Zusammenfassung
Immer wieder überfielen Cochises Krieger Postkutschen und Postreiter. Es hatte bereits sieben tote Männer auf dem Weg zwischen Tucson und dem Fort am Fuße der Chiricahua Mountains gegeben.
Unablässig waren die Augen des Postreiters in Bewegung. Weit vor ihm buckelten die Dragoons. Sie lagen in flirrender Hitze. Die Luft schien zu kochen und ließ die Konturen verschwimmen. Die Sonne stand senkrecht über dem einsamen Reiter. Das Land, das ihn umgab, mutete an wie ausgestorben. Nicht mal Vögel zwitscherten. Die unerträgliche Hitze schien jegliches Leben gelähmt zu haben.
Emmett Morris fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Er hatte das Gefühl, von tausend Augen beobachtet zu werden – dunkle Augen, in denen der Hass glitzerte und die tödliche Leidenschaft glomm. Seit Jahren führten die abtrünnigen Apachen unter ihrem Häuptling Cochise einen erbarmungslosen Guerillakrieg gegen die Weißen im Lande. Die Armee war machtlos. Auf Friedensangebote jedweder Art hatte Cochise nicht reagiert.
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Cochise gibt nicht auf: Pete Hackett Western Edition 88
Pete Hackett
Die Cochise Saga Band 4
von Chiricahua-Autor Pete Hackett
Nach Chiricahua 1 bis 8 jetzt die große Saga um den Apachen-Häuptling
Mit seinem großen achtbändigen Epos "Chiricahua – Die Apachen-Saga" beeindruckte Pete Hackett die Freunde des historischen Western-Romans. Doch das Schicksal der Apachen ließ ihn nie los. Jetzt lässt er mit "DIE COCHISE SAGA" eine Fortsetzung und Ergänzung folgen. Dies ist der letzte Band der Geschichte von Cochise, dem Häuptling der Chiricahua-Apachen ... Folgen Sie Pete Hackett, diesem einmaligen Kenner der Geschichte des Westens in dieses einzigartige Abenteuer.
Umfang: 120 Taschenbuchseiten pro Band
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author
© der Digitalausgabe 2014 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
www.postmaster@alfredbekker.de
Emmett Morris, der Postreiter ritt wachsam und voller Anspannung. Am Morgen war er in Tucson aufgebrochen, um Post nach Fort Bowie zu befördern. Der Postsack hing an seinem Sattel. Morris hielt das Gewehr in der rechten Hand. Es stand mit der Kolbenplatte auf seinem Oberschenkel.
Immer wieder überfielen Cochises Krieger Postkutschen und Postreiter. Es hatte bereits sieben tote Männer auf dem Weg zwischen Tucson und dem Fort am Fuße der Chiricahua Mountains gegeben.
Unablässig waren die Augen des Postreiters in Bewegung. Weit vor ihm buckelten die Dragoons. Sie lagen in flirrender Hitze. Die Luft schien zu kochen und ließ die Konturen verschwimmen. Die Sonne stand senkrecht über dem einsamen Reiter. Das Land, das ihn umgab, mutete an wie ausgestorben. Nicht mal Vögel zwitscherten. Die unerträgliche Hitze schien jegliches Leben gelähmt zu haben.
Emmett Morris fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Er hatte das Gefühl, von tausend Augen beobachtet zu werden – dunkle Augen, in denen der Hass glitzerte und die tödliche Leidenschaft glomm. Seit Jahren führten die abtrünnigen Apachen unter ihrem Häuptling Cochise einen erbarmungslosen Guerillakrieg gegen die Weißen im Lande. Die Armee war machtlos. Auf Friedensangebote jedweder Art hatte Cochise nicht reagiert.
Das Pferd unter Emmett Morris stampfte nach Osten. Dumpf pochten die Hufe, ab und zu klirrte die Gebisskette, manchmal knarrte das brüchige Leder des alten Sattels. Hin und wieder verließ Morris die Poststraße, die sich wie der Leib einer riesigen, graugelben Schlange vor ihm durch die Ödnis schlängelte, um von einer Anhöhe aus einen umfassenden Blick in die Umgebung zu werfen.
Beklemmung lag in der Luft – Tod und Unheil.
Und als der Postreiter wieder einmal auf seiner Fährte zurückblickte, sah er den Trupp Apachen. Es waren etwa ein Dutzend, und sie jagten in diesem Moment über den Kamm einer Bodenwelle hinweg.
Sie hatten sich farbige Tücher um die Köpfe gebunden, darunter wehte langes, schwarzes Haar im Reitwind. Der Pulk zog eine dicht wallende Staubfahne hinter sich her. Die Hufe der Mustangs schienen kaum den Boden zu berühren.
Emmett Morris schien für einen Augenblick lang das Blut in den Adern zu gefrieren. In seinen Mundwinkeln zuckte es. Im nächsten Moment zerrte er das Pferd herum, gab dem Tier den Kopf frei und drosch ihm rücksichtslos die Sporen in die Weichen. Der Vierbeiner begann zu laufen. Die Hufe verursachten dumpfes Getrappel und rissen Staubfahnen in die heiße Luft.
