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Terror, Hass und Tod: Pete Hackett Western Edition 82

von Pete Hackett (Autor:in)
©2022 120 Seiten

Zusammenfassung

John Stirling stieg zwischen zwei windschiefen Schuppen vom Pferd und ließ die Zügel zu Boden fallen. Sein wachsamer Blick sprang in die Runde. Er nahm das Gewehr. Kein Muskel zuckte in Johns Gesicht. Er vermittelte einen entschlossenen Eindruck.

Elwell Collins trat aus dem verwahrlosten Farmhaus. In seiner Armbeuge lag die Winchester. Ein gehässig-hämisches Grinsen umspielte seine wulstigen Lippen. Collins rief rau: „Es ist schnell bis zu dir durchgedrungen, dass ich wieder auf mein Land zurückgekehrt bin, Stirling.“

John ging zwei Schritte und versetzte kühl: „Ja, Collins, es drang ausgesprochen schnell bis zu mir durch. Du willst dich also wieder einnisten hier?“

„Habe ich nicht das Recht dazu? Diese Farm“ - Collins vollführte mit dem linken Arm eine ausholende Bewegung in die Runde - „habe ich aufgebaut. Allerdings war ich dir ein Dorn im Auge, Stirling. Du hast mich davongejagt wie einen räudigen Straßenköter.“

John nickte unbeeindruckt. „Weil das das Land der Antelope Hill Ranch ist, Collins. Du hast dich einfach hier breit gemacht und es für dich in Anspruch genommen. Oder verfügst du über eine Besitzurkunde? Vor allem aber habe ich dich zum Teufel getrieben, weil wir in deinem Haus die Haut eines Rindes mit dem Antelope Hill Brand fanden. Ich hätte dich aufhängen lassen können.“

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Alfred Bekker

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Terror, Hass und Tod: Pete Hackett Western Edition 82



Western von Pete Hackett


Über den Autor

Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G. F. Unger eigen war - eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.

Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie „Texas-Marshal“ und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: „Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G. F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung.“

Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie „Der Kopfgeldjäger“. Sie erscheint exklusiv als E-Book bei CassiopeiaPress.



Ein CassiopeiaPress E-Book

© by Author www.Haberl-Peter.de

© der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

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John Stirling stieg zwischen zwei windschiefen Schuppen vom Pferd und ließ die Zügel zu Boden fallen. Sein wachsamer Blick sprang in die Runde. Er nahm das Gewehr. Kein Muskel zuckte in Johns Gesicht. Er vermittelte einen entschlossenen Eindruck.

Elwell Collins trat aus dem verwahrlosten Farmhaus. In seiner Armbeuge lag die Winchester. Ein gehässig-hämisches Grinsen umspielte seine wulstigen Lippen. Collins rief rau: „Es ist schnell bis zu dir durchgedrungen, dass ich wieder auf mein Land zurückgekehrt bin, Stirling.“

John ging zwei Schritte und versetzte kühl: „Ja, Collins, es drang ausgesprochen schnell bis zu mir durch. Du willst dich also wieder einnisten hier?“

„Habe ich nicht das Recht dazu? Diese Farm“ - Collins vollführte mit dem linken Arm eine ausholende Bewegung in die Runde - „habe ich aufgebaut. Allerdings war ich dir ein Dorn im Auge, Stirling. Du hast mich davongejagt wie einen räudigen Straßenköter.“

John nickte unbeeindruckt. „Weil das das Land der Antelope Hill Ranch ist, Collins. Du hast dich einfach hier breit gemacht und es für dich in Anspruch genommen. Oder verfügst du über eine Besitzurkunde? Vor allem aber habe ich dich zum Teufel getrieben, weil wir in deinem Haus die Haut eines Rindes mit dem Antelope Hill Brand fanden. Ich hätte dich aufhängen lassen können.“

Collins legte den Kopf etwas in den Nacken. Ein heimtückisches Schillern trat in seine wässrigen Augen. „Du hast mich vertrieben, Stirling, aber du hast mich nicht zerbrochen. Monatelang brütete ich über meiner Rache. Du erinnerst dich doch an das Versprechen, das ich gab?“

„Sicher, Collins.“

John sprach die beiden Worte sanft. Langsam ging er weiter. Collins duckte sich etwas, vermittelte einen sprungbereiten Eindruck. Er belauerte John wie ein Raubtier, das sich jeden Moment auf sein Opfer stürzt.

„Du versprachst, zurückzukehren und mich fertig zu machen“, sagte John und es klang auf besondere Art gelassen. „Ich aber warnte dich. Du scheinst zur Sorte der Unbelehrbaren zu gehören, Elwell Collins.“

Collins‘ Züge verzerrten sich. In seinen unterlaufenen Augen wütete grenzenloser, vernichtender Hass. Hass verzerrte auch seine Stimme, als er schnappte: „Diesmal werde ich nicht alleine sein, Stirling. In wenigen Tagen treffen einige Freunde von mir hier ein. - He, wo sind überhaupt deine Sattelwölfe, Rancher? Dein rauer Vormann Warren Kilpatrick und der schnellschießende Joe Walker?“

„Ich brauche keinen, um dich davon abzuhalten, hier wieder Fuß zu fassen, Collins.“ John machte eine kurze Pause, zwingend und durchdringend musterte er den anderen. „Bist du von alleine zurückgekommen, oder hat dich Clark Allison hergeholt?“ So fragte er plötzlich, und seine Frage kam überraschend, wie aus der Pistole geschossen.

Einen Schritt vor dem heruntergekommenen Farmer blieb John stehen. Er verströmte Unnachgiebigkeit und Härte. Dass die Winchester des Farmers auf seinen Leib deutete, ignorierte er.

Collins verriet sich mit keinem Lidschlag. Er spuckte John vor die Füße. „Du wirst von selbst dahinter kommen, Stirling.“ Die vom langjährigen, übermäßigen Alkoholgenuss verwüsteten Züge des Farmers wurden von einem bösen Grinsen zerlegt. „Spätestens an dem Tag, an dem der Antelope Hill Ranch der Todesstoß versetzt wird.“

„Verschwinde wieder, Collins, sonst garantiere ich für nichts“, drohte John und eine Vielzahl düsterer Gedanken stürmten mit Vehemenz auf ihn ein.

