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Zur Hölle mit McLintock: Pete Hackett Western Edition 89

von Pete Hackett (Autor:in)
©2022 120 Seiten

Zusammenfassung

Wade Sloane hatte nach seinem bewegten Leben nur noch ein Ziel, seinen Lebensabend in Ruhe und Frieden verbringen zu können. Doch getrieben durch die unlautere Geschäfte der Großfarmer waren er und seine Familie gezwungen, immer wieder an neue Orte zu ziehen. In den zwei Jahren, seit sie sich am House Rock Draw niedergelassen hatten, gab es keinen Tag Ruhe vor den K.H.-Ranch Handlangern. Wade Sloane konnte nicht mehr. Seine Frau war schwer krank und dieses Mal würde er nicht fliehen, sondern sein Heim verteidigen!

Leseprobe

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Alfred Bekker

© Roman by Author

COVER EDWARD MARTIN

© dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Zur Hölle mit McLintock: Pete Hackett Western Edition 89


Western von Pete Hackett


Über den Autor

Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war - eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.

Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung."

Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.



Ein CassiopeiaPress E-Book

© by Author www.Haberl-Peter.de

© der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

www.AlfredBekker.de


Die Hütte brannte lichterloh. Hoch schlugen die Flammen in den Abendhimmel. Lange würden die Banditen sich nicht mehr halten können. Die Hitze wurde schon unerträglich. Schweiß glitzerte in ihren verzerrten Gesichtern. Beißender Qualm brannte in ihren Augen und füllte ihre Lungen. Ihr Atem ging rasselnd und keuchend.

Sie mussten hinaus, wenn sie nicht bei lebendigem Leibe verbrennen wollten.

Aber draußen wartete der Tod.

»Verdammt, Al«, knurrte Bob Morrison, »wir werden geröstet, wenn wir noch länger warten. Gleich fliegt uns das Dach auf den Kopf. Wäre es nicht ratsamer, aufzugeben?«

Alan Sturgess wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. »Aufgeben - niemals!«, fauchte er und knirschte mit den Zähnen. »Ehe ich mich von diesem Bastard unter den Galgen schleppen lasse, jage ich mir selbst eine Kugel in den Kopf.«

Er stand neben der Fensterluke und äugte hinaus. Das Hüttendach knackte und ächzte schon bedenklich. Bob Morrison begann gequält zu husten. Auch Jack McGarrett wurde von einem Hustenanfall durch und durch geschüttelt. Die Tränen traten den hustenden Outlaws in die Augen. Es wurde immer heißer in der windschiefen Weidehütte. Die Rückwand stand ebenfalls in hellen Flammen. Das ausgetrocknete Holz brannte wie Zunder. Der Brandgeruch war scharf und beißend.

»Weshalb versuchen wir nicht einfach den Ausbruch?«, presste Ray Jones hervor. »Heavens, Al, wenn wir noch lange überlegen, sind wir vom Feuer eingeschlossen. Und dann gute Nacht …«

Will Sundance, der fünfte Mann der Bande, krächzte: »Wir müssen es versuchen. Es steht fünf zu eins, und es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn …«

Sturgess unterbrach ihn mit klirrendem Tonfall: »Er ist der Teufel persönlich, du Narr!« Gehetzt schaute er von einem zum anderen. Schweiß rann ihm in die Augen und tropfte von seinem Kinn, in dem Gesicht zuckten die Nerven. Jäh verspürte der skrupellose Bandit Angst. Er fürchtete den Tod. Zur grenzenlosen Angst gesellte sich das Grauen. Seine Zähne schlugen plötzlich aufeinander wie im Schüttelfrost.

»Ich verschwinde!«, stieß Bob Morrison in jähem Entschluss hervor, glitt zur Tür und riss sie auf. Mit einem Satz war er draußen. Sofort wandte er sich nach links, wo ihre Pferde in einem zu dem kleinen Creek hin offenen Corral standen. Da gab es auch genügend Gebüsch, das Deckung bot.

Ein Schuss peitschte. Das Bein des Banditen knickte ein, er fiel gegen die Hüttenwand, drehte sich halb und rutschte mit dem Rücken daran herunter. Sofort eröffnete er das Feuer auf die Buschgruppe etwa hundert Yards von der Hütte entfernt, über der Pulverqualm im Abendwind zerflatterte. Seine Kugeln hieben in das Gestrüpp, ließen Zweige und Blätter zu Boden regnen.

Auch seine Kumpane schossen wie rasend auf die Büsche, zwischen denen sich ihr Jäger verschanzt hatte. Das Prasseln und Fauchen des Feuers ging im Lärm der Schießerei unter. Die Pferde im Corral begannen nervös im Kreis zu laufen. Staub wölkte unter ihren Hufen. Der zuckende Feuerschein überzog alles in der Umgebung mit gespenstischen Lichtreflexen.

»Hinaus jetzt!«, schrie Jack McGarrett und stieß sich ab. Mit einem kraftvollen Satz sprang er durch die Tür. Er landete mit beiden Beinen gleichzeitig, sein Gewehr spuckte Feuer und Rauch. Ihm folgte Will Sundance. Ray Tones und Alan Sturgess feuerten wie besessen durch die Fensterhöhlungen.

Das Hüttendach begann einzubrechen und hing gefährlich durch. Brennende Bretter fielen in den Raum. Draußen huschten Jack McGarrett und Will Sundance nach links davon. Bob Morrison bemühte sich, kriechend in Sicherheit zu gelangen.

Und nun stürmten auch Sturgess und Jones ins Freie - im letzten Moment. Hinter ihnen stürzte das Dach ein. Funkengarben sprühten, Asche wirbelte, es knirschte, krachte und barst. Hoch schossen die Flammen.