Pfeilschnell jagten die Apachen hinter dem Postreiter her. Geschickt wichen sie mit ihren wendigen Pferden Felsbrocken und Sträuchern aus. Die ersten Schüsse peitschten. Für Morris begann ein Wettlauf mit dem Tod. Sein Ziel waren die Felsen weiter östlich, zwischen die sich die Poststraße bohrte. Im Labyrinth von Felsen und Schluchten hoffte er den Apachen zu entkommen. An die Möglichkeit, sich auf einen Kampf einzulassen, dachte er nicht. Denn er konnte nur den Kürzeren ziehen.
Die wirbelnden Hufe des Pferdes unter Morris fraßen Yard um Yard, eine Viertelmeile, eine halbe. Die Felsformationen im Osten aber schienen dem Postreiter unendlich fern und unerreichbar. Sein Körper wurde mit jedem Sprung des Pferdes durchgeschüttelt. Das Tier lief wie von Furien gehetzt, als wüsste es, dass Leben oder Tod von seiner Kraft und Schnelligkeit abhingen. Bald aber bildete sich vor seinen Nüstern flockiger Schaum, und Morris fragte sich besorgt, wie lange das bereits ziemlich abgetriebene Tier dieses Höllentempo noch durchzuhalten vermochte. Irgendwann würde der Hufewirbel langsamer, schwerfälliger werden, mehr und mehr erlahmen. Aber noch lief der Vierbeiner mit monotoner Gleichmäßigkeit.
Die Apachen sprengten in stiebendem Galopp etwa zweihundert Yards hinter ihm her.
Morris warf einen Blick nach hinten und konnte selbst auf diese Entfernung ihre grimassenhaft verzerrten Gesichter erkennen. Tief geduckt saßen sie auf ihren Pferden. Wild schwangen sie die Gewehre und Kriegslanzen. Und immer wieder pfiffen ihre Geschosse hinter ihm her. Er konzentrierte sich wieder nach vorn.
Der Abstand schrumpfte zusehends. Es konnte nicht mehr allzu lange dauern, bis die Mustangs den Beweis erbrachten, dass sie dem besten Rennpferd an Leistungskraft überlegen waren. Emmett Morris wusste das und gab sich keinen Illusionen hin. Unruhe und Rastlosigkeit in ihm verstärkten sich. Seine Hoffnungen, ihnen zu entkommen, verflüchtigten sich wie Morgendunst in der Tageshitze.
Wieder flog sein Kopf herum. Die Apachen hatten bereits auf hundertfünfzig Yards aufgeholt. Er glaubte schon das Weiße in ihren Augen sehen zu können. Ihre Waffen schwiegen nun. Sie hatten eingesehen, dass sie nur ihr Blei verschwendeten, weil der Weiße ein viel zu unsicheres Ziel bot. Mit zäher Verbissenheit jagten sie hinter dem Postreiter her – im erschienen sie wie eine Meute hechelnder Bluthunde, wie der personifizierte Tod.
Die Bergflanken und Felswände rückten näher. Und Emmett Morris wollte schon aufatmen, als aus dem Maul eines Canyons vor ihm ein Rudel Apachen brach. Es war, als spuckte die Felswildnis sie aus. Deutlich hoben sie sich vom rotbraunen Hintergrund der Felswand ab. Und sie hielten geradewegs auf ihn zu. Unwillkürlich fiel Morris dem Pferd in die Zügel. Sofort drosselte das keuchende Tier seine Geschwindigkeit. Triumphgeheul und trommelnde Hufschläge brandeten von hinten heran.
Wie eine reißende Flut überschwappten das Grauen und die Angst das Bewusstsein des Postreiters. Blitzschnell überdachte er seine Lage. Sie hatten ihn in der Zange. Der Weg nach Osten war ihm verlegt. Zurück konnte er nicht. Also blieb nur die Flucht nach Süden oder Norden.
In auseinander gezogener Reihe preschten die Apachen heran. Morris zerrte das Pferd halb herum und lenkte es nach Süden. Unerbittlich trieb er das erschöpfte Tier wieder an. Er hatte sich in seinem Innersten mit einem gnadenlosen Kesseltreiben abgefunden.
Von zwei Seiten stoben die Apachen nun in einem spitzen Winkel auf ihn zu. Die Horde, die von Osten heranfegte, würde vor ihm den Schnittpunkt ihrer Wege erreichen. Die ursprüngliche Verfolgerrotte war keine hundert Yards mehr entfernt. Im vollen Galopp feuerte er blindlings auf diesen Pulk. Seine Kugeln klatschten mitten hinein in die herantobende Schar. Und sie lösten ein Chaos aus. Pferde stiegen, überschlugen sich und bildeten mit ihren Reitern ein Durcheinander, das sich einige Yards über den Boden wälzte. Die anderen Mustangs rasten in das Gewirr hinein, und im Nu bildete sich ein Knäuel ineinander verkeilter Pferde- und Menschenleiber. Wütendes, enttäuschtes Gebrüll erhob sich, Pferde wieherten qualvoll, und die durcheinander wirbelnden Apachen hatten Mühe, den auskeilenden Hufen zu entgegen.
Morris jagte noch drei, vier Kugeln in den Tumult hinein und riss sein Pferd zur Seite. Es gehorchte auf der Stelle.
Schließlich zeigte die Nase des Tieres wieder nach Osten.
Die Apachen, die parallel zu ihm in südliche Richtung jagten, durchschauten seine Absicht. Sie zerrten ihre rasenden Mustangs auf die Hanken, wendeten sie in einer hochschlagenden Staubwolke und rasten wieder zurück. Aber Morris hatte bereits mehr als fünfzig Yards gutmachen können. Und er spornte das Tier unter sich noch härter und gnadenloser an.
