rücksichtslos einen Weg durch die Rotte der Schaulustigen. Sie trugen abgesägte Schrotflinten mit sich. An ihren Westen prangten Sterne. Es waren zwei Deputys.
Rossiter, der die Faust schon erhoben hatte, um sie dem vorwärtstaumelnden Tex Sherman mitten ins Gesicht zu rammen, hielt inne.
"Okay!", stieß einer der Deputys hervor. "Wer von euch Narren hat angefangen?"
Abwechselnd musterte er mit fragendem Blick die beiden Green Belt-Reiter und Tex Sherman. Plötzlich stutzte er. Er trat einen Schritt näher an Sherman heran und starrte ihm aus nächster Nähe ins Gesicht. "Heh, Mister, woher kenne ich Sie? Sagen Sie mir Ihren Namen."
"Sherman. Ich heiße Tex Sherman. Ich bin erst seit wenigen Tagen in der Gegend. Die Horseshoe Ranch hat mir einen Job geboten. Wir haben Pferde in die Stadt gebracht. Ich wollte mir hier ein Bier genehmigen..."
Grübelnd und forschend musterte der Deputy Tex Sherman.
Plötzlich schnappte der andere Bursche mit dem Stern: "Natürlich, ich kenne ihn auch. Es ist Lance Bannister, der in der Nähe von Fort Worth seinen Boss abgeknallt hat. Er ist zur Fahndung ausgeschrieben. Der Steckbrief ist fast noch druckfrisch."
Lance Bannister alias Tex Sherman handelte ansatzlos. Er rammte den Deputy mit der Schulter zur Seite und war mit einem kraftvollen Satz in der Menge untergetaucht, die sie einkreiste. Einige Männer stürzten. Andere hatte damit zu tun, ihr Gleichgewicht zu wahren.
Rücksichtslos bahnte Lance Bannister sich einen Weg. Geschrei erhob sich, Flüche wurden laut.
"Haltet ihn auf!", brüllte einer der Deputys mit kippender Stimme.
Doch Bannister hetzte bereits zwischen den Tischreihen hindurch zum Ausgang. Hinter ihm wälzte sich ein Knäuel aus Leibern am Boden.
"Hinterher!", röhrte ein Organ.
Da sprang Bannister schon auf den Vorbau. Wild schlugen hinter ihm die Türpendel.
*
LANCE BANNISTER WANDTE sich nach links. Seine Schritte dröhnten auf dem Vorbau. Er sprang auf den Gehsteig, tauchte unter dem Geländer hindurch und befand sich am Rand der Fahrbahn. Er spurtete los. Passanten blieben verdutzt stehen und blickten ihm hinterher.
"Stehen bleiben!", gellte es. Die Deputies hatten sich den Weg nach draußen ebenfalls freigekämpft. Einer riss den Colt heraus und schoss in die Luft.
Sofort entstand auf der Straße Hektik. Die Menschen verschwanden blitzschnell in Gassen, Passagen und Häusern.
Die beiden Deputys hetzten los. Bannisters Vorsprung betrug etwa 50 Schritte. Er rannte schräg über die Fahrbahn und verschwand in einer engen Gasse. Es war eine Sackgasse. Nach 20 Yards etwa war Schluss. Bannister sah es sofort. Eigentlich war es nur eine Zufahrt zu einem riesigen Schuppen, wahrscheinlich einer Lagerhalle. Bei dem Gebäude war jedenfalls Schluss.
Aber zurück konnte Bannister nicht mehr. Die beiden Sternträger waren nahe genug heran, um ihn mit ihren Shotguns in Hackfleisch zu verwandeln.
Lance Bannister riss seinen Colt heraus und hastete weiter.
Das Tor des Schuppens war geschlossen. Aber daneben war eine Tür. Sie ließ sich öffnen.
In der Gasse trampelten die Schritte der Deputys. In dem Moment, als Bannister die Schuppentür aufriss, zog einer durch. Aber da war Bannister schon in Sicherheit. Die Schrotladung prasselte in die Schuppenwand und in die Tür, die Bannister hinter sich zugeworfen hatte.
Um ihn war es düster. Durch einige Ritzen in den Bretterwänden fielen dünne Lichtstreifen. Es roch nach Heu und Stroh und nach Getreide. Überall an den Wänden waren prall gefüllte Säcke übereinander gelagert. Bannister sagte sich, dass er im Lagerhaus der Futtermittelhandlung gelandet sei.
Er rannte zur Rückwand des Schuppens und ging hinter einem Stapel der Getreidesäcke in Deckung.
