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Apachenhass: Pete Hackett Western Edition 114

von Pete Hackett (Autor:in)
©2023 130 Seiten

Zusammenfassung

Colonel Loyd McIntosh führte die Verhandlungen. Eine Delegation begleitete ihn. Es waren Angehörige der Armee sowie einige weiße Händler und zwei Politiker, die die Interessen der Apachen in Washington vertraten. Ihre Namen waren John Olson und Todhunter Blake.

Victorio war mit einigen Unterhäuptlingen erschienen.

Das Sternenbanner, das gehisst worden war, hing schlaff an dem von Regen und Hitze gekrümmten Mast und bewegte sich träge im Wind. Im Schatten einer Korkeiche stand ein großes Zelt. In einem Seilcorral tummelten sich etwa zwei Dutzend Armeepferde. Männer in blauen Uniformen und mit Karabinern patrouillierten. Misstrauische Indianeraugen beobachteten sie. Die Fronten hatten sich verhärtet. Der Friede stand auf der Kippe …

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Apachenhass: Pete Hackett Western Edition 114

Chiricahua

Band 1


Western von Pete Hackett


Über den Autor

Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war - eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.

Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung."

Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.


Ein CassiopeiaPress E-Book

© by Author (Peter Haberl)

© 2012 der Digitalausgabe 2012 by AlfredBekker/CassiopeiaPress

www.AlfredBekker.de



Colonel Loyd McIntosh führte die Verhandlungen. Eine Delegation begleitete ihn. Es waren Angehörige der Armee sowie einige weiße Händler und zwei Politiker, die die Interessen der Apachen in Washington vertraten. Ihre Namen waren John Olson und Todhunter Blake.

Victorio war mit einigen Unterhäuptlingen erschienen.

Das Sternenbanner, das gehisst worden war, hing schlaff an dem von Regen und Hitze gekrümmten Mast und bewegte sich träge im Wind. Im Schatten einer Korkeiche stand ein großes Zelt. In einem Seilcorral tummelten sich etwa zwei Dutzend Armeepferde. Männer in blauen Uniformen und mit Karabinern patrouillierten. Misstrauische Indianeraugen beobachteten sie. Die Fronten hatten sich verhärtet. Der Friede stand auf der Kippe …

Es war heiß. Die Sonne setzte Mensch und Tier zu, saugte ihnen regelrecht das Mark aus den Knochen. Wie eine zerlaufende Scheibe aus Weißgold stand das Gestirn am Firmament, fast senkrecht über den Vertretern der beiden Rassen.

Das Treffen fand am Frenchs Arroyo, einem kleinen Fluss südlich des Zuni-Plateaus statt.

Die Delegierten saßen oder standen im Kreis herum. Der Colonel hatte auf einem zusammenklappbaren Feldstuhl Platz genommen. Die Indianer hockten am Boden. Vögel zwitscherten, Bienen summten in den Sumac-Dickichten und über den Feldern blühenden Salbeis. Die Gesichter der Indianer waren unbewegt.

Jetzt erhob Victorio das Wort und sagte laut, mit klarer Stimme: »Das Land, auf dem wir leben, ist gut. Es ist fruchtbar, und es gibt Wild, das wir jagen können. Wir haben ausreichend Wasser, und unsere Tiere gute Weidegründe. Warum sollen wir das Land verlassen? Es ist uns zugesichert.«

»Der Weiße Vater in Washington möchte das so«, erwiderte der Colonel mit Bedacht. »Er möchte, dass ihr in die White Mountain Reservation zurückkehrt.« Der Colonel machte eine kurze Pause, um seine Worte wirken zu lassen. Dann fuhr er mit erhobener Stimme fort: »Du weißt sicher, dass ihr euch widerrechtlich hier befindet. Niemals hättet ihr die White Mountain Reservation verlassen dürfen, um nach Ojo Caliente zu gehen.«

»Das Land in White Mountain ist schlecht«, versetzte Victorio. Seine Hand fuhr wegwerfend durch die Luft; eine Geste, die nichts als Geringschätzung zum Ausdruck bringen sollte. »Es gibt dort nur Staub, Sand und Steine. Klapperschlagen, Eidechsen und Skorpione treiben in San Carlos ihr Unwesen. Mögen andere Häuptlinge einverstanden sein mit den Verhältnissen dort. Wir -« der Häuptling schlug sich mit der Faust vor die Brust, »- wollen nicht dorthin.«

»Ihr müsst!« Der Colonel stieß es mit aller Härte hervor, seine Stimme duldete keinen Widerspruch. Er hatte seine Weisungen, und diese galt es hier durchzusetzen. Auf Biegen und Brechen.