Die Krieger eröffneten das Feuer, als sie begriffen, dass der Weiße die rettenden Felsbastionen vor ihnen erreichen würde. Doch das wilde Auf und Ab des halsbrecherischen Galopps ließ keinen gezielten Schuss zu. Ein einzelner Reiter war mit blindlings abgefeuerten Kugeln eben viel schwerer zu treffen als ein ganzer Reiterpulk. Und so blieb der Erfolg, wie ihn Morris mit seinen Schüssen erzielt hatte, den Apachen versagt. Morris schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass keiner der Krieger auf die Idee kam, sein Pferd anzuhalten, um ihn mit einem gezielten Schuss aus dem Sattel zu holen.
Morris erwiderte das Feuer. Er schoss von der Hüfte aus und lenkte den Rotfuchs mit den Schenkeln. Sein Blei fegte zwei Pferderücken leer, ein Mustang überschlug sich. Die anderen konnten ausweichen. Dann war Morris’ letzte Kugel aus dem Lauf. Er stieß die Winchester in den Sattelschuh, griff nach dem Colt und nahm die Zügel mit der Linken.
Sein Pferd zeigte Ermüdungserscheinungen. Aber er lief immer noch schnell genug, um vor den Apachen den Eingang der Schlucht zu erreichen, die die Felswand wie ein klaffender Riss spaltete. Morris blickte zurück, das quirlende Durcheinander in dem zweiten Verfolgerpulk hatte sich aufgelöst. Die unversehrt gebliebenen Krieger hatten die Jagd wieder aufgenommen. Die Gruppe, die von Süden heraufpreschte, wurde langsamer, als fürchtete sie, dass der Weiße weitere Pferderücken leer fegte. Zwei Minuten - Minuten, die Morris wie eine Ewigkeit erschienen, jagte sein Pferd dahin. Hinter ihm verschmolzen die Verfolgergruppen zu einer einzigen Horde. Sie brachen die Jagd ab, aber Morris wusste, dass sie sich nur berieten, um dann das mörderische Treiben wieder aufzunehmen.
Emmett Morris begriff, dass er noch lange nicht in Sicherheit war. Sein Vierbeiner schien nur noch dahinzutaumeln. Er bremste ihn ein wenig, denn es war nicht auszuschließen, dass das treue Tier noch einmal seine letzten Reserven mobilisieren musste.
Plötzlich erklang hinter dem Postreiter wieder prasselnder Hufschlag. Die Apachen hatten sich zu einer alles entscheidenden Hetzjagd aufgerafft. Schnell holten sie wieder auf. Und aus dem Pferd des Postreiters war nichts mehr herauszuholen. Er war am Ende.
Die ersten Klippen säumten Morris’ Weg. Mit weit aufgerissenem Maul und pumpenden Lungen stolperte das Pferd - mehr als dass es lief - zwischen sie. Die Hufschläge der Apachenpferde waren deutlich angeschwollen. Rücksichtslos trieb Morris sein Pferd durch dorniges Gestrüpp, hinein zwischen die haushohen Steingebilde. Immer tiefer ging er in den Canyon hinein. Die steilen Wände zu beiden Seiten schienen sich oben zu vereinen. Nur ein schmaler Streifen des blauen, ungetrübten Himmels war zu sehen. Auf der Sohle der Schlucht war es düster wie zur Zeit der Abenddämmerung. Und das Brausen, das Morris’ Verfolger ankündigte, quoll zwischen die Felsgiganten und holte ihn ein.
Er verspürte Gänsehaut.
Er jagte in einen Seitencanyon und sprang hinter der Biegung vom Pferd. Dabei verstauchte er sich den Knöchel und sein Gesicht verzog sich, als der Schmerz in ihm hochschoss. Unvermittelt fühlte sich der Postreiter elend. Er verspürte Übelkeit, die von seinem Magen hoch kroch und ihm den Hals eng werden ließ. Mit rasselnden Lungen zog er sein Pferd in den Schutz eines Felsvorsprungs, lose schlang er die Zügelleine um den Ast eines Busches. Dann lud er das Gewehr und postierte sich hinter einem Felsklotz. Mechanisch zog er den Ladehebel durch.
Unter den herantosenden Hufschlägen schien die Erde zu erbeben, drohte die Schlucht einzustürzen. Schließlich donnerten die Apachen in Morris’ Blickfeld. Er hatte keine Zeit, sie zu zählen. Der Kolben flog an seine Schulter und er begann zu feuern. Die Krieger sprangen im vollen Galopp von ihren Pferden und stürmten schreiend auf ihn zu. Eine Woge der Panik überschwemmte Morris’ Bewusstsein. Er schaute dem Tod ins höhnisch grinsende Auge. Die Angst kam wie eine alles verschlingende Flut. Und dann wurde er getroffen. Emmett Morris taumelte gegen den Felsen, seltsamerweise verspürte er nicht den geringsten Schmerz. Eine zweite Kugel bohrte sich in seinen Körper. Und dann umringten ihn die Krieger. Ein Tomahawk sauste auf seinen Kopf hernieder …
*
„So kann es nicht mehr weitergehen!“, stieß Jason Harper hervor. „Seit zehn Jahren jagen wir Cochise und seine Krieger - seit zehn Jahren, Gentlemen. Und was war der Erfolg? Er war gleich null. Wir jagen einem Phantom hinterher. Der Aufwand an Geld war immens, hunderte von Menschen mussten sterben, und der Hass wurde immer wieder aufs Neue geschürt.“
Jason Harper gehörte zum Kommissariat für indianische Angelegenheiten. An dem runden Konferenztisch saßen sechs weitere Beamte. Sie schauten ausgesprochen ernst drein und schwiegen.
