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Dampfmosers dritter Fall – Kommissar Dampfmoser ermittelt: Alpenkrimi 3

von Peter Haberl (Autor:in) Robert Gruber (Autor:in)
©2022 120 Seiten

Zusammenfassung

Dampfmosers dritter Fall – Kommissar Dampfmoser ermittelt

Alpenkrimi 3

Roman von Peter Haberl & Robert Gruber

nach einem Exposé von Robert Gruber
XXX




Wer hat Thomas Oberbichler ermordet? Der Immobilienmakler gilt als seriöser und ehrlicher Mann, doch als zwei seiner Freunde ebenfalls ermordet werden, kommt eine schreckliche Wahrheit aus der Vergangenheit ans Licht. Kommissar Dampfmoser und sein Kollege suchen einen mehrfachen Mörder, der sich gut tarnt.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


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Dampfmosers dritter Fall – Kommissar Dampfmoser ermittelt

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Alpenkrimi 3

Roman von Peter Haberl & Robert Gruber

nach einem Exposé von Robert Gruber

––––––––

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Wer hat Thomas Oberbichler ermordet? Der Immobilienmakler gilt als seriöser und ehrlicher Mann, doch als zwei seiner Freunde ebenfalls ermordet werden, kommt eine schreckliche Wahrheit aus der Vergangenheit ans Licht. Kommissar Dampfmoser und sein Kollege suchen einen mehrfachen Mörder, der sich gut tarnt.

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Copyright

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author

Exposé: Robert Gruber

Robert Gruber ist ein Pseudonym von Alfred Bekker

Kommissar Dampfmoser wurde erfunden von Alfred Bekker

© dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Kriminalhauptkommissar Ludwig Dampfmoser nahm im Büro seines Vorgesetzten Platz. Kriminaldirektor Schrotz machte ein ernstes Gesicht, und schon dadurch war Dampfmoser klar, dass der Anlass dieses Gesprächs ganz sicher nicht erfreulich sein konnte.

Also kein Angebot einer Beförderung zum Beispiel, dachte Dampfmoser. Dass es um einen neuen Fall ging, hielt Dampfmoser für ausgeschlossen. Dann wäre nämlich sein Kollege Roderich Berger mit Sicherheit dabei gewesen. Der saß jetzt allein im Büro.

Kriminaldirektor Schrotz wollte also ausdrücklich unter vier Augen mit Dampfmoser reden.

„Grüß Gott, Herr Dampfmoser“, sagte Schrotz auf eine Art und Weise, die selbst für ihn förmlich wirkte.

Und Schrotz war eigentlich schon ohnehin die Förmlichkeit in Person.

„Servus, Herr Schrotz“, gab Dampfmoser zurück.

„Herr Dampfmoser ... Wie soll ich jetzt anfangen?“

„Am besten immer gleich direkt zur Sache, Herr Schrotz, meinen Sie net?“

Schrotz atmete tief durch.

Ein deutlich hörbares Seufzen war das.

„Genau das ist ja schon das Problem, Herr Dampfmoser.“

„Das verstehe ich jetzt net“, meinte er. „Aber naja, man muss ja auch net alles verstehen.“

„Es liegen hier jetzt einige Beschwerden vor, die sich so angesammelt haben.“

„Beschwerden?“

„Von Kollegen, von Verdächtigen, die von Ihnen befragt wurden, von Behörden, mit denen wir kooperieren müssen, und von Reportern und Lokalpolitikerin, die ein paar Auskünfte von Ihnen wollten ...“

„Beschwerden?“ Dampfmoser runzelte die Stirn.

„Also jetzt mal gleich zur Sache, Herr Dampfmoser: Können Sie nicht vielleicht mal etwas umgänglicher und diplomatischer sein?“

„Ich, Herr Schrotz, ich bin sensibel und rücksichtsvoll, wie jeder weiß, der mit mir zu tun hat.“

„Naja, diese Beschwerden sprechen da eine andere Sprache, Herr Dampfmoser! Eine deutlich andere Sprache!“

„Ich bin die Diplomatie persönlich, Herr Schrotz – aber immer nur, so lange es geht. Und manchmal, da kommt man auf die sanfte Tour einfach net weiter, Herr Schrotz!“

„Herr Dampfmoser, ich habe Ihnen mal ein Fortbildungsseminar herausgesucht.“

„Fortbildung?“

„Ja.“

„Brauch ich net.“

„Aber ...“

„Ich bin lange genug im Dienst, Herr Schrotz. Ich kann alles, und ich weiß alles, was es da zu wissen gibt. Der Mord wird net neu erfunden!“

„Die Fortbildung richtet sich an die Mitarbeiter aller möglichen staatlichen Behörden. Nicht nur an die Polizei. Die dahinterstehende Idee ist, die Menschen, mit denen wir es zu tun haben, als Kunden zu begreifen – und auch so zu behandeln.“

Dampfmosers buschige Augenbrauen zogen sich jetzt so stark zusammen, dass sie sich in der Mitte berührten.

