Zusammenfassung
Verschiedene Getränke und Gläser standen auf den Tischen, der Botschafter forderte die Gäste auf, Platz zu nehmen, auch einige Angehörige der amerikanischen Botschaft waren anwesend. Es handelte sich um die engsten Mitarbeiter des Botschafters.
»Ich darf Sie im Namen der amerikanischen Regierung herzlich in Kinshasa begrüßen«, leitete Patterson das Gespräch ein. »Der Anlass, der sie in den Kongo geführt hat, ist allerdings kein besonders erfreulicher. Es ist nur noch eine Frage von Tagen, vielleicht auch nur von Stunden, bis die Revolution offen ausbricht. Jean Kasavubu wiegelt das Volk auf. Er predigt von Unterdrückung der Luba durch die Mongo und Asande und sorgt mit seinen Hetztiraden dafür, dass es überall im Land kriselt. Die Rinder der Mongo- und Asande-Bauern werden von den Weiden abgetrieben. Tausende Stück Vieh wurden gestohlen. Der offene Konflikt ist sozusagen vorprogrammiert.«
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Copyright
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
© Roman by Author
COVER A.PANADERO
© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten.
postmaster@alfredbekker.de
Folge auf Facebook:
https://www.facebook.com/alfred.bekker.758/
Folge auf Twitter:
https://twitter.com/BekkerAlfred
Erfahre Neuigkeiten hier:
https://alfred-bekker-autor.business.site/
Zum Blog des Verlags!
Sei informiert über Neuerscheinungen und Hintergründe!
Alles rund um Belletristik!
Mission Peacemaker: Military Action Thriller
Military Action Thriller von Pete Hackett
Kinshasa, Botschaft der USA,
Montag, 0930 OZ,
Der amerikanische Botschafter Jim Patterson empfing den UN-Generalsekretär im Hof des Botschaftsgebäudes. Gérard de Bauville hatte seine Ehefrau und seine engsten Vertrauten mit nach Kinshasa gebracht. Die Begrüßung war freundlich. Patterson bat die Abordnung der Vereinten Nationen in die Botschaft und geleitete sie in einen Besprechungsraum.
Verschiedene Getränke und Gläser standen auf den Tischen, der Botschafter forderte die Gäste auf, Platz zu nehmen, auch einige Angehörige der amerikanischen Botschaft waren anwesend. Es handelte sich um die engsten Mitarbeiter des Botschafters.
»Ich darf Sie im Namen der amerikanischen Regierung herzlich in Kinshasa begrüßen«, leitete Patterson das Gespräch ein. »Der Anlass, der sie in den Kongo geführt hat, ist allerdings kein besonders erfreulicher. Es ist nur noch eine Frage von Tagen, vielleicht auch nur von Stunden, bis die Revolution offen ausbricht. Jean Kasavubu wiegelt das Volk auf. Er predigt von Unterdrückung der Luba durch die Mongo und Asande und sorgt mit seinen Hetztiraden dafür, dass es überall im Land kriselt. Die Rinder der Mongo- und Asande-Bauern werden von den Weiden abgetrieben. Tausende Stück Vieh wurden gestohlen. Der offene Konflikt ist sozusagen vorprogrammiert.«
»Das kann doch nicht die Ursache für die Unruhen sein«, wandte de Bauville ein. »Da steckt doch sicher noch mehr dahinter.«
»Natürlich. Mit dem Erlös aus den Viehdiebstähle werden Waffen gekauft. Es geht um die Vorherrschaft in den Provinzen, in denen eine Reihe von Bodenschätzen wie Gold, Mangan, Diamanten und Kupfer abgebaut werden.«
»Erfolgt der Abbau nicht von staatlicher Seite?«
»Nicht ausschließlich. Die Provinzen werden eigenverantwortlich verwaltet, wobei Mongo und Asande die Überzahl bilden. Sie machen etwa 40 Prozent der Bevölkerung aus. Viele der Verantwortlichen in den Provinzverwaltungen sind Mongo. Die Luba haben infolge dessen keine Konnexion und werden regelrecht verfolgt. Auch die Amerikaner haben kein Interesse, dass sich die Machtverhältnisse im Land ändern, was sie nicht gerade zu Freunden der Luba macht.«
»Die Mission Peacemaker steht also unter keinem guten Stern«, resümierte der UN-Generalsekretär.
»Das kann man wohl sagen«, pflichtete der Botschafter bei.
»Wer sind die Verhandlungsführer?«
»Auf Seiten der Luba ein Mann namens Gaston Lubambu, auf Seiten der Mongo und Asande Christopher Mobutu. Die Regierung entsendet einen Mann namens Pierre Tshombe. Außerdem werde ich als Vertreter der USA dabei sein.«
»Wo findet das Treffen statt?«
»In Kenge. Das ist ein Ort 250 Kilometer östlich von Kinshasa. Das Treffen für morgen um 13 Uhr in der City Hall anberaumt.«
»Wie kommen wir nach Kenge? Fliegen wir?«
»Nein. Wir fahren in einem Konvoi. Marines werden uns eskortieren. Es besteht nämlich der Verdacht, dass die Rebellen Kasavubus das Treffen verhindern wollen. Es handelt sich um eine große Gruppe Luba, die einen Bürgerkrieg vom Zaun brechen möchten, um die Mongo sowie Asande von den exponierten Stellen im Land zu vertreiben und zu entmachten.«
»Wer ist dieser Kasavubu?«
»Ein Luba, der den Aufstand probt. Auf sein Konto gehen schon viele tote Mongo und auch Asande.«
»Wann fahren wir?« Weitere Fragen stellte der UN-Generalsekretär nicht.
