Zusammenfassung
Drei Jugendliche geraten in den kompromisslosen Wettlauf zweier Expeditionen. Es geht um den legendären Friedhof der Elefanten, die Jagd nach einem Schatz und skrupellose Verbrecher, denen jedes Mittel recht ist, um ihre Ziele zu erreichen.
Ehe sie sich versehen sind die Freunde in tödlicher Gefahr.
Ein spannender Abenteuerroman und Jugend-Thriller von Star Autor Pete Hackett (Gesamtauflage: über 2 Millionen)
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Der Elefantenfriedhof: Roman
von Pete Hackett
Drei Jugendliche geraten in den kompromisslosen Wettlauf
zweier Expeditionen. Es geht um den legendären Friedhof der
Elefanten, die Jagd nach einem Schatz und skrupellose Verbrecher,
denen jedes Mittel recht ist, um ihre Ziele zu erreichen.
Ehe sie sich versehen sind die Freunde in tödlicher Gefahr.
Ein spannender Abenteuerroman und Jugend-Thriller von Star
Autor Pete Hackett (Gesamtauflage: über 2 Millionen)
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Kapitel 1: Ein Mann namens Frank Dakota
Die Maschine landete planmäßig auf dem Flughafen von Brazzaville. Die Menschen erhoben sich und holten ihr Handgepäck aus den Fächern über den Sitzen. Es dauerte noch ein wenig, dann durften sie das Flugzeug verlassen.
Unter den schiebenden und drängelnden Passagieren befanden sich John Jackson, Joey McGrady und Bill Russell, drei Jugendliche, die in der Hauptstadt des Kongo ihren Urlaub verbringen wollten.
Joey McGrady machte ein säuerliches Gesicht. »Man muss aufpassen, dass sie einem nicht die Füße wegtreten«, brummte er John Jackson zu. »Die sind echt krass drauf.«
»Der erste Vorgeschmack auf die Abenteuer, die uns erwarten«, erwiderte John und grinste. »Die schieben und drängen wirklich, als gäbe es dort vorne was umsonst.«
»Wir lassen uns nicht aus der Ruhe bringen«, meinte Bill Russell, der Rotblonde mit den tausend Sommersprossen im Gesicht.
Eine Flugbegleiterin stand am Ausgang und wünschte ihnen einen schönen Aufenthalt. Joey zwinkerte ihr zu. Die junge Lady lächelte stereotyp.
»Du könntest mir den Urlaub versüßen, Baby«, sagte Joey und grinste sie an.
Das Lächeln der schönen Stewardess gefror.
»Plumpe Anmache«, knurrte John Jackson. »Jetzt weiß ich, warum du überall abblitzt.«
»Ha, ha«, machte Joey. Sein Grinsen war verschwunden und er schaute beleidigt drein.
Sie stiegen im Hotel »Le Meridien Brazzaville« ab. Dort begaben sich die Jungen auf ihre Zimmer und packten erst mal aus.
Eine Stunde später, nachdem sie geduscht und sich umgezogen hatten, trafen sie sich in der Hotelbar.
Dort saßen insgesamt vier Leute, drei Männer und eine Frau. Einer der Männer und die Frau gehörten offenbar zusammen. Sie belegten einen der kleinen Tische, um die herum schwarze Polstermöbel gruppiert waren.
Die beiden anderen Männer saßen an der Bar. Sie tranken Bier.
Die drei Jungen holten sich Wasser und ließen sich an einem freien Tisch nieder. Leise Musik spielte.
»Cheers«, sagte John Jackson und hob sein Glas. »Bin neugierig, was uns das Land zu bieten hat.«
»Savanne, Regenwald, Affen und Elefanten«, sagte Joey McGrady geringschätzig. »Ich behaupte immer noch, dass wir an irgendeinen Strand hätten fliegen sollen. Da gäbe es wenigstens ein paar Girls, die wir hätten anmachen können.«
John Jackson winkte ab. »Morgen geht es zu den Bouenza-Wasserfällen, übermorgen in das Léfini-Naturschutzgebiet«, sagte er. »Und dann …«
Er brach ab, weil einer der beiden Männer an der Bar recht laut sagte: »Warum kommen Frank und die anderen nicht? Verdammt! Pünktlichkeit ist auch nicht ihre Stärke.«
»Sie sind vielleicht aufgehalten worden«, gab der andere zu bedenken. Beide sprachen sie mit amerikanischem Akzent. »Sei nicht immer gleich so ungeduldig.«
»Ich bin gespannt, ob sie das Geld aufgetrieben haben. Wenn nicht, gucken wir in die Röhre.«
»Tja, dann haben wir eben Pech gehabt. Dann finden Hooker und seine Leute vor uns den … Aaah, da kommt Frank.«
Durch die Eingangstür betraten drei Männer die Hotelhalle. Sie waren mit Jeans, hellen Hemden und leichten Jacken bekleidet und auf ihren Köpfen saßen Hüte.
Irgendwie faszinierten diese Erscheinungen John Jackson. Sie sahen verwegen aus - wie Gestalten aus einem Abenteuerfilm. Indiana Jones und Lara Croft kamen ihm in den Sinn.
»Starr die Kerle nicht so an«, knurrte Bill Russell. »Die sehen nicht aus, als wäre mit ihnen gut Kirschen essen.«
Die drei Typen gingen zur Bar, ohne jemanden zu beachten. Sie bewegten sich geschmeidig, fast wie Raubtiere. Von ihnen ging etwas aus, das John Jackson in den Bann zog.
»Und?«, fragte der Mann an der Theke, der davon gesprochen hatte, dass sie in die Röhre gucken würden, wenn ihre Gefährten kein Geld auftrieben.
»Pech gehabt.«
»Er verweigert uns das Geld?«, stieß der Mann an der Bar geradezu fassungslos aus.