Seine Skepsis war unübersehbar.

„Als Kunden?“, vergewisserte er sich, so als glaubte er, sich verhört zu haben.

„Als Kunden, deren Bedürfnisse wir in unser Kommunikationsverhalten einbeziehen müssen.“

„Und der Kunde ist bekanntlich König!“

„So ist es, Herr Dampfmoser.“

„Also auf Hochdeutsch heißt das: Ich soll in den Verbrechern jetzt Kunden sehen.“

„Herr Dampfmoser ...“

„Als ob ich denen was verkaufen wollte! Stattdessen soll ich mich jetzt von denen für dumm verkaufen lassen?“

„Herr Dampfmoser, das haben Sie jetzt in den falschen Hals gekriegt, würde ich sagen.“

„Nein, das würde ich net sagen!“

„Hier sind die Unterlagen zur Fortbildung, Herr Dampfmoser. Ich habe Sie schon angemeldet.“

„Was?“

„Sehen Sie Ihre Teilnahme als dienstlich angeordnet, Herr Dampfmoser.“

„Und wenn jetzt ein Fall dazwischenkommt?“

„Für die paar Seminarsitzungen ist immer Zeit genug, Herr Dampfmoser.“

Dampfmoser atmete tief durch. Aber richtig Luft machen konnte er sich erst draußen auf dem Flur. „Himmel, Sakra noch einmal!“, donnerte es aus ihm heraus. So laut, dass eigentlich auch Kriminaldirektor Schrotz dies gehört haben musste. 

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Der sechsundfünfzigjährige Thomas Oberbichler trat auf die Terrasse seiner feudalen Villa, die ein ganzes Stück vom Ortsrand entfernt inmitten eines parkähnlichen Gartens errichtet worden war, und blinzelte in das letzte Licht der Sonne, das über die Berge im Westen flutete.

Oberbichler hatte die Abendnachrichten im Wohnzimmer angeschaut. Nun wollte er mit seiner Frau, die noch im Haus zu tun hatte, auf der Terrasse den lauen Abend genießen und ein Glas Wein trinken. Er schien ein problemloses Leben zu führen, der schwerreiche Immobilienmakler, dennoch war er unzufrieden, nachdem er vor einigen Monaten die Geschäftsführung an seinen Sohn Kai übergeben hatte.

Thomas Oberbichler war nämlich der Meinung, dass es ohne ihn im Betrieb nicht lief. Kai hingegen war der festen Überzeugung, dass ihm sein Vater so ziemlich alles beigebracht hatte, was er wissen musste, um in der Branche erfolgreich zu sein.

Die sich ständig wiederholenden, tagtäglichen Anrufe seines Vaters empfand Kai als immens störend, um nicht zu sagen, lästig. Unablässig versuchte ihm sein Vater am Telefon zu erklären, wie dieses oder jenes richtig zu erledigen sei, immerzu hatte der Senior an der Arbeit Kais etwas auszusetzen. Kai war genervt, wenn ihn sein Vater immer wieder mit den gleichen Worten auf sein Unvermögen hinwies, oft drei- bis viermal in derselben Angelegenheit. Der alte Herr hatte die vorhergehenden Anrufe schlicht und einfach vergessen.

Thomas Oberbichler setzte sich in einen der gepolsterten Stühle, die um einen Glastisch herum gruppiert waren, lehnte sich zurück, reckte die Schultern, hob die Arme und legte die flachen Hände gegen den Hinterkopf. Er-folg-reich! Er zerlegte den Begriff in seine Silben. Erfolg war die Voraussetzung, um reich zu sein. Doch ohne Schweiß kein Preis! Den Schweiß vermisste er bei seinem Sohn. Den hatte seiner Meinung nach nur er vergossen.