»Wir sind in diesem Land geboren«, erwiderte Victorio kehlig. »Es ernährt uns. Hier können wir in Frieden leben. Warum will man uns nach San Carlos zurückbringen? Wir nehmen in Ojo Caliente niemandem etwas weg. Lasst unsere Kinder in dem Land aufwachsen, in dem auch ihre Väter und Vorväter aufgewachsen sind.«

»Es geht nicht, Victorio. Der Befehl, euch nach San Carlos in das White Mountain Reservat zurückzubringen, ist unwiderruflich. Wenn ihr nicht freiwillig geht, wird man euch deportieren. Warum willst du, dass wir Gewalt anwenden? Das Land um Fort Wingate müsst ihr verlassen. Da führt kein Weg dran vorbei. Also warum nicht in Frieden?«

Victorio erhob sich. Sein Gesicht war wie aus Granit gemeißelt. Strähnig fielen die langen Haare über seine Schultern. Er hatte sich ein rotes Tuch um den Kopf gebunden. Bekleidet war er mit einem Baumwollhemd, einer gelben, zerschlissenen Leinenhose sowie kniehohen Mokassins aus weichem Leder. »Ihr könnt unsere Frauen und Kinder mit euren Wagen fortbringen«, stieß er grimmig hervor. »Meine Männer und ich gehen nicht.«

Ein Schatten schien über das Gesicht des Colonels zu huschen. »Ist das dein letztes Wort, Häuptling?«

»Mein letztes, Nantan.«

»Dann habt ihr euch selbst zuzuschreiben, was kommt. Himmel, warum seid ihr Kerle bloß so stur? Habt ihr denn nicht aus euren Niederlagen gelernt?« Die Stimme des Offiziers hatte zuletzt nahezu beschwörend geklungen.

»Wir gehen nicht.«

Jetzt erhoben sich auch die Unterhäuptlinge. Finster musterten sie die Weißen. Ihre Mienen waren verschlossen. Keiner von ihnen wollte in das White Mountain Reservat zurück. Vor einem Jahr hatten sie es verlassen, nachdem sie von dem Agenten dort betrogen worden waren. Man hatte von ihnen verlangt, Mais und Weizen anzubauen. Doch das Land war kaum ertragreich. Als sie White Mountain verließen, nahmen aus den Corrals des Reservats Pferde und Maultiere mit. Apachenpolizei folgte ihnen und nahm ihnen das Diebesgut wieder ab, ließ sie aber weiterziehen. So gelangten sie in das ihnen angestammte Gebiet um Fort Wingate ...

»Dann wird man euch zwingen!«, versicherte Colonel McIntosh.

»Enju – gut. Man wird es versuchen. Aber lieber sterben wir im Kampf, als dass wir in White Mountain langsam verhungern.«

Victorio machte abrupt kehrt und ging zu den Pferden, die etwas abseits an Büschen festgebunden waren. Seine Begleiter folgten ihm. Sie banden die Tiere los, schwangen sich auf ihre Rücken, zerrten wortlos die Pferde herum und ritten an.

Die Weißen blickten ihnen mit gemischten Gefühlen hinterher.

»Man sollte Victorio einsperren und seine Mimbres zwingen, nach White Mountain zu gehen«, sagte einer der Armeevertreter mit gepresster Stimme. »Wenn wir ihm nicht zeigen, wer die Herren im Lande sind, tanzt er uns bald auf der Nase herum.«

»Warten wir ab, was er tut«, knurrte der Colonel. »Wir siedeln jedenfalls seinen Stamm nach San Carlos um. Und wenn sich die Rothäute dagegen auflehnen, dann wenden wir Gewalt an. Die Umsiedlung hat auf jeden Fall zu erfolgen.« Es klang abschließend und endgültig.

»Das kann einen neuen Krieg geben«, verlieh dennoch ein Mann in Wildlederkleidung seiner Befürchtung Ausdruck. An seinem Gürtel hing rechts ein Holster mit einem schweren Armee-Revolver, an seiner linken Hüfte steckte ein schweres Messer in einer mit Nieten und Stickereien verzierten Scheide. Er hatte die Delegation der Weißen zum Frenchs Arroyo geführt. Seine Worte klangen wie eine düstere Prophezeiung ...


*


Fort Wingate, September 1878.

Der Herbst nahte. Man nannte diese Jahreszeit den Indianersommer. Die Tage waren nicht mehr so heiß, und in den Nächten war es schon ziemlich kühl. Zwei Dutzend Reiter waren angetreten. Die Männer hielten ihre Pferde an den Zaumzeugen fest. Die Tiere prusteten, peitschten mit den Schweifen und stampften mit den Hufen. Hin und wieder war helles Wiehern zu vernehmen. Gebissketten klirrten.

Colonel McIntosh trat vor die Gruppe hin. Major Martin Garretson legte die Hand an den Hut und sagte: »Patrouille angetreten, Sir. Wir sind zum Abmarsch bereit.«

Der Colonel erwiderte den Gruß, dann rief er: »Gott sei mit Ihnen, Männer. Jeder von Ihnen weiß, um was es geht. Es gilt, eine Bande aufrührerischer Apachen zu finden, sie festzunehmen und zu veranlassen, nach San Carlos zu gehen. Es kann gefährlich werden, Männer. Aber Sie sind gut ausgebildet. Jeder von Ihnen hat genügend Erfahrung mit den Apachen. Ich wünsche jedem von Ihnen, dass er gesund und heil nach Fort Wingate zurückkehrt.«

»Danke, Sir!«, riefen die Kavalleristen wie aus einem Mund.

»Sie können fortfahren, Major«, sagte der Colonel.

»Lassen Sie aufsitzen, Lieutenant!«, befahl Garretson.

»Jawohl, Sir!« Lieutenant Tyler Whitlock salutierte, dann ließ er seine Stimme erklingen: »Mount up!«

Die Kavalleristen schwangen sich in die Sättel. Die Pferde tänzelten. Mit eisernen Fäusten bändigten sie die Soldaten.

