Zusammenfassung
"Aufhören!", brüllte Waco, als die Waffen nach einiger Zeit plötzlich schwiegen. "Hier spricht der Marshal ..."
Er sah Jacob auf dem Vorbau des Office. Jacob war mit seiner Greener bewaffnet.
Die Colts begannen wieder zu bellen wie eine wütende Hundemeute. Waco riss sein Eisen heraus und jagte zwei Schüsse in die Luft. Dann rannte er zum Office zurück, war mit einem wilden Sprung auf dem Vorbau und riss Jacob die Shotgun aus der Hand. "Geh ins Büro, Jacob", keuchte er.
Jacob hatte bereits durchgeladen. Waco holsterte den Remington und sprang wieder auf die Straße. Der Colt des Mannes im 'Lonesome Rider Saloon' brüllte auf. Ein schriller Schrei erklang, der aber im nächsten Moment erstickte. Der Mister, der sich hinter dem Regenfass verschanzt hatte, taumelte hoch, verkrampfte die Hände vor der Brust und wankte. Sein Colt klatschte in den Staub. Die Kugel hatte die Wände des Fasses durchschlagen und war ihm in die Brust gedrungen.
Plötzlich sackte er zusammen.
Waco presste seinen Körper hart an eine Hauswand. Er hielt die Greener im Hüftanschlag. Sein Finger krümmte sich um den Abzug. Er jagte eine der Ladungen schräg in die Luft. Das gehackte Blei prasselte über das Dach des Hauses auf der anderen Straßenseite hinweg. Die Detonation hörte sich zwischen den Gebäuden an wie ein Böller.
Der trommelfellbetäubende Knall schien die wie wild feuernden Kerle zur Raison zu bringen. Denn unvermittelt war es ruhig. Wie ein Leichentuch senkte sich die lastende Stille in die Stadt.
Leseprobe
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© dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
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Die wilde Louella: Pete Hackett Western Edition 76
Western von Pete Hackett
Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war – eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.
Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie „Texas-Marshal“ und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: „Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung.“
Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie „Der Kopfgeldjäger“. Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author www.Haberl-Peter.de
© der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
Die Dunkelheit hüllte die Gestalten ein. Nur am Aufglühen der Mündungsfeuer konnte Waco die Standorte ausmachen. Das Feuer wurde aus dem Saloon erwidert. Der Schütze stand an der Wand neben der Tür und schoss nur vereinzelt.
"Aufhören!", brüllte Waco, als die Waffen nach einiger Zeit plötzlich schwiegen. "Hier spricht der Marshal ..."
Er sah Jacob auf dem Vorbau des Office. Jacob war mit seiner Greener bewaffnet.
Die Colts begannen wieder zu bellen wie eine wütende Hundemeute. Waco riss sein Eisen heraus und jagte zwei Schüsse in die Luft. Dann rannte er zum Office zurück, war mit einem wilden Sprung auf dem Vorbau und riss Jacob die Shotgun aus der Hand. "Geh ins Büro, Jacob", keuchte er.
Jacob hatte bereits durchgeladen. Waco holsterte den Remington und sprang wieder auf die Straße. Der Colt des Mannes im 'Lonesome Rider Saloon' brüllte auf. Ein schriller Schrei erklang, der aber im nächsten Moment erstickte. Der Mister, der sich hinter dem Regenfass verschanzt hatte, taumelte hoch, verkrampfte die Hände vor der Brust und wankte. Sein Colt klatschte in den Staub. Die Kugel hatte die Wände des Fasses durchschlagen und war ihm in die Brust gedrungen.
Plötzlich sackte er zusammen.
Waco presste seinen Körper hart an eine Hauswand. Er hielt die Greener im Hüftanschlag. Sein Finger krümmte sich um den Abzug. Er jagte eine der Ladungen schräg in die Luft. Das gehackte Blei prasselte über das Dach des Hauses auf der anderen Straßenseite hinweg. Die Detonation hörte sich zwischen den Gebäuden an wie ein Böller.
Der trommelfellbetäubende Knall schien die wie wild feuernden Kerle zur Raison zu bringen. Denn unvermittelt war es ruhig. Wie ein Leichentuch senkte sich die lastende Stille in die Stadt.
Der Mister, der unter dem Vorbau lag, rollte hervor, federte hoch und sprintete wie von Furien gehetzt in eine stockfinstere Gasse. Es war ein mittelgroßer, schmächtiger Kerl mit knabenhafter Figur. Noch kurze Zeit war das Knirschen des feinen Sandes unter seinen Sohlen zu hören.
Waco trat in die Straße. Die Batwings der Flügeltür des Saloons wurden aufgestoßen. Sie schwangen nach außen. Die Lamellen der Tür waren von Kugeln zerfetzt.
Groß und hager trat ein Mann auf den Vorbau. Das Licht aus dem Saloon und von den beiden Lampen zu beiden Seiten der Tür umriss scharf seine Gestalt. Der Colt lag in seiner Rechten wie fest damit verwachsen.
Waco lief zu der Gestalt, die bei dem Wasserfass lag. Der Mister röchelte. Das Hemd über seiner Brust war vollgesaugt von seinem Blut. Seine Lider zuckten. Waco ahnte, dass nach ihm bereits der Sensenmann die knöcherne Klaue ausstreckte. Er richtete sich auf und sah sich um.
Die Bewohner wagten sich noch nicht auf die Straße. Sie befürchteten, dass jeden Moment wieder die Kugeln flogen.
Waco presste die Kiefer aufeinander, dass der Zahnschmelz knirschte.
