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Championship des Todes: Owen Burke #60

©2016 80 Seiten

Zusammenfassung

Special Agent Owen Burke: Championship des Todes
Krimi von Pete Hackett

Der Umfang dieses Buchs entspricht 77 Taschenbuchseiten.

Kurz nachdem die Special Agents Owen Burke und Ron Harris um 8 Uhr ihren Dienst angetreten hatten, wurden sie zum Assistant Director zitiert. Nachdem er sie begrüßt hatte und sie an dem kleinen Konferenztisch Platz genommen hatten, sagte der AD: „Gestern Abend wurde in seinem Hotelzimmer Earl Newton ermordet.“

„Der ist doch der amtierende WWE-Meister“, entfuhr es Owen Burke. „Der Inhaber der Championship.“

„Genau der“, antwortete der AD. „Soeben wurde ich durch die Mordkommission informiert. Es hat im Vorfeld eine Drohung gegeben. Newton sollte den Kampf gegen Marudas verlieren. Wenn nicht, würde man ihn und auch seinen Manager töten. Newton und Rollins haben diese Warnung wohl nicht ernst genug genommen.“

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Special Agent Owen Burke: Championship des Todes

Krimi von Pete Hackett

Der Umfang dieses Buchs entspricht 77 Taschenbuchseiten.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author / Cover Firuz Askin

© dieser Ausgabe 2016 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen.

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1

Kurz nachdem die Special Agents Owen Burke und Ron Harris um 8 Uhr ihren Dienst angetreten hatten, wurden sie zum Assistant Director zitiert. Nachdem er sie begrüßt hatte und sie an dem kleinen Konferenztisch Platz genommen hatten, sagte der AD: „Gestern Abend wurde in seinem Hotelzimmer Earl Newton ermordet.“

„Der ist doch der amtierende WWE-Meister“, entfuhr es Owen Burke. „Der Inhaber der Championship.“

„Genau der“, antwortete der AD. „Soeben wurde ich durch die Mordkommission informiert. Es hat im Vorfeld eine Drohung gegeben. Newton sollte den Kampf gegen Marudas verlieren. Wenn nicht, würde man ihn und auch seinen Manager töten. Newton und Rollins haben diese Warnung wohl nicht ernst genug genommen.“

„Rollins?“, echote Ron Harris.

„Newtons Manager“, erklärte der AD.

„Gibt es einen Verdächtigen?“, erkundigte sich Owen Burke, nachdem er seine Betroffenheit überwunden hatte.

„Nein“, antwortete der AD. „Es ist jedoch zu befürchten, dass Rollins dasselbe Schicksal widerfährt wie seinem Schützling. Ich will daher, dass Sie Rollins Personenschutz gewähren und gleichzeitig den Mord an Newton aufklären. Bei Ihnen beiden, denke ich, ist der Fall in den besten Händen.“

„Nachdem sich Rollins auf der Abschussliste des geheimnisvollen Burschen befindet, der Marudas mit dem Wrestling-Meistergürtel geschmückt sehen will“, sagte Ron Harris, „kommen wir über ihn vielleicht an den Mörder ran.“

Der AD musterte den Special Agent versonnen. „Das würde bedeuten, dass wir Rollins als Köder benutzen.“ Der AD verzog den Mund, dann schüttelte er den Kopf. „So einfach können wir es uns nicht machen. Das kann nämlich ins Auge gehen. Er ist unser Schützling und ihm darf nichts geschehen.“

Burke wechselte mit Ron Harris einen schnellen Blick. Dem AD entging es nicht und er hob mahnend den Zeigefinger. „Das will ich auf keinen Fall, Agents“, gab er zu verstehen. „Rollins wohnt im ‚The Mark’ in der 77th Street. Quartieren Sie ihn irgendwo anders ein und beschützen sie ihn. Und - bringen Sie mir den Mörder Newtons.“

„Wir tun, was wir können“, versprach Burke und erhob sich. „Go on, Ron, wir fahren in die 77th Street.“