»Ja. Er meint, es wäre zum Fenster hinausgeworfen, da es diese legendären Elefantenfriedhöfe nicht gibt.«
»Aber …«
»Kein Aber. Wir können die Sache abhaken. Aus, Schluss, vorbei. Wir fliegen übermorgen nach New York zurück.«
»Es war ein Fehler, nach Brazzaville zu fliegen, ohne von dem alten Dummkopf eine feste Zusage zu haben. Nun, wir waren der Meinung, dass es schon funktionieren würde, wenn wir erst mal hier sind. Das war ein Trugschluss.«
»Hast du das gehört«, murmelte Joey. »Der hat von einem Elefantenfriedhof gesprochen.«
»Davon habe ich mal gelesen«, sagte Bill. »Angeblich zieht es alte Elefanten kurz vor ihrem Tod zu bestimmten Orten, wo sie sich zum Sterben niederlegen. Diese verborgenen Orte nennt man Elefantenfriedhöfe, weil dort die Überreste vieler toter Elefanten liegen. Und somit auch sehr viel kostbares Elfenbein.« Er schüttelte den Kopf und sagte: »Aber es gibt keine Elefantenfriedhöfe. In einer wissenschaftlichen Abhandlung …«
Er brach ab, denn bei der Bar erklang wieder eine tiefe Stimme: »Lächerliche fünftausend Dollar. Was ist bloß plötzlich in den Alten gefahren? Es gibt den Friedhof. Davon bin ich überzeugt. Aber pfeif drauf. Sollen ihn eben Hooker und seine Leute finden. Dann beißt sich der Alte selbst in den Hintern.«
»In einer wissenschaftlichen Abhandlung über dieses Phänomen habe ich mal gelesen«, fuhr Bill Russell fort, »dass …«
»Verschon uns!«, unterbrach ihn Joey und verdrehte genervt die Augen. »Wir haben Ferien. Ich will nichts hören über wissenschaftliche Abhandlungen und ähnlichen Quatsch. Wir sind hier, um etwas zu erleben. Wobei ich nach wie vor der Meinung bin, dass wir an einem Badestrand besser aufgehoben wären. Mädchen, Jungs - Girls, Girls, Girls! Was interessieren mich Wasserfälle, was interessiert mich dieses Naturschutzgebiet?«
»Hau nicht so auf den Putz, Joey.« John Jackson lachte. »Wir kennen deinen Hang: Du träumst davon, die Mädchen reihenweise zu vernaschen. Allerdings waren deine bisherigen Aktivitäten auf diesem Gebiet nicht besonders erfolgreich. Bei neunundneunzig Prozent bist du schmählich abgeblitzt. Und weißt du, woran das liegt?«
»Weil diese Schnepfen doof sind!«, maulte Joey McGrady. »Sie haben ja keine Ahnung, was sie verpassen. Selber schuld.«
John und Bill lachten.
Die Männer an der Bar entfernten sich, gingen zum Aufzug, warteten, bis sich die Türen öffneten, dann stiegen sie in die Liftkabine und verschwanden kurz darauf aus dem Blickfeld der drei Jungs.
»Ich bin müde«, sagte Bill, nachdem er sein Glas ausgetrunken hatte. »Werde mich wohl 'ne Stunde aufs Ohr legen. Für heute steht ja nichts mehr auf dem Plan. Also relaxen wir ein wenig.«
»Ich werde mich auch flachlegen«, erklärte Joey. »Vielleicht träume ich von 'nem Girl, das …« Er brach ab und erhob sich. »Vergesst es. Auf eure blöden Kommentare kann ich verzichten.«
John und Bill lachten amüsiert.
Wenig später saß John Jackson allein am Tisch. Träge arbeiteten seine Gedanken. Auch er war müde, aber John fand, dass die Nacht reichte, um sich auszuschlafen.
Plötzlich kam jener Mann zurück, der die Nachricht überbracht hatte, dass »der Alte« kein Geld herausrücken wollte. Er ging zur Bar und bestellte sich ein Bier.
Seine Haare waren blond, er war schlank und wirkte ausgesprochen sportlich.
Der Keeper stellte ihm ein Bier hin und er trank einen Schluck.
John Jackson erhob sich und ging, sein Glas Wasser in der Hand, zum Tresen, stellte sich neben den großen Mann und sagte: »Sie glauben daran, dass es einen Elefantenfriedhof gibt, Sir?«
Der Mann drehte den Kopf. »Hast du unser Gespräch belauscht?«
»Das war nicht nötig. Sie sprachen laut genug. Mein Name ist übrigens John Jackson. Meine Freunde und ich machen hier Urlaub. Wir kommen aus London.«
Der Mann reichte John die Hand. »Frank Dakota. Meine Freunde und ich stammen aus New York. Wir sind nach Brazzaville geflogen, weil wir annahmen, dass uns Mister Shannon eine Expedition in den Regenwald finanzieren würde.«
»Wo Sie einen der Elefantenfriedhöfe vermuten.«
»So ist es. Der Alte lehrt an der Uni hier in Brazzaville. Er ist Anthropologe. Wir waren schon zweimal im Busch auf der Suche nach dem Friedhof. Jetzt gibt es neue Hinweise. Aber er will nicht mehr. Er meint, das Geld wäre zum Fenster rausgeschmissen.« Er schaute den Jungen an. »Weißt du denn, was ein Elefantenfriedhof ist?«
John nickte. »Alte Elefanten begeben sich dorthin, um zu sterben. Es sind verborgene, geheime Orte.«
»So ist es.«
»Wie viel brauchen Sie?«
»Warum willst du das wissen, Junge?«
»Es interessiert mich. Vielleicht kann ich Ihnen helfen.«
»Du!?«
»Warum nicht?«
»Na schön.« Dakota dachte kurz nach. Dann sagte er: »Wir brauchen Träger für unser Gepäck. Außerdem müssen wir uns mit Proviant und allerlei anderen Dingen eindecken. Fünftausend Dollar – lächerliche fünftausend Bucks. Ich habe das Geld nicht. Der Alte hätte es, aber er hustet uns was. Ich dachte, wenn wir vor Ort …« Frank Dakota verstummte und winkte ab.