»Morgen früh um 8 Uhr, Sir. Wir beide und Ihre Frau werden mit einem gepanzerten Personenwagen befördert. Vor uns und hinter uns werden Marines fahren und den Konvoi sichern. Sie brauchen sich also keine Sorgen wegen Ihrer und der Sicherheit Ihrer geschätzten Gattin zu machen.«
*
Kinshasa, Botschaft der USA,
Dienstag, 0800
Es waren neun Humvees (off. Abkürzung HMMWV = High Mobility Multipurpose Wheeled Vehicle) mit insgesamt 24 Marines, vier Teams á sechs Mann also, die vor dem Botschaftsgebäude aufgefahren waren. Drei der gepanzerten Jeeps waren für das Gefolge des US-Botschafters und des UN-Generalsekretärs vorgesehen. Auf die Fahrzeuge waren M2 .50cal Maschinengewehre oder Mk 19 40 Millimeter Granatwerfer montiert. Der Botschafter, der Generalsekretär und dessen Ehefrau würden in einem gepanzerten Mercedes S 500 befördert werden.
Der UN-Generalsekretär wohnte im Continental Hotel. Dorthin bewegte sich der Konvoi von der Botschaft aus. Drei Humvees fuhren voraus, dann kam der Mercedes mit dem Botschafter der USA, ihm folgten sechs weitere Humvees.
Die Marines trugen volle Ausrüstung; Kampfanzug, Helm mit Schutzbrille, Splitterschutzweste, Kampfmesser am Koppel, Reservemagazine und Handgranaten sowie Protektoren an Knien und Ellenbogen. Bewaffnet war jedes Team mit einem M16A2, das mit einem M203 Granatwerfer ausgerüstet war, vier M4A1 und einem M249 SAW sowie einem Maschinengewehr vom Kaliber 5,56 Millimeter, das zur Standartbewaffnung der Marines gehört. Man kann es mit 30 Schuss M16 Magazinen oder 200 Schuss Trommelmagazinen verwenden. Die Feuergeschwindigkeit beträgt zehn Schuss in der Sekunde. Der Gruppenführer jedes Teams war zusätzlich mit einer M9 Beretta 9 Millimeter ausgestattet.
Der Konvoi bewegte sich durch die Stadt. Auf den Gehsteigen und Straßen hatten sich Menschen zusammengerottet, von denen sich viele bewaffnet hatten. Bewaffnete Polizisten und Soldaten patrouillierten und sollten alleine mit ihrer starken Präsenz Unruhen verhindern. Ein Motorroller, auf dem zwei Schwarze saßen, knatterte die Straße entlang. Ihm kam ein Laster entgegen, auf dessen offener Ladefläche über ein Dutzend Bewaffneter saßen. Einige Militärhubschrauber zogen über der Stadt ihre Runden. Sie beobachteten die Entwicklung des Aufstandes in der Stadt und meldeten ihre Erkenntnisse an das Militär-Hauptquartier.
Böse Impulse schienen die Stadt zu durchströmen. Die Atmosphäre war angespannt und gefährlich und so manche Faust wurde drohend erhoben. Die Amerikaner waren keine gern gesehenen Ausländer mehr. Die Stadt glich einem Pulverfass, dessen Lunte bereits brannte. Schüsse wurden in die Luft gefeuert.
Noch eskalierte die Gewalt nicht. Noch verliefen die Demonstrationen friedlich. Aber unter der Oberfläche gärte und brodelte es wie in einem Vulkan.
Der Konvoi fuhr bis zum Continental Hotel und hielt davor an. Der Chauffeur des Mercedes stieg aus. Der UN-Generalsektretär und seine Gattin schritten, von sechs Marines eskortiert, die Treppe herunter. Der Fahrer öffnete die Fondtür. Zuerst stieg die Gattin de Bauvilles ein, dann er selbst, und schließlich fiel die Tür zu.
Eine Menschenrotte hatte sich auf der anderen Straßenseite versammelt, drohendes Gemurmel und Geraune hing in der Luft. Die sechs Marines standen sprungbereit auf dem Gehsteig und sicherten um sich. Langsam zogen sie sich wieder ins Hotel zurück, wo im Hof der Humvee stand, der sie zur Botschaft zurückbringen sollte. Der Konvoi fuhr an. Die Gruppenführer der Teams saßen auf den Beifahrersitzen der Humvees und standen miteinander in Funkkontakt. Kontakt bestand auch mit der Botschaft, die ebenfalls von Soldaten gesichert wurde.
Verhältnismäßig schnell – soweit es die katastrophalen Straßenverhältnisse eben zuließen – näherten sie sich dem östlichen Stadtende.
Aber das Verhängnis wartete bereits. Die Mission Peacemaker war zum Scheitern verurteilt. Jean Kasavubu wollte keinen Frieden. Er wollte Macht...
Aus einer Seitenstraße fuhr plötzlich ein Lastwagen und nahm dem vordersten Humvee die Vorfahrt. Der Fahrer bremste und die nachfolgenden Fahrzeuge waren ebenfalls genötigt, das Tempo zu drosseln. Zu beiden Seiten der Straße ragten drei- und vierstöckige Gebäude in die Höhe. Es handelte sich um Geschäfts- und Wohnhäuser, zwischen denen es Lücken gab. Von den Fassaden blätterte die Farbe ab, die Treppengeländer waren verrostet, Unrat lag auf den Gehsteigen und der Straße herum. Einige Mülltonnen am Straßenrand quollen über. Und überall waren Menschen auf den Gehsteigen. Männer, Frauen und Kinder...
Der Lastwagen hielt mitten auf der Straße an.