Die Pferde waren halb verrückt vor Angst und Panik. Jetzt den Corral zu betreten wäre Selbstmord gewesen. Das Bestreben der Outlaws war es, das dichte Ufergebüsch zu erreichen.

Doch jetzt begann die Winchester des Mannes zu sprechen, der es sich zum Ziel gesetzt hatte, die Sturgess-Gang unschädlich zu machen. In rasender Folge peitschten die Schüsse aus dem Lauf.

Jack McGarrett brach wie vom Blitz getroffen zusammen und begrub sein Gewehr unter sich. Seine Gestalt erschlaffte. Al Sturgess hechtete nach vorn, überrollte sich, kam sofort wieder auf die Beine und hetzte weiter. Ray Jones wurden die Beine unter dem Körper weggerissen. Er krachte schwer auf den Boden und streckte sich. Will Sundance stoppte, als wäre er gegen eine unsichtbare Wand gelaufen, warf beide Arme in die Höhe, kippte über seine Absätze nach hinten und schlug der Länge nach hin. Vor Bob Morrisons Gesicht schleuderte ein Geschoss Dreckklumpen in die Höhe. Der Bandit blieb wie versteinert liegen und vergaß den Schmerz in seinem durchschossenen Bein.

Alan Sturgess warf sich in die Büsche. Zweige peitschten sein Gesicht, Dornen rissen ihm die Hand auf. Er ignorierte das alles und rannte, als säße ihm der Leibhaftige im Nacken. Der Bandit stürzte hart, als er über eine Wurzel stolperte. Ein spitzer, erschreckter Aufschrei entrang sich ihm. Er rappelte sich hoch und stürmte weiter.

Hinter ihm schwiegen die Waffen. Nur das Trommeln der Pferdehufe war zu hören. Ohne anzuhalten durchwatete Sturgess den schmalen Creek. Auf allen vieren kroch er auf der anderen Seite die Uferböschung empor, keuchend warf er sich unter das Buschwerk und beobachtete das andere Ufer.

Die Hütte stand völlig in Flammen. Mit einem zitternden Atemzug lähmenden Entsetzens befreite Sturgess sich von dem Gedanken daran, was gewesen wäre, wenn er nur ein paar Herzschläge länger in der Hütte ausgeharrt hätte.

Plötzlich galoppierte drüben eines der Pferde durch eine Lücke im Gestrüpp. Mit hochgestelltem Schweif und fliegenden Steigbügeln stob das Tier in den Fluss hinein. Das Wasser spritzte hoch. Die anderen Pferde folgten. Ihre wirbelnden Hufe wühlten den Untergrund des Creeks auf und färbten das Wasser lehmig.

Al Sturgess sprang auf und versuchte, den Pferden den Weg abzuschneiden. Seine Lungen pumpten und fingen an zu stechen. Die Pferde nahmen ihn wahr und wollten nach rechts ausbrechen. Schreiend folgte Sturgess ihnen. Auf der anderen Seite fiel wieder ein Schuss. Und obwohl Sturgess schwitzte, wurde ihm plötzlich ganz kalt ums Herz.

Die Pferde vollführten wahre Bocksprünge das abschüssige Ufer hinauf, stemmten die Hinterhand wie Säulen in den Boden, um ein Zurückgleiten zu verhindern, wieherten schrill und warfen den Kopf hoch. Ein Brauner steilte und vollführte mit den Vorderläufen einen Trommelwirbel in der Luft.

Es war ein Knäuel ineinander verkeilter Pferdeleiber. Die Tiere behinderten sich gegenseitig. Eines knickte vorne ein, ein anderes stürzte über das Hindernis und rutschte grell wiehernd zurück ins Flussbett.

Der Bandit nutzte seine Chance. Die Linke umklammerte das Sattelhorn des nächstbesten Tieres. Mit aller Kraft stieß Sturgess sich ab. Er landete im Sattel und drückte dem Tier die Sporen rücksichtslos in die Seiten. Der Pferdeleib streckte sich …


*


Bob Morrison jagte Kugel um Kugel in die Büsche, Er hatte seinen Schreck überwunden. Nach jedem Schuss schob er sich auf dem Bauch ein Stück weiter. Sein Feuer wurde nicht beantwortet. Jetzt spürte der Outlaw auch die Lähmung im Bein. Der Schmerz tobte bis unter die Schädeldecke und ließ ihn qualvoll stöhnen. In Morrisons Augen flackerte die überwältigende Angst.

Die Pferde hörten plötzlich auf zu kreisen und sprengten in den Fluss hinein. Bob Morrison schrie unwillkürlich auf vor Enttäuschung. Er rollte sich mehrere Male herum, sein brennender Blick huschte über die Fronten der Buschreihen, die das Weideland zerschnitten.

»Wo bist du, Bastard?«, rief Morrison, während Speichel aus seinen Mundwinkeln rann. »Zeig dich!«

Krachend stürzte die Hütte endgültig zusammen. Morrison schleppte sich bis zur Fence, setzte sich auf und lehnte sich mit dem Rücken gegen einen der dicken Pfosten. Er hielt das Gewehr im Hüftanschlag und wartete zitternd und halb wahnsinnig vor kläglicher Angst auf den Fangschuss.