»Auf Wiedersehen, Sir«, sagte der Major. »Wir werden in spätestens einem Monat zurückkehren. Hoffen wir, dass uns Erfolg beschieden ist.«

»Auf Wiedersehen, Major. Hals- und Beinbruch.« Der Colonel reichte dem Major die Rechte, dieser schüttelte sie, dann ging er zu seinem Pferd und stieg auf.

Lieutenant Whitlock war inzwischen aufgesessen. Als der Major sich im Sattel zurechtgerückt hatte, rief er: »Rechts um!«

Die Pferde wurden herumgezogen. Die Kavalleristen bildeten Dreierreihen.

»Fall in!«, ertönte Whitlocks Stimme.

Die Truppe setzte sich in Bewegung. Voraus ritten drei indianische Scouts. Ihnen folgten der Lieutenant und ein Sergeant, dann kamen die Trooper. Der Major ritt an der Seite des kleinen Zuges.

Im klirrenden Trab verließen sie das Fort. Kameraden winkten ihnen hinterher. Niemand beneidete diese Männer. Auf sie wartete das Fegefeuer, vielleicht sogar die Hölle. Sie zogen nach Süden. Um sie herum war nur totes Land, Felswüste, Staub und dorniges Gestrüpp; Comas und Mesquitesträucher. Das Gebiet war trocken und zerklüftet wie eine Mondlandschaft. Weit im Süden ragten die Zinnen und Grate der Zuni Mountains in ein Meer aus weißen Wolken hinein.

Es war früh am Morgen. Die Sonne stand noch weit im Osten. Gleißendes Licht lag auf den Flanken der Hügel und den Ostwänden der Felsen. Die Pferdehufe wirbelten Staub auf. Staub kroch unter die Uniformen, scheuerte auf der Haut und knirschte bald zwischen den Zähnen der Reiter, puderte ihre blauen Uniformen und verklebte ihre Poren.

Victorio war mit einer großen Gruppe von Kriegern aus Ojo Caliente geflohen. Man vermutete, dass sich die Apachen in den Mimbres Mountains verkrochen hatten. Der Befehl lautete, Victorio und die Unterhäuptlinge festzunehmen und die Apachen zu zwingen, ins Reservat bei Fort Wingate zurückzukehren, von wo aus sie den Marsch ins Arizona-Territorium nach San Carlos antreten sollten.

Die Agentur, die sich am Zusammenfluss des San Carlo River und Gila River befand, war sogar bei den Offizieren der Armee verhasst. Einer von ihnen beschrieb sie als einen kiesbedeckten Landstrich, der sich etwa zehn Meter über dem Flussbett hinzog ... >Darauf standen da und dort die graubraunen Ziegelbauten der Agentur. Dürre, vertrocknete, fast blattlose Baumwollsträucher säumten die Flüsse. Regen war so selten, dass er einem, wenn er einmal fiel, fast wie ein Naturwunder erschien. Fast ständig fegten trockene, heiße, Staub aufwirbelnde Winde über die Ebene und entblößten sie jeglicher Vegetation. Im Sommer empfand man eine Temperatur von über 40 Grad im Schatten als kühl. Zu allen anderen Jahreszeiten schwärmten Millionen von Fliegen, Mücken und unbekannten Käfern umher ...<

Das war San Carlos. Zwei Armeeposten, Fort Apache und Fort Thomas, wachten über den Frieden in dem Reservat.

Meile um Meile ging es nach Süden. Die Scouts ritten voraus und erkundeten den besten Weg. Eine Straße gab es nicht. Es ging durch Schluchten, vorbei an übereinander getürmten Felsblöcken, über windige Plateaus, zwischen Felsen und Geröllhängen hindurch. Es war ein Land, in dem man aus den Lektionen, die es einem erteilte, entweder schnell lernte, oder in einem namenlosen Grab verschwand.

Am Mittag lagerten die Soldaten. Sie befanden sich am Rio Pescado. Die Kavalleristen tränkten ihre Pferde, dann wuschen sie sich Staub und Schweiß aus den Gesichtern. Schließlich aßen sie Pemmikan, den sie in den Satteltaschen mit sich führten. Major Garretson hatte darauf verzichtet, einen Küchenwagen mitzunehmen. In diesem Irrgarten aus Felsen, Schluchten, Arroyos und sandigen Hügeln wären sie mit einem schwer manövrierbaren Fuhrwerk nur schlecht vorwärts gekommen und hätten weite Umwege in Kauf nehmen müssen. Also waren sie auf das angewiesen, was sie in den Satteltaschen mit sich führten und was ihnen die Natur bot.

Der Major hatte eine Karte am Boden ausgebreitet. Er, Lieutenant Whitlock und Sergeant Burmester waren darüber gebeugt. Es gab zwischen Fort Wingate und den Mimbres Mountains keine Ortschaft, sondern nur Wüste. Sie rechneten damit, dass sie fünf Tage benötigten, um in die Berge zu gelangen, in denen sie Victorio und seine Anhänger vermuteten. Dies, nachdem Kunde nach Fort Wingate gelangt war, wonach die Apachen auf ihrem Weg nach Süden Farmen und Ranches überfallen hatten. Und im Süden lagen die Mimbres Mountains, ein unwegsames, menschenfeindliches Gebiet.