Harper holte tief Luft, dann sprach er weiter: „Im vergangenen Jahr häuften sich die Überfälle durch die Apachen. Sie machen vor nichts und niemand halt; Ranches, Goldgräbercamps, Farmen, Postkutschen und Postreiter. Cochise und seinen Renegaten ist nichts heilig.“
„Es ist fraglich, ob all die Überfälle im Süden Arizonas ihm anzulasten sind“, meldete sich nun einer der Konferenzteilnehmer zu Wort. Sein Name war Jacob Fleming. „Ich bin der Meinung, dass viele der Überfälle auf das Konto mexikanischer Grenzbanditen gehen.“
Harper winkte ab. „Es spielt keine Rolle. Dem Treiben Cochises und seiner Krieger muss Einhalt geboten werden. Cochise hat im Oktober die Absicht bekundet, Frieden schließen zu wollen. Seitdem ist ein halbes Jahr vergangen. Wir …“
„Die Armeeführung hat ihm schlechtes Land angeboten“, stieß Fleming hervor. „Darum hat er die Verhandlungen abgebrochen. Wenn man bei unserer glorreichen Armee damals der Meinung war, dass Cochise es müde geworden ist, Krieg zu führen, dann war das ein fataler Irrtum. Nach Abbruch der Gespräche hat sich alles nur noch verschlimmert.“
„Egal welches Land ihnen angeboten wird“, versetzte Harper, „die Chiricahuas werden damit niemals zufrieden sein.“
„Cochise hat den Wunsch geäußert, ihn in die Chiricahua Mountains zurückkehren und dort leben zu lassen“, mischte sich ein anderer Mann in der Runde ein. „Warum hat man ihm diesen Wunsch versagt? Die Apachen hätten dort unter der Kontrolle von Fort Bowie leben können und im Land würde Friede herrschen.“
„Wir müssen Cochise an den runden Tisch bekommen“, sagte Jason Harper grollend. „Wenn wir ihn besänftigen, wird auch das Morden, Plündern und Brandschatzen im Land ein Ende haben. Er hat bewiesen, dass ihm mit Waffengewalt nicht beizukommen ist. Er und seine Leute haben sich in den Dragoon Mountains verkrochen, und selbst wenn wir eine ganze Armee Soldaten in diese Felswildnis schicken – die Apachen sind nicht zu fassen. Der Kommissar will Mord und Totschlag ein Ende bereiten. Die Armee ist dazu nicht in der Lage. Also will er die Angelegenheit selbst in die Hand nehmen.“
„Wie stellt er sich das vor?“, fragte Fleming.
„Er will Cochise nach Washington einladen.“
Fleming schaute verblüfft drein. Dann knurrte er: „Abgesehen von seiner Bereitschaft im Oktober, über den Frieden zu sprechen, zeigte sich Cochise in den Jahren seit Beendigung des Krieges jeglichen Friedensangeboten unsererseits gegenüber verschlossen. Er hat nicht einmal reagiert. Darum wird es vergeblich sein, zu versuchen, ihn zu veranlassen, in die Hauptstadt zu kommen um mit dem Kommissar zu verhandeln.“
Der Beamte, der vorhin schon einmal gesprochen hatte, erhob seine Stimme und sagte: „Man hat seinen Bruder und seine beiden Neffen sowie Mangas Colorados, seinen Schwiegervater, brutal ermordet. Er musste zusehen, wie die Mescaleros und Navajos unerbittlich unterworfen und nach Bosque Redondo interniert wurden. Man hat Verbrechen an den Mimbreños begangen. Ich denke, Cochises Hass auf uns Amerikaner ist größer als seine Bereitschaft, Frieden zu schließen.“
„Das ist Schwarzmalerei!“, stieg es scharf aus Harpers Kehle. „Dass Cochise im Oktober über den Frieden sprechen wollte, lässt hoffen.“
„Ich wollte nicht schwarz malen, Sir“, verteidigte sich der Beamte, sein Name war Frank Sheridan. „Viel mehr wollte ich zum Ausdruck bringen, dass Cochise Worten nicht zugänglich sein wird. Ihm ist meiner Meinung nach nur beizukommen, indem man ihn zwingt, Frieden zu schließen.“
Harper schürzte die Lippen. „Das versuchen wir seit zehn Jahren. Was dabei herausgekommen ist, muss ich Ihnen ja nicht näher erklären, Mister Sheridan.“
„Vielleicht sollte man es in der Tat ein letztes Mal versuchen, mit Cochise zu sprechen“, bemerkte Fleming. „Man muss ihm den Frieden eben schmackhaft machen. Warum sollen die Chiricahuas nicht in den Bergen leben, die sie als ihre angestammte Heimat betrachten? Sie nehmen dort keinem etwas weg. Wie stellt sich der Kommissar das weitere Vorgehen vor?“
„Eine Abordnung soll in die Dragoons reiten und versuchen, mit Cochise Verbindung aufzunehmen. Apachenscouts sollen sie begleiten. Ich werde die Abordnung führen. Und ich hoffe, dass der eine oder andere von Ihnen freiwillig mit mir kommt. Das war auch der Grund, aus dem ich Sie zu mir bat. Wenn es uns gelingt, Cochise an einen Tisch mit dem Kommissar für indianische Angelegenheiten zu kriegen, gehen unsere Namen in die Geschichte Amerikas ein.“
„Oder man meißelt sie in einen Gedenkstein“, gab Fleming zu bedenken. Seine Stimme war mit Sarkasmus getränkt. „Aber ich denke, das Risiko müssen wir eingehen. Es ist in Ordnung, Harper. Ich gehe mit Ihnen in die Dragoons. Die Mission ist es wert, sein Leben in die Waagschale zu werfen. Man sagt, Cochise sei ein sehr intelligenter Mann. Wenn er es ist, dann respektiert er sicher auch Furchtlosigkeit und Mut. Über diese Eigenschaften muss jeder verfügen, der sich Ihnen anschließt, Harper.“
Fleming schaute herausfordernd in die Runde.