Collins stieß hervor: „Du fühlst dich verdammt stark und überlegen, Stirling. Allein die Tatsache, dass du ohne deine zweibeinigen Wölfe aufgekreuzt bist, zeugt von deiner Arroganz. ‚Iron‘ John nennen sie dich.“ Collins lachte schallend auf. „Und weil man dir diesen dämlichen Beinamen gegeben hat, hältst du dich für unschlagbar. Du denkst, dein Auftauchen allein lässt mich vor Angst und Ehrfurcht im Boden versinken.“

„Ich habe dich gewarnt, Collins“, versetzte John ungerührt. „Es war meine letzte Warnung.“ John wandte sich um. Er hatte alles gesagt.

Collins lachte gekünstelt auf - und wirbelte im nächsten Moment die Winchester herum ...

Instinktiv duckte John sich ab. Der gemeine Schlag wischte dicht über seinen Kopf hinweg. Hätte er getroffen, würde er ihm den Schädel zertrümmert haben. Mit einer Reflexbewegung rammte John dem Farmer den Gewehrlauf in den Bauch. Elwell Collins brüllte auf und knickte in der Mitte ein. Blitzschnell entwand John ihm die Waffe und schleuderte sie hinter sich. Er glitt einen Schritt zurück.

Collins stand gekrümmt da, presste beide Hände vor den Leib, keuchte abgehackt und stierte John völlig perplex an. Seit seinem unvermuteten Angriff auf John waren keine drei Sekunden vergangen.

Brechend sagte John: „Ich gebe dir drei Tage, Collins. Dann sehe ich nach, ob du noch hier bist. Falls ja, wird es rau für dich.“

„Du verdammter Hund!“, brach es wild und unbeherrscht aus Collins‘ Kehle, und der Farmer stieß sich ab. Wie von einem Katapult geschleudert flog er auf John zu. Mit diesem blitzartigen Angriff hatte John nicht gerechnet, und er reagierte einen Sekundenbruchteil zu spät. Der Aufprall des schweren Körpers warf John fast um. Collins‘ Faust traf ihn am Ohr, und John hatte das Gefühl, der Kopf würde ihm von den Schultern geschlagen. Vor seinem Blick schien die Welt zu explodieren.

Seine Not schien unüberwindlich zu sein, und seinem Gegner waren die Gesetze der Fairness unbekannt. Panik befiel John. Blindlings schlug er mit dem Gewehr zu. Er traf Collins am Hals und der Farmer taumelte zur Seite. Der Schwinger, den er im selben Moment auf die Reise schickte, zischte ins Leere. Collins wurde von der Wucht seines Schlages nach vorne getrieben.

Die Nebel vor Johns Augen lichteten sich. Er fand Zeit, sich auf den Gegner einzustellen. Collins wirbelte zu ihm herum und holte aus. John ließ das Gewehr fallen und blockte den Schlag ab, gleichzeitig stieß seine rechte Faust kerzengerade nach vorn. Mit der Wucht einer Dampframme knallte sie mitten in Collins‘ Gesicht.

Der Farmer stolperte zwei Schritte zurück. Ein gefährliches Grollen stieg aus seiner Brust, Blut rann aus seiner Nase. Er hob die Fäuste und giftete: „Ich schlage dich durch Sonn‘ und Mond, Stirling. Und wenn du mit der Nase im Staub liegst, zertrete ich dich wie ein lästiges Insekt.“

Und dann kam er. Seine Fäuste wirbelten wie Dreschflegel ...


*


John hatte Mühe, die Schläge Elwell Collins‘ zu parieren und abzublocken. Er schaffte es nicht, seinerseits einen Hieb anzubringen. Der Kampf wurde verbissen und unerbittlich geführt. Keiner der beiden Gegner gab sich eine Blöße. Ihre Fäuste prallten aufeinander, suchten eine Lücke in der Deckung des anderen oder wehrten einen wild geschwungenen Haken ab.

Wie ein Panther sprang John auf den Farmer zu, platzierte einen Haken auf dessen Brustbein und ließ sofort die Linke fliegen, mit der er Collins am Kinnwinkel erwischte. Einen Lidschlag lang hatte John das Gefühl, seine Handknochen zersplitterten unter der Wucht des Treffers.

Der Anprall warf Collins gegen die Wand des Farmhauses, dass es krachte. Aber Collins zeigte kaum Reaktion. Es war unglaublich, was er wegstecken konnte und mit welcher Ausdauer er kämpfte.

Collins schüttelte sich nur, ihm entrang sich ein abgerissenes Grunzen. Er rammte beide Fäuste in Johns Körper und stieß mit dem Kopf in das Gesicht des Ranchers. Im nächsten Moment zog er aus der Hüfte einen Schwinger, der wahrscheinlich einen Bullen von den Beinen geholt hätte.

John sprang im letzten Moment zurück und der Schlag pfiff ins Leere. Aus Collins‘ Hals kam das Knurren eines Wolfes. John hatte die Arme angewinkelt und die Fäuste gehoben. Ungestüm mit den Armen schwingend trieb ihn Collins vor sich her. In den Schlägen lag nichts als blinde Wut. Collins wollte den verhassten Rancher zerschlagen, ihn regelrecht zertrümmern - ihn wahrscheinlich sogar mit seinen Fäusten töten. Er zwang John, immer weiter zurückzuweichen.

In Collins‘ Gesicht glitzerte Schweiß. Die Anstrengung hatte es gerötet. Es war eine Grimasse des Hasses und Vernichtungswillens, sein Atem ging stoßweise und rasselnd.

Johns Rechte schoss nach vorn und durchbrach Collins‘ Deckung. Sie bohrte sich in die Magengrube des Farmers, der diesen Schlag mit einem gequälten Aufschrei quittierte. Die Luft wurde ihm aus den Lungen gedrückt, sein Oberkörper pendelte nach vorn, genau in Johns Uppercut hinein.

Die knallharte Linke ließ den Schädel Collins‘ wieder hochfliegen. Collins taumelte. Er wich einige Schritte zur Seite aus. Collins spürte nun die Wirkung von Johns Schlägen, aber er war hart genug, sie zu ertragen. Er begann John zu umrunden, belauerte ihn und suchte nach einer Blöße bei John. Seine blinde Wut schien kühler Überlegung gewichen zu sein. Er wirkte jetzt schnell, geschmeidig und sicher in seinen Bewegungen.