Der große, hagere Mann hatte den Vorbau des Saloons verlassen und ging mit kurzen, abgezirkelten Schritten zu der reglosen Gestalt, die mitten auf der Straße lag. Der Bursche lag auf dem Gesicht. Der hagere Mister drehte ihn mit dem Fuß um. Der Kopf des am Boden liegenden rollte auf die Seite. Gebrochene Augen, die an glitzernde Glasstücke erinnerten, starrten mit leerem Ausdruck zum sternenübersäten Himmel hinauf.
"Jacob!" Wacos Organ sprengte die Stille.
"Ja", kam es sogleich. Jacob trat aus dem Marshal's Office.
"Verständige Doc Mill!", rief Waco. "Hier liegt einer in den letzten Zügen."
Er hörte das Knarren von Stiefelleder hinter sich und drehte sich um. Zwei Schritte vor ihm hielt der Hagere an. Er starrte auf den schwach schimmernden Stern an Wacos schwarzer Lederweste und gab mit dunkler, kratzender Stimme zu verstehen: "Die drei haben angefangen, Marshal. Es gibt ungefähr drei Dutzend Augenzeugen. Sie haben mit der Schießerei begonnen."
"Wer sind Sie?", fragte Waco, der den Mann noch nie vorher gesehen hatte. "Und wer sind diese Männer? Einer ist in die Gasse geflohen. Was sind das für Kerle?"
Nun drängten auch die ersten Neugierigen aus dem Saloon. Gäste und leicht bekleidete, grell geschminkte Huren. Verworrenes Stimmengemurmel kam auf. Auch die Fenster der Häuser flogen in die Höhe, Menschen beugten sich heraus. Andere verließen ihre Behausungen und kamen näher. Schnell hatte sich ein Ring von Gaffern um Waco und den Fremden gebildet.
"Mein Name ist Lance Harding", stellte sich der Fremde vor. "Die beiden Kerle und das Girl, das vorhin Fersengeld gegeben hat, sind Viehdiebe. Ich komme aus der Nähe von San Marcial. Dort haben sie von der Weide der Red Canyon Ranch über 100 Longhorns abgetrieben. Ihre Spur führte nach Lincoln."
"Das Girl?", fragte Waco verdutzt.
"Ja, ein Teufelsweib. Eine Revolverlady. Wahrscheinlich waren die beiden Narren ihr hörig."
"Eine Viehdiebin?", knurrte Waco und ließ seiner Überraschung freien Lauf. "Ich hab es doch richtig gehört?"
"Yeah. Das kleine Luder ist stiften gegangen. Aber ich kriege sie." Lance Harding stieß es mit Überzeugung hervor.
"Waren es Ihre Rinder, die die drei gestohlen haben?"
In der Zwischenzeit kam Doc Mill. Waco wies zu dem Regenfass und der Doc wieselte davon.
"Nein", antwortete Lance Harding. "Ich arbeite für die Ranchergenossenschaft im San Marcial Distrikt als Weidedetektiv. Es ist mein Job, die Rinder zurückzuholen." Er machte eine kurze Pause, dann erhob sich seine Stimme noch einmal. "Im Übrigen zählte die Bande sieben Mitglieder."
Waco spitzte die Lippen. "Und wo sind die Rinder jetzt? Und wo vor allen Dingen ist der Rest der Bande?"
"Keine Ahnung. Die Rustler haben die Rinder in der Zwischenzeit möglicherweise verhökert. Vielleicht steht die Herde auch irgendwo in den Bergen und die anderen Viehdiebe bewachen sie. – Wenn der dort beim Wasserfass durchkommt, werde ich ihn fragen. Wenn nicht, wird es mir die kleine Wildkatze verraten, der vorhin die Flucht gelungen ist – dank Ihres Eingreifens, Marshal."
Lance Hardings Stimme hatte zuletzt geradezu vorwurfsvoll geklungen. Er holsterte den Sechsschüsser, nachdem er die leeren Kartuschen durch scharfe Patronen aus seinem Colt ersetzt hatte, und rückte das Holster zurecht.
Stan Stryker näherte sich. Im diffusen Licht sah sein Gesicht, das von einer breiten Messernarbe verunstaltet wurde, düster und kantig aus. Er sagte kehlig: "Die drei haben nach den Eisen gegriffen, als der Mister sie wegen eines Rudels gestohlener Longhorns zur Rede stellte. Sie haben wie wild um sich gefeuert und sich den Weg aus dem Saloon sozusagen freigeschossen."
"Gibt es Verwundete im Saloon?", fragte Waco besorgt.
"Nein. Ihre Kugeln galten alle diesem Mann hier. Aber der ging rechtzeitig hinter dem Tresen in Deckung. Mir allein ist Schaden entstanden. Die Theke weist einige Löcher auf, ein Spiegel ging in Scherben, ebenso Gläser und Flaschen."
"Sie werden es verschmerzen, Stryker", knurrte Waco. "Kennen Sie die Namen der drei?", wandte er sich wieder an Harding.
"Ja. Sie arbeiteten zuletzt für die Red Canyon Ranch. Die Lady heißt Louella Dickinson. Der da", er wies mit dem Kinn auf den Toten, der auf der Fahrbahn lag, "war ihr Bruder Fred. Der beim Wasserfass heißt Cole Benson."
"Es wird Louella Dickinson nicht sehr gefallen, dass Sie ihren Bruder erschossen haben", murmelte Waco ahnungsvoll, ohne zu wissen, worauf sich seine Ahnungen bezogen. "Okay, Harding", setzte er dann mit erhobener Stimme hinzu. "Ich werde die Augenzeugen befragen. Und wenn ich zu dem Ergebnis komme, dass Sie in Notwehr geschossen haben, dann können Sie machen, was Sie wollen. Andernfalls ..."