»Morgen Abend sind wir am Frenchs Arroyo«, meinte der Major. »Übermorgen erreichen wir die Mangas Mountains. Am Abend des vierten Tages kommen wir am Beaver Creek an, und vierundzwanzig Stunden später werden wir in den nördlichen Ausläufern der Mimbres Mountains sein.«

Whitlock nickte. »Und dann beginnt unsere eigentliche Aufgabe. Es gibt in den Mimbres Mountains tausend Verstecke, in denen sich die Apachen verkriechen können. Ihre Späher werden uns ausmachen.«

Der Lieutenant war ein großer, geschmeidiger und dunkelhaariger Mann, der Ruhe ausstrahlte, der Sicherheit verlieh und zu dem man sofort Vertrauen fassen konnte. Sein Gesicht war hohlwangig und wurde von einem blauen Augenpaar beherrscht. Seine Lippen waren schmal, ohne brutal zu wirken, sein Kinn war eckig, was Härte und Energie verriet, seine Haltung war aufrecht, in seinen Zügen lag Kampfgeist. Er war gewiss ein energischer, willensstarker Mann, der sich durchzusetzen vermochte.

»Victorio wird uns sicherlich angreifen«, sagte der Major im Brustton der Überzeugung. Doch ihm entging nicht Whitlocks zweifelnder Blick, und er fragte: »Oder sind Sie der Meinung, dass er sich zurückhält und vielleicht sogar flieht?«

Der Major schaute den Lieutenant fragend an.

»Ich denke nicht, dass er flieht«, meinte an Stelle des Lieutenants der Sergeant. »Seine Gruppe Krieger ist dreimal so stark wie wir. Ich schätze, dass er uns angreift, sobald er uns ausmacht.«

»Dessen bin ich mir nicht so sicher«, wandte Whitlock ein. Er sprach abgehackt. »Die Apachen sind schlecht bewaffnet. Man hat ihnen so ziemlich alles an Waffen abgenommen, nachdem sie vor über einem Jahr San Carlos verlassen haben. Das Land fordert sicherlich einen hohen Tribut von ihnen. In den Mimbres Mountains haben Eidechsen und Schlangen kaum eine Chance ...«

»Selbst in einem solchen Gebiet sind die Apachen noch in der Lage, ihr Leben zu fristen«, versetzte Sergeant Burmester.

»Victorio ist ein Stratege«, fuhr Whitlock fort. »Ich denke, dass er zunächst keinen Feindkontakt sucht, sondern dass er uns ausweicht und an der Nase herumführt, bis sich ihm eine günstige Gelegenheit bietet.«

»Sie haben eine hohe Meinung von der Kriegskunst dieses Wilden, Lieutenant, wie?«, schnarrte der Major.

»Er ist gefährlich«, versetzte Whitlock. »Wir dürfen ihn auf keinen Fall unterschätzen...«

»Sie meinen, ihm ist jeder Ehrenkodex fremd!«, stieß der Major hervor. »Die Apachen sind wie die wilden Tiere.« Er verbesserte sich. »Nein. Wilde Tiere töten um zu überleben. Die Apachen töten um des Tötens Willen.«

Sekundenlang herrschte betroffenes Schweigen. Doch dann ergriff Whitlock wieder das Wort. »Wenn sich ein Apache bereit erklärt, zu kämpfen, dann ist das nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.«

»Ich wünsche, dass er uns angreift«, knurrte der Major. »Dann werden wir ihm die heilige Mannesfurcht beibringen. Wie Sie richtig bemerkten, Lieutenant, sind die Apachen nur unzureichend bewaffnet. Aufgrund ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit jedoch denke ich, dass sie uns attackieren werden. Und dann ...«

Der Major brach ab und schnippte mit Daumen und Mittelfinger. Eine Geste, viel sagend genug, um weitere Worte überflüssig zu machen - und erschreckend war in ihrer Unmissverständlichkeit.

Einer der Scouts kam zurück. Er meldete, dass das Land nach Süden bis zu den Lava Beds frei sei, dass also kein Hinterhalt zu befürchten war.

Nach einer Stunde Rast brach die Patrouille wieder auf.


*


Es war Nacht. Der Himmel war bewölkt. Mond und Sterne waren hinter einer dicken Wolkendecke verschwunden. Die kleine Farm lag in Finsternis. Kein Licht brannte. Die Zikaden zirpten im Gras. Vom Rio Grande her war das leise Rauschen und Gurgeln des Wassers zu vernehmen. Ein schraler Wind erfüllte die Nacht mit einem feinen Säuseln und ließ die Blätter im Ufergebüsch rascheln.

Eine Gruppe Reiter hielt zwischen den Hügeln die Pferde an. In der Finsternis wirkten die Gebäude der Farm wie viereckige, schwarze Kleckse. Dumpf pochten die Hufe, als die Tiere auf der Stelle traten.

Ein Hund schoss aus seiner Hütte, bis ihn die Kette bremste, und kläffte wie von Sinnen. Die Kette rasselte. Das Bellen trieb in die Nacht hinaus und wurde von den Echos wiederholt. Es klang wie eine Warnung vor Unheil und Tod.

Es dauerte nicht lange, dann wurde die Tür des Farmhauses geöffnet. Ein Mann, der eine Laterne in der Hand hielt, trat in den Hof. »Was ist denn, Odin? Still! Du weckst alle auf!« Die Stimme wurde schärfer. »Ruhe, Odin! Sei still, verdammt!«

Der Hund beruhigte sich nicht. Der Farmer ging in den Hof. Die Laterne schaukelte am Drahtbügel und quietschte leise. Licht- und Schattenreflexe huschten über den Boden. Der Mann erreichte den Hund, hob die Hand mit der Laterne und der Lichtkreis, der ihn umgab, vergrößerte sich etwas. »Still jetzt!«, fauchte der Farmer. »Da ist nichts!«

Jetzt hörte der Hund zu bellen auf. Er knurrte leise.