Keiner der Beamten wollte sich der Feigheit bezichtigen lassen. Und schon am folgenden Tag brachen sie auf, um in die Dragoon Mountains zu reiten und mit Cochises Spähern Verbindung aufzunehmen.
*
Cochise und andere Häuptlinge der Apachen saßen im Kreis um das niedrig brennende Lagerfeuer. Soeben hatten zwei Späher berichtet, dass eine Patrouille der Armee die Dragoons durchkämmte, um Cochise zu finden und ihn aufzufordern, nach Washington zu reisen und mit dem Kommissar des ‚Office of Indian Affairs’ zu verhandeln.
Das Feuer sorgte für ein Wechselspiel von Licht und Schatten und ließ die Augen der Männer in der Runde glitzern. Die Häuptlinge blickten verkniffen drein. Geronimo ergriff das Wort, indem er hervorstieß: „Es ist eine Falle. Wir dürfen den Weißen nicht trauen. Seit ich denken kann belügen und betrügen sie uns. Du darfst nicht nach Washington gehen, A-da-tli-chi. Sie werden dich in Eisen legen und drohen, dich zu töten, wenn wir nicht nach Bosque Redondo gehen.“
Mangas, der Sohn des ermordeten Mangas Colorados, rief: „Wenn du nach Washington gehst, A-da-tli-chi, wird es dir ergehen wie Dasoda-hae, meinem Vater. Ich rate dir davon ab, der Einladung zu folgen. Wir sollten den Weißen beweisen, dass wir nicht zur Versöhnung bereit sind. Reiten wir mit unseren Kriegern zu ihrem Lager und töten wir sie.“
Cochise schüttelte nach kurzer Überlegung den Kopf. „Nein, wir werden sie nicht töten. Ich werde aber auch nicht nach Washington gehen.“ Er richtete den Blick auf einen der Späher. „Reite zu den Männern und sage ihnen folgendes: Man hat in diesem Land die Indianer denkbar schlecht behandelt. Was man uns in der Vergangenheit versprochen hat, wurde niemals erfüllt. Man verlangt von uns, dass wir auf fruchtlosem Boden hausen wie wilde Tiere. Man wird uns wieder vieles versprechen und nichts halten. Darum gehe ich nicht nach Washington. Ich traue ihren Generälen und anderen ranghohen Offizieren nicht mehr. Sie sollen die Dragoon Berge verlassen und dem Kommissar meine Worte übermitteln. Mehr habe ich nicht zu sagen. Bestellt es ihnen.“
Zustimmendes Geraune ging durch den Kreis.
Die beiden Späher liefen zu ihren Pferden …
*
10. April 1871 …
Die Ansiedlung San Xavier etwa fünfundzwanzig Meilen südlich von Tucson war vom Morgendunst eingehüllt. Die Menschen schliefen noch, aber die Vögel waren schon erwacht und begrüßten mit ihrem Gezwitscher den Tagesanbruch. Über den Horizont im Osten schob sich das erste schwefelgelbe Licht, das den Sonnenaufgang ankündigte. Der Morgenwind trieb Staubspiralen über die Plaza mit dem Brunnen.
Vom Santa Cruz River her näherten sich der Stadt etwas fünfundzwanzig Reiter. Es waren Chiricahuas. Sie saßen nach vorne gekrümmt auf ihren Pferden. Das Gras, das hier wuchs, dämpfte das Pochen der unbeschlagenen Hufe. Als sie in Sichtweite der kleinen Stadt kamen, rief einer der Krieger einen Befehl. Die Rotte schwärmte auseinander und die Pferde wurden schneller. Ziel waren die Corrals südlich des Ortes, in denen die Nutztiere der Stadtbewohner weideten. Auf den Koppeln standen Milchkühe und Rinder, in einigen Corrals tummelten sich Pferde. Es gab aber auch Pferche mit Schafen und Ziegen sowie einige Schweinekoben. Der Geruch der Tierausscheidungen erfüllte die Morgenluft.
Die Apachen öffneten die Gatter und trieben Rinder, Pferde, Schafe und Ziegen heraus. Ein Stier brüllte, Kühe muhten, Schafe blökten und die Ziegen meckerten. Staub wallte.