"Fragen Sie die Leute, Marshal", sagte Harding kühl und vollführte eine umfassende Bewegung mit dem Arm.
Wenige Minuten später wusste Waco, dass es eine absolute Notwehrsituation gewesen war, die Harding gezwungen hatte, zum Sixshooter zu greifen.
"Ich werde ein Protokoll anfertigen", wandte er sich wieder an den Weidedetektiv. "Sie sind ein freier Mann. Kommen Sie morgen ins Office, um das Protokoll zu unterschreiben."
Harding nickte und ging zurück in den Saloon.
Die Menschen verliefen sich. Doc Mill trat an Waco heran und sagte dumpf: "Er ist gestorben. Bei der Wunde hatte er nicht den Hauch einer Chance."
"Ich werde Jeff Turner Bescheid sagen", murmelte Waco gedankenvoll.
*
Waco Jordan machte einen kleinen Abstecher zu dem kleinen Haus, das er mit Jacob und Cindy Fitzgerald bewohnte, dem 16-jährigen, wilden Girl, die zu einer richtigen Lady zu erziehen sich er und Jacob zur Aufgabe gemacht hatten. Cindy war die Tochter von Wacos Vorgänger auf dem Posten des Town Marshals, der jedoch von Stan Strykers Schnellschießer Joe Gunn kaltblütig ermordet worden war.
Im Haus brannte Licht. Waco ging hinein. Das Mädchen befand sich im Wohnzimmer und las in einem Buch. Silver, der schwarze Wolfshund, hatte auf dem Teppich gelegen. Als er Geräusche im Flur vernahm, hatte er sich erhoben und die Ohren gespitzt. Jetzt lief er auf den Mann zu und drängte sich gegen ihn. Waco kraulte ihn zwischen den Ohren.
Cindy hatte das Buch zur Seite gelegt. "Hi, Waco."
"Hello, Cindy, alles klar?"
"Sicher, Waco. Silver gibt acht auf mich. Seit ich ihn habe, brauche ich nicht mal mehr die Haustür abzuschließen." Cindy lachte unbekümmert.
"Was liest du da?"
"Ein Buch über die Geschichte Amerikas. Wusstest du eigentlich, Waco, dass die Ureinwohner unseres Landes wahrscheinlich über die Beringstraße aus Asien nach Amerika kamen?"
"Es freut mich, wenn du dich bildest", antwortete Waco ausweichend. Er tätschelte ihr die Wange. "Bis gegen Mitternacht, schätze ich, wird Jacob hier sein. Dem kannst du ja von deinen geistigen Errungenschaften berichten. Bis später also, Kleines."
Er versetzte Silver einen leichten Klapps gegen die Seite, der Hund fiepte ihn an und rieb seinen Kopf an ihm, dann verließ Waco wieder das Haus. Er holte sein Pferd und machte sich auf den Weg zur Shining Star Ranch. Der hormonelle Drang trieb ihn zu Joana. Sein bestes Stück meldete sich mit einer Heftigkeit, die fast schmerzhaft war.
Die Pferdehufe krachten über die Rio Bonito-Brücke. Der Lärm verschlang sämtliche Geräusche der Natur, mit denen die Nacht erfüllt war. Der Himmel war sternenübersät. Der Mond hing als riesige Scheibe am Südhimmel. Wolkenschatten glitten manchmal über das Land.
Dann klapperten die Hufe des Braunen wieder auf dem harten Untergrund des ausgefahrenen und von Pferden festgetretenen Weges, der von der Shining Star Ranch in die Stadt führte. Waco dachte über den Vorfall vom heutigen Abend nach. Es wollte ihm einfach nicht in den Kopf, dass ein Mädchen mit Viehdieben reiten sollte.
Als ihn aus dem Gebüsch am Straßenrand eine scharfe Stimme ansprang, zuckte Waco zusammen. "Anhalten, Mister, und absteigen. Und greif bloß nicht nach dem Eisen. Ich brauche nur abzudrücken."
Es war die Stimme einer Frau. Sie hatte herb und entschlossen geklungen. Waco fiel dem Tier in die Zügel. Der Braune stand und stampfte auf der Stelle.
Ein Schemen löste sich aus der Dunkelheit; mittelgroß, schlank, von knabenhafter Statur. Langsam kam die Gestalt ins Mond- und Sternenlicht und nahm Kontur an. In ihrer Faust schimmerten matt die Stahlteile eines schweren, langläufigen Colts. Waco begriff schlagartig. Wenn man an den Teufel denkt ...
Er verlieh seinem Gedanken Ausdruck, indem er hervorstieß: "Aaah, Lady Viehdieb. Ich dachte, du bist über alle Berge, nachdem du dich vor Hardings Kugeln in Sicherheit gebracht hast."
Sie lachte kehlig auf. "Ich sehe an deiner Weste was glitzern, das aussieht wie ein Sechszack. Mir scheint, ich bin an den Mann des Gesetzes geraten. Aber das stört mich nicht. Ich brauche deinen Gaul, Sheriff ..."
"Marshal", verbesserte Waco. "Town Marshal."
"Das macht für mich keinen Unterschied. Also, steig ab, Town Marshal. Kannst dafür mein Pferd nehmen, das vor dem 'Lonesome Rider Saloon' zurückgeblieben ist. Es ist der Rotfuchs. Was ist mit Fred und Cole?"
"Sind das die beiden Burschen, mit denen du in der Stadt warst?", fragte Waco.
"Ja."
"Sie sind tot."
"Dieses Schwein!", zischte das Girl. "Dieses gottverdammte, blutgierige Schwein."