»So ist's brav«, grollte der Farmer und schickte sich an, ins Haus zurückzukehren.

Da kam trommelnder Hufschlag auf. Die Erde schien zu erbeben. Einen Augenblick lang war der Farmer wie gelähmt, zu keiner Reaktion fähig. Als er schließlich die Reiterschemen in einer weit auseinander gezogenen Linie näherdonnern sah, kam Leben in seine Gestalt.

»Alarm!«, brüllte er mit sich überschlagender Stimme. »Wir werden angegriffen!« Er rannte los und verschwand im Haus, warf die Tür hinter sich zu. Der Hund begann wieder wie von Sinnen zu bellen.

Es waren zwei Dutzend Reiter, die auf die Farm zustoben. Erste Schüsse krachten. Die Blendläden vor den Fenstern des Farmhauses wurden aufgestoßen. Mündungsfeuer leckten durch die Nacht, die Detonationen vermischten sich zu einem einzigen, lauten Knall, der auseinander rollte und über den Hügeln zerflatterte. Aufbrüllend antworteten die Echos.

Mit einem kläglichen Winseln verstummte der Hund. Die Apachen ritten im Kreis um die Gebäude der Farm herum. Heißes Blei fegte den einen oder anderen Pferderücken leer. Staub wirbelte nebelhaft, Pulverdampf vermischte sich damit. Immer wieder peitschten Schüsse. Einige Indianer sprangen von den Pferden und stürmten, Tomahawks und Kriegskeulen schwingend, in das Farmhaus.

Sehr schnell war alles vorbei. Der Farmer, seine Frau und zwei Farmhelfer wurden niedergemacht. Die Indianer trieben Schafe, Ziegen, eine Milchkuh und zwei schwere Kaltblüter aus den Stallungen. Dann holten sie aus dem Haus, was sie brauchen konnten, vor allen Dingen Kleidung für den Winter, und dann zündeten sie die Farm an. Bald schlugen die Flammen aus den Fenstern und Türen und leckten an den Außenwänden in die Höhe. Das alte, ausgetrocknete Holz brannte wie Zunder. Funken stoben, Aschefetzen wirbelten, das Feuer machte bald die Nacht zum Tage. Die Gebäude brannten wie Scheiterhaufen. Dichter Rauch quoll in die Höhe, wurde vom sanften Westwind über den Fluss getrieben und zerpflückt. Brenzliger Geruch breitete sich aus.

Die Apachen ritten fort und trieben die erbeuteten Tiere mit sich. Ihre Toten und Verwundeten nahmen sie mit.

Zurück blieb ein Werk der Zerstörung. Krachend und berstend brachen die ersten Dächer ein. Hoch schlugen die Flammen. Sie kündeten vom Irrsinn brutaler Gewalt. Wie ein mahnend erhobener Zeigefinger ragte bald nur noch der gemauerte Kamin des Farmhauses aus den kreuz- und querliegenden, verkohlten Brettern und Balken, wie ein Mahnmal an die Vergänglichkeit ...


*


Las Cruses, September 1878. Die Stadt am Rio Grande war eine Ansammlung von Häusern und Hütten und nur vierzig Meilen von El Paso entfernt. Am Ortsrand gab es Pferche und Corrals, in denen sich Schafe, Ziegen und Kühe tummelten. Der Geruch von Tierkot und Urin hing in der Luft. Die Hauptstraße des Ortes war breit und staubig. Die Häuser waren ohne besondere Ordnung errichtet worden. Aber es gab alles, was eine Stadt ausmachte; einen Store, einen Saloon, eine City Hall, ein Hotel, einen Mietstall und eine Kirche. Sie war im spanischen Stil erbaut worden, wie überhaupt die ganze Stadt einen mexikanischen Einschlag aufwies. Viele Häuser waren aus Adobeziegeln gemauert, an Stelle von Gartenzäunen hatte man hüfthohe Mauern errichtet, in der Ortsmitte gab es einen Brunnen inmitten einer Gruppe von Bäumen.

Der Ort vermittelte Ruhe und Frieden. Kinder spielten am Straßenrand, Hunde lagen in den Schatten, einige Frauen standen beim Store zusammen und unterhielten sich. Beschaulichkeit - das war der Eindruck, den die Stadt vermittelte.

Ein Rudel Reiter kam in die Stadt. Es waren sieben Männer. Die Hufe ihrer Pferde rissen kleine Staubfahnen in die warme Luft. Die Kerle waren stoppelbärtig, Staub und Schweiß verklebte die Gesichter und das Fell der Pferde, sie trugen die Hüte tief in der Stirn und waren allesamt bewaffnet. In den Holstern steckten schwere Revolver, in den Scabbards moderne Gewehre.

Sie lenkten ihre Pferde zum Brunnen und saßen ab. Sattelleder knarrte, ein Pferd wieherte, einer der Männer sagte staubheiser: »Verdammtes Land. Es muss der Satan persönlich geschaffen haben.«

Die Winde quietschte, als einer der Kerle einen Eimer voll Wasser in die Höhe hievte. Er stellte ihn auf den Brunnenrand. Am Balken des Gewindes hing an einem rostigen Nagel eine Schöpfkelle. Die Reiter tranken. Ihre Augen waren entzündet, die Lider gerötet. Staub rieselte von den Krempen ihrer Hüte und ihren Schultern. Sie trugen lange, zerschlissene Mäntel.