Außerdem war da noch das verdammte Handicap, das ihn seit mehreren Wochen plagte. Er vergaß viel, erkannte manche Leute nicht mehr mit letzter Sicherheit, und manches Mal hatte er selbst das Gefühl, wirres Zeug zu reden. Dem Rat seiner Frau, einen Arzt aufzusuchen, folgte er nicht, denn er fürchtete eine niederschmetternde Diagnose. Er wollte einfach nichts davon wissen, dass er unter einer Demenz im Anfangsstadium litt, verdrängte es einfach und war davon überzeugt, dass die Krankheit stagnierte, wenn er sie einfach ignorierte.

Der Abendsonnenschein hüllte das Land in gleißendes Licht. Die Blätter an den Bäumen und Büschen, die in dem Garten ausgesprochen üppig wuchsen, zitterten leicht in der lauen Brise, die vom Dorf her wehte. Er hatte damals weit weg von der Stadt sein Haus errichtet, denn er liebte die Idylle zwischen Wäldern, Wiesen, Feldern und Äckern. Thomas Oberbichler war ein Naturmensch und tat viel für den Umweltschutz. Im Dorf und auch in der Stadt wurde er bei den Zeitgenossen, die über sein Engagement Bescheid wussten, als Gutmensch gehandelt.

Seine Frau trat mit einer Flasche Rotwein und zwei Gläsern in den Händen lächelnd durch die Terrassentür und wollte etwas sagen, als ein peitschender Knall durch den Garten stieß. Ihr Mann wurde samt Stuhl umgerissen. Noch zwei– dreimal erklang das Echo des Schusses, bis es mit geisterhaftem Geflüster verebbte.

Thomas Oberbichler hatte keinen Laut von sich gegeben. Reglos lag er auf der Terrasse, die Augen wie im letzten Schrecken seines Lebens weit aufgerissen, das T-Shirt über seiner Brust war zerfetzt und färbte sich rot von seinem Blut.

Wie zur Salzsäule erstarrt stand Kerstin Oberbichler da, einen stupiden Ausdruck der Verständnislosigkeit in den Augen und in den Gesichtszügen, zu keiner Reaktion fähig. Sie sah nicht die über einem dichtbelaubten Busch im lauen Wind zerflatternde Pulverdampfwolke am Rand des Gartens. Sie nahm auch nicht den Schützen wahr, der sich lautlos zurückzog, durch ein Loch im Drahtzaun kroch und im Wald verschwand.

Erst nach einer ganzen Weile stellte sich bei Kerstin Oberbichler das Begreifen ein, und es kam mit einer geradezu schmerzlichen Schärfe. „Thomas!“, brach es fast kreischend über ihre bleichen Lippen. „Gütiger Gott ...“

Sie eilte zu dem Reglosen hin und fiel neben ihm auf die Knie nieder. Ihrem Entsetzen gesellte sich die Verzweiflung hinzu. Mit beiden Händen packte sie ihn an den Schultern und rüttelte ihn. „Sag was, Thomas, mein Gott, sag doch etwas!“

Sie war vollkommen konfus, wusste nicht, wo ihr der Kopf stand.

Thomas Oberbichler war tot. Sein Mund war für immer versiegelt, die gebrochenen Augen starrten ins Leere. Kerstin kam hoch, taumelte und musste sich am Tisch festhalten. Ihr Herz raste und jagte das Blut durch ihre Adern, vor ihren Augen verschwammen die Dinge. Eine den Bruchteil einer Sekunde andauernde Blutleere im Gehirn löste bei ihr Benommenheit aus.

Du musst Kai anrufen, hämmerte eine innere Stimme. Nein, zuerst den Rettungsdienst, und dann Kai. Sie griff sich an die Stirn und versuchte ihre wirbelnden Gedanken zu ordnen und koordiniert vorzugehen. Auf Beinen, die sie kaum zu tragen vermochten, wankte sie zurück ins Haus.

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Es war Freitag, und es ging auf zwanzig Uhr zu. Hauptkommissar Ludwig Dampfmoser hatte um siebzehn Uhr Feierabend gemacht, sich auf dem Nachhauseweg im Gasthaus Zum Bierdümpfl eine Halbe Weißbier genehmigt, zu Hause eine Kleinigkeit gegessen und sich dann auf die Couch in seinem Wohnzimmer gelegt, wo er vor sich hin döste. Der Fernseher lief.