"Du meinst Lance Harding?"
"Yeah. Er ist ein niederträchtiger Killer." Es kam mit hasstriefender Stimme.
"Er ist Weidedetektiv", sagte Waco.
"Dass ich nicht lache. Aber jetzt runter vom Gaul. Wird Zeit für mich, dass ich Land gewinne. Sicher pirscht Harding schon auf der Suche nach mir durch die Nacht."
"Pferdediebe werden in unserem Land gehängt", warnte Waco.
"Wir tauschen nur. Wie gesagt – der Rotfuchs vor Stan Strykers Hurenhaus ..."
"Wer sagt mir denn, dass der nicht auch gestohlen ist, Lady."
"Niemand. Aber keine Sorge. Der Rotfuchs gehört mir. – Muss ich dich vom Pferd schießen, Marshal?"
Das klang drohend und das Knacken des Revolverhahnes unterstrich bedeutungsvoll ihre Worte. Waco saß auf der ihr zugewandten Seite des Pferdes ab und trat zwei Schritte von dem Tier weg. Ihre Hand mit dem Sechsschüsser folgte ihm. Unverrückbar und unmissverständlich war die Mündung auf ihn gerichtet.
Sie nahm die Zügel, führte das Tier ein Stück von Waco weg und saß gewandt auf. Sie bewegte sich geschmeidig und leichtfüßig wie eine Raubkatze. Selbst in der Dunkelheit entging Waco nicht, dass sie gewachsen war wie eine Grazie. Da unter ihrem Stetson keine Haare hervorfielen, nahm er an, dass sie sie hochgesteckt hatte. Sie war langbeinig, ihre Proportionen stimmten.
Ehe sie das Pferd antrieb, stieß sie hervor: "Im Übrigen will ich dir zu deiner Orientierung eines sagen, Marshal: Fred, Cole ich und noch ein paar Freunde haben die Rinder von der Weide der Red Canyon Ranch getrieben, weil Ron Calder uns um unseren Lohn betrogen hat."
"Wer ist Ron Calder?"
"Der Boss der Red Canyon Ranch", kam es wild und leidenschaftlich von dem Mädchen. "Er ist ein Schuft – ein kleiner, dreckiger und hundsgemeiner Schuft. Und Stan Stryker ist ein ebensolcher Schuft. Ich werde mit meinen Leuten zurückkommen, Marshal. Und dann wird der feine Pinkel die Stunde verfluchen, in der auch er uns zu bescheißen versuchte."
In Wacos Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander. Ehe er aber eine Frage stellen konnte, schnalzte die Lady mit der Zunge, ruckte im Sattel und gab dem Braunen den Kopf frei. Das Tier streckte sich und verfiel schon nach wenigen Schritten in stiebenden Galopp.
Waco hätte den Colt herausreißen und dem fliehenden Girl einige Schüsse hinterherschicken können. Etwas, das er sich selbst nicht erklären konnte, hielt ihn davon ab. Ihre Worte hallten in ihm nach. Und ihm stellte sich die Frage, was Stan Stryker damit zu tun hatte.
Schließlich nahm er den Rest des Weges auf Schusters Rappen. Es gelang ihm nicht, sein Denken von dem Girl und ihren Bemerkungen zu lösen.
Auf der Shining Star Ranch war der Teufel los. Als er die Bar betrat, war Joana nicht anwesend. Sie befreite gerade einen Kerl vom Überdruck in seinen Lenden. Auch die meisten der anderen Girls waren bei der Arbeit. Er sah Marylou und zwei der anderen Mädchen mit Kunden herumturteln, winkte ihnen zu und stellte sich an die Bar, hinter der Abel O'Connor mit starrem Gesichtsausdruck stand und mit aristokratischer Erhabenheit seinen Job versah.
"Einen Bourbon, Waco?", fragte er.
Waco nickte und bekam das Getränk. "Viel los heute, wie?"
"Ja. Die Kerle geben sich bei den Girls die Klinke in die Hand. Auf den Ranches und im Fort scheint Zahltag gewesen zu sein."
Marylou näherte sich Waco. "Na, Großer", lächelte sie ihn an. "Treibt dich dasselbe Fieber her wie all diese Burschen?" Sie wies lässig in die Runde.
Waco fixierte sie. Marylou Hanson war eine rassige, glutäugige Schönheit mit schwarzen Haaren. Was sie am Leib trug, verdeckte kaum etwas von dem, das einen Mann an einer Frau betören und einen hormonellen Gewittersturm in ihm auslösen konnte. Der tiefe Ausschnitt ihres dunkelblauen Bodys ließ eine Menge von ihrer beachtlichen und prallen Oberweite erkennen und Waco das Wasser im Mund zusammenlaufen. Ihre Beine waren schlank und wohlgeformt, und dort, wo sie endeten und das kleine Dreieck bildeten, endeten auch Wacos lüsterne Gedanken ...
"Yeah, dasselbe Fieber", entstieg es heiser vor Geilheit seiner Kehle. "Und du, Sweetheart, kannst es abkühlen. Komm ..."
Abel verzog das Gesicht. Seine Miene schien noch undurchdringlicher und unbewegter zu werden.
Waco schob Marylou in Richtung Tür. Den Bourbon hatte er nicht einmal angerührt. Mit schwingenden Hüften ging Marylou vor ihm her. Vergessen war in diesem Moment das Girl, das ihm den Gaul geklaut hatte. Waco wurde nur noch von seiner Lüsternheit gesteuert, die Hose wurde ihm eng, und er befürchtete, dass jeden Moment die Knöpfe seines Hosenladens davonspringen würden.