Dann wuschen sich die Kerle die Gesichter und zuletzt tränkten sie die Pferde. Einer von ihnen löste sich aus dem Pulk und ging hinüber zur City Hall, die eigentlich nur ein flacher Bau mit einer falschen Fassade war, in der sich das Büro des Bürgermeisters und des Sheriffs befand, und in der es kleinen Saal für Versammlungen des Bürgerrates gab.

An einem Anschlagbrett neben der Tür des Gebäudes hingen amtliche Bekanntgaben und Steckbriefe. Der Bursche studierte sie. Er war ungefähr eins fünfundachtzig groß, hager, um die vierzig und sah ziemlich verwegen aus. Einen der Steckbriefe riss er kurzerhand vom Brett und kehrte zu seinen Gefährten zurück. »Tausend Dollar für die Ergreifung Victorios. Er soll sich in den Mimbres Mountains herumtreiben.«

»Also nicht weit von hier«, sagte einer. »Etwa sechzig, siebzig Meilen.«

»Das Problem ist, dass er mit fast achtzig Kriegern unterwegs ist«, sagte der Hagere. Sein Name war Scott Wilburn.

»Wer hat die Prämie ausgesetzt?«

»Die Regierung.«

Ein Mann kam näher. Er trug einen Stern. Ihm gefielen diese Kerle nicht. Sie sahen aus wie eine Horde Banditen. Der Sheriff schaute nicht begeistert drein.

Er erregte die Aufmerksamkeit der Kerle und sie wandten sich ihm zu. Leise klirrten ihre Sporen, Stiefelleder knarrte. »Sie sind auf dem Durchritt?«, fragte der Sheriff, als er das Rudel erreicht hatte und stehen geblieben war.

Wilburn nickte und erwiderte: »Ich habe den Steckbrief von Victorio abgenommen, Sheriff. Er ist tausend Dollar wert. Ist die Meldung, dass er sich in den Mimbres Mountains aufhalten soll, noch aktuell?«

Der Gesetzeshüter nickte. »Er hat eine Blutspur von Ojo Caliente bis hier in den Süden gezogen. Erst vor wenigen Tagen haben die Apachen die Hellman-Farm überfallen. Der Farmer, seine Frau und zwei Helfer wurden getötet, das Vieh wurde abgetrieben, die Farm haben diese elenden Mörder niedergebrannt. Möchten Sie sich die Prämie verdienen?«

»Warum nicht.«

»Wann werden Sie weiterreiten?«

»Das hört sich ja gerade so an, als wollten Sie uns hier nicht haben, Sheriff.«

»Das ist eine friedliche Stadt, und sie soll es auch bleiben.«

»Keine Sorge. Wir bringen keine Unruhe in dieses Nest. Sobald wir gegessen und getrunken haben, verlassen wir es wieder.«

»Dann wünsche ich Ihnen einen angenehmen Aufenthalt«, knurrte der Sheriff ohne die Spur einer Freundlichkeit im Tonfall, schwang herum und stiefelte davon.

Er ging in sein Büro, zog den Schreibtischschub auf und holte ein Bündel teilweise vergilbter Steckbriefe hervor. Nach und nach schaute er den Packen durch, zwei Steckbriefe sortierte er aus. Sie waren auf zwei Männer namens Glenn Farley und Dexter Morgan ausgestellt. Der Sheriff glaubte die beiden in dem Rudel erkannt zu haben.

Er schätzte sie richtig ein. Es waren Sattelstrolche, deren Heimat dort war, wo sie gerade vom Pferd stiegen. Abenteurer, die immer wissen wollten, was sich hinter dem nächsten Hügel abspielte. Und zumindest zwei von ihnen waren Banditen.

Der Sheriff faltete die beiden Steckbriefe zusammen, schob sie in die Innentasche seiner Jacke, holte entschlossen eine Schrotflinte aus dem Gewehrschrank und lud beide Läufe. Dann verließ er das Office.

Die sieben Männer hatten ihre Pferde zum Holm beim Saloon geführt und banden sie an. Dann gingen sie in den Schankraum. Ihre Absätze weckten ein dumpfes Echo auf den Bohlen des Vorbaus und den Dielen des Fußbodens im Gastraum. Sie setzten sich an zwei der runden Tische und riefen nach Bier. Der Keeper beeilte sich, sieben Krüge vollzuschenken.

Da kam Sheriff Matt Baxter in den Gastraum. Knarrend und quietschend schlugen die Türpendel hinter ihm aus. Er machte zwei Schritte, hielt an, richtete das Gewehr auf die Kerle und sagte mit klarer, präziser Stimme: »Unter euch sind zwei Männer, die gesucht werden. Glenn Farley und Dexter Morgan. Steht auf. Ich verhafte euch im Namen des Gesetzes.«

Zwei der Kerle stemmten sich am Tisch in die Höhe. Einer sagte gedehnt: »Ich bin Glenn Farley. Was wirft man mir denn vor?« In seinen Augen war ein heimtückisches Glimmen wahrzunehmen.

»Das müssen Sie selbst am Besten wissen, Farley«, antwortete der Sheriff. »Aber ich will Ihnen gern auf die Sprünge helfen. Postkutschenüberfall und Bankraub. Na, fällt der Groschen bei Ihnen?«

Die Kiefer Farleys mahlten. Es sah aus, als kaute er einen Priem. Seine Hand stahl sich zum Knauf des Revolvers an seinem rechten Oberschenkel.