Ludwig versah seinen Job bei der Kriminalpolizei zwar gern, er liebte aber auch die Entspannung und das Nichtstun. Eigentlich war in dem Landstrich, in dem er lebte und arbeitete, inmitten der Berge, umgeben von schier grenzenloser Natur und Ursprünglichkeit, die Welt noch in Ordnung.

Er freute sich auf das Wochenende. Vielleicht ein bisschen angeln gehen, sich die eine oder andere Halbe Weizen genehmigen, am Samstagabend im Bierdümpfl am Stammtisch einen zünftigen Schafskopf klopfen ...

Wenn das elende Diensthandy nicht gewesen wäre. Zunächst einmal musste er sich sammeln, denn das Klingeln hatte ihn ziemlich unsanft aus dem Halbschlaf gerissen. Nachdem der dritte Klingelton verhallt war, schnappte er sich das Mobiltelefon und nahm das Gespräch an. Es war jemand von der Dienststelle, der seine Ruhe störte.

„Servus, Ludwig“, erklang die Stimme des Kollegen vom Bereitschaftsdienst. „Es tut mir leid, aber du musst noch einmal ran heute. Du kennst doch den Thomas Oberbichler?“

„Wer kennt den net, den Immobilienmogul hier im Tal?“, fragte Ludwig. „Was ist mit ihm?“

„Er ist vor einer Stunde erschossen worden.“

„Was?“ Ludwig hielt den Atem an. „Ich hör‘ wohl net recht“, stieß er dann zusammen mit einem Schwall verbrauchter Atemluft hervor. „Wer sollt‘ Interesse dran haben, den Oberbichler vom Leben zum Tod zu befördern? Er war doch gar nimmer aktiv in seinem Job. Das macht doch jetzt der Junior.“

„Du wirst verstehen, Ludwig, dass ich dir diese Frage net beantworten kann. Denn wenn wir wüssten, wer hinter dem Mord steckt, dann würden wir den Täter sicherlich dingfest gemacht haben, und du wärst nimmer gefordert.“

„Schon gut, schon gut“, sagte Ludwig. „Ich hab lediglich laut gedacht. Wo ist der Mord geschehen? Sind die Spurensicherung und die Staatsanwaltschaft schon verständigt? Weiß mein Kollege, der Roderich, Bescheid?“

„Der Oberbichler hat auf der Terrasse seiner Villa gesessen, als ihn der Schuss traf“, antwortete der Kollege. „Seine Frau war Zeugin. Der Täter hatte sich scheinbar im Garten versteckt. Mehr kann ich dir im Moment auch net sagen, Ludwig. Am besten, du setzt dich in dein Auto und fährst zum Tatort. Wo der Oberbichler wohnt, das muss ich dir ja net sagen. – Natürlich sind die Kollegen von der Spurensicherung und die Staatsanwaltschaft verständigt worden. Deinen Kollegen Berger ruf‘ ich jetzt gleich an.“

„Ich mach das schon“, erklärte sich Ludwig bereit. „Ich fahr dann gleich bei ihm vorbei und nehm‘ ihn mit.“

„In Ordnung. Viel Erfolg bei der Suche nach dem Täter, Ludwig.“

„Danke. Es wird sicher net schaden, wenn du mir und dem Roderich die Daumen drückst.“

„Schaden wird‘s net, ob‘s was bringt, ist allerdings fraglich. Servus, Ludwig.“

„Habe die Ehre“, knurrte der Hauptkommissar, dann rief er Kommissar Roderich Berger an und klärte ihn auf. „Feierabend ade“, sagte Ludwig am Ende seines Kurzberichts. „Ich hol‘ dich ab, Roderich, und dann fahren wir gemeinsam zur Villa Oberbichlers.“

„Das Verbrechen kennt halt keinen Feierabend und kein Wochenende“, gab Roderich zu verstehen. „Okay, Ludwig, ich wart‘ auf dich.“

„Bis dann“, brummte der Hauptkommissar, dann beendete er das Gespräch. Eine Viertelstunde später hielt er sein Auto vor Roderichs Wohnung an, der Kollege stieg zu, und weitere zwanzig Minuten später erreichten sie die Villa Oberbichler. Einige Dienstfahrzeuge der Polizei parkten vor dem riesigen Grundstück, da waren auch der Kastenwagen der Spurensicherung und eine Ambulanz sowie der Pkw des Notarztes.