Dennis Rollins war ziemlich fertig mit den Nerven. Der Tod seines Schützlings setzte ihm zu, und er musste um sein eigenes Leben bangen. „Wir hätten die Herausforderung nicht annehmen sollen“, presste er hervor. „Oder den Kampf absagen, nachdem die Drohung einging. Mein Gott, ich habe Earl noch ermutigt, ungeachtet der Drohung in diesem Kampf alles zu geben. Ich dachte doch nicht, dass sie derart ernst zu nehmen ist.“

„Wer kann Interesse daran haben, dass Marudas die Championship gewinnt?“, fragte Burke

Rollins schaute ihn an, als hätte er eine absolut dümmliche Frage gestellt. Seine Stirn legte sich in Falten. „Wer schon?“, stieß er schließlich hervor. „Natürlich Marudas selbst und sein Manager.“

Das war das Naheliegenste. Aber gerade weil es so war, konnte Burke sich mit dem Gedanken nicht anfreunden. „Wir quartieren Sie zunächst mal im ‚The Pickwick Arms’ ein“, sagte er. „Packen Sie Ihr Zeug zusammen, Mr Rollins. Wir bringen sie zu dem Hotel.“

Das ‚The Pickwick Arms’ lag in der 51th Street zwischen Second und Third Avenue. Die Agents chauffierten Rollins mit dem Dodge hin.

Rollins bekam ein Zimmer in dem Hotel. Es lag im dritten Stock. Nummer 314. Die Agents begleiteten ihn hinauf. Oben packte er seine Habseligkeiten aus und räumte sie in den Schrank ein.

„Mein Kollege und ich werden uns in Ihrer Bewachung abwechseln“, erklärte Owen Burke und schaute Ron Harris an. „Wir machen es wie wir es vereinbart haben. Du bleibst den Tag über hier. Ich werde mir Marudas und seinen Manager ansehen.“

Harris nickte.

Marudas und sein Betreuerstab hatten im ‚The Carlyle’ gewohnt. An der Rezeption erfuhr Burke, dass sie am Vortag bereits mit dem Ziel Minneapolis, wo sie lebten, abgereist waren.

Burke rief seinen Vorgesetzten an. „Was meinen Sie, Sir?“, fragte er. „Sollen wir die Kollegen in Minneapolis einschalten und mit der Vernehmung beauftragen, oder soll ich hinfliegen?“

„Es wäre mir lieb, wenn Sie es selbst in die Hand nehmen würden, Agent.“

Also buchte Burke für den nächsten Tag einen Flug nach Minneapolis.

Nachdem er den Flug gebucht hatte, rief er seinen Kollegen Harris an, der erklärte, dass alles in Ordnung sei. Burke berichtete ihm, dass er am folgenden Tag nach Minneapolis fliegen würde.

„Also bleibe ich auch die Nacht über im ‚The Pickwick Arms’“, murmelte Ron. „Hoffentlich schnarcht der gute Rollins nicht.“

„Wo ist er jetzt?“

„Im Badezimmer. Er duscht sich.“

„Ich kann den Chef bitten, dich die Nacht über ablösen zu lassen“, gab Burke zu verstehen.

„Nicht nötig, Owen. Ich halte die Stellung.“

„Ich melde mich bei dir, sobald ich aus Minneapolis zurück bin“, versicherte Burke, dann beendete er das Gespräch.

Burke begab sich ins Field Office. Es war 11 Uhr vorbei, als er dort ankam. Er fuhr seinen PC hoch, dann griff er zum Telefon und hatte gleich drauf die Mordkommission Manhattan an der Strippe. Der Special Agent erkundigte sich, was die Spurensicherung ergeben hatte.

Das Ergebnis war absolut enttäuschend. Es gab in dem Hotelzimmer keine Fingerabdrücke, die auf den Täter hingewiesen hätten, kein verwertbares DNA Material – nichts. Nur eines war sicher: Newton war mit einem Geschoss vom Kaliber 9 Millimeter Luger getötet worden.

„Wir haben es mit einem Profi zu tun“, meinte der Kollege von der Mordkommission.