Der Lustmolch in seiner Hose lechzte danach, in Freiheit gelassen zu werden und in die warmen, feuchten Gefilde zwischen Marylous strammen Oberschenkeln einzutauchen.
Er vernaschte in der nächsten halben Stunde die schwarzhaarige Marylou nach Strich und Faden, katapultierte die menschgewordene Sünde dreimal zum Höhepunkt und erklomm selbst zweimal den Gipfel der Lust. Und als sie sich voneinander lösten, waren seine Samenstränge leer wie die Geldbörse einen Kavalleristen am Monatsletzten.
*
Waco nahm sich aus dem Stall der Shining Star Ranch einen Pinto und ritt damit in die Stadt zurück. Im Marshal's Office brannte noch Licht, was Waco sagte, dass Jacob noch nicht nach Hause gegangen war.
Waco ritt am Office vorbei und parierte den Pinto beim 'Lonesome Rider Saloon'. Aus dem Inn drang wüster Lärm. Waco stieg vom Pferd, warf die Leine lose über den Hitchrack und stieg auf den Vorbau. Über die Ränder der Schwingtür schaute er in den Schankraum. Wolken von Tabakqualm schlierten um die Lüster, die von der Decke hingen, und die Lampen an den Wänden. Stan Stryker lehnte lässig mit dem Rücken am Tresen, die Ellenbogen nach hinten aufgestützt, einen Fuß auf der Messingstange abgestellt, die unten an der Theke entlang lief. Er unterhielt sich mit einem Gast, lachte blitzend und – sah Waco.
Sein Lachen vereiste und zerrann schließlich. Seine Brauen schoben sich zusammen. Ein hässliches Funkeln stieg aus der Tiefe seiner Augen.
Dem Gast entging die Veränderung, die mit Stryker vor sich ging, nicht. Er drehte sich halb herum und ließ seinen Blick zur Pendeltür schweifen, durch die soeben Waco den Saloon betrat. Sie schwang hinter ihm heftig schlagend aus. Zielstrebig näherte er sich Stan Stryker.
Der Mann, mit dem sich Stryker unterhalten hatte, zog es vor, sich abzusetzen. Wenn Jordan und Stryker aufeinander prallten, war es nicht ratsam, dazwischen zu stehen wie ein Weizenkorn zwischen zwei Mühlsteinen ...
Diese beiden schenkten sich nichts. Sie waren erklärte Gegner. Stryker wollte Waco die Shining Star Ranch abjagen. Um zum Ziel zu gelangen, scheute er kein Mittel. Waco hatte ihm bisher erfolgreich Paroli geboten. Und dafür hasste Stan Stryker ihn wie die Pest.
"Aaah, unser hochgeschätzter Marshal", empfing er Waco mit heuchlerischem Getue. "Was darf's diesmal sein? Ein ungeklärter Mord, den Sie mir in die Schuhe schieben möchten? Oder hat Sie wieder mal jemand aus dem Hinterhalt unter Feuer genommen, und ich soll dafür herhalten?"
In ihrer unmittelbaren Umgebung war es ruhiger geworden. Die Girls, die hier anschafften und ihre Freier, die sie mit Drinks und lockeren Sprüchen zu beeindrucken versuchten, beobachteten die beiden Männer, die gegensätzlicher waren als Feuer und Wasser.
"Sparen Sie sich Ihren Zynismus, Stryker", sagte Waco kühl. "Es geht um die beiden Männer, die heute Abend vor ihrem Etablissement erschossen wurden und das Girl, dem die Flucht gelungen ist. Ich hab mit der Lady gesprochen. Sie meinte, Sie wären ein kleiner, dreckiger und hundsgemeiner Schuft."
Strykers Mimik vereiste. "So, meinte sie das", dehnte er.
"Yeah, genauso drückte sich aus", versetzte Waco. "Und ich würde gerne den Grund dafür kennen?"
Stryker grinste – ein Grinsen, das seine Augen nicht erreichte. "Den müssen Sie schon bei der Kleinen erfragen, Jordan. Ich weiß nicht, was sie meinte. Die drei waren im Saloon, dann kam dieser Lance Harding, und plötzlich war hier der Teufel los."
"Wo ist Lance Harding jetzt?"
Stryker zuckte mit den Schultern. "Ich weiß es nicht." Und spöttisch fügte er hinzu: "Ist Harding verpflichtet, sich bei Ihnen abzumelden, Jordan?"
"Nein, das ist er nicht, Stryker. Irgendetwas stinkt da gewaltig zum Himmel. Ich spüre es. Und ich werde es herausfinden. Ich hoffe für Sie, Stryker, dass Sie nicht Ihre Finger wieder in ein schmutziges Spiel gestreckt haben."
Stryker beugte den Kopf ein wenig nach vorn. Sein Kinn wurde eckig, die Messernarbe in seinem Gesicht rötete sich etwas. "War das eben eine Drohung, Jordan?"
Waco maß den Salooner mit einem unergründlichen Blick. "Sie haben nichts zu befürchten, Stryker, es sei denn, Sie haben Dreck am Stecken", erklärte er ohne Höhen und Tiefen im Tonfall. Mit seinem letzten Wort machte er kehrt und stakste zum Ausgang.
Die Feindschaft und die gegenseitige Geringschätzung waren im Schankraum geradezu körperlich zu spüren.
Stryker verzog den Mund. Es sah einen Moment so aus, als wollte er ausspucken. Schließlich knirschten nur seine Zähne übereinander.
*
Louella Dickinson ritt auf Wacos Pferd durch die Nacht. Sie war auf dem Weg nach Westen. In Nogal warteten ihre Gefährten. Es waren auch Freunde von Fred und Cole, den beiden Burschen, die Lance Harding mit heißem Blei vom Leben zum Tod befördert hatte.