John drehte sich auf der Stelle. Unvermittelt unternahm er einen Ausfallschritt. Seine Linke zuckte nach Collins‘ Kopf, und der Bursche riss unwillkürlich beide Fäuste zur Deckung hoch. Johns Rechte knallte auf seine Leber. In diesem Schlag lagen alle Empfindungen, die John beherrschten.

Ein wilder Schrei löste sich aus Collins‘ Mund. Ein stahlharter Schwinger erstickte ihn. Der Farmer taumelte rückwärts, krachte erneut mit dem Rücken gegen die Hauswand, sein Hinterkopf schlug dumpf dagegen.

Collins ächzte. Blut rann aus seiner Nase und aus einigen Platzwunden in seinem Gesicht. Sein Blick war glasig. Die Benommenheit nach den unerbittlichen Treffern ließ seinen Kopf von einer Seite auf die andere pendeln. Er war jetzt angeschlagen, aber er war noch immer nicht kampfunfähig. Ein dämonischer Durchhaltewille riss ihn aus seiner Betäubung. Er wollte Rache. Eine Woge der tödlichen Leidenschaft überspülte seinen Verstand.

Collins drückte sich ab und stürzte John entgegen. Er legte all seine Kraft in diesen Angriff. Seine Fäuste flogen. Er kämpfte mit Kraft und Verbissenheit. Seine Zähne waren fest aufeinander gepresst, seine Lippen in der Anspannung verzogen. Er hatte die Umwelt vergessen.

Sein Angriff kam wie eine Explosion. Doch John blieb in den Knien elastisch. Er federte zurück, zur Seite, duckte sich ab, tauchte unter Collins‘ Heumachern hinweg, und bald spürte Collins, wie seine Arme erlahmten. Der Rhythmus seiner Schwinger kam längst nicht mehr so rasend.

Er hielt inne und schnappte nach Luft. Und jetzt begann John, ihn zu umtänzeln. Er bewegte sich leichtfüßig, mit der Geschmeidigkeit eines Pumas. Unvermittelt schnellte er auf Collins zu. Er warf sich mit der linken Schulter gegen den Leib des Farmers und feuerte ihm gleichzeitig die geballte Faust ins Gesicht. Collins stolperte rückwärts, ein Gurgeln quoll aus seinem Mund, von keinem bewussten Willen mehr gesteuert ließ er seine Rechte noch einmal fliegen, im nächsten Moment die Linke.

John, der dem ersten Schwinger ausweichen wollte, beugte sich genau in den Haken hinein. Er flog regelrecht zur Seite, Blitze zuckten vor seinen Augen, und die Welt schien sich um ihn herum zu drehen. Er wankte und spürte, wie seine Beine unter ihm nachgeben wollten. Der Schmerz trieb ihm die Tränen in die Augen.

Collins füllte seine Lungen mit frischem Sauerstoff. Ihm entging Johns momentane Schwäche nicht. Der Gedanke, das Ruder doch noch zu seinen Gunsten herumzureißen, beflügelte ihn und schien ihm neue Kraft und Energie zu verleihen.

Wie durch wallenden Nebel sah John ihn vor sich auftauchen. Mit einer einzigen, kraftvollen Bewegung, an der sein ganzer Körper beteiligt zu sein schien, rammte Collins ihm das Knie in den Leib. Es gab einen grässlichen Laut, der an das Platzen einer Melone erinnerte.

John stöhnte mit weit aufgerissenem Mund. Der Atem entwich seinen Lungen wie der Überdruck aus einem Dampfkessel. Er sah nur noch feurige Garben, und dann traf ihn Collins mit aller Härte am Kinnwinkel. Sein Kopf wurde auf die linke Schulter gerissen, er sank auf die Knie, wie haltsuchend griffen seine Hände ins Leere. John war in diesen albtraumhaften Sekunden völlig orientierungslos, wusste nicht mehr, wo hinten oder vorne war.

„Ich zertrete dich wie einen Wurm!“, hechelte Collins. Seine Stimme klang kratzend, seine Worte fielen abgehackt. Er war erschöpft und die Treffer, die er einstecken musste, zeigten Wirkung. Im Moment aber triumphierte er. Und diesen Triumph kostete er aus.

Damit verschaffte er John die Zeit, die er brauchte, um seine Benommenheit zu überwinden und neue Reserven zu mobilisieren. Die Nebelschleier vor Johns Augen rissen. Verschwommen sah er Collins einen Schritt vor sich. In seinem Schädel dröhnte und hämmerte es. In seinen Ohren rauschte das Blut, sein Puls raste.

Und plötzlich sah John wieder klar. Sein Verstand funktionierte wieder. Seine Muskeln und Sehnen reagierten wieder auf die Signale seines Gehirns. Aus seiner knienden Haltung warf er sich nach vorn. Seine Arme umklammerten Collins‘ Beine. Mit einem kraftvollen Ruck riss John die Füße des Gegners vom Boden weg. Collins war total überrumpelt. Sekundenlang schien er quer in der Luft zu hängen. Seine Arme ruderten verzweifelt, aber da war nichts, woran er sich klammern konnte. Der Länge nach krachte er auf den Rücken.

John kämpfte sich hoch und keuchte.

Collins rollte auf den Bauch und stemmte sich in die Höhe. Aber ehe er die Knie durchdrücken und sich zu seiner vollen Größe aufrichten konnte, landete John eine knochentrockene Doublette an seinem Kinn. Collins‘ Kopf flog in den Nacken. Er sank auf die Knie zurück, ein dumpfer Ton brach über seine Lippen, und als ihn Johns weit aus der Hüfte geholter Schwinger genau auf die Kinnspitze traf, kippte er hinüber und blieb verkrümmt liegen.

Collins war fertig. Er hob den Kopf, versuchte, sich noch einmal hochzurappeln, fiel aber kraftlos zurück. In seinem zerschlagenen, schweiß-, schmutz- und blutverschmierten Gesicht zuckten die Nerven.

Johns Arme schmerzten bis in die Schultergelenke. Er spürte schmerzhafte Verspannungen in seinen Händen, und nur langsam legte sich in ihm der Aufruhr, der sein Innerstes aufgepeitscht hatte. Seine Atmung beruhigte sich, das Herz fand wieder zu seinem regulären Rhythmus zurück.