»Verdammt!«, brüllte der Gruppenführer im vordersten Humvee. Da zischte schon eine Boden-Luft-Rakete heran, traf den Humvee und explodierte. Eine Stichflamme schoss in die Luft, Blechteile wirbelten nach allen Seiten und fielen scheppernd auf die Straße. Dichter Qualm entwickelte sich. Für die Soldaten in dem Humvee kam jede Hilfe zu spät.
In das Donnern der Explosion hinein erfolgte ein zweiter Donnerschlag, als der hinterste der Humvees ebenfalls gesprengt wurde. Auch hier gab es Feuer und Qualm sowie durch die Luft wirbelnde Blechteile. Und dann begann eine MPi zu rattern. Eine zweite stimmte ein. Der Lastwagen fuhr wieder an und verschwand in der Seitenstraße. Der Mercedes und der Rest des Konvois waren zwischen den brennenden Fahrzeugen eingekeilt.
Aus den unversehrten Humvees sprangen die Marines und feuerten auf die Fenster und Türen der Häuser, aus denen sie unter Beschuss genommen wurden. Die Straße war voll vom Krachen der Gewehre. Eine Rauchgranate explodierte.
Einige der Soldaten waren zu den Zivilfahrzeugen gelaufen. Ein Gruppenführer riss die Fondtür des Mercedes auf. »Aussteigen!«, schrie er. »Sie schießen mit Raketenwerfern. Sie sind in dem Fahrzeug nicht sicher.«
Der UN-Sekretär, seine Frau und Jim Patterson, der US-Botschafter, kletterten schnell aus dem Wagen. Ihre Gesichter waren bleich, gezeichnet von Schrecken und Entsetzen. In den Augen wühlte die Angst. Rundum krachte, klirrte und jaulte es. Männer schrien, Schritte trampelten.
Sechs Marines nahmen Gérard de Bauville, seine Frau und Jim Patterson zwischen sich. Feuernd bewegten sie sich auf eines der Gebäude zu. Die anderen zehn Marines, die noch einsatzfähig waren, erwiderten das Feuer nach allen Seiten und benutzten die Humvees als Deckung.
Einer der Marines, die den Generalsekretär, dessen Gattin und Patterson deckten, rannte voraus und öffnete die Haustür. Unter der offenen Tür wandte er sich sofort um und feuerte schräg in die Höhe, wo sich an einem Fenster ein Gegner zeigte.
Handgranaten, die auf die Straße geworfen wurden, detonierten. Der Rauch stieg in die Höhe und wurde vom Wind zerpflückt. Ein Humvee ging in einer Stichflamme in die Luft. Zwei der Marines brachen zusammen.
»Holt die Verwundeten von der Straße!«, brüllte einer der Gruppenführer und schoss mit seiner Pistole. Ein heranstürmender Schwarzer wurde umgerissen.
Die Marines mit ihren drei Schutzbefohlenen drangen in das Haus ein. Auf dem Treppenabsatz zur 1. Etage stand in Mann mit einer MPi und zielte nach unten. Der vorderste der Marines ging auf das linke Knie nieder und schoss schräg nach oben. Der Bursche krümmte sich, taumelte zurück und kippte gegen die Wand, an der er zu Boden rutschte.
Der Marine, der geschossen hatte, sicherte nach oben. Ein zweiter zielte in den Flur hinein, der bei einer Hintertür endete. Der letzte Mann der Gruppe, der das Haus betrat, sicherte nach hinten. Sein Gewehr krachte in rhythmischer Folge.
Oben im Haus waren Schritte zu vernehmen, dann kam jemand die Treppe herunter. Einer der Marines zog eine Handgranate aus der Tasche und wartete. Schließlich zeigte sich ein Schwarzer in Zivilkleidung auf dem Absatz, der ein Schnellfeuergewehr trug. Der Marine zog mit den Zähnen den Sicherungsring der Handgranate ab und warf sie, der Schwarze auf der Treppe verschwand in einem grellen Feuerball. Die Explosion drohte das Gebäude in seinen Fundamenten zu erschüttern.
Drei der Soldaten stürmten die Treppe hoch. Von oben kamen ihnen weitere Schwarze entgegen. Die Gewehre krachten, Männer wurden herumgerissen und stürzten tot oder sterbend die Treppe hinunter. Auch einer der Marines brach zusammen. Wer von den Rebellen noch konnte, zog sich in die oberen Stockwerke zurück. Die Marines hatten die 1. Etage des Gebäudes erobert.
Einer rannte ein Stück die Treppe hinunter. »Folgen Sie uns!« Sofort kehrte er wieder um.
Der UN-Generalsektretär, seine Frau und der Botschafter sowie die drei Marines, die sie beschützten, stiegen die Treppe empor. Die Frau presste ihre Hand gegen den Halsansatz, als wollte sie so ihren fliegenden Atem beruhigen. So hautnah war sie noch nicht mit der brutalen Gewalt konfrontiert worden. Sie erschauerte, Angst und Verzweiflung sprachen aus jedem Zug ihres Gesichts.
Einer der Marines öffnete eine Tür in der ersten Etage. Nachdem sich drin nichts rührte, wirbelte er um den Türstock, huschte an der linken Wand entlang zur Ecke. Sofort folgte ein zweiter Mann und sicherte die hintere rechte Ecke. Ein dritter Marine drang ein, ein vierter. Sämtliche Ecken waren gesichert.
»Sie können hereinkommen«, rief ein Sergeant.
Der US-Botschafter, der UN-Generalsekretär und seines Ehegattin wurden in den Raum gedrängt. Die vier Marines kehrten auf den Flur zurück. Zwei Soldaten blieben zur Bewachung des Raumes vor der Tür stehen. Die anderen begaben sich zur Treppe und sicherten nach oben und unten.