»Wie lange werden Sie unterwegs sein?«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht eine Woche, möglicherweise auch zwei oder vier.«
»Ich werde Ihnen das Geld beschaffen, Mr Dakota!«
»Was!«, rief Dakota verblüfft.
»Ja. Das interessiert mich. Meine Freunde und ich haben allerdings nur drei Wochen Zeit …«
»Du bist noch verdammt jung«, sagte Dakota. »Woher willst du fünftausend Dollar zaubern?«
»Ich denke, dass mein Vater bereit wäre, Ihnen die fünftausend Dollar zur Verfügung zu stellen«, erklärte John. »Er besitzt einen Verlag und das Thema Elefantenfriedhof interessiert ihn sicher.«
»Unter der Voraussetzung, dass wir euch drei mitnehmen, was?«
John verzog den Mund. »Entscheiden Sie sich, Mister Dakota. Sie wollen doch die Expedition durchführen. Meine Freunde und ich werden Ihnen auch ganz bestimmt nicht zur Last fallen.«
Dakota zauderte. Dann sagte er: »Ich glaube nicht, dass dein Vater so mir nichts dir nichts fünftausend Bucks locker macht. Ich kann ihm keinen Erfolg versprechen.«
»Wir treffen uns in einer Stunde wieder an der Bar, Mister Dakota. Dann habe ich geklärt, ob Sie das Geld bekommen, und Sie können sich in der Zwischenzeit darüber klar werden, ob Sie mit meiner Bedingung einverstanden sind.«
Frank Dakota schaute den Jungen prüfend an. »All right, ich habe mich soeben entschieden. Ja, ich nehme dich und deine Freunde mit. Ist das ein Wort?«
John Jackson nickte.
Dann begab er sich in sein Zimmer und telefonierte …
Als John nach einer Stunde wieder die Hotelbar aufsuchte, saß Frank Dakota schon an einem der Tische. Fragend und voll angespannter Erwartung blickte er dem Jungen entgegen.
John setzte sich. »Mein Vater will die Exklusivrechte, wenn Sie den Elefantenfriedhof finden. Wenn Sie damit einverstanden sind, wird er das Geld per Eilüberweisung auf eine hiesige Bank transferieren. Vorher aber will er mit Ihnen sprechen.«
»Hast du ihm gesagt, dass ihr mit uns kommen wollt?«
John Jackson grinste frech. »Wir wollen meinen Dad doch nicht mit Details belästigen.«
Dakota schüttelte mürrisch den Kopf. »Bist du dir auch im Klaren drüber, dass ich die Verantwortung für dich und deine Kumpels trage? Dein Vater wird mir den Kopf abreißen, wenn einem von euch etwas zustößt!«
»Wir haben einen Vertrag geschlossen, Mr Dakota. Fünftausend Dollar ― alles oder nichts. Nur ich habe die Vollmacht, das Geld abzuheben.«
»Du bist eine kleine Kanaille, mein Junge!«
»Wenn Sie das sagen, Mr Dakota …«
»Sag Frank zu mir.«
»In Ordnung, Frank.«
»Du darfst den Busch niemals unterschätzen, John«, mahnte Dakota in tiefem Ernst. »Aber okay. Ich hoffe nur, dass dein Vater mit keine entsprechenden Fragen stellt, denn ich werde ihn bestimmt nicht belügen. Es wird wohl am Besten sein, wenn ich gleich mit ihm telefoniere.«
»Gehen wir in mein Zimmer.«
Eine halbe Stunde später hatte Frank Dakota die Zusage. Am folgenden Tag würde das Geld auf einer Bank in Brazzaville sein. Den Namen der Bank und den Code, mit dem das Geld abgehoben werden konnte, wollte Johns Vater James Jackson seinem Sohn mitteilen.
An diesem Abend saß die kleine Gruppe, die zu Frank Dakota gehörte, zusammen mit den drei Jungen in der Hotelbar. Dakota und seine Männer waren guter Dinge.
Als jedoch ein etwa fünfundvierzigjähriger Mann in einem dunklen Anzug die Bar betrat, verfinsterte sich die Miene von Frank Dakota, und seine Brauen schoben sich zusammen. »Was will denn Hooker hier?«
Der Ankömmling hatte sich umgeschaut und trat auf den Tisch zu, an dem Frank Dakota saß. Er grinste herablassend.
Vor dem Tisch hielt er an, stemmte die Arme in die Seiten und meinte: »Ich habe schon gehört von Ihrem Pech, Dakota. Man bekommt ja richtig Mitleid mit Ihnen.«
»Sparen Sie sich das, Hooker!«, blaffte Frank Dakota. »Im Übrigen freuen Sie sich zu früh. Wir werden die Expedition durchführen. Da staunen Sie, was? Aber fragen Sie erst gar nicht - ich werde Ihnen nicht verraten, wer die Expedition finanziert. Und noch etwas, Hooker: Versuchen Sie nicht, uns zu folgen!«
Hookers Mundwinkel sanken geringschätzig nach unten. »Ich – Ihnen? Machen Sie sich nicht lächerlich, Dakota.«
»Sie sitzen mir auf den Fersen, seit wir die erste Expedition durchgeführt haben. Weil Sie denken, dass ich Sie zu dem Elefantenfriedhof führen kann. Ich werde den Friedhof auch finden, Hooker. Aber Sie werden außen vor sein. Mein Wort drauf.«
Hooker legte den Kopf in den Nacken und lachte.