Ziemlich außer Atem stieß John hervor: „Drei Tage, Collins, dann komme ich wieder.“

Er holte zuerst sein Gewehr und seinen Hut, den er während des Kampfes verloren hatte, stülpte ihn sich auf den Kopf, und hob dann die Winchester des Farmers auf. Er ging damit zum Brunnen, schlug den Kolben mit einem einzigen Hieb auf dem gemauerten Rand ab und warf die Trümmer hinein. Dann bestieg er sein Pferd.

Elwell Collins röchelte: „Wenn du kommst, bin ich sicher nicht allein, Stirling. Meine Freunde sind bereits auf dem Weg zu mir. Und es ist ein Siedlertreck zum Sweetwater River unterwegs. Es ist Regierungsland. Du wirst ...“

John schnitt ihm brechend das Wort ab: „Wann begreifst du endlich, dass es das Land der Antelope Hill Ranch ist, Collins? Und zwar seit fast fünfzig Jahren ...“

Er nahm sein Pferd um die linke Hand und gab dem Tier den Kopf frei. Mit einem Schenkeldruck trieb er es an.


*


Vor John lagen die Gebäude der Diamant-A Ranch. Sie erhoben sich vor der dunkelgrünen Kulisse dicht zusammenstehender Pappeln, die das Ufergebüsch des Beaver Creek überragten.

In Johns Gesicht waren die Spuren seines Kampfes mit Elwell Collins deutlich zu erkennen. Am Brunnen saß er ab. Einige Helps traten aus den Ställen und Schuppen und beobachteten ihn. Aus dem Bunkhouse schoben sich eine Handvoll Cowboys ins Freie.

John hievte einen Eimer voll Wasser in die Höhe und wusch sich das Gesicht. Die kleinen Platz- und Schürfwunden brannten wie Feuer. Auf seinem Jochbein zeigte sich ein dunkler Bluterguss.

„Hallo, Nachbar!“

Als die beiden Worte gerufen wurden, wandte John sich dem Haupthaus zu. Auf der Veranda stand Clark Allison. Ein Lächeln, das John so falsch erschien wie eine Fünfzehn-Dollar-Note, umspielte seine schmalen Lippen.

John tippte mit dem Zeigefinger gegen die Krempe seines Stetsons, dann ließ er seine Stimme erklingen: „Ich komme geradewegs vom Sweetwater River, Allison. Elwell Collins ist zurückgekehrt. Er ist drauf und dran, sich wieder auf dem Gebiet der Antelope Hill Ranch breitzumachen.“

„Und ich dachte schon, Sie sind in eine Stampede geraten, Stirling. Haben Sie Collins zum zweiten Male auf die raue und unmissverständliche Art klar gemacht, dass er hier nichts verloren hat?“

„Ich glaube nicht, dass mir das gelungen ist. Ich denke auch, dass Collins nicht von sich aus zum Sweetwater zurückgekehrt ist. Er sprach von Freunden, die noch aufkreuzen sollen, und er äußerte, dass ein Siedlertreck zum Sweetwater unterwegs sei.“

Unablässig erforschte John, während er sprach, Clark Allisons Reaktionen. Aber dessen hintergründiges Lächeln veränderte sich nicht, abgesehen davon, dass es um eine Idee spöttischer wurde.

Allison rief: „Weshalb erzählen Sie mir das, Stirling? Es ist nicht mein Problem.“

„Sie sind sehr ehrgeizig, Allison, und Sie sind nicht damit zufrieden, nur die zweitgrößte Ranch im County zu besitzen. Daraus haben Sie nie ein Hehl gemacht. Sie wollen raus aus dem Schatten der Antelope Hill Ranch. Wo immer Sie eine Gelegenheit gefunden haben, mir zu schaden, nutzten Sie diese. Darum nehme ich an, dass Sie Elwell Collins zurückholten, und dass Sie auch die Heimstätter ins Land lockten, von denen Collins sprach.“

„Mit Ihnen geht die Fantasie durch, Stirling“, entrüstete Allison sich. Klirrend fügte er hinzu: „Wenn Sie hergekommen sind, um mich zu kränken, dann rate ich Ihnen, sofort wieder zu verduften. Ihre Herrlichkeit endet am Sweetwater.“

„Warum spielen Sie nicht endlich mit offenen Karten, Allison?“, rief John. „Ehe Sie vor einigen Jahren in diesen Landstrich kamen, gab es hier ein halbes Dutzend kleine Ranches. Auf eine Art und Weise, die zum Himmel schrie, machten Sie die zum Teil hochverschuldeten Viehzüchter fertig und rissen sich ihren Besitz unter den Nagel. Nun, scheint mir, bin ich dran.“

Clark Allison reckte seine breiten Schultern. „Mir reicht es jetzt, Stirling!“, zischte er. „Schwingen Sie sich auf Ihren Gaul und verschwinden Sie, ehe ich Sie von meinen Männern über den Sweetwater prügeln lasse. Wer gibt Ihnen überhaupt das Recht, auf meine Ranch zu kommen und mich derart zu beleidigen? Entspringt es Ihrer Angst, dass ich eines Tages tatsächlich größer sein könnte als Sie, dass ich Ihren Platz als ungekrönter King im County einnehme?“

„Immer wieder müssen meine Weidereiter ganze Herden von Rindern mit dem Diamant-A Brand über den Fluss zurücktreiben!“, sagte John. „Ihre Männer pöbeln meine Boys an - wo immer sie sie auch treffen - und beleidigen sie. Bringen Sie das Fass nur nicht zum Überlaufen, Allison. Irgendwann ist meine Geduld zu Ende.“

Clark Allisons Hände verkrampften sich um das Verandageländer, dass die Knöchel weiß unter der Haut hervortraten. Seine Zähne knirschten übereinander, hart traten seine Backenknochen hervor. John fand das Gesicht Allisons plötzlich widerwärtig und abstoßend. Allison schürzte die Lippen und stieß hervor: „Ihr Stern ist am Sinken, Stirling. Das Land, das Sie für sich beanspruchen, ist freie Weide. Kommen Sie mir nicht mit dem Unsinn, dass die Regierung irgendwann vor einem halben Jahrhundert das Land südlich des Sweetwater Ihrem Großvater geschenkt hat. Jeder kann das Land nutzen. Ober er nun Weizen und Mais anbaut, oder ob er Rinder züchtet. Sie hatten kein Recht, Elwell Collins zu vertreiben. Und Sie müssen akzeptieren, dass neue Siedler an den Sweetwater kommen und sich Parzellen abstecken. Hätten Sie das Land rechtzeitig auf Ihren Namen ins Landbesitzregister eintragen lassen, dann wäre das etwas anderes. Das haben Sie versäumt, Stirling, und jetzt ist es zu spät, nachdem die Regierung auf die Durchsetzung des Heimstättengesetzes pocht. Ich habe die Entwicklung nicht verschlafen. Ich habe mir meine Landansprüche rechtzeitig gesichert. Denn ich war nicht vermessen genug zu glauben, aus einem Gewohnheitsrecht heraus für alle Zeiten Besitzansprüche ableiten zu können.“