»Das ist Unsinn«, knurrte Farley. »Man beschuldigt mich zu Unrecht.«

»Das festzustellen wird Sache des Gerichts sein«, erklärte der Sheriff, und die Schroffheit seiner Worte ließ erkennen, dass er keine Lust hatte, groß zu debattieren. »Legen Sie Ihren Revolver auf den Tisch, heben Sie die Hände und kommen Sie her. Dasselbe gilt für Sie, Morgan. Und keine krummen Gedanken. Ich würde nicht zögern.«

»Wir werden hier essen und trinken«, sagte Morgan, »und dann reiten wir weiter. Sie sollten nicht versuchen, den Helden zu spielen, Sheriff. Wenn doch, reißen wir Ihnen den Blechstern von der Weste und spucken drauf.«

Die Atmosphäre im Saloon war plötzlich angespannt und explosiv, die Luft schien vor Spannung zu knistern wie vor einem schweren Gewitter. Das Rudel vermittelte einen erschreckenden Eindruck von Wucht und Stärke, von kompromissloser Härte und von kalter Entschlossenheit.

Auch Scott Wilburn erhob sich, trat einen Schritt vor und rief halblaut: »Lassen Sie die Männer in Ruhe, Sheriff. Wir haben uns entschlossen, Victorio zu jagen und zu stellen. Das muss wichtiger sein als die kleinen Gesetzesverstöße, die man meinen Freunden vorwirft.« Wilburn grinste schief.

»Gehen Sie aus der Schusslinie!«, presste der Sheriff hervor, da donnerte auch schon ein Revolver. Die Detonation drohte den Raum aus allen Fugen zu sprengen. Der Sheriff bekam die Kugel in die Schulter und wurde halb herumgerissen.

Einer der Kerle hatte gezogen und geschossen. Pulverdampf wolkte vor seinem Gesicht, aus der Mündung seines Colts kräuselte ein feiner Rauchfaden.

Der Sheriff hatte die Schrotflinte fallen lassen und presste die linke Hand gegen die zerschossene Schulter. Blut quoll zwischen seinen Fingern hervor. Der Schmerz verzerrte sein bleiches Gesicht und wühlte in seinen Zügen.

Die Kerle starrten ihn an wie ein Rudel Wölfe, das eine Beute gestellt hatte und jeden Moment über sie herfallen würde. Ohne die Spur einer Gemütsregung, mitleidlos und feindselig.

Der Sheriff wandte sich ruckartig um und verließ auf unsicheren Beinen den Schankraum. Wieder schlugen die Türpendel. Die Anspannung fiel von den Strolchen ab. Bill Latimer, der geschossen hatte, ließ den Revolver einmal um den Finger rotieren, dann stieß er ihn ins Holster. »Dieser Narr«, murmelte er. »Hat der wirklich gedacht, dass wir uns von ihm ans Bein pinkeln lassen?«

»Besitzt die Stadt eine Bürgerwehr?«, so wandte sich Wilburn an den Keeper, der wie zur Salzsäule erstarrt hinter dem Tresen stand.

Er schüttelte den Kopf. Seine Stimmbänder versagten ihm den Dienst.

Wilburn setzte sich in Bewegung, verließ den Saloon, trat draußen an das Vorbaugeländer heran und schwenkte seinen Blick die Straße hinauf und hinunter. Der Sheriff ging mitten in der Fahrbahn. Sein Blut tropfte in den Staub. Auf den Gehsteigen waren einige Passanten stehen geblieben. Wilburn schaute teilnahmslos hinter dem Gesetzeshüter her, der des Öfteren stolperte und Mühe hatte, sich auf den Beinen zu halten. Von Wilburns Gesicht war nicht abzulesen, was hinter seiner Stirn vorging. Ebenso wenig verrieten seine Augen.

Plötzlich wandte Wilburn sich um und kehrte in den Schankraum zurück. Der Keeper trug gerade die Bierkrüge zu den Tischen. Einige der Kerle hatten sich Zigaretten gedreht und rauchten. Schlieren von Tabakqualm zogen unter der Decke dahin. »Trinkt aus!«, stieß Wilburn hervor. »Wir verschwinden. Ich traue dem Frieden in diesem Nest nicht. Auch wenn es angeblich keine Bürgerwehr gibt. Es finden sich immer ein paar Narren ...«

Er verstummte viel sagend.

Die Kerle schütteten das Bier in sich hinein, und ohne zu bezahlen verließen sie den Saloon. Der Keeper wagte nicht aufzubegehren. Er war froh, das Rudel wieder los zu sein. Die Kerle banden die Pferde los, saßen auf und ritten. Niemand hinderte sie daran. Die Stadt schien den Atem anzuhalten und sich zu ducken.


*


Eine kleine Ranch am Alamosa River. Im Corral standen über zwanzig Pferde. Im Hof pickten Hühner in den Staub. Aus dem Kamin des Küchenanbaues stieg Rauch. Es war die Zeit der Abenddämmerung. Der Himmel im Westen schien in Flammen zu stehen. Rötlicher Schein lag auf dem Land. Die Schatten waren lang und scharf. Ein Ranchhelfer schob eine Karre voll Pferdemist aus dem Stall. Ein Cowboy schloss das Corralgatter. Einige Cowboys gingen zum Brunnen in der Hofmitte. Ihre Oberkörper waren nackt und sie trugen Handtücher mit sich.