»Doch das Peitschen des Schusses blieb aus. Stattdessen ertönte eine glasklare, schneidende Stimme: »Ich gebe dir genau drei Sekunden Zeit, Morrison, das Gewehr wegzuwerfen. Wenn du es nach drei Sekunden noch in den Händen hältst, stirbst du. Ich beginne jetzt zu zählen: Eins …«

Bob Morrison warf das Gewehr weg, als hätte er sich daran plötzlich die Hände verbrannt. »Ich gebe auf, McLintock, nicht schießen. Du hast gewonnen.«

Blattwerk raschelte, Zweige knackten. Ein hochgewachsener Mann trat aus dem Buschwerk. Er hielt die Winchester auf Morrison gerichtet. Der Zeigefinger lag um den Abzug. Das Gesicht des Mannes verriet nicht die Spur einer Regung.

Morrisons Lippen zuckten. Sein Gesicht war krankhaft bleich. Die Furchen und Kerben darin schienen sich vertieft zu haben.

Flint McLintock ging, ohne Morrison aus den Augen zu lassen, zu McGarrett. Er sah in die verzerrten Züge des Banditen und erkannte darin die grenzenlose Leere des Todes. Ray Jones und Will Sundance hatten gleichfalls dran glauben müssen. McLintock rief halblaut: »Wie es aussieht, ist Sturgess die Flucht gelungen. Ihr hattet doch sicherlich irgendein Ziel, Morrison. Spuck es schon aus! Wo wolltet ihr euch für die nächste Zeit zur Ruhe setzen?«

Langsam näherte er sich dem röchelnden Banditen. McLintocks Züge waren hartlinig und verschlossen.

»Von mir erfährst du nichts, du elender Schnüffler!«, geiferte Bob Morrison, der nach und nach zu seiner Kaltschnäuzigkeit zurückfand. Mit beiden Händen umklammerte er sein zerschossenes Bein. Blut sickerte zwischen den Fingern hindurch. »Verbinde mich, McLintock!«, fügte er hinzu, »Es ist deine verdammte Pflicht und Schuldigkeit als U.S. Marshal.«

»Du brauchst mich nicht über meine Pflichten aufzuklären, Bandit!«, konterte McLintock ungerührt. Breitbeinig war er vor Morrison stehen geblieben. Es war schon ziemlich düster, die Flammen loderten nicht mehr sehr hoch, und im unwirklichen, diffusen Licht muteten die Züge des Marshals an wie aus Granit gemeißelt. Seine schmalen Lippen sprangen auseinander. »Du vergisst nur eines, Amigo: Wir beide sind hier mutterseelenallein. Wenn du vor die Hunde gehst, wird kein Mensch von mir Rechenschaft deswegen verlangen. Also, überleg es dir gut.«

Der Marshal bückte sich, zog Morrisons Colt aus dem Holster und steckte ihn hinter seinen Hosenbund. Die Härte in seiner Miene lockerte sich nicht. Alles an ihm mutete unheilvoll und gefährlich an. Der Strom von Unversöhnlichkeit, der von ihm ausging, ließ Bob Morrison frösteln. Von Flint McLintock konnte er weder Entgegenkommen noch Verständnis erwarten. Die Erkenntnis legte sich wie mit Bleigewichten auf den Banditen und ließ ihn schneller atmen.

»Du verfluchter Menschenjäger!«, knirschte er, als ihn der Hass übermannte.

»Du kannst mich nicht beleidigen, Morrison.« McLintock zeigte sich kühl und gelassen. »Und nun zum letzten Mal: Wohin wolltet ihr euch wenden? Was war euer Ziel?«

»Was wird aus mir, McLintock?«

»Ich bringe dich nach Rock Point und übergebe dich dort dem Sheriff.«

»Du lieferst mich also dem Henker aus?«

Der Sternträger nickte. »Hast du gedacht, ich lasse dich laufen, Hombre? Einen Mörder und Frauenschänder! Du wirst hängen. Und Alan Sturgess wird dir Gesellschaft leisten.«

»Fahr zur Hölle!«, giftete der Outlaw.

»Wie du willst«, knurrte der Marshal und holte Morrisons Gewehr. Er stapfte damit zu der niedergebrannten Hütte, zu diesem Durcheinander kreuz und quer liegender, glimmender und qualmender Bretter und Balken, und schleuderte die Waffe hinein. Hier und dort züngelten noch Flammen aus dem Chaos. Die Hitze war kaum auszuhalten. McLintock wandte sich schnell ab, machte einen Schritt - und verhielt abrupt.

Bob Morrison hielt einen kurzläufigen Bullcolt in der blutverschmierten Rechten und starrte McLintock über Kimme und Korn der Waffe an. Er hatte das Schießeisen verborgen unter der Jacke getragen. In seiner Iris glomm die nackte Mordlust. Höhnisch, wie von einer wilden Freude erfüllt, rief der Bandit: »Wir wollten nach Bitter Spring, Menschenjäger. Dort will ein mächtiger Bursche die Squatter zum Teufel jagen, die sich am Colorado River und am House Rock Draw breitmachen. Er hat uns dafür angeheuert.« Morrison lachte teuflisch auf. »Jetzt weißt du es, Sternschlepper, aber was nützt dir dieses Wissen, wenn du gleich tot bist?« Wieder brach ein böses Lachen voll mörderischer Begierde über seine rissigen Lippen. Genussvoll und triumphierend spannte er den Hahn des Colts, klickernd rotierte die Trommel um eine Kammer weiter.

»Bitter Spring also«, murmelte McLintock und handelte ansatzlos, ohne jeden Übergang.

Der Marshal ließ sich auf die Knie fallen, sein Gewehr entlud sich krachend, gleichzeitig warf er sich zur Seite.

Der Colt in der Faust des Banditen wummerte. Ein handlanger Mündungsstrahl stieß aus dem Lauf. Das Geschoss pfiff an McLintock vorbei und pflügte irgendwo weit hinter ihm das Erdreich auf. McLintocks Kugel aber traf. Bob Morrisons Kinn sank auf die Brust, die Hand mit dem Colt fiel nach unten. Der Oberkörper des Outlaws schien in sich zusammenzusacken.