Plötzlich aber wurde sein Gesicht ernst. Er schob das Kinn vor, tippte sich mit dem Daumen gegen die Brust und knurrte: »Ich werde den Friedhof finden, Dakota. Und Sie werden mir diesen Erfolg nicht streitig machen. Geben Sie sich keinen Illusionen hin. Wenn den Elefantenfriedhof einer findet, dann bin das ich mit meinen Leuten!«
Er machte abrupt kehrt und schritt davon.
»Was war das für ein komischer Typ?«, fragte Joey McGrady.
»Stanley Hooker. Ein Abenteurer, der so wie wir aus den USA stammt. Er ist seit Jahren auf der Suche nach dem Elefantenfriedhof. Ein übler Zeitgenosse, der seine Expeditionen selbst finanziert. Hooker hat von seiner Familie ein beträchtliches Vermögen geerbt. Allerdings hat er keinen Charakter. Um einen der legendären Friedhöfe der Elefanten zu finden, würde er wahrscheinlich die Seele seiner Großmutter dem Satan verkaufen.«
John Jackson machte sich seine Gedanken. Auch ihm hatte dieser Stanley Hooker nicht gefallen. Etwas Unerfreuliches ging von diesem Mann aus, etwas, das ihn nicht sympathisch machte und wenig vertrauenerweckend war.
Kapitel 2: Auf ins große Abenteuer!
Drei Tage später brachen sie auf. Johns Vater hatte sich bei Frank Dakota die Exklusivrechte auf die Story gesichert, falls die Expedition tatsächlich einen der legendären Elefantenfriedhöfe finden sollte.
Joey McGrady war gar nicht so begeistert von der ganzen Sache. Das war nicht seine Welt. Er liebte das bequeme Leben und scheute Strapazen.
Aber Joey hatte keine Wahl. Denn Bill Russell war genauso wie John versessen darauf, mit den Amerikanern in den Busch zu ziehen. Und allein wollte Joey nicht im Hotel zurückbleiben. Also biss er in den sauren Apfel.
Sie hatten ein Dutzend schwarze Träger angestellt, die sie für ein paar Dollar begleiten würden. Außerdem hatten sie einen Führer, einen Bantu, der sich im Busch auskannte.
Die eingeborenen Träger machten einen überaus freundlichen Eindruck auf John.
Sie setzten sich auf die Ladefläche eines alten Lastwagens, wo auch die Packen mit den Zelten und Vorräten verfrachtet wurden. Die fünf Amerikaner und die drei Jungen fuhren in Jeeps und einem Landrover. Die Fahrt ging nach Norden.
Anfangs benutzten sie noch Straßen. Dann ging es in die Wildnis. Savanne soweit das Auge reichte. Hier und dort fristete ein einsamer Baum sein kümmerliches Dasein.
Antilopen weideten und ergriffen die Flucht, wenn die Wagen in ihre Nähe kamen.
Als sich der Tag dem Ende neigte, waren in weiter Ferne die Buckel eines Felsmassivs zu sehen. Die Sonne stand über dem Plateau im Westen. Sie hatte eine blutrote Färbung angenommen. Wolkenbänke zogen vor den Sonnenuntergang und schienen an ihren Rändern zu glühen.
Sie schlugen die Zelte auf. Mit Spirituskochern wurde Konserveneintopf aufgewärmt. Die Löffel klapperten in den Essgeschirren.
John Jackson saß neben Frank Dakota. »Sie sagten, Frank, es gebe Anhaltspunkte dafür, dass es den Elefantenfriedhof wirklich gibt. Damit haben Sie auch meinen Vater überzeugt. Was sind das für Anhaltspunkte?«
»Es ist der Bericht eines Mannes namens Eduard Baxter. Er ist alten und kranken Elefanten nach Norden gefolgt. Bezeichnend ist auch, dass man niemals die Überreste von Elefanten findet, die eines natürlichen Todes gestorben sind. Warum wohl nicht? Weil die Tiere, wenn sie merken, dass sie sterben, zum Elefantenfriedhof marschieren. Die Sage berichtet, dass einheimische wilde Krieger diesen Friedhof bewachen. Aber das konnte noch niemand bestätigen, weil ja noch niemand bis zu dem sagenhaften Elefantenfriedhof vorgedrungen ist.«
»Was ist mit Baxter?«, fragte Bill Russell.
»Er musste umkehren. Ihm gingen die Vorräte aus. Außerdem, so schreibt er in seinem Bericht, mehrten sich die Zeichen, dass er sich auf geheiligtem Boden bewegte, und die Eingeborenen verstehen da keinen Spaß.«
»Das verstehe ich nicht«, murrte Joey. »Dieser Baxter war dicht davor, sein Ziel zu erreichen, und dennoch ist er kurz vorher umgekehrt? Er wäre ein berühmter Mann geworden. Hätten Sie auch so gehandelt, Frank?«
»Zu der Zeit, in der Baxter nach dem Friedhof suchte – ja. Das war vor siebzig Jahren. Damals war noch einiges anders als heute. Wenn ein Weißer heiligen Boden betrat, war das für die Eingeborenen ein Sakrileg, das den Tod unweigerlich nach sich zog.«
»Das ist doch alles voll bescheuert!«, maulte Joey McGrady unvermittelt los. »Glaubt mir, Leute, es gibt diesen beknackten Elefantenfriedhof nicht. Wir werden tagelang durch den Dschungel irren und halb verhungert und krank in die Zivilisation zurückkehren. Und während irgendwelche Typen in den Discos die Girls aufreißen, liege ich im Bett und ringe mit dem Tod.«
»Was hat der für ein Problem?«, fragte einer der Amerikaner kauend. Sein Name war Dennis Anderson. Er war ein Typ um die vierzig, normalerweise ein ruhiger Mann, zu dem man schnell Vertrauen fassen konnte.