Sie war aufgewühlt. Eine ganze Gefühlswelt tobte in dem Mädchen. Ihr Bruder war tot. Fred war für sie lange Jahre Vater- und Mutterersatz gewesen. Er war Anführer einer rauen Treibermannschaft. Er hatte sie alles gelehrt, was sie brauchte, um sich im Leben zu behaupten.
Jetzt war er auf der Main Street von Lincoln verblutet. Eine Welt war für das Mädchen zusammengestürzt, etwas in ihr war zerbrochen. In Louella waren Schmerz, Trauer, ein Gefühl der Verlorenheit ... Da waren aber auch leidenschaftlicher Hass und der stumme Schrei nach Rache. Sie waren nach Lincoln geritten, um ihr Recht zu fordern. Das Schicksal jedoch hatte sich unerbittlich gegen sie gewandt.
Louella ritt am Rio Bonito entlang. Sie waren betrogen worden. Louella wollte Vergeltung. Sie spürte ein wildes, verzehrendes Feuer in ihrer Seele, in ihrem Herzen brannte lichterloh der Hass.
Sie wurde völlig von ihren Gefühlen beherrscht und achtete kaum auf ihre Umgebung. Neben ihr war das leise Rauschen des Flusses, das Wasser mutete im Mondlicht an wie flüssiges Silber. Im Ufergestrüpp war der Jagdschrei eines Käuzchens zu vernehmen; er trieb schauerlich in die Nacht hinein. Die Blätter der Büsche raschelten im Nachtwind. Louella ritt über Grasland, und so war das Geräusch der Hufe ihres Pferdes kaum zu hören.
Das Mädchen erschrak bis in den Kern, als ein trockenes, metallisches Schnappen erklang und im nächsten Moment eine schneidende Stimme ertönte: "Okay, Louella, dein Trail ist zu Ende. Steig ab."
Sie zerrte erschreckt das Tier in den Stand. Der Braune schnaubte und spielte mit den Ohren. Die Gebisskette klirrte.
Aus der Buschgruppe löste sich die Gestalt einen hochgewachsenen Mannes. Er hielt die Winchester im Hüftanschlag. Der Lauf reflektierte das Licht der Nacht.
Es war Lance Harding. Im vagen Licht wirkte sein Gesicht angespannt, hartlinig und kantig. Ein triumphierendes Grinsen kräuselte seine schmalen Lippen.
Louellas Hand tastete zum Revolver. Der Hass kam bei ihr in rasenden, giftigen Wogen. Harding entging die Bewegung nicht. "Lass das lieber bleiben, Süße!", peitschte seine Stimme. "Und jetzt komm endlich runter von dem Klepper."
Louella war erstarrt. Er musste die Augen eines Luchses haben. Trocken schluckte sie. Plötzlich war die Angst vor Harding stärker als der Hass. Louella entrang es sich: "Reicht es dir nicht, dass du zwei unschuldige Männer erschossen hast, Harding? Mein Bruder – er starb durch deine Kugel. Willst du mich jetzt auch über den Haufen knallen?"
Sie hob ihr linkes Bein über den Sattelknauf und rutschte vom Pferd.
"Ihr habt es euch selbst zuzuschreiben, Honey", knurrte Lance Harding. "Und was soll daran unschuldig sein, wenn ihr Rinder klaut? Ron Calder bezahlt mich dafür, dass ich ihm seine Longhorns zurückbringe und die Viehdiebe zur Rechenschaft ziehe. Also, Süße, dann roll mal deinen Lasso auf: Wo habt ihr die Kuhschwänze gelassen?"
"Calder hat uns um den Treiberlohn beschissen, Harding", stieß Louella bitter und herb hervor. Das Feuer einer wilden, tödlichen Leidenschaft begann in ihr wieder zu flackern. Sie überwand ihre Angst und begann, nach einem Ausweg zu suchen.
Harding trat dich vor Louella hin. Die Mündung seiner Winchester berührte ihren Leib. Louella rann ein eisiger Schauer über die Wirbelsäule, als sie den Anprall von Härte und kompromissloser Entschlossenheit spürte, die von ihm ausgingen.
"Ihr hättet euch an den Friedensrichter oder den Sheriff wenden können", drang es kalt aus Hardings Mund. "So aber habt ihr das Gesetz selbst in die Hand genommen. Ein Cowboy wurde schwer verwundet, ein anderer hat eine Kugel im Arm. – Also, wo befinden sich die Rinder?"
"Wir haben sie verkauft", zischte Louella. "Allerdings wurden wir betrogen – wieder einmal betrogen, Lance. Der Hurensohn, dem wir sie sogar noch auf die Weide trieben, zahlte uns keinen rostigen Cent für die Herde."
"Von wem ist die Rede?"
"Von Stryker, dem Besitzer des 'Lonesome Rider Saloon' in Lincoln. Er besitzt eine Ranch unten am Rio Ruidoso. S.S.-Ranch, ein S für Stan, das andere für Stryker. Er wollte uns 10 Dollar pro Rind zahlen; als wir heute Abend das Geld bei ihm kassieren wollten, hustete er uns was. Und dann kamst du daher ..."
"Interessant", murmelte Lance Harding. "Na, da werde ich mit dem guten Stan Stryker wohl ein paar klare Worte sprechen müssen. Es sind Red Canyon-Rinder. Und es wird ihm sicher nicht gefallen, wenn er sie wieder herausrücken muss."
"Es wird ihm nicht nur nicht gefallen, er wird dich auf den Mond pusten, wenn du ihm damit kommst, Harding. Ich wünsche dir jedenfalls jetzt schon eine angenehme Höllenfahrt."