In der Stadt wurde jemand auf die Vorgänge bei den Corrals, Koppeln und Pferchen aufmerksam. Mit schriller Stimme brüllte der Mann: „Sie stehlen unser Vieh! Diese elenden Heiden treiben unser gesamtes Vieh weg! Zur Hölle …“
Der Mann griff nach seinem Revolver und schoss einige Male in die Luft. Die Detonationen verschmolzen zu einem donnernden Knall und stießen durch die Ortschaft. Hunde begannen wie von Sinnen zu bellen, und im nächsten Moment war San Xavier voll vom hektischen Durcheinander der Stimmen seiner Bewohner.
Männer bewaffneten sich und rannten hinter den Apachen her, die das Vieh schon ein ganzes Stück getrieben hatten und sich dem Fluss näherten.
Etwa zehn der Chiricahuas blieben zurück und wandten sich ihren Verfolgern zu, hämmerten ihren Mustangs die Fersen in die Seiten und trieben sie mit schrillem, abgehacktem Geschrei an. Die Männer aus San Xavier begannen auf die heranstiebenden Reiter zu feuern, brüllten ihre Wut hinaus und versuchten in Deckung zu gelangen, andere warfen sich einfach zu Boden und jagten Schuss um Schuss aus dem Lauf.
Hufgetrappel rollte vor den Kriegern her wie ein Gruß der Hölle. Im vollen Galopp schossen die Apachen mit Gewehren, Revolver sowie Pfeil und Bogen, einige Lanzen zogen lautlos ihre Bahnen. Währenddessen trieb der Rest der Apachenhorde das geraubte Vieh in den seichten Fluss.
Die Männer aus San Xavier hatten sich in Deckung geworfen. Der Reiterpulk hatte ihre Linie durchbrochen, riss kurz vor der Stadt auseinander, die Krieger zerrten ihre Mustangs herum und kamen heulend und schießend zurück.
Die Herzen der Weißen schlugen höher und jagte das Blut durch ihre Adern, die Angst fraß sich in die Gemüter, der eine oder andere hatte das Gefühl, von einer eisigen Hand berührt zu werden. Zwei – drei Pferderücken wurden leergefegt. Zwei Pferde brachen zusammen. Ihre Reiter überschlugen sich am Boden, schnellten hoch und flohen in Richtung Fluss.
Der Mut der Verzweiflung ließ die Stadtbewohner verbissen kämpfen. Aber auch ein halbes Dutzend von ihnen wurden getötet oder verletzt.
Und dann war der Spuk vorbei. Der Morgenwind zerpflückte den Pulverdampf, aufgewirbelter Staub senkte sich auf den Boden zurück. Blut versickerte im Boden des Landes, in dem der Hass regierte. Stöhnen und Röcheln waren zu vernehmen. Die Männer erhoben sich oder kamen aus ihren Deckungen. Schreck zeichnete die Gesichter und wühlte in den Augen. Einer rief heiser: „Diese roten Hurensöhne! Sie haben fast unser gesamtes Vieh weggetrieben. Die Pest an ihre Hälse!“
„Wir müssen ihnen folgen!“, schrie ein anderer. „Bei Gott, wir müssen den Bastarden unser Vieh wieder abjagen. Holt eure Pferde, Männer, wir folgen ihnen und holen unser Vieh zurück.“
„Darauf warten sie doch nur!“, gab ein anderer laut zu bedenken. „Danken wir Gott, dass sie es nur auf das Viehzeug abgesehen hatten und dass sie nicht unsere Stadt in Schutt und Asche gelegt haben.“
„Wir haben zwei Tote und vier Verwundete“, stieß ein weißhaariger Mann hervor. „Heiliger Rauch, hört das denn niemals auf? Gibt es denn nichts auf dieser Welt, das Cochise und seine Mordbrenner stoppen kann?“
„Wenn wir ihnen folgen, wird es nicht bei zwei Toten bleiben“, knurrte ein Mann um die vierzig. „Der Preis wäre viel zu hoch. Wir müssen die Tiere eben abschreiben. Natürlich melden wir den Vorfall in Tucson. Dabei sollten wir es belassen. Den Apachen zu folgen wäre eine Herausforderung an das Schicksal.“
Zustimmendes Gemurmel erhob sich.
*
Drei Tage später …
Es war früher Vormittag, als John Dalhardt und seine drei Begleiter von der Ranch in der Nähe von San Pedro aufbrachen, um in der Stadt Vorräte zu besorgen. John Dalhardt saß auf dem Bock des leichten Ranchwagens und lenkte die beiden Pferde im Gespann, neben ihm saß ein Cowboy, der sein Pferd hinten am Fuhrwerk festgebunden hatte. Er hielt das Gewehr mit der rechten Hand, es stand auf dem Boden des Wagenbocks zwischen den Oberschenkeln des Mannes. Joe Welsh und Nolan Gibbs folgten dem Gefährt auf ihren Pferden.
Wolken zogen am Himmel, alles mutete grau in grau und düster an. Sie benutzten den Reit- und Fahrweg, der von Wagenrädern zerfurcht und von Hufen aufgewühlt war. Die eisenumreiften Räder mahlten durch den Sand, der Aufbau ächzte und knarrte, das Rumpeln des Fuhrwerks vermischte sich mit dem Quietschen der Achsen in den Naben und dem Pochen der Hufe.