»Wir hätten ein halbes Dutzend Mädels mit auf die Expedition nehmen sollen«, sagte Bill Russell lachend. »Dann wäre unser guter Joey zufrieden. Allerdings hätten wir die Mädchen vorher bestechen müssen, damit sie so tun, als würden sie auf ihn abfahren.«
»Ach, halt die Klappe!«, regte sich Joey auf. »Was weißt du denn schon? Du wirst ja noch rot, wenn dich 'n Mädchen anschaut.«
»Im Gegensatz zu dir schauen mich die Mädchen wenigstens an«, konterte Bill.
»Wir finden den Friedhof«, sagte Frank Dakota im Brustton der Überzeugung und beendete den Wortwechsel, ehe er eskalieren konnte. »Baxter wusste, wovon der schrieb. Ich habe seinen Bericht in der Bibliothek der Fordham University ausgegraben. Er hat dort ungelesen geschlummert, wahrscheinlich seit Baxter ihn verfasst hatte.«
Seine Stimme sank herab zu einem Flüstern.
»Nur einer kennt ihn ― und das bin ich. Und darum werde ich es sein, Frank Dakota, der den Friedhof findet.«
»Was treiben Sie eigentlich, wenn Sie nicht gerade nach Elefantenfriedhöfen suchen, Frank?«, wollte John wissen.
»Ich schreibe Bücher und Reiseberichte«, antwortete der Mann.
»Welche Art von Büchern?«
»Sachbücher. Ich habe Biologie studiert. Im Urwald gibt es immer wieder etwas zu entdecken. Außerdem setze ich mich für die Erhaltung der Regenwälder ein.«
John schaute fragend.
»Etwa dreizehn Prozent der Erdoberfläche waren noch vor tausend Jahren mit tropischem Regenwald bedeckt«, erklärte John Jackson. »Vor allem in den letzten vierzig Jahren hat die Zerstörung so zugenommen, dass heute nur weniger als die Hälfte davon noch übrig ist, knapp sieben Millionen Quadratkilometer. Jedes Jahr werden es 200.000 Quadratkilometer weniger.«
Frank Dakota machte eine kleine Pause, dann fuhr er fort: »Was so im Handumdrehen vernichtet wird, hat unvorstellbar lange gebraucht, um zu entstehen. Manche der Wälder gibt es schon seit 100 Millionen Jahren. In dieser Zeit hat sich der Tropenwald zu einem hochkomplexen Ökosystem entwickelt. Ein Ökosystem, das für die ganze Menschheit überlebenswichtig sein kann.«
»Das müssen Sie mir erklären«, murmelte John.
»Ich will euch keinen Vortrag halten«, erwiderte Frank lächelnd. »Wir sind müde und die Nacht wird kurz sein. Nur soviel: Der Regenwald bietet alles, was für ein unbegrenztes Pflanzenwachstum nötig ist: Kohlendioxid, Wasser, Wärme und Licht. Daraus entsteht eine unvorstellbare Pflanzenpracht. Obwohl die Regenwälder nur ein Viertel des gesamten Waldbestandes der Erde ausmachen, umfassen sie knapp vier Fünftel der Landvegetation.
Der Regenwald schafft sich sein eigenes Klima. Nur ein Viertel des Regenwassers fließt über die Flüsse ab. Drei Viertel werden wieder in die Luft abgegeben, wo daraus neue Regenwolken entstehen. Wo der Wald vernichtet wurde, hat auch der Regen stark nachgelassen. Kein Lebensraum der Erde wurde jemals so schnell vernichtet wie die tropischen Regenwälder. Jede Sekunde wird Tropenwald in der Größe eines Fußballfeldes zerstört, 2.500 Hektar pro Stunde, Tag und Nacht, Jahr für Jahr, immer. Wenn die Zerstörung so weitergeht, wird in vierzig Jahren der letzte Regenwaldbaum gefällt sein. Völlig unklar ist, ab welcher Größe die Regenwälder bereits nicht mehr lebensfähig sind, weil der Regen, den sie sich selbst schaffen können, nicht mehr ausreicht.«
Gedankenvoll kroch John wenig später in sein Zelt. Das Thema Regenwald begann ihn zu interessieren. Und er nahm sich vor, die Gespräche darüber mit Frank Dakota zu vertiefen.
Die Nacht war ruhig und verlief ohne Zwischenfälle. Am Morgen fuhren sie weiter. Und dann begann der Regenwald.
Soweit das Auge reichte zog sich die Front des Dschungels von Osten nach Westen. Uralte Bäume reckten sich zum Himmel, dazwischen wucherte dichtes Gebüsch. Der Busch mutete undurchdringlich, geheimnisvoll und gefährlich an. Es gab weder Weg noch Steg.
Es war um die Mittagszeit und die Sonne stand hoch im Zenit. Es war heiß wie in der Hölle.
Ein schmaler Fluss trennte die Savanne vom Busch. Vögel zwitscherten, Gekrächze war zu hören und schrilles Geschrei. Es waren Laute wie aus einer anderen Welt, die über den schmalen Fluss trieben und die Ohren der Truppe erreichten.
Die Packen wurden vom Lastwagen abgeladen. Die Amerikaner hängten sich die Gewehre über die Schultern. In den Holstern an ihren Gürteln steckten Pistolen.
Die drei Jugendlichen waren nicht bewaffnet.
Joey ließ seinen Blick über die Front des Dschungels gleiten und seufzte ergeben. »Ich hasse Wald, ich hasse frische Luft, ich hasse Bewegung. Welcher Teufel hat mich geritten, als ich mich bereit erklärt habe, diesen Schwachsinn mitzumachen?«
»Du kannst mit den Autos gern wieder zurückfahren«, sagte Frank Dakota. »Langsam gehst du mir nämlich auf den Geist mit deinem Genörgel.«
»Man wird doch wohl noch was sagen dürfen«, schnappte Joey.