"Du kannst mir ja den Weg in die Hölle ebnen, Honey", versetzte Harding hohnvoll. "Du brauchst nur nach dem Eisen zu greifen."
"Du würdest schießen, Harding?"
"Du bist gefährlicher als so mancher Mann, Süße. Und wenn du nach der Kanone greifst, bist du für mich ein ernst zu nehmender Gegner."
"Ich bin eine Frau, Lance." Sie sprach es mit kehliger, verführerischer Stimme. Es gelang ihr, den Hass auf ihn im Zaum zu halten. Jetzt war Taktik angesagt.
Er lachte etwas unsicher auf. In seinen Lenden schienen plötzlich Ameisen zu kribbeln. Und er spürte, dass sie ihn erregte. Einen Ton zu forsch sagte er: "Ich kann dir ja einen verlöten, Baby, dass dir Hören und Sehen vergeht. So eine Frau wie dich trifft man nur alle Steinzeiten einmal. Warum sollte ich die Gelegenheit nicht nutzen?"
Ihre Hände hoben sich. Sie öffnete ihr Hemd. Ihre Brüste quollen heraus. Die halbrunden Kugeln waren üppig, im fahlen Mondlicht konnte Lance Harding die dunklen Höfe um die steifen Nippel sehen. Zwischen seinen Beinen begann etwas anzuschwellen. Es ließ sich nicht mehr steuern. Er mahnte sich zur Besonnenheit, aber die Impulse, die sein Verstand versandte, versickerten ungehört. Es gelang ihm nicht, die triebhafte Gier, das heiße Verlangen zu unterdrücken.
Von unten her strich sie über ihre ansehnlichen Brüste, hob sie etwas an und nahm eine aufreizende Positur ein.
Harding schluckte trocken, räusperte sich – und konnte sich überwinden.
"Nein, Louella. Du kannst wieder einpacken." Seine Stimme klang belegt. Er zuckte mit den Schultern, als würde er seine nächsten Worte nur widerwillig aussprechen. "Du bist eben eine Viehdiebin, und ich bin Weidedetektiv. Ich bringe dich zurück nach San Marcial und übergebe dich dort dem Gesetz."
Der Druck der Gewehrmündung gegen ihren Leib verstärkte sich. Louella aktivierte ihre Sinne und spannte ihre Muskeln. Aber angesichts der Waffe in seinen Händen und seiner unumstößlichen Entschiedenheit war Widerstand sinnlos.
Sie versuchte es noch einmal mit Worten: "Du weißt, welch schäbiges Spiel Ron Calder mit uns abgezogen hat, Harding. Wir haben ihm tausend Longhorns von San Antonio heraufgetrieben. Unser Lohn sollten 1000 Dollar sein. Als die gehörnten Biester auf seiner Weide standen, ließ uns Calder von seiner Mannschaft von der Ranch jagen. Ist es in diesem Fall nicht recht und billig, dass wir uns 100 Rinder holten, um sie für 1000 Bucks zu verscherbeln?"
"Ihr wart zu siebt. Wo ist der Rest eurer Mannschaft?", fragte Harding, ohne auf ihre Worte einzugehen.
"Die anderen vier sind ..." Louella brach ab, dachte kurz nach und vollendete: "... abgesprungen. Sie ahnten, dass Calder dich schickt."
"Sie haben mehr Hirn bewiesen als du, dein Bruder Fred und Cole."
Louella hob die Schultern. Was sollte sie darauf antworten?
"Well, Pech gehabt, Honey. Doch jetzt wollen wir nicht noch mehr Zeit verlieren. Schnall ab. Aber keine krummen Gedanken. Wie ich schon sagte: Ich sehe in dir einen Gegner. Und ich werde nicht zögern."
Harding trat einen halben Schritt zurück. Der harte Druck auf Louellas Bauch verschwand.
Louellas Mundwinkel kerbten sich verächtlich nach unten. Sie ließ Lance Harding nicht für den Bruchteil einer Sekunde aus den Augen. Ihre Lider waren halb gesenkt. Langsam öffnete sie die Schließe ihres Revolvergurtes. Die Seite, an der der Colt hing, rutschte an ihrem Bein nach unten und schwang um ihre Beine herum. Ihre Rechte umklammerte das eine Ende des Gurts.
Blitzschnell trat Louella einen Schritt vor.
"Verdammt, zwing mich nicht ..."
Lance Harding zögerte. Es gelang ihm einfach nicht, abzudrücken. Und diese Sekunde der Unschlüssigkeit genügte Louella. Ihre Rechte zuckte herum. Der Gurt mit dem Colt im Holster schnellte auf Harding zu, und ehe er zum Denken kam, sah er Sterne, als der Sechsschüsser gegen seine Schläfe krachte.
Er stieß einen erschreckten und zugleich schmerzhaften Laut aus, taumelte einen Schritt zur Seite, das Gewehr kam aus der Richtung. Ehe er es wieder anschlagen konnte, zischte der Gurt erneut auf ihn zu und traf ihn. Sein Stetson flog davon. Farbige Schleier wallten vor seinen Augen, und dahinter drohte sich die schwarze Wand der Besinnungslosigkeit aufzubauen.
Mit dem letzten Aufbäumen seines schwindenden Willens verhinderte er ein endgültiges Abgleiten in die Bewusstlosigkeit. Die Schleier vor seinen Augen rissen, aus dem Nebel schälte sich klar und deutlich Louella, die vor ihm stand.
"Du verdammtes Biest!", keuchte Hardin und war bemüht, erneut die Winchester auf sie anzuschlagen. Ihm stand nur noch der Sinn danach, sie sich vom Leib zu halten.