„Wagen Sie es nur nicht, ihre schmutzigen Finger nach der Antelope Hill Ranch auszustrecken, Allison“, warnte John. „Sie beißen sich die Zähne aus. Wenn Sie dennoch den Krieg wollen, können Sie ihn haben.“

John ging zu seinem Pferd und kletterte in den Sattel. Er spürte die Nachwirkungen seines Kampfes mit Elwell Collins in sämtlichen Gliedern. Ein Ächzen entrang sich ihm. Er rief: „Bisher habe ich Ihren Ehrgeiz und Ihr Bestreben, der Große und Mächtige im County zu werden, nicht so ernst genommen. Das jedoch tue ich von nun an. Ich werde mich zu wehren wissen.“

John wendete sein Pferd und ritt davon.

Ein Grinsen, triefend vor Hohn, zog Clark Allisons Lippen in die Breite.

Aus dem Pulk der Cowboys vor der Mannschaftsunterkunft löste sich ein großer Mann und kam zur Veranda. Er sagte: „Stirling weiß, woher der Wind weht, Clark. Er wird um sich beißen wie ein in die Enge gedrängter Wolf.“

„Komm herein, Lester“, versetzte Allison nach einem schnellen Blick in die Runde seiner Männer, die herumstanden. Was er zu sagen hatte, war nicht für die Ohren aller bestimmt. Er machte kehrt und ging ins Haus. Lester Duncan folgte ihm. Im Ranch Office setzten sie sich. Erwartungsvoll fixierte Duncan den Rancher.

Clark Allison nickte. „Ich habe John Stirling langsam da, wo ich ihn haben will. Es muss jetzt Schlag auf Schlag gehen, bis er sich nicht mehr scheut, seinen Besitz mit Pulver und Blei zu verteidigen, und sich jenseits von Recht und Ordnung stellt. Er muss Amok laufen. Und dann ist das Gesetz an der Reihe.“

„Ein geradezu perfekter Schachzug, Clark. Ich frage mich nur, wie du am Ende die Siedler wieder loswerden willst. Außerdem wird dir Emerson Howe mit seiner Rustlermannschaft am Bein kleben wie ein Bleiklotz.“

„Keine Sorge, Duncan. Die Geister, die ich gerufen habe, weiß ich am Ende auch wieder zu bannen. Die Siedler kommen ziemlich mittellos ins Land. Ich unterstütze sie mit Krediten. Wie aber sollen sie diese zurückzahlen, wenn beispielsweise Feuer ihre Ernten vernichtet oder wenn der Sweetwater über die Ufer tritt und ihre Äcker und Felder überschwemmt?“

Duncan nickte verstehend. Er war mit Allison vor einigen Jahren ins Land gekommen und nahm auf der Diamant-A die Rolle des Vormanns ein. Beide konnten auf eine ziemlich bewegte, dunkle Vergangenheit zurückblicken. „Man könnte einen Felsen sprengen und so den Sweetwater anstauen“, murmelte Duncan versonnen.

„Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten“, meinte Allison. „Was Emerson Howe anbelangt, so mache ich mir seinetwegen keine allzu großen Gedanken. Er hat seinen Preis genannt, und ich habe ihn akzeptiert. Wenn alles vorbei ist, verschwindet er mit seiner Bande auf Nimmerwiedersehen.“

„Wenn er nur nicht gierig wird und auf die Idee kommt, sich ein größeres Stück von dem Kuchen abzuschneiden, den es seiner Meinung nach zu verteilen gilt.“

Allison lachte verächtlich auf. „Dann verschwindet Howe auch auf Nimmerwiedersehen. Allerdings nicht aus Wyoming, sondern unter der Erde.“


*


Zwei Tage später ...

Es war eine stockfinstere Nacht. Die tiefziehenden Wolken verdunkelten den Himmel. Dort, wo der Mond stand, hellte ein gelber, verschwommener Lichtfleck die bedrohlich anmutenden Wolkenberge auf. Weit im Westen flammte hin und wieder ein greller Blitz über den Horizont. Danach war fernes, lang anhaltendes Donnergrollen zu vernehmen. Von einem zum anderen Mal wurden die Donnerschläge lauter, was den Cowboys Amos Dalton und Ben Frawler verriet, dass sich das Unwetter sehr schnell näherte. Eines jener gefürchteten Frühjahrsgewitter war im Anmarsch.

Die Rinder schliefen unruhig. Die Cowboys ritten in entgegengesetzter Richtung um die lagernde Herde. Nach jeweils einer halben Runde trafen sie aufeinander. Sie beneideten ihre Gefährten, die im weit entfernt liegenden Weidecamp in ihren Zelten wie Murmeltiere schliefen.

Amos war nervös. Er war müde. Die harte Round up-Arbeit steckte ihm in den Knochen. Ihn fröstelte. Wenn irgendwo ein Stier brüllte, zuckte er zusammen. Die Nacht verkündete Unheil.

Wieder zuckte im Westen ein Blitz aus den sich drohend türmenden Wolken. Der Horizont wurde in bläuliches Licht getaucht, und für Sekunden wurden die Konturen der Berge aus der Finsternis gerissen. Ein berstender Schlag folgte. Die Unruhe in der Herde verstärkte sich. Viele Tiere ruckten hoch, witterten, prusteten, brüllten und muhten.

Mürrisch ritt Amos seine Runde. Einmal heulte in den Bergen ein Coyote. Lang gezogen, durchdringend und schauerlich. Andere stimmten ein. Wie ein vielstimmiger Choral wehte das Heulen in die Täler. Das Pferd unter Amos warf nervös den Kopf in den Nacken und wieherte. Amos knirschte eine Verwünschung.