»Nicht, wenn du damit die Moral der Truppe untergräbst, junger Mann«, versetzte Carl Boyd, ein anderer der Amerikaner. »Kerle, die die Stimmung versauen, setzen wir im Busch einfach aus. Du wirst recht einsam sein inmitten von Meerkatzen, Gorillas und Schimpansen. Andererseits …« Er lachte auf. »Vielleicht findest du unter den Dschungelbewohnern 'ne Braut, die auf dich abfährt.«
»Ihr könnt mich alle mal!«, schimpfte Joey und wandte sich ab.
Er ging zum Fluss und setzte sich ans Ufer.
Der Fluss hatte kaum Strömung. Das Wasser schimmerte schwarz und wirkte tückisch. Auf der anderen Seite hingen die Äste und Zweige bis auf die Wasseroberfläche.
»Wie wollen wir über den Fluss kommen?«, fragte er laut.
Frank Dakota trat neben Joey. »Wir marschieren einfach hindurch.«
»Auch das noch! Wollen Sie, dass uns die Piranhas fressen?«
»Die gibt es nur im Amazonasgebiet«, entgegnete Dakota. »Und davon sind wir weit entfernt.«
»Aber sicher gibt es hier doch Krokodile und Alligatoren.«
Dakota grinste nur und wandte sich ab.
Die Autos wendeten und fuhren davon. Die Eingeborenen luden sich die Lasten auf. Der Führer ging voraus. Er hielt eine Machete in der Hand. Bald stand er bis zum Bauch im Fluss.
Die Amerikaner und die drei Jungs folgten, dann kamen die Träger.
Der Flussgrund war schlammig. Eine Wasserschlange verschwand schnell unter dem Zweiggespinst des Ufergestrüpps. Die Fliegenplage am Fluss war ganz besonders vehement. Das Wasser war warm und brackig.
Sie erreichten das andere Ufer. Die Hosen klebten ihnen an den Beinen. Sie zogen sie aus und begannen, sie auszuwringen.
Plötzlich schrie Joey auf. »Was ist das? Irgendwas hat sich an mir festgebissen!«
Er sprang von einem Bein auf das andere, die Hose in der Hand, das blanke Entsetzen in den Augen.
Einige kleine schwarze Tiere, Würmern nicht unähnlich, klebten an seinen Beinen.
»Das sind Blutegel«, klärte ihn Frank Dakota auf.
»Ekelhaft!«, zeterte Joey und setzte sich auf den Boden.
Er griff mit Daumen und Zeigefinger nach einem der Blutegel und versuchte, ihn zu entfernen. Das weiche Tierchen entglitt ihm.
»Brrrh«, machte Joey.
Auch an den Beinen der anderen hatten sich Blutegel festgesaugt. Sie waren glitschig und in der Tat nur schlecht wegzubekommen.
Einer der Amerikaner – es war Carl Boyd ― zündete sich eine Zigarette an, hielt die Glut gegen einen der kleinen Körper und sofort löste er sich und fiel ab.
Die Zigarette machte die Runde …
Nachdem sie sich von den Blutegeln befreit und ihre Hosen wieder angezogen hatten, marschierten sie in den Busch …
Kapitel 3: Im Busch
Das Krächzen, Kreischen, Quäken und überhaupt die gesamte Geräuschkulisse strapazierte die Ohren. Sie mussten sich mit den Macheten einen Weg bahnen.
Schlangen huschten davon, Käfer ergriffen die Flucht, Eidechsen verschwanden unter altem Laub, das am Boden verrottete.
John begann zu ahnen, was ihnen bevorstand. Und auch er fragte sich allmählich, ob es nicht besser gewesen wäre, im Hotel zu bleiben und die Tagesausflüge mitzumachen, die sie schon in London gebucht hatten.
Sie kamen nur langsam voran. Bald hatten sich die Ohren an das Durcheinander von Tierstimmen gewöhnt. Durch das Blätterdach der himmelstürmenden Bäume fiel kaum Sonnenlicht. Nur hier und dort traf ein Lichtstrahl den Boden. Es war düster.
John spürte Beklemmung. Im Wald war ein ständiges Rascheln, Peitschen und Knacken.
Die Düsternis nahm noch zu. Der Abend nahte. Sie schlugen ein Camp auf. Die Zelte wurden aufgestellt, die Spirituskocher angezündet.
Joey ließ sich, wo er stand, zu Boden fallen. »Wie lange soll dieser Fußmarsch überhaupt dauern? Mir qualmen jetzt schon die Füße. Außerdem habe ich mir eine Blase gelaufen.«
»Baxter ist sieben Tage marschiert, ehe er aufgab«, antwortete Frank Dakota. »Wenn wir am Tag zwanzig Meilen schaffen …«
»Das soll wohl ein Witz sein?«, kreischte Joey.
»Sehe ich aus wie ein Witzbold?«, fragte Dakota.
»Wir sind einem verdammten Schinder in die Hände gefallen, John«, rief Joey. »Und wenn ich es mir richtig überlege, bezahlst du ihn noch, damit er uns hier zur Schnecke macht.«
Dakota zeigte ein kantiges Grinsen. »Jetzt weint unser kleines Mädchen gleich.«
Wie von einer Tarantel gestochen sprang Joey auf. »Seien Sie bloß froh, dass ich ein gewisses Maß an Respekt vor dem Alter habe.«
»Du willst mich doch nicht etwa verprügeln, Junge?« Dakota klang belustigt.
»Dazu bin ich viel zu müde.« Joey setzte sich wieder. »Aber sagen Sie niemals wieder ›kleines Mädchen‹ zu mir. Wenn doch, werde ich zum Elch.«
Auflachend wandte sich Dakota ab.