Das Echo der Schüsse verrollte. Der Marshal hatte einen gallenbitteren Geschmack im Mund. Er hasste es, töten zu müssen. Doch immer wieder zwangen ihn Kerle wie Morrison dazu. Auch wenn diese Sorte zehnmal den Tod verdiente, er - Flint McLintock - war nicht ihr Richter und schon gar nicht ihr Henker, In Augenblicken wie diesen empfand er nichts als Hass auf seinen rauchigen Job.

Er hatte einen blutigen Schlussstrich unter Bob Morrisons Leben gezogen. Es gab nur noch Alan Sturgess, den es zu schnappen galt.

Bitter Spring!

Der Name der Town hatte sich unauslöschlich in McLintocks Gedächtnis eingeprägt. Er hatte von dieser Stadt noch nie gehört. Aber den Worten Morrisons nach musste sie irgendwo am Colorado River liegen.

Der Marshal holte sein Pferd. Es war ein hochbeiniger Wallach mit breiter Brust. Mit einem kleinen Klappspaten machte McLintock sich daran, eine Grube auszuheben. Während er arbeitete, brach die Nacht herein.


*


Über dem House Rock Draw lagen noch die Morgennebel und das Gras war noch feucht vom Tau, als Wade Sloane lauschend den Kopf hob. Plötzlich presste er die Lippen zusammen, seine Wangen strafften sich, die Stirn legte sich in Falten. Er stieß hervor.

»Wir kriegen Besuch. Old Amos, hol dein Gewehr und postiere dich beim Stalltor! Ihr beide«, der Farmer sah von seiner Frau auf seine Tochter, »setzt euch an die Wand und bleibt dort sitzen! Falls die Kugeln fliegen, will ich nicht, dass euch etwas zustößt.«

Sie saßen beim Frühstück. Es gab Spiegeleier mit Brot. Dazu tranken sie Kaffee.

Judith Sloane schaute erschrocken. Ihr verhärmtes Gesicht verriet, dass ihr das Leben nicht viel geschenkt hatte, dass es ein einziger Daseinskampf gewesen war. Und nun standen sie einem Großen und Mächtigem im Weg. Die Illusion von einem Lehen in Ruhe und Frieden auf dem Stück Land, das sie von der Regierung erworben hatten, löste sich für die verbitterte Frau nach und nach in Rauch auf.

In Kellys Mundwinkel kerbte sich ein herber Ausdruck. Das Mädchen war vierundzwanzig Jahre alt und hübsch. Blondes Haar rahmte ihr sonnengebräuntes Gesicht ein, das von einem tiefblauen Augenpaar beherrscht wurde. Kelly erhob sich zugleich mit ihrem Vater und Old Amos, dem kleinen, krummbeinigen Farmhelp.

Jeder in der Küche des Farmhauses konnte den fernen, rumorenden Hufschlag mehrerer Pferde vernehmen. Er näherte sich dem Anwesen von Norden. Wade Sloane holte seine Winchester aus dem Schrank und lud sie durch. Old Amos rannte aus dem Haus, so schnell ihn seine alten Beine zu tragen vermochten, überquerte den Hof und verschwand in dem kleinen Holzbau, der ihm als Unterkunft diente.

Kelly sagte: »Gib mir eine Waffe, Dad. Ich kann mich nicht an die Wand setzen und abwarten, wie sich alles entwickelt. Heute, schätze ich, geht Hendrix wieder einen Schritt weiter, und wir können nicht mehr länger tatenlos zusehen, wie seine Sattelhaie unsere Zäune niederreißen und unsere Felder von ihren Pferden zertrampeln lassen. Also gib mir eine Waffe, Dad.«

Wade Sloane dachte kurz nach, dann schüttelte er den Kopf. Mit Nachdruck im Tonfall gab er zu verstehen: »Das kommt nicht in Frage. Die Hundesöhne würden keine Rücksicht darauf nehmen, dass du eine Frau bist, wenn du ihnen mit einer Waffe in der Hand gegenübertrittst. Nein, Kelly, kümmere du dich um deine Mutter, während Amos und ich …«

Wade Sloane verstummte, denn seine Stimmbänder versagten, als er sich fragte, was er und der Oldtimer im Endeffekt Kirk Hendrix, dessen Söhnen und seiner Gunslinger-Mannschaft entgegenzusetzen hatten. Fahrig strich der Farmer sich über Stirn und Augen. Old Amos kam aus seiner Unterkunft, winkte mit dem Gewehr herüber und lief zum Kuh- und Ziegenstall, wo er sich im Eingang verschanzte.

Sanft zog Kelly ihre Mutter auf die Beine. »Der Himmel sei mit uns«, flüsterte die Frau mit brüchiger Stimme. Kelly dirigierte sie zur Wand neben dem Fenster und nötigte sie mit sanfter Gewalt, sich auf den Boden zu setzen. Judiths Lippen zuckten. Es war, als ahnte sie das Unheil, das sich über ihren Köpfen zusammenbraute, tief in der Seele. »Wir sollten beten, Kelly«, murmelte sie.

Kelly schluckte würgend und nickte.

Ja, auch sie fürchtete sich vor Kirk Hendrix. In den zwei Jahren, seit sie sich am House Rock Draw niedergelassen hatten, hatten sie keine Ruhe vor der K.H.-Ranch. Anfangs waren es nur Beleidigungen und weniger ernstzunehmende Drohungen gewesen. Aber dann gab es die ersten Übergriffe auf die Heimstätter, die Drohungen wurden immer massiver, und schließlich stellte Hendrix den Siedlern ein Ultimatum. Sie hatten die Wahl, das Feld zu räumen oder zu sterben.