Einer der Gruppenführer, Lieutenant Gary Hoover, nahm Funkverbindung mit der Botschaft auf. »Hier Bravo drei, bitte kommen. Bravo eins bitte kommen. Hören Sie mich, Bravo eins?«
»Hier Bravo eins. Was gibt es, Bravo drei?«
»Wir sind am Stadtrand überfallen worden. Mindestens acht Jungs sind gestorben, als die Rebellen zwei Humvees in die Luft jagten. Den Botschafter, den Generalsekretär und dessen Frau haben wir in ein Gebäude in Sicherheit gebracht. Es wird belagert. Über uns im Gebäude befinden sich wahrscheinlich noch Rebellen. Können Sie uns Hilfe schicken? Over.«
»Geben Sie mir Ihre genaue Position durch, Bravo drei.«
»Den Straßennamen kenne ich nicht. Wir wollten die Stadt in östliche Richtung verlassen. Schicken Sie einen Hubschrauber. Er kann unsere Position bestimmen. Over.«
»Alles klar. Bravo eins Ende.«
Zwischenzeitlich hatten sich sämtliche Marines, die dazu noch im Stande waren, zusammen mit den Mitarbeitern des Botschafters und des Generalsekretärs ins Gebäude zurückgezogen. Auf der Straße standen drei brennende Humvees. Dichter, schwarzer Qualm zog durch die Straße.
*
Es war ein AH-6 Little Bird, der eine Viertelstunde später die Koordinaten durchgab. Ein Zug Marines stand bereit, um zum Ostrand der Stadt zu fahren und ihre Kameraden sowie die Zivilisten, die in dem Gebäude eingeschlossen waren, herauszupauken. Zugführer war Captain John Mason. Das Tor zum Hof der Botschaft wurde geöffnet, um den Konvoi hinauszulassen. Es waren neun Humvees, die anrollten. Der erste passierte das Tor – da zischte eine Rakete heran, explodierte, und der vorderste Wagen wurde regelrecht vom Boden weggehoben. Ein Stichflamme schoss zum Himmel, der Wagen blieb auf der Seite liegen, die Räder drehten sich weiter. Einer der Marines sprang auf, er brannte lichterloh und rannte brüllend in den Hof...
Weitere Raketen zischten heran, und dann begannen MPi's zu hämmern. Schnell wurde das Tor der Botschaft geschlossen, Befehle wurden gebrüllt, zwei Marines hatten den brennenden Kameraden zu Boden gerissen, ein dritter kam mit einer Decke angerannt, mit der er die Flammen erstickte.
Die Botschaft wurde in Alarmzustand versetzt, an den Fenstern und auf den Balkonen postierten sich Marines. Der Little Bird näherte sich. Sein Motor war kaum zu hören. Eine Boden-Luft-Rakete verfehlte ihn nur knapp. Sie zog eine Bahn dunklen Rauches hinter sich her. Dann landete der AH-6 im Hof der Botschaft, Pilot und Copilot sprangen ins Freie.
»Bravo drei hören Sie?«, tönte es aus dem Lautsprecher des Funkgerätes an Lieutenant Gary Hoovers Helm.
»Hier Bravo drei. Ich höre Sie, Bravo eins. Wir haben den Helikopter gesehen. Kennen Sie jetzt unsere Position? Over.«
»Ja. Doch wir können Ihnen leider nicht zu Hilfe kommen, Bravo drei. Die Botschaft ist von Aufständischen eingeschlossen und steht unter Beschuss. Mit Luftunterstützung kann ich nicht dienen. Versuchen Sie, sich zu halten, Bravo drei. Over.«
»Wir sind nur noch 13 Mann. Draußen wimmelt es von Aufständischen. Ich weiß nicht, ob wir uns lange halten können. Aber wir geben natürlich unser Bestes. Bravo drei, Ende.«
»Bravo eins, over.«
Die Funkverbindung wurde unterbrochen.
Im Flur krachten Schüsse. Einer der Rebellen im oberen Stockwerk war die Treppe nach unten geschlichen und hatte auf einen der Marines, die die Treppe bewachten, das Feuer eröffnet. Der Soldat wurde aber nicht getroffen, sein Kamerad erschoss den Schwarzen. Hals über Kopf stürzte er die Treppe hinunter, auf der schon einige Tote lagen.
Da flog von oben eine Granate herunter. Die Marines hechteten zur Seite und lagen auf den Bäuchen. Eine dumpfe Detonation folgte. Es war eine Splittergranate. Die beiden Soldaten wurden von den Schrapnells getötet. Einige Rebellen stürmten die Treppe nach unten. Aus den Türen wirbelten Marines, gingen auf die Knie nieder, um ein kleines Ziel zu bieten, und feuerten wie besessen. Der Krach staute sich im Korridor und schien das Gebäude bis in seine Fundamente zu erschüttern. Die Rebellen wurden von den Treffern geschüttelt und umgerissen. Die wenigen, die nicht getroffen oder nur verwundet wurden, zogen sich in die 2. Etage zurück. Es roch penetrant nach verbranntem Pulver.
»Zwei Mann zur Treppe!«, brüllte Lieutenant Gary Hoover. »Ist jemand verletzt?«
»Henders und Miller hat es erwischt. Sie sind tot.«
Die beiden Soldaten lagen blutüberströmt im Treppenhaus.
»Bringt sie in eines der leerstehenden Zimmer«, ordnete Hoover an.