Bis nach San Pedro hatten die vier Weidereiter etwa fünf Meilen zurückzulegen. Sie benötigten für die Wegstrecke fast anderthalb Stunden, denn sie hatten keine Eile. Als sie in der Stadt ankamen, riss die Wolkendecke auf, Sonnenlicht legte sich auf die Dächer der Ortschaft und ließ den Staub der Hauptstraße glitzern. Vor dem Store stemmte sich John Dalhardt gegen die langen Zügel und brachte das Gespann zum Stehen. „Ihr könnt euch im Saloon ein Bier genehmigen, Lane“, so wandte sich Dalhardt an den Cowboy, der neben ihm auf dem Wagenbock saß. „Ich gebe Griffith die Liste, und dann komme ich auch.“
Die Männer sprangen vom Bock, und während sich Lane Tanner, Joe Welsh und Nolan Gibbs in den Saloon begaben, ging Dalhardt in den Store. Mel Griffith stand hinter dem Verkaufstresen und erwiderte Dalhardts Gruß. Der Weidereiter übergab ihm die Liste mit den Dingen, die auf der Ranch benötigt wurden. Mel Griffith sagte: „In der Nähe von San Pedro wurden Apachen gesehen. Aus Tucson ist die Nachricht eingetroffen, dass sie vor drei Tagen San Xavier überfallen und dort fast das gesamte Nutzvieh geraubt haben. Es hat Tote und Verwundete gegeben. Außerdem fangen die Rothäute immer öfter die Postreiter ab, die die Post zwischen Fort Bowie und Tucson befördern. Jeffords ist schon am Verzweifeln. Man munkelt, dass er seinen Vertrag mit der U.S.-Post kündigen wolle, weil die Regierung nicht in der Lage sei, seine Postreiter und –kutschen zu beschützen.“
„Wir werden die Augen offen halten, wenn wir zur Ranch zurückkehren“, versicherte Dalhardt. „Ich gehe in den Saloon. Du kannst mit deinem Gehilfen den Wagen beladen, Griffith. In einer Stunde kommen wir, um die Rückfahrt anzutreten.“
„In Ordnung.“
John Dalhardt verließ den Laden. Die Türglocke bimmelte blechern. Seine Schritte erzeugten auf dem Vorbau ein hallendes Echo. Mel Griffith rief nach seinem Gehilfen.
Eine Stunde später verließen die vier Cowboys mit dem voll beladenen Fuhrwerk die kleine Stadt. Nachdem sie wussten, dass in der Nähe Apachen gesichtet worden waren, verspürten sie Anspannung, und sie sicherten ununterbrochen um sich. Das Land war hügelig – die Gefahr konnte hinter jeder Anhöhe lauern.
Jedem der Weidereiter war klar, dass sie Waren beförderten, auf die es die Apachen sicherlich abgesehen hatten. Sie hausten in der Felswüste der Dragoons wie wilde Tiere, wenn es kalt war froren sie, außerdem litten sie Hunger. Ihre Späher waren im Land unterwegs, und sie meldeten es den Häuptlingen, wenn es irgendwo etwas zu holen gab, was ihre missliche Lage – wenn auch nur vorübergehend -, verbessern konnte.
„Ich bin froh, wenn ich wieder auf der Ranch bin“, knurrte Lane Tanner, der wieder zusammen mit John Dalhardt auf dem Wagenbock saß. „Seit wir die Stadt verlassen haben, verspüre ich dieses seltsame Kribbeln zwischen den Schulterblättern – das Kribbeln, das sich bei mir immer einstellt, wenn mir unbehaglich zumute ist.“
„Sei still!“, wies John Dalhardt seinen Kollegen zurecht. „Oder willst du mich noch nervöser machen als ich sowieso schon bin.“
Sein unruhiger Blick schweifte über die Hügelkuppen. „Will Oury ist sofort mit einigen Leuten losgeritten, als ihm gemeldet wurde, dass sich in der Nähe Apachen herumtreiben“, murmelte Dalhardt. „Er und seine Leute mussten unverrichteter Dinge nach Tucson zurückkehren. Dieses Komitee für öffentliche Sicherheit hält auch nicht, was es verspricht. Und Oury, der der Bürgerwehr vorsteht, ist meiner Meinung nach auch nur ein Großmaul. Wahrscheinlich haben sie sich gar nicht bemüht, die Rothäute aufzustöbern und ihnen einzuheizen. Diese Kerle gehen doch nicht das geringste Risiko ein, sie wollen sich lediglich als unerschrockene – o verdammt!“
Unwillkürlich straffte John Dalhardt die Zügel, nach zwei Schritten stand das Fuhrwerk. Auf der Kuppe eines Hügels waren vier berittene Apachenkrieger aufgetaucht. Auch Lane Tanner sah sie und ihm entrang sich ein erschreckter Laut. John Dalhardt griff nach dem Gewehr in der Halterung des Wagenbockes. In dem Moment erschienen auch auf dem Hügelkamm zu ihrer Linken einige berittene Apachen, ebenso rechter Hand auf dem Rücken der Anhöhe.
Ein spitzer Schrei erklang, dann erhob sich Hufgetrappel. Die Apachen griffen an. In den trommelnden Hufschlag mischte sich ihr abgehacktes Kriegsgeschrei, das die Cowboys frieren ließ. Und dann peitschten die Gewehre.