»Mit dem haben wir uns 'ne Laus in den Pelz gesetzt«, flüsterte Joey seinem Kumpel John zu, nachdem der sich neben ihn auf den Boden gesetzt hatte.
»Wenn wir täglich zwanzig Meilen marschieren, sind wir in einer Woche dort, wo Baxter aufgab«, sagte Dakota laut. »Was dann kommt, kann ich nicht abschätzen. Aber wir werden nicht aufgeben. Ich will den Beweis erbringen, dass es den Elefantenfriedhof gibt.«
Joey stieß John an, deutete in eine bestimmte Richtung und zwischen den Zähnen stieß er hervor: »Dort war jemand. Ich habe sein Gesicht gesehen.«
John folgte mit dem Blick Joeys ausgestreckten Arm. Er sah nichts. »Du musst dich getäuscht haben, Mann. Siehst du etwa schon Gespenster?«
»Ich hab das Gesicht ganz deutlich gesehen. Es könnte ein Kind gewesen sein.«
»Schwarz oder weiß?«
»Ein Schwarzer. Er hatte sich weiße Streifen auf die Wangen gemalt. Wenn wir im Wilden Westen wären, würde ich sagen, es war ein schwarzer Indianer mit Kriegsbemalung.«
John erhob sich und ging steifbeinig zu der Stelle, auf die Joey gewiesen hatte. Dort wuchs ein dichter Busch mit großen Blättern, die dicken Äste waren eingerankt von Schlingpflanzen.
Etwas, das ihn beunruhigen konnte, entdeckte er jedoch nicht.
Jack setzte sich zu Frank Dakota. Ein kleines Feuer flackerte und warf dunkle Schatten in das markante Gesicht des Mannes. »Sind Sie verheiratet, Frank?«
»Nein. Ich bin selten zu Hause. Keine Frau würde das mitmachen.«
»Sie sind sicher schon viel auf der Welt herumgekommen«, murmelte John.
Dakota nickte. »Meistens war ich im Dschungel unterwegs. Die bedeutendsten Urwälder der Erde erstrecken sich rund um den Globus in einem breiten Gürtel am Äquator. In Südamerika bedeckt der Regenwald eine durchgehende Fläche von 1.000 km nördlich bis 1.000 km südlich des Äquators. Diesem folgend setzt er sich in Afrika fort bis zum Indischen Ozean. Das dritte große Regenwaldgebiet umfasst in Südostasien Teile Indiens, ferner Burma, Thailand, die malaysisch-indonesischen Inseln und Neuguinea.«
»Ich beneide Sie um dieses Leben, Frank.«
»Was treibst du so, wenn du nicht gerade in Afrika Urlaub machst?«
»Ich gehe zur Schule.«
»Hast du eine Freundin?« Frank grinste anzüglich.
»Zur Zeit nicht.«
»Aber ich habe eine«, murrte Joey. »Und bei der wäre ich jetzt lieber als mit euch in dieser Einöde.«
»Denk an sie und mach dir warme Gedanken«, knurrte John.
»Was hast du vor, wenn du die Schule beendest?«, fragte Dakota.
John fühlte sich angesprochen. »Ich werde Verlagskaufmann. Dad will, dass ich einmal den Verlag übernehme.«
»Dann kannst du ja meine Bücher veröffentlichen.«
»Warum nicht?«
Dakota lachte blitzend. Er war John unheimlich sympathisch. Der Junge sagte: »Ich hab mal gelesen, dass ein Flugzeug in den Dschungel gestürzt ist. Eine Frau überlebte und war wochenlang im Busch unterwegs, bis sie gerettet wurde.«
»Von dem Fall habe ich gehört. Normalerweise hat man im Dschungel ohne die erforderliche Ausrüstung keine Chance, es sei denn, man wäre ein Eingeborener.«
»Was ist wichtig? Ich meine, was benötigt man an Ausrüstung?«
»Ein Messer, Verbandszeug, ein Feuerzeug oder Streichhölzer, eine Reihe von Dingen, die man in der Zivilisation nicht mit sich herumschleppen muss.«
»Leben im Urwald viele Menschen?«
»Nicht viele. Große Teile der Tropenwälder sind für Menschen auf Dauer unbewohnbar. Einige Naturvölker sind schon vor Jahrtausenden tiefer in den Regenwald eingedrungen und konnten dort ihr traditionelles Leben weiterführen. Noch etwa zweihundert solcher Naturvölker gibt es heute. Diese Kulturen verfügen über das umfangreichste Wissen den Wald betreffend sowie über die Nutzbarkeit verschiedener Pflanzen und Tiere.«
Dakota schien die nächsten Wort im Kopf vorzuformulieren. Dann erhob er wieder die Stimme:
»Die meisten Regenwaldvölker sind klein, einige hundert Personen stark. Sie bewohnen sehr große Gebiete, viele betreiben Wanderfeldbau. Hierfür werden kleinste Stückchen Wald gerodet und mit einer Vielzahl von Nahrungspflanzen bebaut, soweit dies der Boden zulässt. Nach ein bis zwei Jahren zieht die Gruppe weiter. Allerdings kehrt sie immer wieder zur alten Anbaustelle zurück, die auf diese Art und Weise manchmal hundert Jahre lang genutzt wird.«
»Waren Sie auch schon mal im Urwald verschollen?«
»Ich musste mich schon einige Male durchschlagen. Man kann überleben. Natürlich darf man nicht heikel sein. Auf ein saftiges Steak musst du verzichten. Dafür isst du Maden, Blätter und Wurzeln.«
»Maden!«, rief Joey. »Ich breche gleich. Und Wurzeln. Ich bin doch kein Holzwurm.«
»Wurzel ist nicht gleich Wurzel«, versetzte Frank Dakota geduldig. »Zum Beispiel die Erdbirne. Die Knolle von der Größe eines Hühnereis kann man roh essen. Man kann sie auch wie Kartoffeln kochen. Die Samen werden wie Erbsen zubereitet. Oder die Erdkastanie. Die dunkelbraunen, haselnussgroßen Knollen schmecken wie Esskastanien und können gekocht oder geröstet werden. Die Schale lässt sich nach dem Rösten gut abziehen. - Es gäbe noch eine Reihe von Beispielen.«
»Einer wie du wäre im Dschungel rettungslos verloren, Joey«, rief Bill Russel lachend.