„Wahrscheinlich“, gab Burke zurück. „Dennoch - vielen Dank.“

Der Special Agent legte auf. Seine Gedanken arbeiteten. Sie hatten einen ermordeten Wrestling-Meister und seinen mit dem Tod bedrohten Manager. Wer konnte außer Raymond Marudas und seinem Manager Gene Martin noch Interesse daran haben, dass sich Marudas die Championship holt?

Wer auch immer Interesse daran hatte, dass Marudas Inhaber der WWE-Championship wurde, sinnierte Burke weiter, er würde auch Marudas’ nächstem Gegner zusetzen und ihn bedrohen.

‚Wir haben es mit einem Profi zu tun’, hatte der Kollege gesagt. Einem Auftragskiller. Steckte eine Mafia dahinter? Ging es wirklich nur darum, Raymond Marudas auf den Meisterthron zu hieven?

Burke kam auf keinen grünen Zweig. In welche Richtung er auch dachte - es war und blieb Vermutung. Und so hoffte er, dass ihn der Trip nach Minneapolis weiter brachte.

2

Es war nach Mitternacht, als Owen Burkes Handy dudelte. Schlaftrunken nahm er das Gespräch an. „Rollins wurde entführt“, sagte Ron Harris, und seine Stimme klang ziemlich mitgenommen. „Mich hat der Kidnapper niedergeschlagen, gefesselt und geknebelt. Es ist meine Schuld. Ich habe mich wie ein blutiges Greenhorn übertölpeln lassen.“

Burke war wie elektrisiert. „Wie konnte das geschehen?“

Nachdem Ron Harris mit knappen Worten den Ablauf der Entführung geschildert hatte, fragte Burke: „Hast du schon das Police Department verständigt?“

„Ja. Die Fahndung läuft bereits an. Wobei nicht bekannt ist, welchen Wagen der Entführer benutzt. Ich kann auch keine Beschreibung von dem Burschen abgeben, außer, dass er ungefähr eins achtzig groß und schlank ist.“

„Ich komme zum Hotel und hole dich ab, um dich zum nächsten Krankenhaus zu chauffieren. Womöglich hast du bei dem Schlag gegen den Kopf eine Gehirnerschütterung erlitten.“

„Es handelt sich nur um eine harmlose Platzwunde, Partner“, versetzte Ron. „Ich bin okay.“

„Wir werden es sehen.“

Burke warf sich ein paar Hände voll Wasser ins Gesicht, zog sich schnell an, kämmte sich die Haare und verließ sein Apartment. Wenig später fuhr er zur 51th Street.

Die Kollegen vom Police Department waren noch nicht eingetroffen. Lediglich eine weitere Streifenwagenbesatzung war hinzugekommen. Auf dem Flur standen einige neugierige Hotelgäste herum. Die uniformierten Polizisten forderten sie auf, in ihre Zimmer zurückzukehren. Die meisten befolgten die Anordnung.

Ron Harris machte ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter. Er hatte Rollins bewachen sollen und hatte versagt. Jetzt befand sich sein Schützling in der Hand eines Kidnappers und die Agents hatten keine Ahnung, ob er nur zu einem Zweck entführt worden war – nämlich um getötet zu werden.

Kein erhebender Gedanke.

Burke fuhr seinen Kollegen ins New York Hospital. Die Platzwunde wurde geklammert. Eine Gehirnerschütterung hatte der Agent nicht davongetragen, dennoch riet ihm der Arzt, ein paar Tage Ruhepause einzulegen.

„Du hast es gehört“, sagte Burke, als sie wieder im Dodge saßen. „Du wirst dich ein paar Tage schonen. Darum fahre ich dich jetzt nach Hause ...“

„Kommt nicht in Frage, Kollege“, widersetzte sich Ron Harris. „Das bisschen Schädelbrummen wirft mich nicht aus dem Rennen.“

3

Am folgenden Morgen flog Special Agent Owen Burke nach Minneapolis. Die Adressen, unter denen er Gene Martin und Raymond Marudas suchen musste, hatte er. Am Nachmittag sprach er bei Gene Martin vor. Er lebte in einer pompösen Villa am südlichen Stadtrand in einer verkehrsberuhigten Straße. Ein riesiger Garten umgab sein Haus. Der Agent sagte sich, dass der Bursche ziemlich gut verdienen musste, wenn er sich ein derart feudales Haus leisten konnte.