Wie aus dem Nichts tauchte plötzlich Ben Frawler auf. Pferd und Reiter waren durch die Finsternis nur ein großer, unförmiger Schemen. Anhaltendes Donnergrollen rollte durch die Nacht. Es begann zu tröpfeln. Heiser rief Ben: „Das wird eine verdammte Nacht, Amos, das sage ich dir. Die tausend Kuhschwänze sind noch ziemlich nervös vom Zusammentrieb, und wenn ein Blitz zwischen sie fährt, haben wir das Chaos perfekt. Dann wäre die Arbeit eines ganzen Tages futsch.“

„Vielleicht ist McGibbon klug genug und schickt uns einige Männer zur Verstärkung“, antwortete Amos lahm. „Hast du irgendetwas Verdächtiges wahrgenommen, Ben?“

„No.“ Ben lachte freudlos auf. „In einer solchen Nacht bleiben sogar die Skunks in ihren Löchern.“

Die Pferde traten unruhig auf der Stelle. Die Nervosität ihrer Reiter schien wie ein Funke auf sie übergesprungen zu sein. Ringsum war Muhen und Brüllen. Es handelte sich um die ersten tausend Herefords, die für den Trail nach Kansas City vorgesehen waren. In spätestens zwei Wochen sollte eine Herde von fünftausend Stück Vieh marschbereit in der Senke stehen.

„Okay, Ben, mach‘s gut“, murmelte Amos, hob die Hand zum Gruß und trieb das Pferd mit einem Schenkeldruck an. Sie ritten auseinander.

Mit dem Wind trieben schwerere Regentropfen heran, und bald prasselte der Regen Amos ins Gesicht. Er schlug den Kragen seines Regenumhanges hoch und rückte sich den Hut tiefer in die Stirn.

Ein krachender Donnerschlag drohte den Weltuntergang anzukündigen. Unmittelbar vorher war ein gewaltiger Blitz zur Erde gerast. In vielfältigen Echos verrollte der Donner, und in das sich entfernende Grollen hinein glaubte Amos durch das Rauschen des Regens dumpfes Getöse zu vernehmen. Er zerrte das Pferd in den Stand, drehte das Ohr in den Wind, der von Westen kam, und lauschte angespannt.

Amos hatte sich nicht geirrt. Das pochende Geräusch verursachten mehrere Pferde, die schnell getrieben wurden.

Alarmglocken schlugen in Amos‘ Bewusstsein an. Wie eine Warnung vor Unheil und Untergang zuckte es durch seinen Verstand. Fast automatisch griff Amos nach dem Gewehr und zog es aus dem Sattelschuh, repetierte.

Einen Augenblick versuchte er sich damit zu beruhigen, dass vielleicht Tom McGibbon Verstärkung aus dem Weidecamp schickte. Er verwarf diesen Gedanken sogleich wieder, denn das Camp lag im Osten, der Hufschlag aber näherte sich von Westen.

Das Herz schlug dem Cowboy plötzlich bis zum Hals hinauf. Wie Fieber rann es durch seine Blutbahnen. Der Gedanke, dass vielleicht Clark Allison ein Rudel Reiter schickte, um Terror auf die Weide der Antelope Hill Ranch zu bringen, kam bei Amos und brannte sich in seinem Bewusstsein fest. Ratlos schaute er hinter sich, aber da war nur die Masse der erregten Rinder, deren Leiber in der Finsternis ineinanderzufließen schienen. Von Ben war nichts mehr zu sehen.

Für einige Sekunden wurde der Hufschlag von einem berstenden Donner verschluckt. Dann wurde er wieder laut, und er schien Amos jetzt viel deutlicher vernehmbar. Unschlüssig rutschte der Cowboy im Sattel herum. Sollte er versuchen, das Camp zu erreichen, um Hilfe zu holen? Es war etwa zwei Meilen entfernt, denn McGibbon und die anderen Boys hatten am Abend das Lager verlegt, um am kommenden Morgen gleich mit der Arbeit beginnen zu können.

Amos verwarf diesen Gedanken wieder. Er spürte den Regen nicht mehr. Auch die Kälte nahm er nicht mehr wahr. Hart klatschten die hagelkörnerschweren Tropfen in Amos‘ Gesicht. Rastlosigkeit und Beklemmung, die den Cowboy im Klammergriff hielten, bereiteten ihm nahezu körperliches Unbehagen. Härter krampften sich seine Fäuste um das Gewehr. Schwer trug der Weidereiter an seiner Unschlüssigkeit.

Das Hufgetrappel war jetzt ganz nahe. Amos‘ Augen schmerzten, so sehr strengte er sie an, um mit seinem Blick die Nacht zu durchdringen. Aber die Dunkelheit war nach wenigen Schritten schon wie ein schwarzer Vorhang, die Welt schien in treibenden Regenwänden und in einem bedrohlichen, endlosen Nichts zu enden.

Und plötzlich spuckte die Nacht einen Pulk Reiter aus. Nach Amos griff eine jähe Panik. Und es kostete ihn allen Willen, seine plötzliche Angst, die ihm den Hals austrocknen und sein Herz ein wildes Stakkato gegen die Rippen hämmern ließ, zu unterdrücken.


*


Die Horde Reiter kam zum Stehen. Der Wind trieb Wortfetzen an Amos Daltons Gehör. Der Cowboy hielt den Atem an. Verstehen konnte er nichts.

Plötzlich flammten Sturmfeuerzeuge auf. Funken sprühten. Amos wurde von der Wucht des Begreifens getroffen wie von einem Faustschlag. Dynamit! Seine Nackenhaare sträubten sich. Er riss das Gewehr an die Schulter ...

Die Banditen schleuderten die Dynamitstangen weit von sich. Sie beschrieben einen weiten Bogen durch die Luft, Funken sprühend, eine dünne Rauchspur hinter sich herziehend. An verschiedenen Stellen fielen die Sprengladungen zwischen die Rinder. Für die Spanne einiger Lidschläge, in der sich jeder der Schufte einen zweiten der hochexplosiven Stäbe aus der Tasche angelte, geschah gar nichts.

Plötzlich aber stießen grelle Feuerblitze zwischen den Rindern in die Höhe. Gleichzeitig erfolgten die Explosionen, verschmolzen ineinander, die Blitze weiteten sich zu blendendem Leuchten aus, und im brüllenden Getöse wurden die schweren Tierleiber um die Detonationsherde zur Seite geschleudert.