»Drum werde ich ihn künftig – so gut es geht -, meiden«, versetzte Joey mit schiefem Mund.
»Was wirst du machen, wenn du mit der Schule fertig bist?«, fragte Frank an Joey gewandt.
»Ich will Jura studieren.«
»Eine trockene Angelegenheit.«
»Ich habe vor, Rechtsanwalt zu werden. Der Job nährt seinen Mann. Man muss zumindest nicht von Erdbirnen und Erdkastanien leben.«
Frank Dakota lachte.
»Erzählen Sie uns etwas über den Dschungel, Frank«, bat John.
Der Mann überlegte nicht lange. Dann begann er zu sprechen: »Man spricht beim Regenwald von unterschiedlichen Stockwerken des Waldes. Grob lassen sich drei Etagen unterscheiden. Das Dach des Regenwaldes bilden dabei die so genannten Überständer, Bäume die sechzig Meter und höher werden. Unter der Wipfelregion der Baumriesen erheben sich die Kronen der mittelhohen Bäume. Das – hm, Untergeschoss wird von der bodennahen Vegetation gebildet.«
»Ich habe mal von sechs Etagen gehört«, wandte John ein.
»Das ist richtig. Man kann die Struktur des Regenwaldes natürlich noch detaillierter differenzieren.«
»Ich habe das Gefühl, mich im Bio-Unterricht zu befinden«, maulte Joey. Er lag am Boden und wälzte sich herum. »Hoffentlich müssen wir keinen Test schreiben, wenn wir wieder in Brazzaville sind.«
»Hör einfach weg!«, schlug Bill vor. »Du hast doch sicher irgendein Girl im Kopf. Lenk dich mit dem Gedanken daran ab.«
»Zum Denken bin ich viel zu fertig«, murrte Joey.
»Sprechen Sie weiter, Frank«, bat John.
»In jedem Stockwerk des Regenwaldes hat sich eine eigene, gut angepasste Tier- und Pflanzenwelt entwickelt. Im Dach des Regenwaldes, oben in den Kronen der Baumriesen, klettern die Affen herum, leben Vögel und Reptilien. Unzählige Insektenarten finden hier ihre Nahrung und können sich hier vermehren. Darüber, wie die Tiere und Pflanzen in den Baumwipfeln leben und wie sie voneinander abhängig sind - weiß man noch recht wenig. Um auf diesem Gebiet Erkenntnisse zu sammeln, haben sich Forscher in die Baumwipfel eingenistet und hoch oben Forschungsstationen gebaut.«
»Sicher ein interessanter Job«, murmelte John.
»Mit Sicherheit.« Dakota zuckte mit den Schultern. »Die Baumwipfel des Regenwaldes sind nicht nur wegen ihrer enormen Artenvielfalt interessant. Das Laubwerk der großen Bäume leistet einen entscheidenden Beitrag zur Regeneration der Erdatmosphäre. Die Blätter entziehen der Luft mittels der Sonnenenergie Kohlendioxid. Mit Hilfe der so genannten Photosynthese wandeln sie das für die Atmosphäre schädliche Kohlendioxid in Sauerstoff um. In den mittleren Baumkronen ist das Leben an den Halbschatten angepasst. Dieses Blätterdach ist so dicht, dass es selbst einen Regenschauer erst nach Minuten durchtropfen lässt. In diesen Baumkronen leben zwei Drittel aller Tier- und Pflanzenarten des tropischen Regenwaldes. Blätter, Blüten, Samen und Früchte bieten einer Menge von Vögeln, Insekten und anderen Tieren ein riesiges Futterreservoir. Die Baumkronen sind so eng und dicht miteinander verwachsen, dass sie wie eine grüne Decke wirken. Nur wenig Licht kann hier durchdringen und die Luftfeuchtigkeit bleibt unter dieser grünen Decke eingeschlossen. Damit aber wird es am Boden auch ziemlich düster, denn die Vegetation lässt nur ein Prozent des Lichtes bis auf den Boden fallen.«
»Drum tappen wir ständig im Finstern herum«, blaffte Joey.
»Das ist der Grund«, lachte Dakota. Dann fuhr er mit seinen Ausführungen fort: »Auf dem Waldboden, zu dem wenig Licht vordringt, leben Pflanzen, die den Schatten lieben, in Einheit mit Pilzen und Farnen. Sie sind der Lichtmenge, der Luftfeuchtigkeit sowie der Nahrung angepasst.
Die Pflanzen im Regenwald wachsen, blühen und gedeihen zu jeder Zeit. Die meisten Arten haben eigene Rhythmen. Manche blühen gleich mehrmals im Jahr, während andere viele Jahre gar keine Blüten ansetzen.«
»Es gibt also keinen Frühling, Sommer und Herbst, wie wir ihn kennen?«, fragte John.
»Nein. Im Regenwald ist das Wetter von Januar bis Dezember ausgeglichen, Jahreszeiten gibt es keine. Es herrschen weder extreme Hitze noch außergewöhnliche Kälte.«
Details
- Seiten
- Erscheinungsjahr
- 2022
- ISBN (ePUB)
- 9783738967753
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2022 (November)
- Schlagworte
- elefantenfriedhof roman