Burke war mit dem Taxi gekommen. Das Grundstück war videoüberwacht. Er sah in der Krone eines Baumes eine entsprechende Kamera. Auch beim Tor gab es eine Überwachungskamera. Nachdem er sich über die Gegensprechanlage vorgestellt hatte, öffnete sich die Gartentür wie von Geisterhand gesteuert und er betrat das Anwesen. Wenig später ließ ihn ein Angestellter ins Haus.

Gene Martin erwartete den Special Agent in der geräumigen Halle. Eine breite Treppe aus Marmor führte hinauf ins Obergeschoss. Von einer Galerie, die drei Seiten der Halle einnahm, zweigten Türen in die verschiedenen Zimmer ab.

„Ich kann mir schon denken, was Sie hergeführt hat, G-man“, sagte der Manager. „Es ist wegen der Ermordung Earl Newtons, nicht wahr?“

„Richtig“, antwortete Burke.

Martin bot ihm Platz an. Der Angestellte verschwand durch eine Tür in einen Nebenraum. Der Special Agent ließ sich in einen der Sessel fallen, die mitten in der Halle um einen niedrigen Tisch gruppiert waren.

„Natürlich bin ich verdächtig“, so ergriff Martin wieder das Wort, erwiderte Burkes Blick und ließ sich ebenfalls nieder. „Zwangsläufig. Aber ich habe mit der Sache nichts zu tun, Agent. Ebenso wenig wie Raymond. Glauben Sie mir – der gewaltsame Tod Newtons hat uns beide sehr erschüttert.“

„Nachdem Newton tot ist, besitzt die WWE keinen Inhaber des Meistertitels. Das bedeutet eine neue Chance für Ihren Schützling. Hätte er den Kampf gegen Newton gewonnen, wäre er sofort neuer WWE-Meister gewesen. Es ergibt also einen Sinn, wenn wir Sie und Raymond Marudas verdächtigen.“

„Sicher“, pflichtete Martin nickend bei. „Nachdem Raymond den Kampf verloren hat, ergibt sich jetzt nach Newtons Tod für ihn eine neue Chance, um den Titel zu kämpfen. Heißer Meisterschaftsanwärter ist Jesse Donaty. Er aber muss erst Juan Perreiro besiegen. Der Kampf findet am übernächsten Wochenende in Las Vegas statt. Die Wetten stehen zehn zu eins für Donaty.“

„Und den Sieger aus dieser Begegnung wird Ihr Schützling herausfordern“, stellte Burke fest.

„Ich weiß nicht, ob wir den Kampf gleich bekommen. Möglich, dass Raymond erst noch mit einigen anderen Gegnern kämpfen und sie besiegen muss. Sehr wahrscheinlich sogar.“

„Zehn zu eins für Donaty“, sinnierte Burke. „Wenn Perreiro gewinnt -“

„ - sahnen jene, die auf ihn gesetzt haben, gewaltig ab“, vollendete Martin. „Aber Perreiro hat gegen Donaty nicht den Hauch einer Chance. Auf Perreiro zu setzen wäre hirnrissig.“ Plötzlich stutzte Martin und schaute den Special Agent mit großen Augen an. „Es sei denn, der Kampf wird manipuliert. Auch Earls Kampf gegen Marudas sollte manipuliert werden.“ Martin griff sich an den Kopf. „Das ist es: Wetten ...“

Bei Burke fiel ein Groschen. Irgendwie aber kam ihm das alles ziemlich abstrus vor. Darum sagte er: „Ist im Wrestling nicht jeder Kampf manipuliert? Ich war bisher davon überzeugt, dass es sich um reine Show handelt, und dass von vorneherein feststeht, wer als Sieger aus dem Ring geht.“

„Nicht, wenn es um die Meisterschaft geht. Hier geht es um viel Geld – sehr viel Geld. Der Inhaber der Championship wird vermarktet; das geht bis hin zu Verträgen mit Film- und Fernsehgesellschaften wie Warner oder MGM.