Das Ultimatum war abgelaufen. Und nun näherte sich das Unheil auf dumpf pochenden Hufen.

Die Reiter erschienen auf der lang gezogenen Anhöhe nördlich der Farm und zerrten ihre Pferde in den Stand. Es waren sechs. Unruhig tänzelten die Tiere, peitschten mit den Schweifen und spielten mit den Ohren.

Wade Sloanes Fäuste krampften sich härter um Kolbenhals und Schaft der Winchester. Er löste seinen funkelnden Blick von dem Pulk und ließ ihn über das Stalltor gleiten. Von Old Amos war nichts zu sehen.

Der Hufschlag kam erneut auf, denn die Reiter trieben ihre Pferde wieder an. In loser Ordnung ritten sie auf die Farm zu. Ihre Waffen steckten in den Scabbards. Sie ritten wachsam und verhalten, benahmen sich jedoch nicht ausgesprochen feindselig.

Ihr Verhalten irritierte Wade Sloane. Er erkannte an der Spitze der Reiter Jesse Hendrix, den älteren Sohn von Big Kirk.

Am Rand des Farmhofes parierten sie die Pferde. Jesse Hendrix stemmte die Arme auf das Sattelhorn und rief gellend: »Das Ultimatum, das dir mein Vater setzte, ist abgelaufen, Sloane!«

»Das ist ja wohl auch der Grund, weshalb du mit einem Rudel Revolverhaien bei mir aufkreuzt, Jesse!«, erwiderte Wade Sloane grimmig. »Fangt nur an. Ihr werdet ziemlich Federn lassen, schätze ich.«

»Dein Starrsinn bringt dich ins Grab, Sloane!«, schrie Jesse Hendrix.

»Vor mir aber fährst du in die Grube, Amigo!«, versprach der Farmer rau. »Mein Gewehr zielt auf dich, Jesse, und wenn ich den Finger krumm mache, dann saust du mit einem Donnerknall in die Hölle.«

»Du solltest an deine Frau und deine Tochter denken, Sloane«, entgegnete Jesse Hendrix. »Sie werden …«

Wade Sloane ließ den Ranchersohn nicht aussprechen. »Spar dir deine Ratschläge, Hendrix! Ich habe mich entschlossen, mein Land zu verteidigen. Das Recht ist auf meiner Seite. Ich habe das Land ordnungsgemäß von der Regierung erworben. Das Heimstättengesetz …«

Jesse Hendrix lachte wild und zynisch auf. »Hier gibt es nur das Gesetz der freien Weide, Sloane. Danach leben wir, und das wird sich, solange in diesem Landstrich die K.H.-Ranch den Ton angibt, nicht ändern. Aber ich merke schon, Sloane, du bist stur und uneinsichtig. Mein Vater gewährt dir eine letzte Frist - eine allerletzte. Morgen kommen wir wieder. Und wenn ihr dann noch nicht verschwunden seid, wird es rau für euch.«

»Ich werde da sein und auf euch warten!«, brüllte der Farmer zornentbrannt.

»Dann wird sich dein Wunsch erfüllen, Sloane, und du bleibst auf deinem Land, allerdings sechs Fuß unter der Grasnarbe.«

»Dreckiger Bastard!« Es brach über Wade Sloanes Lippen, eine Welle der Wut überschwemmte sein Bewusstsein und ließ ihn abdrücken. Das Geschoss fauchte dicht über Jesses Kopf hinweg. Der Ranchersohn schien geradezu im Sattel zu schrumpfen. Der Knall überlagerte sekundenlang alle anderen Geräusche. Jesse Hendrix gelang es nur mit Mühe, sein scheuendes Pferd unter Kontrolle zu bringen.

Die Hände der Begleiter des Ranchersohnes zuckten zu den Waffen. Aber da mische sich Old Amos ein. Er rief krächzend: »Auch meine Knarre deutet auf euch Dreckskerle, und keiner von euch weiß, wer der erste sein wird, der mein Blei zu fressen kriegt. Macht nur weiter. Ich werde mit Vergnügen einige K.H.-Sättel leerfegen.«

Er hatte es in einer Art gerufen, die keine Zweifel an der Ernsthaftigkeit seiner Worte aufkommen ließ.

Die Kerle verkrampften sich und wurden steif. Und sie nahmen die Hände von den Waffen, als Old Amos mit einem metallischen Knacken repetierte.

Die Atmosphäre mutete unvermittelt explosiv an. Old Amos' Drohung folgte lastende, unheilvolle und bedrohliche Stille. Die K.H.-Reiter fühlten plötzlich Beklemmung und Unbehaglichkeit. Sie waren sich ihrer Sache zu sicher gewesen, dachten, allein ihr Auftreten würde den Farmer zur Kapitulation veranlassen. Nun sahen sie sich eines Besseren belehrt.