Seit dem Auftauchen der vier Apachen waren noch keine drei Sekunden verstrichen. In dem Moment, als John Dalhardt vom Wagen springen wollte, traf es ihn. Auch Lane Tanner, der für die Spanne einiger Atemzüge wie gelähmt gewesen war, sackte auf dem Wagenbock zusammen. Nolan Gibbs stürzte tödlich getroffen vom Pferd. Joe Welsh schwang sich aus dem Sattel, sein Gewehr flirrte aus dem Scabbard, zum Schuss aber kam er nicht.
Zwei Apachen sprangen von ihren Mustangs und übernahmen das Fuhrwerk. Die anderen Krieger folgten. Sie nahmen auch die Pferde der Cowboys mit. Vier tote Männer blieben zurück – Zeugnis der Unversöhnlichkeit und der brutalen Gewalt. Und erneutes Unheil nahm seinen Lauf …
*
William S. Oury stand auf dem Vorbau des Crystal Palace in Tucson. Auf der breiten Straße hatten sich hunderte von Menschen eingefunden. Oury war ein finsterer, bärtiger Mann Mitte fünfzig, der in vielen Kämpfen mit den Indianern Erfahrungen gesammelt hatte. Seine großen Hände spannten sich um das Geländer des Vorbaus, seine letzten Worte hingen noch wie ein Manifest in der Luft. „Aus zuverlässiger Quelle weiß ich, dass die Männer, die in San Xavier und in der Nähe von San Pedro gestorben sind, auf das Konto der Apachen gehen, die in einem Dorf in der Nähe von Camp Grant hausen“, hatte er gerufen. „Wir dürfen das nicht ungestraft lassen, Leute. Wenn wir jetzt nichts unternehmen, verlieren die Menschen hier in Tucson und im gesamten Umland das Vertrauen zu unserer Bürgermiliz.“
„Also reiten wir nach Camp Grant und ziehen wir diese rothäutigen Parasiten zur Rechenschaft!“, brüllte einer in der Menge.
Zustimmendes Geschrei erhob sich.
„Ja“, rief Oury, „ziehen wir nach Camp Grant und zeigen wir den Rothäuten, dass wir nicht länger bereit sind, ihre Schandtaten zu schlucken. Wer mit mir reitet, soll sich morgen früh um 8 Uhr hier mit seinem Pferd und gut bewaffnet einfinden.“
„Por Dios!“, brüllte ein Mann. „Wir werden da sein. Zeigen wir es den dreckigen Indsmen. Es wird Zeit, dass wir ein Exempel statuieren. Si, si, wir reiten mit dir, Oury.“
Am darauf folgenden Morgen fanden sich sechs Amerikaner und zweiundvierzig Mexikaner ein, um mit William Oury zum Aravaipa Creek zu ziehen. Sie waren bis an die Zähne bewaffnet, und der Entschluss eines jeden, die Apachen am Aravaipa Creek für die Morde an einigen Weißen zur Rechenschaft zu ziehen, war unumstößlich.
„Zur Hölle!“, fluchte Oury, „warum melden sich nicht mehr Männer? Mit dieser Handvoll Leute kann ich keinen Erfolg garantieren.“
„Reiten wir zu den Papagos“, schlug einer vor. „Sie sind den Weißen absolut freundlich gesonnen und haben sich sogar zum Christentum bekehrt. Die Papagos sind Feinde der Apachen. Ich denke, dass sich viele von ihnen bereit erklären, mit uns zum Aravaipa Creek zu reiten.“
„Gute Idee“, lobte Oury. „Also versuchen wir unser Glück bei den Papagos. Die Aussicht, viele ihrer alten Feinde töten zu dürfen, macht ihnen den Entschluss, sich uns anzuschließen, sicherlich einfach.“
Die vier Dutzend Reiter verließen Tucson. Einige Soldaten des Militärstützpunktes, die ihren Abgang beobachteten, meldeten den Aufbruch Ourys und seiner Freiwilligen ihrem Vorgesetzten, und dieser sprach darüber mit dem Kommandanten der Garnison. Dieser erteilte den Befehl, das Aufgebot zu beobachten und ihm Meldung zu erstatten, sobald es zum Aravaipa Creek aufbricht.
Am 28. April meldete ihm ein Offizier, dass Oury zweiundneunzig Papagos angeworben hatte, und dass er an diesem Tag mit hundertvierzig Mann in Richtung Camp Grant aufgebrochen sei.
„Wir müssen Camp Grant benachrichtigen“, erklärte der Kommandant des Stürzpunktes Tucson. „Schicken Sie sofort einen Boten zum Camp und lassen Sie Lieutenant Whitman bestellen, dass William Oury mit hundertvierzig Reitern zum Aravaipa Creek unterwegs ist, um dort sämtliche Apachen zu töten. Der Mann soll ein Reservepferd mit sich nehmen und reiten wie der Wind. Lassen Sie Whitman von mir ausrichten, dass ich keine Möglichkeit hatte, die mordlüsterne Horde aufzuhalten.“
Der Bote verließ noch in derselben Stunde Tucson. Er hatte die Order, keine Zeit zu verlieren.
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Am 30. April, kurz vor fünf Uhr morgens, hatten Ourys Freiwillige das Aravaipadorf eingekreist. Über dem Fluss wallten noch die Morgennebel, auf den Gräsern lag der Tau. Ein tödliches Drama nahm seinen Anfang.