Der Manager bot sich an, Owen Burke zu Raymond Marudas zu fahren, und der Agent nahm das Angebot an. Es dauerte fast eine Stunde, bis er ihn zum nördlichen Stadtrand Minneapolis' chauffiert hatte. Die Stadt war verkehrsmäßig ein ähnlicher Hexenkessel wie New York.

Auch von Marudas war nichts zu erfahren. Er war ein riesiger Bursche mit Muskeln, die sein Hemd zu sprengen drohten. Als Burke ihn verließ, war er nicht schlauer als vorher.

Aber der Special Agent hatte sich ein Bild von Martin und Marudas machen können. Ihre Reaktionen auf seine Fragen ließen alles andere als den Schluss zu, dass sie etwas mit der Erpressung und dem Mord an Newton zu tun hatten.

Noch am selben Abend flog Burke nach New York zurück. Sein Auto hatte er auf dem Langzeitparkplatz des La Guardia Airports abgestellt. Er zahlte die Parkgebühren, dann fuhr er nach Hause. Von seiner Wohnung aus rief er Ron Harris an.

„Nichts“, gab er zu verstehen. „Der Trip nach Minneapolis hat nichts ergeben. Dem Eindruck nach zu schließen, den ich von Martin und Marudas gewonnen habe, haben die beiden mit dem Mord und der Entführung nichts zu tun.“

„Wieder eine Menge Steuergeld in den Sand gesetzt“, versuchte Ron Harris zu scherzen, fuhr aber sogleich mit ernster Stimme fort: „Das Police Department in Philadelphia hat den Chef unterrichtet, dass Jesse Donaty, der übernächsten Samstag in Las Vegas gegen Juan Perreiro catchen soll, eine Drohung erhalten hat. Entweder er verliert den Kampf, oder er stirbt. Und mit ihm sein Manager.“

„Martin hat mir von dem bevorstehenden Kampf erzählt. Die Wetten stehen zehn zu eins für Donaty. Weißt du, was es bedeutet, wenn er den Kampf verliert?“

„Natürlich. Diejenigen, die auf Perreiro gesetzt haben, sind die großen Gewinner.“

„Und einer davon ist unser Mann“, fügte Burke hinzu.

„So wird es wohl sein.“

4

Am folgenden Morgen erstattete Burke seinem Vorgesetzten Bericht. Er und Ron Harris saßen an dem kleinen Besuchertisch. Der AD hörte wortlos zu. Nachdem Burke geendet hatte, sagte er versonnen: „Kein Ergebnis. Das ist nicht viel. Wir sind dem Druck der Öffentlichkeit ausgesetzt. Sie fordert den Kopf von Newtons Mörder.“ Er seufzte ergeben. „Ich kann einer Pressekonferenz wohl nicht länger aus dem Weg gehen, werde allerdings nichts zu bieten haben.“

Normalerweise ließ sich der AD von so etwas nicht leiten. Bei Earl Newton, dessen Namen ganz Amerika kannte, war das scheinbar anders. Auf Grund des Mordes stand auch das FBI voll im Rampenlicht der Öffentlichkeit. Und dem AD war sicher einiges daran gelegen, dass seine Behörde eine gute Figur machte.

Natürlich hatte Burke dem AD gegenüber seinen Verdacht geäußert, dass es gar nicht darum ging, Marudas zum Weltmeister zu machen, sondern um hohe Einsätze bei Wetten. Er verheimlichte ihm auch nicht, dass er Gene Martin und Raymond Marudas als Täter ausschloss.