„Wir sind scheinbar die letzten, die am Tatort ankommen“, murmelte Roderich.

„Wahrscheinlich hat man uns auch zuletzt verständigt“, rechtfertigte Ludwig ihr spätes Kommen. „Außerdem sind wir eh außen vor, solang die Kollegen von der Spurensicherung am Werk sind.“

„Das ist auch wieder wahr“, pflichtete Roderich dem Hauptkommissar bei. „Also stürzen wir uns ins Getümmel.“

Im Garten waren einige Kollegen in weißen, sterilen Einwegoveralls auszumachen. Auf der Terrasse trafen die beiden Kripobeamten den Notarzt, zwei Sanitäter sowie zwei Kollegen in den weißen Schutzanzügen der Spurensicherer. Auch ein Vertreter der Staatsanwaltschaft war anwesend, außerdem die bleiche Gattin des Ermordeten und sein Sohn Kai, der nur fünf Gehminuten entfernt einen eigenen Bungalow besaß.

Der Tote lag noch auf der Terrasse. Mit Kreide war seine Kontur nachgezeichnet worden. Roderich verzog das Gesicht, als er den Blick auf die von einer Schrotladung zerfetzte Brust des Getöteten warf. Es war in der Tat kein schöner Anblick.

Der Staatsanwalt wandte sich Ludwig und Roderich zu. „Wie es ausschaut“, sagte er, „wurde er mit einem Jagdgewehr erschossen. Er hat die Schrotladung in die Brust bekommen. Nach ersten Erkenntnissen hat sich der Täter dort hinten ...“, der Staatsanwalt wies in eine bestimmte Richtung, „... verborgen gehabt. Da haben die Leute von der Spurensicherung ein Loch im Zaun gefunden, und das Gras ist an einer Stelle zwischen dem Buschwerk niedergetreten.“

„Hat schon jemand mit Frau Oberbichler und dem Sohn des Ermordeten gesprochen?“, erkundigte sich Ludwig.

„Die Frau kam gerade aus dem Haus, als der Schuss fiel. Ihr Mann kippte samt Stuhl um. Frau Oberbichler war, wie Sie sich denken können, schockiert und wie gelähmt. Sie hat dann, nachdem sie feststellen musste, dass ihr Mann kein Lebenszeichen mehr von sich gab, den Rettungsdienst und ihren Sohn verständigt. Der Notarzt konnte allerdings nur noch den Tod feststellen. Tatzeitpunkt war viertel sieben Uhr.“

„So richtig ausgefragt hat sie also noch niemand“, konstatierte der Hauptkommissar. „Und den Sohn hat auch noch niemand gesprochen. Nun, wir werden das unverzüglich nachholen. Es ist net auszuschließen, dass die Frau eine Beobachtung gemacht hat, die uns vielleicht weiterhilft.“

„Ich hab den Leichnam beschlagnahmt“, erklärte der Staatsanwalt. „Er wird in die Gerichtsmedizin überführt und obduziert. Einen Bestatter haben wir bereits informiert. Er wird den Toten abholen.“

„Sehr gut“, lobte Ludwig, dann ging er zur Gattin des Getöteten und dessen Sohn hin. Kerstin Oberbichler war krankhaft bleich, ihre Augen waren gerötet und verquollen. Sie saß in einem der gepolsterten Gartenstühle und beobachtete, was sich im Garten und auf der Terrasse abspielte. Dabei mutete sie völlig geistesabwesend an. Wahrscheinlich versuchte sie immer noch zu begreifen, dass ihr Mann auf gewaltsame Weise aus dem Leben gerissen worden war.

Kai Oberbichler, der seinem Vater sehr ähnlich sah, schien das Geschehene ebenfalls noch nicht verarbeitet zu haben. Er schaute den Hauptkommissar an wie einer, der aus dem Tiefschlaf erwacht, als dieser ihn ansprach: „Entschuldigen S‘, Herr Oberbichler. Ich bin Hauptkommissar Dampfmoser von der Mordkommission. Können wir Sie und Ihre Frau Mutter kurz sprechen?“

Es dauerte eine Weile, bis die Frage bei Kai Oberbichler durch war. Dann nickte er. „Bitte, wir stehen Ihnen zur Verfügung. Nehmen Sie aber ein bisschen Rücksicht auf meine Mutter. Sie kann es noch immer net so recht begreifen ...“