Es galt, den Rückzug anzutreten. Denn Sloane und Old Amos waren eindeutig im Vorteil. Jesse Hendrix gab sich einen Ruck und rief mit rauer Stimme: »Bis morgen, Sloane! Stell dich darauf ein, dass die Colts und Gewehre morgen das letzte Wort haben. Du hast es dir selbst zuzuschreiben. - Und was dich anbetrifft, Old Amos, so werden wir dich neben deinem Boss beerdigen. Das verspreche ich dir.«

»Obwohl du gezwungen bist, den Schwanz einzuziehen wie ein geprügelter Straßenköter, nimmst du das Maul ziemlich voll, Hendrix!«, tönte Old Amos bissig. »Aber merke dir eines, mein Junge: Einen wie dich rauche ich in der Pfeife. Wenn du Mumm in den Knochen hast, dann steig ab, und wir beide tragen es hier an Ort und Stelle aus. Aber wie ich dich einschätze, ist es mit deinem Mut nicht besonders weit her. Du kneifst, wenn dir nicht ein halbes Dutzend Schnellschießer und Schläger den Rücken stärken. Das ist doch so, Jesse, oder etwa nicht?«

Jesse Hendrix lachte scheppernd. »Dich alten Zausel blase ich auf den Mond. Deine Herausforderung ist lächerlich. Aber wir unterhalten uns darüber, wenn wir wiederkommen - morgen, alter Narr.«

Jesse Hendrix riss sein Pferd herum und gab ihm die Zügel frei. Seine Leute folgten ihm. In einem weiten Bogen ritten sie um die Farm herum und verschwanden im Süden hinter einer Bodenwelle.

Old Amos trat aus seiner Deckung und blickte in die Richtung, in die der Pulk verschwunden war. Nur noch der aufgewirbelte Staub markierte dessen Weg.

Wade Sloane verließ das Haus und rief: »Sie reiten weiter zu Holbrook, und dann zu den anderen, um ihnen Big Kirks letztes Ultimatum mitzuteilen. Die Pest an den Hals dieser niederträchtigen Bande!«


*


Am späten Nachmittag dieses Tages sattelte Wade Sloane sein Pferd. Old Amos half ihm dabei. Der Alte spuckte in hohem Bogen einen Strahl braunen Tabaksaft aus, biss ein neues Stück vom Kautabak ab und nörgelte: »Du reitest dir umsonst den Hintern wund, Wade. Die einzigen mit Rückgrat sind Dale Holbrook und John Cooper. Ward, Sanders und Malone sind entweder längst fort, oder sie ziehen es spätestens jetzt vor, nach Kirks letzter Aufforderung zu verduften. Sie sind nicht bereit, zu kämpfen. Ich verwette meinen Sonntagsanzug gegen ein verlaustes Hemd, dass du den weiten Weg umsonst unter die Hufe des Braunen nimmst.«

»Ich versuche es dennoch«, erklärte Wade unbeirrt. »Wenn es mir gelingt, alle anderen zum Bleiben zu bewegen und sie davon zu überzeugen, dass wir, wenn wir uns zusammenschließen, stark genug sind, Big Kirk die Stirn zu bieten, dann wird sich die K.H. die Zähne an uns ausbeißen.«

Kelly kam aus dem Farmhaus. Ihr Blick war sorgenvoll. Sie sagte: »Mutter gefällt mir gar nicht, Dad. Sie bekommt so schwer Luft und klagt über Übelkeit. Ich habe sie zu Bett gebracht und ihr einen Tee gekocht. Wenn sich ihr Zustand nicht bessert, wird Old Amos in die Stadt reiten und den Doc holen müssen.«

»Judith verkraftet das alles nicht«, murmelte der Farmer und stieß die Winchester in den Scabbard. »Ich will noch einmal nach ihr sehen.«

Er stapfte zum Haus, Kelly folgte ihm.

Judiths Gesicht war bleich. Auf ihrer Stirn perlte kalter Schweiß. Sie atmete stoßweise und rasselnd. Ihre Lider flatterten und wirkten durchsichtig.

»Judith«, flüsterte der Farmer bewegt und strich über das graue Haar der Frau. »Arme Judith.« Er sah über das Bett hinweg Kelly an, die mit einer Mischung aus Mitgefühl und Bekümmerung das eingefallene Gesicht der Kranken betrachtete. »Fast dreißig Jahre lang ist es mir nicht gelungen, für uns einen Platz zu finden, an dem wir in Frieden alt werden können. Immer wieder kam ein Großer, ein Mächtiger, dem wir ein Dorn im Auge waren, und das Ende vom Lied war jedes Mal, dass wir aufgaben und weiterzogen.«

Wade Sloane reckte seine ausladenden Schultern, holte tief Luft, dann sprach er weiter, langsam, nahezu schwerfällig, abgehackt und mit Endgültigkeit im Tonfall: »Diesmal fliehen wir nicht. Wir wer den unseren Platz behaupten. Wenn es sein muss, mit der Waffe in der Faust. Auf diesem Flecken Erde will ich mit Judith alt werden - oder sterben.«

Kelly erschauerte. Seine letzten Worte klangen in ihr nach wie eine düstere Prophezeiung. Heiß stieg es in dem Mädchen auf.

Wade Sloane verließ den Raum. Gleich darauf hörte Kelly ihn wegreiten.

Die Sonne stand weit im Westen. Die Dinge warfen lange Schatten. Weit östlich konnte Wade Sloane die hohen Pappeln ausmachen, die die Ufer des Colorado River säumten.

Der Farmer hing bitteren Gedanken nach. Die Mais- und Weizenfelder, an denen er entlang zog, nahm er lediglich unterbewusst wahr. Hoch über ihm stand eine Lerche mit heftigem Flügelschlag in der Luft, aber auch ihr Gezwitscher erreichte nur den Rand seines Bewusstseins.