Da traf ihn ihr vorschnellendes Bein punktgenau auf sein empfindlichstes Teil. Er röhrte wie ein sterbender Elch und krümmte sich nach vorn. Übelkeit ballte sich in seinem Magen und spülte hoch, sein Mund klaffte auf, wie erstickend schnappte er nach Luft. Die Nebel der Benommenheit krochen erneut auf ihn zu und schlugen über ihm zusammen. Der Colt fiel ihm aus der Hand und klatschte zu Boden. Vornübergebeugt stand er breitbeinig da, beide Hände gegen den Unterleib gepresst, stöhnend und keuchend.
Noch einmal flog Louellas Bein in die Höhe. Und diesmal krachte ihr Stiefel unter sein Kinn. Hardings Zähne schlugen zusammen. Er wurde aufgerichtet, machte das Kreuz hohl, taumelte wie ein Schilfrohr im Wind, und fiel plötzlich um wie ein gefällter Baum.
Louella knöpfte ihr Hemd zu, schnallte sich ihren Gurt wieder um, hob sein Gewehr auf und warf es über das Gebüsch hinweg in hohem Bogen in den Fluss. Hardings Colt, den sie ihm aus dem Holster zog, folgte. Dann holte sie sein Pferd, das sie im Schutz der Büsche stampfen und prusten hörte.
Lance Harding rührte sich nicht. Louella zog den Colt und starrte düster auf ihn hinunter. Etwas in ihr schien abgestorben zu sein, nachdem ihr Bruder auf der Main Street von Lincoln sein Leben aushauchte. "Ich sollte dich abknallen wie einen räudigen Hund", presste sie hervor, "genauso, wie du meinen Bruder abgeknallt hast."
Lange kämpfte sie mit sich. Ein Zwiespalt war in ihr aufgerissen, tief wie eine Schlucht. Hin und her gerissen zwischen tödlichem Hass und einem unterbewussten Ehrenkodex, den ihr Bruder ihr vorgelebt und eingeimpft hatte, konnte sie sich nicht entschließen, abzudrücken. Ihre Skrupel waren stärker als die Vergeltungssucht. Es gelang ihr nicht, die Hemmschwelle zu überschreiten und dem hilflosen Mann heißes Blei zu servieren.
Sie verdammte ihre Schwäche, stieß den Colt ins Futteral, schwang sich auf Wacos Pferd und ritt an. Hardings Tier führte sie am langen Zügel.
*
Louella legte die 16 Meilen bis Nogal in drei Stunden zurück. Sie hatte abwechselnd die beiden Pferde geritten, die sie Waco Jordan und Lance Harding abgejagt hatte. So kam sie trotz der Unwegsamkeit des Geländes gut voran.
Die Town lag in totaler Finsternis. Louella hielt vor dem Hotel an und ging hinein. In der kleinen Halle brannte eine Lampe, die Rezeption jedoch war verwaist. Das Girl war müde und von dem Ritt durch die Felswildnis ziemlich ausgelaugt. Sie stieg die Treppe zum Obergeschoss empor und klopfte wenig später an eine Tür. Eine verschlafene Stimme erklang: "Was ist los? Wer ist verrückt genug, mich um diese Zeit aus dem Schlaf zu trommeln?"
"Ich bin's, Jesse", sagte Louella gegen die Tür.
Mürrisches Gebrummel war zu hören. Jesse Farnham öffnete. Im Zimmer war es finster. Aber die Lampen, die den Korridor erhellten, reichten aus, um sich gegenseitig zu sehen. Jesses Haare standen wirr vom Kopf ab. In seinem Gesicht waren noch die Abdrücke der Falten des Kopfkissens zu sehen. Er trug ausgewaschene, rote Unterwäsche.
"Wieso kommst du mitten in der Nacht?", knurrte Farnham. "Ich vermutete dich, Fred und Cole in Lincoln und hab euch erst morgen zurück erwartet."
Louella drängte ihn ins Zimmer. Sie holte ein Schwefelholz aus der Tasche, riss es an und hielt es an den Docht der Lampe, die auf dem Tisch stand. Die Flamme flackerte und rußte, schließlich aber stülpte das Girl den Glaszylinder darüber und sie brannte ruhig. Das Licht kroch in die Ecken des Raumes und vertrieb die Schatten.
Jesse Farnham schloss die Tür und lehnte sich dagegen. Erwartungsvoll musterte er Louella. Sie stand am Tisch und erwiderte seinen Blick. "Fred und Cole sind tot."
Die Worte fielen wie Hammerschläge.
Jesse Farnham war schlagartig hellwach. Seine Augen verengten sich, seine Lippen wurden schmal. Ehe er aber etwas sagen, ehe er seiner Bestürzung Ausdruck verleihen konnte, fuhr Louella schon fort: "Lance Harding hat die beiden erschossen. Wir befanden uns Im 'Lonesome Rider Saloon' in Lincoln und forderten von Stryker die 1000 Dollar, als Harding in den Inn kam. Er fragte nach den Rindern, Fred und Cole griffen zu den Colts. Schließlich mischte auch noch der Town Marshal mit, und ich konnte gerade noch meinen Abflug bauen."
"Gütiger Gott", entfuhr es Farnham. "Was ist dieser Ron Calder nur für ein Schwein? Erst betrügt er uns um unseren Treiberlohn, dann schickt er uns den schärfsten Bluthund weit und breit auf die Fährte."
Er griff sich an den Kopf, wankte zu einem Stuhl und ließ sich schwer darauf nieder. Er musste es verstandesmäßig erst einmal verarbeiten.