Amos schüttelte den Bann ab, der ihn fesselte, und feuerte.

Noch standen die Rinder unter dem Schock der Explosionen, der ihre Instinkte lähmte. Die Banditen hielten die Zügel derart gestrafft, dass die Gebisse aus Stahl den Tieren tief und schmerzhaft in die Mäuler schnitten. Sie scharrten mit den Hufen und stampften, aber die eisenharten, zähmenden Hände der Rustler ließen sie nicht ausbrechen.

Mit dem Aufpeitschen der Winchester wurde einer der Outlaws vom Pferd geschleudert. Der Reiterpulk riss auseinander. Raue Rufe erschallten. Und gleich darauf versank das Rauschen und Prasseln des Regens in den Geräuschen, die die Herde verursachte und die begleitet wurden von Blitz und Donner. Da war wieder das erregte Muhen und Brüllen, das Stampfen vieler hundert Hufe, der trockene Klang, wenn Horn gegen Horn stieß.

Amos würgte und schluckte hart. Die Banditen trieben ihre Pferde an. Amos überwand sich. Auch er setzte seinen Braunen in Bewegung. Durch die Finsternis und die Regenschleier nahm er das Gewoge wahr, das durch die Herde ging. Hier und dort brach ein Rind aus dem Durcheinander. Das Getöse nahm zu und bald war die ganze Senke voll von dem erdbebenhaften Rumoren.

Amos hämmerte seinem Pferd die Sporen in die Seiten. Das Tier streckte sich. Einer der Reiter sprengte auf ihn zu. Der Bandit schwang seinen Colt. Amos riss das Pferd zurück. Die Hufe schlitterten über den aufgeweichten Boden. Der Cowboy zog den Gewehrkolben an die Schulter und drückte ab. Ein ellenlanger Mündungsblitz stieß aus der Mündung, er spürte den leichten Rückschlag, repetierte sofort wieder.

Amos vernahm einen spitzen Aufschrei, und im ersten Moment glaubte er, seine Kugel hätte den Halunken vom Pferd geworfen. Sofort aber wurde er eines besseren belehrt. Der Oberkörper des Burschen ruckte wieder in die Höhe, und dann lohte es bei ihm auf.

An der Flanke der Herde entlang donnerte Ben Frawler dem erdbebenhaften Dröhnen auf der Westseite der Senke entgegen. In seiner Faust lag der Colt. Die Hufe seines Pferdes schienen kaum den Boden zu berühren.

Die Herde setzte sich in Bewegung. Sie stand kurz vor der Stampede. So manches Tier ging unter im Hin und Her der schweren Leiber und kam nicht mehr hoch. Stiere brüllten voller Panik.

Amos‘ Schuss hatte den Reiter lediglich am Oberarm gestreift. Tief auf den Pferdehals geduckt jagte der Bandit jetzt heran. Das Tier unter Amos scheute, und der Cowboy konnte nicht ruhig zielen. Ein zweiter Bandit tauchte auf. Er fegte heran, und der Cowboy feuerte blindlings. Amos‘ Verstand begann zu blockieren.

Mündungsfeuer stießen fahlglühend auf Amos zu. Eine Kugel bekam sein Pferd in den Kopf, die andere bohrte sich mit einem fürchterlichen Schlag in die Brust des Cowboys. Das stürzende Pferd begrub ihn unter sich. Jäh riss Amos‘ Denken ab.

Ben Frawler nahm einen dunkel und drohend anmutenden Reiterschemen nur wenige Schritte vor sich wahr. Im vollen Galopp feuerte er mit dem Colt. Der Sattel des Banditen war plötzlich leer. Das reiterlose Pferd lief weiter. Ben Frawler überholte es. Und wieder sah Ben einen der Banditen vor sich. Von der Seite näherte sich ein zweiter Reiter. Ben feuerte, und er konnte erkennen, dass sein Geschoss den Burschen, der vor ihm ritt, auf den Pferdehals warf. Doch da blitzte es bei dem Banditen auf, der von rechts kam. Er jagte eine ganze Serie von Kugeln aus dem Lauf. Bens Oberkörper wurde von den Treffern geschüttelt und herumgerissen. Der Weidereiter stürzte vom Pferd. Sein Gesicht lag im nassen, niedergetrampelten Gras, Ben Frawler fiel in eine gähnende, bodenlose Leere ...

Ein greller Blitz lichtete die Finsternis. Wie glitzernde Glaskugeln starrten die gebrochenen Augen der ermordeten Cowboys in die zuckende Helligkeit hinein. Noch im Tode waren ihre Gesichter vom Grauen entstellt.

Ein rauer Befehl wurde gebrüllt. Die Stimme des Mannes vermochte kaum den Lärm zu überbieten. Wieder lohten Sturmfeuerzeuge auf ...

Schon zogen die nächsten Dynamitpatronen ihre verhängnisvolle Bahn. Wie das Krachen von Feldhaubitzen erhoben sich die Explosionen über die Herde, begleitet vom Auseinanderplatzen der grellen Blitze. Wieder wurden Rinder wie von einer Riesenfaust weggeschleudert. Und dann war das Inferno perfekt.

Die Schufte rissen die Pferde herum und jagten sie zum Rand der Senke. Die Herefords drängten auseinander. Brüllen und Muhen prallte gegen die Hügelflanken und Wälder und wurde zurückgeworfen. Rinder stürzten und kamen nicht mehr hoch. Andere stiegen auf, drückten die Tiere unter sich zu Boden. Sie waren wie rasend vor Panik. Und schließlich brach die Herde auseinander. Wie ein entfesseltes Element, wie von Furien gehetzt, rannten die Rinder in alle Richtungen davon. Der Boden erzitterte wie bei einem Erdbeben. Was den von Panik und Entsetzen getrieben Tieren in den Weg kam, wurde gnadenlos niedergetrampelt. Tote und sterbende Rinder blieben liegen.


*


John war fassungslos und erschüttert, als ihm am folgenden Vormittag die Hiobsbotschaft von dem blutigen Überfall von einem Boten McGibbons übermittelt wurde. Als aber wenige Stunden später die beiden getöteten Weidereiter und auch die toten Outlaws auf die Ranch gebracht wurden, als er in die erstarrten, wächsernen Gesichter Amos Daltons und Ben Frawlers blickte, kam der Hass in heißen, giftigen Wogen.