Eine Rakete schlug in die Vorderfront des Gebäudes ein. Fensterscheiben klirrten, Steine flogen durch die Luft, Staub wallte dicht.
*
Fort Conroy, South Carolina, Hauptquartier des Special Task Team Alpha,
Dienstag, 0950 ETZ
»Die Unruhen zwischen den verfeindeten Stämmen im Kongo halten an«, sagte der Nachrichtensprecher. »In der Provinz Katanga kam es zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Luba und Mongo. Die Regierung in Kinshasa hat Truppen in die Provinz Katanga entsandt, damit dort die Ruhe wieder hergestellt wird. Zig tausend Menschen befinden sich in den größeren Städten auf den Straßen und demonstrieren gegen die Regierung. Die Vereinten Nationen haben angekündigt, eine friedliche Beilegung der bürgerkriegsähnlichen Unruhen anzustreben und Generalsekretär Gérard de Bauville in den Kongo entsandt, damit er zwischen den verfeindeten Parteien vermittelt.«
Der Nachrichtensprecher machte eine kurze Pause. Er nahm ein Blatt Papier entgegen, das ihm jemand aus der Regie reichte, warf einen Blick drauf, und dann erklang wieder seine Stimme: »Soeben erreicht uns die Nachricht, dass in den Provinzen Süd-Kivu und Kasai Oriental Unruhen ausgebrochen sind. Man spricht von 143 Toten in der Provinz Süd-Kivu und von 216 Toten in der Provinz Kasai Oriental. Aus der US-Botschaft in Kinshasa wurde verlautbart, dass infolge der kriegsähnlichen Wirren von Reisen in den Kongo abgeraten wird. Die Ausländer, die sich im Kongo befinden, sollen so schnell wie möglich ausgeflogen werden. Das Land steht kurz vor einem Bürgerkrieg. - Aus Bagdad wird gemeldet...«
Colonel Jarrett wandte sich ab. Er befand sich in seiner Unterkunft in Fort Conroy. Der tragbare Fernseher war sein Privateigentum. Der Colonel war nicht im Dienst. Er trug eine kurze, weiße Hose und ein Polohemd. Auf seinem Kopf saß eine rote Baseball-Mütze. Weiße Socken und weiße Turnschuhe vervollständigten sein Outfit.
Er war mit Dr. Longtree zu einem Tennis-Match verabredet. Er nahm den Tennisschläger, fintete damit einige Male in der Luft, und verließ dann seine Unterkunft. Im Fort herrschte Alltag. Auf dem Exerzierplatz wurde eine Gruppe Soldaten gedrillt. Das Sternenbanner hing schlaff vom Mast. Von irgendwo her war das Dröhnen schwerer Motoren zu vernehmen. Auf dem Hubschrauber-Landeplatz standen zwei Sikorsky UH 60.
Ein Soldat, der heranhastete, erregte die Aufmerksamkeit des Colonels. Auf der Stirn des Mannes perlte Schweiß, sein Atem flog, sein Gesicht hatte sich gerötet. Er baute sich vor Colonel Jarrett auf und stand still. »Colonel Jarrett, Sir, Sie möchten bitte sofort zu General Mantofani kommen. Es ist sehr dringend.«
»Was gibt es?«
»Ich weiß es nicht, Sir.«
»Rühren Sie sich«, sagte der Colonel und setzte sich in Bewegung.
*
»Es gibt ein Problem«, sagte Mantofani, als Colonel Jarrett an dem kleinen Besuchertisch in seinem Büro Platz genommen hatte. Seine linke Braue hatte sich gehoben. Er musterte den Colonel aufmerksam und irgendwie fragend.
Jarrett sagte entschuldigend: »Ich war zu einem Tennismatch verabredet, Sir. Ich kann mich schnell umziehen, wenn...«
Mantofani winkte lächelnd ab. »Lassen Sie nur, Colonel. In Ihrer Freizeit können Sie an Kleidung tragen, was Ihnen beliebt. Niemand verlangt von Ihnen, dass Sie im Kampfanzug Tennis spielen.«
»Danke, Sir.«
Das Lächeln Mantofanis erlosch. »Also, Colonel, noch einmal. In Kinshasa ist der Teufel los. Ich nehme an, Sie haben die Nachrichten gesehen. Der Einsatz von STTA ist wieder einmal gefordert.«
»Ja, ich habe die Nachrichten gesehen. Aber wieso betreffen die Unruhen im Kongo STTA?«
»Im Kongo ist Bürgerkrieg ausgebrochen. Der amerikanische Botschafter Jim Patterson wurde zusammen mit dem UN-Generalsekretär und den beiden Mitarbeiterstäben sowie einer Handvoll Marines von Aufständischen in einem Gebäude am Stadtrand von Kinshasa eingeschlossen. Sie waren auf dem Weg nach Kenge zu Friedensverhandlungen. Durch den Überfall kam die Mission allerdings nicht zu Stande. Es hat Tote gegeben.«
»Befindet sich in der Botschaft nicht eine Kompanie von Marines zu deren Schutz?«
»Von denen ist keine Hilfe zu erwarten, da die Botschaft selbst von Rebellen belagert wird und unter Beschuss steht.«
»In Angola sind amerikanische Streitkräfte stationiert«, wandte Jarrett ein. »Warum schickt man keine Bravo Force oder Ranger in den Kongo?«
Mantofani zögerte ein wenig. »Wie von amerikanischer Regierungsseite verlautbart wurde, will man sich nicht offiziell in den Konflikt, der dort unten schwelt, einmischen. Eine Einmischung würde es bedeuten, wenn einige Hubschrauberstaffeln mit Bravo Force oder Rangers nach Kinshasa fliegen und sich mit den Aufständischen einen blutigen Kampf liefern würden.«