Der Gedanke an die Zukunft ließ Wade Sloanes Stimmung auf den Nullpunkt sinken. Ein Gefühl von Hoffnungslosigkeit und Verlorenheit bemächtigte sich seiner. Er konnte das Empfinden, das ihr Schicksal einer Entscheidung entgegentrieb, nicht unterdrücken. Der Farmer zog die Schultern zusammen, als wehte ihn ein kalter Hauch an. In seiner Miene spiegelte sich wider, was ihn bewegte. Unvermittelt fragte er sich, ob es nicht klüger wäre, aufzugeben und das Land zu verlassen. Ergeben seufzte er. Nein! Allein der Gedanke daran festigte seine Entschlossenheit. Alles in ihm bäumte sich dagegen auf. Der Wille, sich durchzusetzen, gewann in ihm die Oberhand.

Flucht war kein Thema. Alles, was sie besaßen, hatten sie in die Farm investiert. Aufgabe brächte sie an den Bettelstab. Judith war krank – schwer krank. Sie war zu schwach, um im Planwagen nach Kalifornien oder hinauf nach Oregon zu ziehen.

Unnachgiebigkeit und Härte prägten plötzlich das Gesicht Wade Sloanes. Er wollte bleiben und kämpfen, und wenn es sein musste, bis zum bitteren Ende.

Die Holbrook-Farm kam in Sicht. Sie befand sich in einer weitläufigen Senke, die von Hügeln begrenzt wurde. Aus dem Kamin stieg Holzrauch. Weithin hallende Axtschläge erreichten das Gehör des Farmers. Im Schritt näherte er sich den Gebäuden. Dale Holbrook sah ihn kommen, lehnte die Axt an den Hauklotz, wischte sich mit dem Hemdärmel den Schweiß aus dem Gesicht und erwartete seinen Nachbarn.

»Hallo, Dale!« grüßte Wade, nachdem er angehalten hatte.

Holbrook erwiderte dessen Gruß. Aus dem Haus traten Jenny und Jimmy Holbrook, Dales Frau und sein achtjähriger Sohn. Wade lüftete seinen Hut und nickte Jenny zu. Ihre Miene blieb verschlossen und nahezu abweisend. Der Farmer blickte in ernste Gesichter. Ihm blieb nicht verborgen, dass die Augen der Frau Schwermut und tiefe Besorgnis verrieten.

»Jesse Hendrix war sicherlich auch bei dir, Dale«, begann Wade Sloane und beugte sich etwas nach vorn. Er hatte seine Hände übereinander auf dem Sattelhorn liegen. »Wie hast du dich entschieden?«

Für einen Moment überschattete Bitterkeit Holbrooks Gesicht. Doch dann stemmte er die Arme in die Seiten, legte den Kopf etwas zurück und presste trotzig hervor: »Ich bleibe, und das habe ich Jesse Hendrix auch unmissverständlich zu verstehen gegeben. Ich bleibe und bin bereit, um meinen Besitz zu kämpfen.«

Wade nickte. »Auch ich bin entschlossen, der K.H. die Zähne zu zeigen. Jeder auf sich allein gestellt ist jedoch nicht stark genug, um standhalten zu können. Wir sollten uns zusammenschließen, Dale. Ward hat zwei erwachsene Söhne, Cooper drei. Zusammen mit Clark Sanders, seinem Schwiegersohn und Carl Malone wären wir ein Dutzend Männer, die Tod und Teufel nicht zu fürchten brauchten.«

»Ich bin dabei, Wade«, versicherte Dale Holbrook. »Aber die anderen …« Er zuckte mit den Achseln. »Nun, ich weiß es nicht. Vielleicht täusche ich mich auch. Wir werden es sehen. Wirst du zu Ward, Sanders, Malone und Cooper reiten und sie fragen?«

»Ja. Kirk Hendrix verliert die Geduld. Morgen soll die Stunde der Wahrheit für alle Siedler westlich des Colorado River anbrechen. Das bedeutet, dass wir keine Zeit mehr verlieren dürfen.«

»Ganz meine Meinung, Wade. Soll ich dich begleiten?«

»Das ist nicht nötig. Es reicht, wenn ich dich auf dem Rückweg vom Ergebnis meiner Mission unterrichte.«

Wade winkte Jenny und Jimmy zu und wechselte mit Dale noch einen Blick, dann verließ er die Farm.


*


Die untergehende Sonne färbte über dem westlichen Horizont den Himmel blutrot. Vom Colorado River her schob sich die Abenddämmerung mit ihren Grauschleiern. Es war noch immer heiß wie in einem Backofen.

Wade ließ den Braunen traben. Nach einer Stunde erreichte er Ken Wards Farm. Es war inzwischen dunkel geworden. Im Schein einer Laterne sah Wade den schweren Prärieschoner, mit dem die Familie ins Land gekommen war, im Hof stehen. Bei dem Fuhrwerk herrschte hektische Betriebsamkeit. Im Wechselspiel von Licht und Schatten konnte Wade erkennen, dass Ken Ward und seine beiden Söhne alle möglichen Dinge aus dem Haus getragen und beim Wagen abgestellt hatten. Stimmengemurmel sickerte heran.