„Die Erpressungen gehen weiter“, sagte der AD. „Ich denke, Agent Harris hat Sie zwischenzeitlich darüber informiert, dass auch der Kampf zwischen Donaty und Perreiro manipuliert werden soll. Man hat Donaty und Bryan Green, seinem Manager, gedroht.“

„Ja, das ist mir bekannt.“

„Donaty und Green denken nicht daran, sich erpressen zu lassen. Sie ahnen sicherlich, was das heißt, Agents.“

„Wir sollen bei Donaty und seinem Manager Schutzengel spielen“, schloss Ron Harris.

„Und zwar nicht erst in zwei Wochen, wenn der Kampf stattfindet, sondern ab sofort. Es ist zu befürchten, dass es durchsickert, dass Green die Polizei eingeschaltet hat. Und dann ist das Leben von Green und seinem Schützling keinen rostigen Cent mehr wert.“

„Wir sollen nach Philadelphia.“

„Nein. Green und Donaty kommen nach New York. Gewissermaßen eine Flucht in den Big Apple. Für Sie bedeutet das, dass sie einerseits Donaty und Green zu beschützen haben, andererseits können Sie an dem Fall Newton weiter arbeiten.“

„Ich bin neugierig, was unser Mann mit der Entführung Rollins' bezweckt“, meinte Ron Harris. „Diese Entführung ergibt für mich nicht den geringsten Sinn. Wenn Rollins sterben sollte, hätte ihn der Kidnapper gleich im Hotel erschießen können.“

„Frage ist auch, woher der Entführer wusste, dass Rollins im ‚The Pickwick Arms’ untergebracht worden war“, bemerkte der AD.

„Es gibt nur eine Möglichkeit“, murmelte Owen Burke, „nämlich dass wir beobachtet wurden und dass der Mörder Rollins bereits im Visier hatte. Bildlich ausgedrückt ...“

„Ich frage mich nach dem Sinn“, gab noch einmal Ron Harris zu bedenken.

„Vielleicht will der Kidnapper Rollins als zusätzliches Druckmittel gegen Green und Donaty einsetzen“, mutmaßte Burke, sagte sich aber im selben Moment, dass dies auszuschließen war. Was sollten sich Green und Donaty um einen ihnen fremden Menschen scheren? Da sagte der AD auch schon:

„Kaum vorstellbar. Wenn einer von Greens oder Donatys Angehörigen entführt worden wäre, dann ergäbe das einen Sinn. So aber nicht.“

Ron Harris nickte.

„Zu diesem Schluss bin ich in dem Moment gekommen, Sir, als die Mutmaßung über meine Lippen war“, knurrte Owen Burke.

„Wann kommen Green und Donaty in den Big Apple?“, fragte Ron Harris.

„Morgen früh. Die Maschine landet um 10 Uhr 15 auf dem La Guardia Airport. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie die beiden dort erwarten würden.“

„Sind Quartiere für sie gebucht?“

„Green hat alles veranlasst. Sie brauchen sich um nichts weiter als um die Sicherheit Greens und Donatys zu kümmern.“

„Wenn das alles ist“, murrte Ron Harris sarkastisch.

5

Am übernächsten Tag. Es war früher Morgen. Zwischen den Hochhäusern und Wolkenkratzern Manhattans hing noch der Morgendunst. Burke fuhr mit Jesse Donaty zum Central Park. Beide trugen Sportkleidung. Unter Burkes Trainingsanzugsjacke steckte die SIG im Holster.

Der Special Agent parkte beim Columbus Circle.

Sie joggten auf dem West Drive nach Norden. Nach jeweils etwa hundert Metern hielt Donaty an, um irgendwelche Freiübungen durchzuführen. Er fintierte und schlug Luftlöcher, tänzelte auf der Stelle und rannte dann weiter. Zwischendrin vollführte er Spurts, was seine Antrittsschnelligkeit fördern sollte.

Kilometer um Kilometer spulten sie herunter.

Auf der Transverse Road Nummer drei trabten sie nach Osten und liefen auf dem East Drive zurück, wandten sich wieder nach Westen und erreichten den Dienstwagen, den Burke benutzte.