Mantofani machte eine kurze Pause, in der er seine Worte auf Jarrett wirken ließ, dann fuhr er fort:
»Die Amerikaner wollen abwarten, wie sich die Sache entwickelt. Außerdem wollen sie sich keinen neuen Kriegsschauplatz schaffen. Irak und Afghanistan reichen ihnen. Darüber hinaus haben die Erfahrungen in Somalia gezeigt, dass sich ein Bürgerkrieg nicht innerhalb weniger Wochen beilegen lässt, sondern sich unter Umständen Monate oder Jahre hinzieht. Es ist aber auch eine Geldfrage. Aufgrund der enormen Summen, die der Irak-Krieg, der Krieg im ehemaligen Jugoslawien und in Afghanistan verschlungen haben, wird der Kongress keine weiteren Mittel bewilligen, um im Kongo einzugreifen. Im Übrigen denken die Amerikaner, dass die Regierung des Kongo in der Lage ist, von sich aus die Rebellion niederzuschlagen. Das kann sich aber – wie schon gesagt - Tage oder Wochen hinziehen. Der UN-Generalsekretär befindet sich jedoch in akuter Lebensgefahr.«
Mantofani hatte es eindringlich und mit Nachdruck gesprochen. Mit harter, befehlsgewohnter Stimme fuhr er fort: »Sie fliegen in einer Stunde, Colonel. Eile ist angesagt. Sie werden nach Luanda in Angola gebracht und steigen dort in einen Hubschrauber um, der Sie nach Kinshasa bringt. Ihr Auftrag lautet, die Gesandtschaften der Amerikaner und der UNO aus dem belagerten Gebäude zu holen und nach Angola auszufliegen.«
»Auftrag verstanden, Sir.«
»Sie kommen zwischen 23 Uhr 30 und 24 Uhr in Kinshasa an. Ein zweiter Hubschrauber wird sie begleiten. Sie werden bei dem Gebäude, in dem sich der Generalsekretär und seine Frau befinden, abgesetzt und sichern die Flucht der Eingeschlossenen. Der zweite Black Hawk nimmt Ihr Team und die Marines auf.«
»Ich verstehe, Sir.«
»Ich wünsche Ihnen alles Gute, Colonel.« Die beiden Männer erhoben sich, Mantofani kam um seinen Schreibtisch herum und reichte Jarrett die Hand. Der Colonel nahm sie und drückte sie fest. »Ihnen und Ihrem Team«, fügte Mantofani mit einem angedeuteten Lächeln um die Lippen hinzu.
*
Kinshasa, Dienstag, 1835 OZ
»Sie kommen!«, rief Lieutenant Gary Hoover. Er stand an der Wand neben einem Fenster und hatte den Blick auf die Straße gerichtet. Seine Leute waren an den übrigen Fenstern in der 1. Etage des Gebäudes verteilt. Zwei Mann sicherten die Treppe. Es waren insgesamt noch 11 Mann.
Rasendes MPi-Feuer setzte ein. Die Kugeln harkten in die Mauer des Gebäudes, meißelten faustgroße Löcher in die Fassade, sie ließen Mauerwerk und Putz spritzen. Unter dem Feuerschutz Gleichgesinnter stürmte etwa ein Dutzend Schwarzer schießend über die Straße. Die Marines feuerten, was das Zeug hielt. Eine Rakete zischte, schlug in das Gebäude ein und zerstörte in der 1. Etage die Wand zwischen zwei Fenstern. Steine polterten auf die Straße, Staub wölkte dicht.
Zugleich mit dem Angriff, der auf der Straße erfolgte, stürmten im Gebäude die Rebellen aus den oberen Stockwerken nach unten. Die beiden Marines, die die Treppe zu sichern hatten, feuerten. Einige Angreifer stürzten, andere stolperten über das Hindernis und gingen ebenfalls zu Boden. Ein Knäuel aus ineinander verkeilten Leibern wälzte sich die Treppe hinunter, die beiden Marines feuerte ohne zu zögern in das Chaos hinein. Männer bäumten sich auf, Schreie erstickten im Ansatz, der Tod schlug unerbittlich zu.
Aus einer der Türen kam Lieutenant Gary Hoover. Er hielt das M16A2 an der Hüfte im Anschlag. Geduckt lief er soweit, dass er die Treppe im Blickfeld hatte und bedeutete seinen beiden Kameraden, in Deckung zu gehen. Sie begriffen und rannten zur Seite. Hoover feuerte eine Granate ab, sie traf die Treppe und zerstörte sie. Ein Teil der Treppe stürzte ins Erdgeschoß, mit ihr drei der Rebellen. Sie blieben verkrümmt zwischen den Trümmern liegen. Einige Stufen hielten, aber sie hingen ziemlich lose und schief und durften nicht mehr belastet werden, so dass man von oben die 1. Etage nur noch springend erreichen konnte.
Der Lieutenant kehrte in das Zimmer zurück und baute sich neben dem Fenster auf. Auf der Straße lagen vier reglose Gestalten, eine fünfte versuchte wegzukriechen. Hoover beugte sich aus dem Fenster. Unten, an der Eingangstür, drängten sich die Rebellen. Einige seiner Männer schwangen blitzschnell die Oberkörper aus den Fenstern, schossen steil nach unten und verschwanden sofort wieder in Deckung, weil sie aus dem Gebäude auf der anderen Straßenseite unter Feuer genommen wurden.
Neben dem Lieutenant zischten Kugeln durchs Fenster oder harkten in die Hauswand. Einige kleine Splitter trafen ihn wie winzige Geschosse und ließen ihn zurückzucken. Blut rann über sein Gesicht.