Enttäuschung wallte in Wade hoch. »Hüh!« Er ruckte im Sattel. Das Pferd setzte sich in Bewegung. Wade wurde bemerkt. Ken Ward kam ihm ein Stück entgegen. Wade hielt an und rief kehlig: »Also hat Hendrix es bei dir geschafft, Ken. Verdammt, weshalb kämpfst du nicht? Du verlässt diesen Landstrich als Bettler. Gerade von dir hätte ich …«

Ken Ward ließ ihn nicht ausreden. Schroff entgegnete er: »Das verdammte Stück Land ist es nicht wert, dafür zu sterben. Also ziehen wir weg. Du bist doch nicht verrückt genug, zu bleiben, Wade, oder etwa doch?«

Sloane schürzte die Lippen. »Doch. Ich habe es satt, zu fliehen und immer wieder aufzugeben. Auch Holbrook bleibt. Und auch du solltest dich auf die Hinterfüße stellen, Ken. Wenn wir Farmer uns zusammenschließen, stellen wir für die K.H.-Ranch einen nicht zu unterschätzenden Gegner dar. Du hast im Krieg das Kämpfen gelernt. Deine beiden Söhne sind erwachsen. Konzentrieren wir uns auf irgendeiner der Farmen. Und wenn Big Kirks Schießhunde kommen, dann holen sie sich blutige Nasen.«

Ken Ward senkte den Kopf. Sekundenlang schien er verunsichert. Doch dann schaute er durch die Dunkelheit Wade fest an und sagte zwischen den Zähnen: »Hazel hat mich angefleht, und ich habe ihr versprochen, nichts herausfordern. Heute früh war ich noch fest entschlossen, zu bleiben. Aber dann kam Jesse Hendrix mit seinem Rudel. Er ließ keine Zweifel darüber aufkommen, was uns blüht, wenn wir morgen noch hier sind.«

Ken Ward hob die Hände und ließ sie kraftlos wieder sinken. Es war eine Geste ohnmächtiger Hilflosigkeit, eine resignierende Gebärde. Ward schnappte: »Wie ich schon sagte, Wade, das Stück Land ist es nicht wert, dafür ins Gras zu beißen. Irgendwo wird uns der Neuanfang gelingen. Hierzubleiben ist gleichzusetzen mit Selbstmord. Geh mit uns. Irgendwo in diesem weiten Land wartet ein ruhiger Platz nur darauf, dass wir ihn beanspruchen.«

»Ist das dein letztes Wort, Ken?«

Ward senkte langsam den Blick. »Ja.«

»Okay. Dann bleibt mir nur, euch Glück zu wünschen. So long, Ken!«

Schnell ritt Wade davon. Er versuchte krampfhaft, zu akzeptieren, dass sich seine Hoffnungen von einer starken Gemeinschaft bedrohter Siedler in Nichts aufzulösen begannen. Düstere Ahnungen, dass der eine oder andere Heimstätter ebenso dachte und handelte wie Ken Ward, wurden in ihm übermächtig. Jeder war sich in dieser Situation selbst der Nächste. Wade überlegte, ob er nicht umkehren und nach Hause reiten sollte.

Er verwarf aber diesen Gedanken. Wade Sloane wollte es genau wissen. Er lenkte den Braunen nach Südosten, wo in den Ausläufern der Marble Gorge Clark Sanders seine Farm errichtet hatte.

Die Farm war verlassen. Wade Sloane verspürte plötzlich einen dicken Kloß im Hals, den er nicht hinunterzuwürgen vermochte. Sein Herz schlug schneller, sein Innerstes begann zu rebellieren.

Es ging auf Mitternacht zu, als Wade die Cooper-Farm vor sich sah. Sie lag an einem schmalen Fluss, der in den Colorado River mündete. In keinem der Gebäude war Lichtschein zu sehen. Das Mond- und Sternenlicht lag auf den Dächern und versilberte sie. Für die Spanne einiger Lidschläge lang war Wade regelrecht schockiert, weil er dachte, dass auch Cooper die Flucht ergriffen hatte. Doch da schlug der Hofhund an, und aus Wades Lungen entwich die Luft wie aus einem Überdruckkessel.

Der Hund gebärdete sich wie verrückt. Die Kette, die ihn festhielt, schepperte und klirrte. Wades Pferd prustete beunruhigt und blieb stehen.

Krachend flog der Blendladen eines der Fenster auf. In das wütende Gekläff des Hundes hinein klirrte ein metallisches Organ: »Wer treibt sich da herum? Wenn es jemand ist, der ohne böse Absichten hergekommen ist, so soll er sich zeigen. - Still, Rex!«

Die scharfe Stimme ließ den Hund winselnd verstummen. Auch die Blendläden einiger anderer Fenster wurden aufgestoßen. Irgendwo in der Finsternis wurde ein Gewehr durchgeladen.

Wade gab sich zu erkennen.

John Cooper grollte: »Es ist fast Mitternacht, Sloane. Eine unchristliche Zeit für einen Besuch. Hängt es mit Hendrix zusammen?«

»Ja. Er hat uns ein letztes Ultimatum gestellt. Ken Ward belädt bereits seinen Conestoga-Schoner, um das Land zu verlassen. Sanders ließ alles liegen und stehen und ist auf und davon. Du hast dich, wie es aussieht, zum Bleiben entschieden, John. Das ist gut. Auch Holbrook und ich wollen nicht weichen. Malone will ich noch aufsuchen und …«

»Den Weg kannst du dir sparen, Sloane. Carl Malone war heute Mittag bei mir und hat mich davon in Kenntnis gesetzt, dass er aufgibt.«

»Hölle! Das bedeutet, dass Kirk Hendrix bereits einen halben Sieg errungen hat. Darf ich reinkommen, John?«

»Natürlich.«

Wade Sloane ritt bis zum Brunnen in die Hofmitte, ließ sich vom Pferd gleiten und stakste steifbeinig zum flachen Farmhaus. Aus der Kehle des Wolfshundes stieg ein drohendes Knurren. Die Augen des Tieres funkelten im vagen Licht grünlich, waren zwei phosphoreszierende Punkte in der Dunkelheit.

Details

Seiten
Erscheinungsjahr
2022
ISBN (ePUB)
9783738967999
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2022 (November)
Schlagworte
hölle mclintock pete hackett western edition

Autor

  • Pete Hackett (Autor:in)

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Titel: Zur Hölle mit McLintock: Pete Hackett Western Edition 89