Vorne wurde vorsichtig die Tür aufgestoßen. Tageslicht flutete ein Stück in den Schuppen. Es erreichte die rückwärtige Seite nicht. Einer tönte: "Komm raus, Bannister! Oder müssen wir dich rausholen? Dann wird es hart und bitter für dich."
Der Geächtete rührte sich nicht. Er spähte über die Säcke hinweg. Seine Rechte hatte sich regelrecht am Revolverknauf festgesaugt.
Ein Schuss krachte. Mit dem donnerähnlichen Knall glitt eine Gestalt um den Türstock. Ein wahrer Hagel aus groben Sauposten prasselte gegen die Rückwand und in die Säcke mit Hafer und Mais. Getreide rieselte auf den Boden. Der ätzende Geruch von verbranntem Pulver zog durch die Lagerhalle.
Der Deputy war hinter einem Berg von Säcken verschwunden. Bannister vernahm das trockene Knacken, mit dem er den Hahn des Colts in die Feuerrast zog.
Wieder brüllte eine Shotgun auf. Wieder prasselten die Bleikörner wie ein Hagelschauer durch den Schuppen. Und jetzt begann der Colt des Deputys zu hämmern, der bereits in der Halle war. Er feuerte seine Kugel blindlings in die Gegend und ermöglichte es seinem Kollegen, in den Schuppen zu gleiten und in Deckung zu gehen.
Schlagartig verstummte sein Colt. Wie Nebel wogte über dem Stapel von Säcken der Pulverdampf.
Bannister hatte noch keinen einzigen Schuss abgegeben. Krampfhaft suchte er nach einem Ausweg. Wenn er einen der Deputys verletzte oder gar tötete verschlimmerte er seine Lage nur.
Aber hatte er überhaupt noch etwas zu verlieren?
Die Bereitschaft in ihm, sich den Weg notfalls freizuschießen, wurde zur grimmigen Entschlossenheit. Jeden Moment konnten weitere Hilfssheriffs auftauchen. Und wenn der Schuppen erst einmal umstellt war, saß er wie ein Fuchs im Hühnerstall in der Falle.
Hinter Bannister war die Rückwand. Es war die einzige Möglichkeit, den Schuppen zu verlassen, ohne den Deputys sein Blei um die Ohren knallen zu müssen. Er setzte sich auf den Boden und stemmte sich mit dem Rücken gegen den Stapel aus Säcken. Bannister zog die Beine an und ließ sie sogleich mit aller Kraft nach vorne schnellen. Die Wand wurde erschüttert. Es knirschte rostig, als die Nägel, die die Bretter am Querbalken hielten, ein Stück aus dem Holz glitten. Bannister benutzte noch einmal die Beine wie Rammböcke. Die beiden Bretter hingen nur noch an den oberen Nägeln.
"Verdammt, er tritt die Rückwand hinaus!", schrie einer der Deputys. "Warum kommt nicht endlich Verstärkung, damit wir den Schuppen umstellen können?"
Bannister war ein wenig zur Seite gerutscht und nahm sich die nächsten beiden Bretter vor. Wieder ging eine Erschütterung durch die Wand. Wieder knarrte und knirschte es. Er prellte sich die Beine, aber er ignorierte es. Der nächste Tritt fetzte die Bretter vom unteren Balken. Aber noch hingen sie an dem Querbalken, der sich in einer Höhe von etwa zweieinhalb Yards über mehrere Stützpfeiler zog.
Bannister erhob sich, äugte über die Säcke hinweg und sah einen der Deputys die Stellung wechseln. Der Bursche rannte geduckt zur Seitenwand. Als Bannister seinen Arm mit dem Colt über die Säcke schwang, begann bei dem anderen Hilfssheriff der Colt zu krachen. Gedankenschnell zog Bannister den Kopf ein und jagte blindlings zwei Schüsse aus dem Lauf.
Ein schriller Aufschrei ertönte, dann ein dumpfer Fall, und dann eine schmerzgepresste Stimme: "O verdammt, er hat mir eine Kugel in die Wade geknallt. Die Hölle verschlinge diesen dreckigen Banditen!"
Lance Bannister warf sich mit seinem ganzen Gewicht gegen die losgetretenen Bretter. Sie hielten nicht stand. Sie flogen davon, als wäre in dem Lagerhaus eine Ladung Dynamit hochgegangen. Und Bannister flog hinterher. Einige Kugeln folgten ihm. Der Donner stieß aus der Lücke in der Schuppenwand und über Bannister hinweg, der auf dem Bauch lag und jetzt schnell zur Seite robbte.
Dann sprang er auf. Er flankte über einen Gartenzaun und verschwand hinter dichtem Gebüsch.