Ungeachtet der kleinen Wunden lud Hoover den Granatwerfer nach, dann kehrte er ins Treppenhaus zurück. Die beiden Marines hatten die ins Haus eingedrungenen Rebellen unter Feuer genommen. Kugelgarben ratterten aus ihren Gewehren, Mündungsfeuer flackerten. Hoover lief bis zur Treppe und feuerte eine Granate schräg nach unten. Das Haus schien zu erbeben, als sie explodierte. Geschrei tönte von unten herauf. Aus dem Rauch schälte sich die Gestalt eines Mannes. Es knallte trocken und er brach lautlos zusammen.
»Haltet hier die Stellung!«, schrie Hoover den beiden Marines zu und rannte in den Raum zurück. Er hatte noch eine Granate und bestückte damit den Granatwerfer. An einem der Fenster des Gebäudes auf der anderen Straßenseite zeigte sich ein Mann. Bei der Haustür war ein weiterer Aufständischer auszumachen. Aus den anderen Fenstern wurde wie irrsinnig geschossen, aber die Schützen waren nicht zu sehen. Einige der Kerle, die ins Haus einzudringen versucht hatten, rannten geduckt über die Straße und verschwanden auf der anderen Seite im Gebäude oder in dessen Deckung.
»Feuer einstellen!«, brüllte Hoover.
Nach und nach verstummten die Gewehre. Hoover nahm Verbindung mit der Botschaft auf. »Hier Bravo drei. Wir haben soeben einen Angriff zurückgeschlagen. Es ist aber nur eine Frage der Zeit, bis sie uns überrennen. Sie sind uns zahlenmäßig weit überlegen. Außerdem müssen wir Munition sparen.«
»Sind die Männer und Frauen der Gesandtschaften wohlauf?«
»Ja. Haben Sie versucht, Hilfe anzufordern?«
»Unsere Leute in Angola dürfen nicht eingreifen. Ausdrücklicher Befehl aus dem Pentagon. Kein Krieg mit amerikanischer Beteiligung im Kongo. Wir müssen versuchen, die Stellung zu halten, bis uns reguläre Truppen zur Hilfe kommen.«
»Wenn sich die Luba im ganzen Land erhoben haben, werden wir wohl auf Hilfe von Regierungsseite nicht hoffen können. Dann haben die regulären Truppen genug damit zu tun, den Bürgerkrieg im Keim zu ersticken.«
»Wir können nur kämpfen und hoffen, Bravo drei», kam es durch den Lautsprecher. »Bravo eins Ende.«
»Over.«
Im Treppenhaus peitschten Schüsse. Hoover rannte hinaus.
»Sie versuchen, von oben über uns zu kommen«, schrie einer der Marines. »Da oben sind mindestens noch zehn Mann. Einer hat versucht, die kaputte Treppe im Sprung zu überwinden. Jetzt sind es nur noch neun.«
Der Bursche grinste und seine Zähne bildeten einen scharfen Kontrast zu seinem vom Pulverschmauch geschwärzten Gesicht.
Hoover schloss die Rechte zur Faust und hob den Daumen. »Weiter so, Leute. Wir werden unsere Haut so teuer wie nur möglich verkaufen.«
Er lief in den Raum, in dem sich die Gesandtschaften befanden. »Haben wir eine Chance?«, empfing ihn Patterson, der Botschafter, mit aufgeregter Stimme. Dieser Mann war nur noch ein Nervenbündel, in dessen Augen Angst flackerte und in dessen Gesicht die Nerven zuckten.
»Solange ein Funke Leben in uns ist, haben wir eine«, versetzte Hoover lakonisch. Der Schweiß, der ihm aus den Poren drang, zog helle Spuren in die Schmutz- und Blutschicht in seinem Gesicht.
»Haben Sie Hilfe von der Botschaft angefordert?«, fragte de Bauville.
»Ja. Aber die können uns nicht helfen. Die Aufständischen haben auch die Botschaft eingeschlossen und angegriffen. Mason hat versucht, in Angola Hilfe anzufordern. Aber sie wurde verweigert. Befehl aus dem Pentagon. Man will es der kongolesischen Regierung selbst überlassen, für Ruhe und Ordnung zu sorgen.«
»Großer Gott!«, entfuhr es Patterson. »In der Botschaft befinden sich meine Frau und die beiden Kinder.«
»Die können uns doch nicht einfach...« Dem Generalsekretär verschlug es die Sprache. Er schluckte würgend, sein Kehlkopf rutschte hinauf und hinunter. Dann zog er die Unterlippe zwischen die Zähne und kaute darauf herum, schließlich fragte er: »Weiß man im Pentagon, dass wir hier eingeschlossen und auf Hilfe von außen angewiesen sind?«
»Gewiss, Sir. Meine Order lautet, die Stellung hier zu halten und Angriffe zurückzuschlagen, bis die regulären Regierungstruppen eingreifen und dem Spuk ein Ende bereiten. Ich darf sie um Besonnenheit bitten. Sie sind bei uns in guten Händen.«
»Das klingt wie Hohn in meinen Ohren, Lieutenant«, stieß Patterson grimmig hervor. »Sie befehligen noch etwa ein Dutzend Männer. Ein Dutzend Marines gegen einige hundert Rebellen. Finden Sie nicht auch, dass das ein schlechtes Verhältnis ist. Und unter diesen Umständen fordern Sie uns auf, Besonnenheit zu wahren. Mann, es geht um unser Leben. Es hängt an einem seidenen Faden.«
Der UN-Generalsekretär legte dem Botschafter die Hand auf die Schulter. In seinen Mundwinkeln zuckte es. Er sagte mit bebenden Lippen: »Wir müssen darauf vertrauen, dass uns diese Männer beschützen und können nur beten, dass bald Hilfe eintrifft. Das ist aber auch schon alles. Der größte Fehler jedoch wäre es, in Hysterie auszubrechen.«
Dankbar nickte Hoover dem Generalsekretär zu.