„Kennt jemand die toten Banditen?“, fragte er. Seine Stimme war belegt und rau wie Sandpapier.

Die Männer, die um den flachen Wagen mit den Leblosen herumstanden, schüttelten die Köpfe. Ihre Mienen waren Spiegelbild ihrer Empfindungen. Über die Gesichter liefen die verschiedensten Gemütsregungen, die von stummer Ergriffenheit über Verwirrung und Betroffenheit bis hin zur tödlichen Leidenschaft reichten. Und es gab wohl keinen unter den Cowboys und Helps, der nicht an blutige Vergeltung dachte. Da war aber auch die hilflose Ohnmacht angesichts dieses Irrsinns der brutalsten Gewalt und des Strudels von vernichtendem Terror, der die Antelope Hill Ranch heimgesucht hatte.

Johns Mund bildete eine zusammengekniffene, entschlossene Linie. Er riss sich von seinen trübsinnigen Gedanken und Überlegungen los und stieß hervor: „Ich glaube, Leute, dass das Maß voll ist. Joe, sattle für uns Pferde. Wir reiten nach South Pass City und erstatten Anzeige beim Sheriff. Anschließend versuchen wir, die Spur der Banditen aufzunehmen. Ich schwöre bei den beiden ermordeten Jungs, dass ich nicht eher ruhen will, bis ich die Höllenhunde, die sie auf dem Gewissen haben, zur Rechenschaft gezogen habe.“

Er quoll voll Härte und kompromissloser Entschiedenheit aus seinem Mund, und jeder, der den Schwur vernommen hatte, ahnte, dass er für John Gesetz sein würde.

John hob noch einmal an: „Du bist, solange ich fort bin, der Boss auf der Ranch, Warren. Alles läuft wie gewohnt weiter. Schicke alle verfügbaren Männer auf die Weide, damit sie die Herde für den Trail nach Missouri zusammenstellen.“

„Beim Henker, John, ich käme viel lieber mit!“, maulte der Vormann.

Doch John winkte ab. „Einer muss hier das Kommando übernehmen. - Wir reiten in einer Viertelstunde, Joe. Vergiss nicht, genügend Munition und Proviant einzupacken. Es kann einige Tage dauern, bis wir zurück sind.“


*


Als sie in die Main Street von South Pass City einbogen, sahen sie die sieben Conestoga Schoner am Rand der Fahrbahn stehen. Männer, Frauen und Kinder bevölkerten die Straße und Gehsteige. Unwillkürlich fielen die beiden Männer ihren Pferden in die Zügel. John schluckte trocken. Joe Walker stieß rau hervor: „Ich fresse meinen Hut, wenn das nicht die von Elwell Collins angekündigten Heimstätter sind. Du lieber Himmel, John, was ist plötzlich gegen dich im Gange?“

„Ich soll vernichtet werden“, antwortete John, und seine Stimme klang belegt. „Es ist unglaublich, mit welcher Energie Clark Allison meinen Untergang betreibt.“

Für ihn stand fest, dass auch die Banditen, die in der Nacht seine Weide heimsuchten, von Clark Allison angeheuert worden waren. Beweise hatte er allerdings nicht. Aber John hatte sich geschworen, dem Drahtzieher des Verbrechens die Maske des Biedermannes vom Gesicht zu reißen.

Sie ritten zu den Schonern hin. Ein Mann in grober Kleidung lehnte mit übereinander geschlagenen Beinen und verschränkten Armen an einem der Fuhrwerke. Ausdruckslos musterte er John, als dieser vor ihm das Pferd parierte. John fragte: „Ihr seid zum Sweetwater unterwegs, nicht wahr?“

Der Siedler nickte und erwiderte: „So ist es, Mister. Hat es sich noch nicht herumgesprochen, dass das Land südlich des Flusses besiedelt werden soll?“

„Das Land südlich des Sweetwater gehört der Antelope Hill Ranch“, antwortete John schroff.

Die Lippen des Mannes zuckten, dann knurrte er: „Wir wissen Bescheid. Es wird Probleme geben, denn John Stirling, der Boss der Antelope Hill Ranch, soll ein ziemlich harter, despotischer und unduldsamer Bursche sein. Der Verdruss mit ihm ist wahrscheinlich unausbleiblich.“

„Ich bin John Stirling!“ Wie Bleitropfen fielen diese Worte von Johns Lippen.

Der Bursche beim Wagen duckte sich etwas und zog den Kopf zwischen die Schultern. Seine Arme fielen aus der Verschränkung, ein betroffener Laut wand sich ihm aus der Kehle.

Dann aber fing er sich und gab kühl zu verstehen: „Sie werden sich damit abfinden müssen, Stirling. Wir haben das Gesetz auf unserer Seite.“

„Da bin ich mir nicht so sicher, mein Freund“, entgegnete John brechend. „Darum rate ich euch, eure Fuhrwerke nicht auf dem Gebiet der Antelope Hill Ranch anzuhalten.“

Wütend ritt er weiter. Walker schloss sich ihm an. Der Mann rief ihnen hinterher: „Wir sind eine starke Gemeinschaft, Stirling. Ihnen gehört das Land am Sweetwater nicht. Wir haben es ordnungsgemäß erworben.“

John und Joe ritten zum Sheriff Office. Sie leinten ihre Pferde an und gingen hinein. Sheriff Andrew Steele hatte am Fenster gestanden und das Treiben auf der Main Street beobachtet. Jetzt ging er hinter seinen Schreibtisch und setzte sich. Griesgrämig blickte er den beiden Männern entgegen.

„Gebieten Sie dem, was sich anbahnt, Einhalt, Steele“, begann John ohne Umschweife. „Ich dulde die Siedler nicht auf meinem Weideland. Meine Rinder brauchen freien Zugang zum Sweetwater. Sie wissen genau, dass das Land, das die Antelope Hill Ranch beansprucht, meinem Großvater vor vielen Jahren vom Gouverneur übereignet wurde.“

Details

Seiten
Erscheinungsjahr
2022
ISBN (ePUB)
9783738967494
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2022 (November)
Schlagworte
terror hass pete hackett western edition

Autor

  • Pete Hackett (Autor:in)

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Titel: Terror, Hass und Tod: Pete Hackett Western Edition 82