Hassvolle, dunkle Augen beobachteten die Ranch. Niemand sah den Späher auf dem Hügel. Gebüsch verdeckte ihn. Die Cowboys beim Brunnen wuschen sich. Es waren vier Männer. Der Späher ahmte den Ruf eines Eichelhähers nach. Der Ruf wurde beantwortet. Dann trieben Apachen ihre Pferde hinter den Hügeln hervor, sammelten sich in einer Mulde, einige Befehle erklangen, kehlig, abgehackt, und schließlich setzte sich der Pulk in Bewegung. Schließlich schien die Erde unter nahezu hundert Pferdehufen zu erbeben, als die Krieger ihre Mustangs antrieben.

Auf der Ranch wurden Stimmen laut. Die Männer beim Brunnen rannten in die Unterkunft. Der Bursche mit der Schubkarre stellte sie ab und folgte ihnen. Aus der Scheune kam ein weiterer Mann. Auch der Cowboy beim Gatter begann zu laufen. Die Hühner stoben mit schlagenden Flügeln und vorgereckten Hälsen aufgeregt gackernd auseinander.

Die Indianer sprengten heran und sprangen im vollen Galopp von den Pferden, als sie im Ranchhof angelangt waren. Aufwirbelnder Staub hüllte sie ein. Nervenzermürbendes, durchdringendes Kriegsgeschrei erschallte, Tomahawks und Keulen schwingend drangen die Krieger in die Gebäude ein. Schüsse krachten. Todesschreie erklangen. Indianer und Weiße starben. Der Tod war wieder einmal unersättlich in seiner Gier.

Stille hatte sich wie ein Leichentuch zwischen die Gebäude gesenkt. Nur das Stampfen der Pferde und ihr Schnauben waren zu vernehmen. Einige Indianer rannten zum Corral. Andere trieben Pferde und einige Milchkühe aus den Stallungen. Auch hier versorgten sich die Krieger wieder mit Kleidung. Dann versammelten sie sich im Ranchhof. Der eine oder andere hielt einen blutigen Skalp in der Hand.

»Wann werden die Weißaugen endlich einsehen, dass wir stärker sind als sie?«, rief einer der Krieger und hob die Faust mit dem Kriegsbeil. »Brennt alles nieder. Es soll den Weißen als Warnung dienen.«

Die Pferde wurden aus dem Corral getrieben. Wiehern erfüllte die Luft. Dann züngelten Flammen, und bald brannte alles lichterloh. In dem ausgetrockneten Holz fand das Feuer ausreichend Nahrung. Es brannte wie Zunder.

Die Apachen trieben die erbeuteten Tiere davon und kehrten in die Mimbres Mountains zurück, um Victorio von einem erneuten Sieg zu berichten und ihm die Beute zu präsentieren.


*


Der Scout stand in den Steigbügeln und witterte wie ein wildes Tier, dann sagte er: »In der Nähe wurde etwas niedergebrannt. Folgen wir dem Geruch.« Er ließ sich in den Sattel zurückfallen.

Sie ritten nach Osten. Es waren drei Apachen, Mescaleros, die als Kundschafter für Major Garretson ritten. Unter ihren Armeehüten quollen lange, schwarze Haare hervor. Sie trugen Feldblusen und dazu farbige Leinenhosen. Ihre Füße steckten in hohen Mokassins.

Sie folgten dem Brandgeruch, und schließlich verhielten sie ihre Pferde bei der niedergebrannten Ranch. Hier und dort stieg noch Rauch aus den Trümmern, an manchen Stelle glomm es, wenn der Wind in die Schutthaufen fuhr, manchmal flackerte sogar das Feuer wieder auf.

Tod und Verderben, Hass und brutale Vernichtung - das war das Bild, das sich den Scouts bot. An Stelle der Embleme mit den gekreuzten Säbeln trugen sie weiße Andreaskreuze auf den Kronen der Hüte, einfach mit Farbe daraufgepinselt, was sie als Kundschafter kennzeichnete.

»Wir müssen es dem Major melden«, sagte einer im Apachendialekt. »Ich reite. Bleibt ihr hier und haltet Ausschau. Es kann sein, dass sich die Kriegshorde noch in der Nähe befindet.«

Der Scout zog sein Pferd um die linke Hand und trieb es mit einem Schenkeldruck an. Er folgte den Windungen zwischen den Hügeln und Felsen, die sich westlich der niedergebrannten Ranch erhoben. Die Patrouille befand sich etwa eine Meile weiter im Westen. Der Mescalero ließ das Pferd traben.

Drei Reiter trieben ihre Mustangs über den Kamm des Hügels zu seiner Rechten. Drei kamen über den Hügel zu seiner Linken. Er hämmerte seinem Pferd die Sporen in die Seiten. In schräger Linie jagten die beiden kleinen Trupps die Abhänge hinunter und trafen schließlich nur fünfzig Yards hinter dem Scout zusammen. In wilder Karriere stoben sie hinter dem Mescalero her.

Details

Seiten
Jahr
2023
ISBN (ePUB)
9783738971460
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2023 (Februar)
Schlagworte
apachenhass pete hackett western edition

Autor

  • Pete Hackett (Autor:in)

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Titel: Apachenhass: Pete Hackett Western Edition 114