Pattersons Schultern sanken nach unten. Er wandte sich um und wischte sich mit fahriger Geste über das Gesicht. »Tut mir leid...«
Da begannen wieder die Gewehre zu knattern.
Hoover rannte zurück in den Raum, in dem er bisher die Stellung gehalten hatte. Die Rebellen nahmen das Haus wieder unter Beschuss. Nur vereinzelt erwiderten die Marines das Feuer, denn sie konnten es sich nicht leisten, ihre Munition zu vergeuden.
Da kam ein Funkspruch: »Hier Bravo eins. Hören Sie mich, Bravo drei? Bitte kommen.«
»Hier Bravo drei. Was gibt es?«
»Eine Spezialeinheit ist auf dem Weg aus den Staaten in den Kongo. Ihr Auftrag ist, die Gesandtschaften der Amerikaner und der Vereinten Nationen aus dem Gebäude zu evakuieren und nach Angola auszufliegen. Der Einsatz soll irgendwann zwischen 23 Uhr 30 und 24 Uhr erfolgen.«
»Was ist mit Regierungseinheiten? Ich dachte...«
»Sieht schlecht aus. In der gesamten Stadt und auch auf dem Land herrscht Unruhe. In Kinshasa wimmelt es von Rebellen. Überall finden Kämpfe statt. Kasernen werden von Rebellen belagert. Wir sind uns sozusagen selbst überlassen.«
»Man sollte diesem Jean Kasavubu die Eier abschneiden!«, knirschte Hoover.
»Kein besonders frommer Wunsch«, lachte Captain John Mason, der am anderen Ende der Leitung saß. »Aber Sie haben sicher recht, Lieutenant. Also halten Sie durch bis Mitternacht. Over.«
»Wie groß ist diese Spezialeinheit?«, wollte Hoover wissen.
»Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass man sie Special Task Team Alpha nennt und dass sie im Auftrag der Vereinten Nationen auftritt. Bravo eins Ende.«
»Bravo drei – Ende.«
Hoover schickte eine Feuergarbe über die Straße, dann lief er noch einmal aus dem Raum und begab sich zu den Zivilisten. »Gute Nachricht«, sagte er. »Eine Spezialeinheit ist auf dem Weg hierher. Sie wird Special Task Team Alpha genannt. Ihr Auftrag ist, uns aus diesem Gebäude zu evakuieren und nach Angola auszufliegen.«
»Special Task Team Alpha«, stieß der UN-Generalsekretär hervor. »Das sind nur sieben Leute. Fünf Männer und zwei Frauen.«
Betroffenheit machte sich breit.
»Sieben Leute«, echote der Lieutenant. »Das soll wohl ein Witz sein.«
*
Es war finster. Der Himmel über Kinshasa war sternenklar. Im Süden hing die Sichel des Mondes. Die Motoren der beiden Helikopter dröhnten. Wie zwei riesige Libellen zogen sie über die Hochhäuser der Stadt hinweg. Kugeln prallten funkenschlagend von der stabilen Außenhaut der Hubschrauber ab.
Ein Black Hawk kann dem Beschuss von 23 Millimeter Kanonen widerstehen. Die Geschosse aus den Gewehren der Aufständischen konnten den beiden Maschinen also nichts anhaben.
Das STTA-Team saß im vorderen der Black Hawks. Colonel Jarrett stand in Funkkontakt mit Captain John Mason in der Botschaft.
»Wir werden in wenigen Minuten das Ziel erreicht haben«, meldete der Colonel. »Vier meiner Leute werden sich auf das Dach abseilen und versuchen, von oben zu den Eingeschlossenen vorzudringen. Wir anderen werden vom Helikopter aus Feuerschutz geben, sobald die Eingeschlossenen das Haus verlassen. Over.«
»In Ordnung, Colonel. Sollte etwas schief gehen, müssen sie versuchen, sich zusammen mit den Gesandtschaften zur Botschaft durchzukämpfen. Lieutenant Hoover kennt den Weg. Ich wünsche Ihnen Hals- und Beinbruch, Colonel. Ende«.
Captain Mason nahm Kontakt mit Lieutenant Hoover auf. »Hilfe trifft in wenigen Minuten ein, Bravo drei. Ein Teil des STTA-Teams wird sich auf das Gebäude abseilen und von oben bis zu Ihnen vordringen. Sobald die Hubschrauber auf der Straße vor dem Gebäude landen, verlassen unter dem Feuerschutz des übrigen STTA-Teams und Ihrer Leute die Gesandtschaften das Gebäude. Wenn die Zivilisten im Helikopter in Sicherheit sind, schlagen Sie sich zusammen mit dem restlichen STTA-Team zum zweiten Hubschrauber durch. Noch Fragen, Lieutenant?«
»Kann ich mit dem Anführer des STTA-Teams Verbindung aufnehmen?«
»Colonel Jarrett wird mit Ihnen Verbindung aufnehmen, Lieutenant.«
»Gut. Ich höre die Hubschrauber schon.«
»Halten Sie die Ohren steif, Lieutenant.«
Details
- Seiten
- Erscheinungsjahr
- 2023
- ISBN (ePUB)
- 9783738969832
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2023 (Januar)
- Schlagworte
- peacemaker military action thriller