Dem Special Agent lief der Schweiß in Strömen über das Gesicht und das Unterhemd klebte wie eine zweite Haut an seinem Körper. Seine Lungen pumpten. Im Grunde seines Herzens aber war er stolz auf sich. Er hatte mit einem Profisportler mitgehalten. Das gab ihm ein gutes Gefühl.

„Zum Studio“, gebot Donaty. „Dort warten Green und Ihr Kollege auf uns. Die nächsten drei Stunden geht es rund. Sie werden sehen, dass es kein Honigschlecken ist, professionell zu catchen. Das ist Schwerstarbeit.“

Der Special Agent brachte Donaty in die 55th Street zu dem Studio, in dem das Training fortgesetzt werden sollte.

Burke lechzte nach einer Dusche. Sein Mund war wie ausgetrocknet.

Sie betraten das Studio. Burke hatte seinen Kulturbeutel und ein Handtuch unter dem Arm. In der Mitte der Halle war ein Ring aufgebaut, in dem zwei Männer lagen und miteinander rangen. Andere arbeiteten an den Geräten oder lagen auf Hantelbänken und hoben Gewichte. Einer hing mit beiden Armen an einer Querstange und machte Klimmzüge. Jeder war hier irgendwie beschäftigt. Und wenn es nur Dehn- oder Streckübungen waren.

Bryan Green und Ron Harris waren schon hier. Und auch einige Zeitungsreporter. Burke erkannte sie an ihren Fotoapparaten. Woher sie so schnell erfahren hatten, dass Donaty in diesem Studio seine letzten Vorbereitungen für den Kampf am übernächsten Samstag traf, war Burke ein Rätsel. Hatte Green vor ihrer Abreise in Philadelphia vielleicht verlautbart, dass New York ihr Ziel war? Nun, Publicity war für einen Wrestler sehr wichtig. Es war nicht gut, wenn er für einige Zeit in der Versenkung verschwand.

Green übernahm seinen Schützling.

Ein Blitzlichtgewitter setzte ein. Donaty wurde mit Fragen bestürmt. Burke beobachtete das alles mit gemischten Gefühlen. Bereitwillig beantwortete Donaty die Fragen, die ihm die Reporter stellten. Und er haute mächtig auf den Putz. Er versprach, Perreiro regelrecht zu schnupfen ...

Schließlich verschwanden die Reporter wieder. Burke wandte sich an Green: „Woher wussten die Reporter, dass Sie und Donaty nach New York gekommen sind.“

„Ich weiß es nicht. Vielleicht sollte man mal dem Besitzer des Studios diese Frage stellen. Kann es eine bessere Werbung für sein Studio geben, als dass ein Anwärter auf die Championship der WWE hier trainiert?“

„Das würde sicher erklären, woher die Zeitungsleute wissen, dass er in diesem Studio seine letzten Vorbereitungen absolviert“, meinte Ron Harris.

Green hob die Hände, ließ sie wieder sinken, schwang herum und begab sich zu Donaty, der nicht aufhörte, mit einer schweren Langhantel auf den Schultern Kniebeugen zu machen.

Burke beschloss, der Sache gar nicht erst auf den Grund zu gehen. Das irgendjemand das ‚Geheimnis’ nicht gewahrt hatte, war kein Straftatbestand. Ob es nun der Studiobesitzer war oder Green. Unter dem Strich spielte es keine Rolle. „Morgen steht es in allen Zeitungen“, knurrte der Special Agent jedoch ungehalten. „Und auch der Erpresser wird es erfahren.“

„Das ist leider nicht zu ändern“, versetzte Ron Harris und grinste. „Du siehst aus, als wärst du durch den Regen gelaufen. Scheinst ziemlich nachgelassen zu haben, was deine Kondition anbetrifft.“

„Morgen früh darfst du mit ihm durch den Central Park hetzen, Großmaul“, konterte Burke. „Hinterher stelle ich mich dann niederträchtig grinsend vor dich hin und frage, ob du durch den Regen gerannt bist.“

Details

Seiten
Jahr
2016
ISBN (ePUB)
9783738904406
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (Juli)
Schlagworte
championship todes owen burke
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Titel: Championship des Todes: Owen Burke #60