„Natürlich“, erklärte der Hauptkommissar. „Hier ist aber net der richtige Ort für unser Gespräch. Drum würd‘ ich sagen, wir gehen ins Haus ...“

Kai nickte, beugte sich zu seiner Mutter hinunter und sagte leise: „Die Herren von der Kripo wollen mit uns beiden reden. Komm, Mama, wir gehen hinein. Ich helf‘ dir.“

Er stützte seine Mutter, geleitete sie durch die Terrassentür ins Wohnzimmer und wartete, bis sie sich gesetzt hatte, dann bot er Ludwig und Roderich Plätze zum Sitzen an und ließ sich selbst auch nieder. „Es – es ist furchtbar“, stöhnte er. „Wer kann meinen armen, kranken Vater so sehr gehasst haben, dass er net davor zurückgescheut ist, ihn aus dem Hinterhalt zu ermorden?“

Er schlug die Hände vor das Gesicht, und seine Schultern zuckten, als würde er weinen.

Fast ein bissel zu theatralisch, sinnierte Ludwig. Ich will ihm aber nix unterstellen. Möglicherweise ist er wirklich so sensibel.

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Sie warteten, bis Kai nach einiger Zeit seine Hände wieder sinken ließ. Seine Augen waren tatsächlich feucht.

„Tja, wenn wir das wüssten“, ging Roderich, der bisher noch kein Wort gesprochen hatte, nunmehr auf Kais Frage ein. „Das könnt‘ uns womöglich einen Haufen Ermittlungsarbeit ersparen.“

Ludwig nickte und sagte: „Ihre Äußerung von eben sagt mir, Herr Oberbichler, dass Sie keinen Verdacht haben.“ Während er sprach, ließ er den Sohn des Ermordeten nicht aus den Augen. Dampfmoser sagte sich, dass der Mord, nachdem kein Raubmord vorlag, eventuell auf familiäre Probleme zurückzuführen war. Daher achtete er sehr auf Körpersprache. Sie konnte oftmals recht ausdrucksstark sein. Abgesehen davon, dass Kai nach dem Mord an seinem Vater nervlich stark in Anspruch genommen war, zeigte er jedoch keine Anzeichen von Nervosität oder Unsicherheit.

Er schüttelte den Kopf. „Nein. Ich könnt‘ Ihnen net sagen, ob er einen Feind hatte. Wenn ihn jemand bedroht hätt‘, dann glaub‘ ich net, dass er das mir oder der Mama gegenüber verheimlicht hätt‘. Im Gegenteil! Er würd‘ jeden, der ihm gedroht hätt‘, wahrscheinlich sofort angezeigt haben. Der Papa war ziemlich unduldsam und konnt‘ recht ungemütlich werden, wenn ihm jemand ungerechtfertigterweise gegen die Karre fahren wollte.“

„Sie wissen auch nix, Frau Oberbichler?“, fragte Ludwig. „Ich mein‘, ob‘s jemand gibt, der Ihrem Mann net wohlgesinnt war.“

„Ich – ich hab keine Ahnung“, kam es lahm über die Lippen der Dreiundfünfzigjährigen. „Der Thomas hat jedenfalls nie erwähnt, dass er in Gefahr wär‘ oder dass er einen Feind hat.“

„Hatte er Freunde?“, fragte Roderich. „Vielleicht haben sie den einen oder anderen Tipp für uns.“

„Er hat sich fast jeden Freitag mit drei alten Freunden zum Schafskopf getroffen“, murmelte Kerstin. „Und zwar mit dem Bernd Dübner, der hat zwei oder drei Taxis laufen, dem Peter Reininger, der einen Kiosk betreibt, und dem Markus Drehwinkel, einem Bauunternehmer in der Nachbargemeinde.“

Roderich holte einen Notizblock und einen Kugelschreiber aus der Innentasche seiner leichten Sommerjacke und schrieb die Namen auf. „Können S‘ mir auch die Adressen der drei Herren nennen?“, fragte er.

Kerstin schüttelte den Kopf. „Nein.“

„Wir werden sie auch so ausfindig machen“, erklärte Ludwig und heftete den Blick auf Kai Oberbichler. „Sie haben vorhin angedeutet, dass Ihr Vater krank war. An was für einer Krankheit hat er denn gelitten?“

„Er ist langsam aber sicher dement geworden. Die Krankheit befand sich zwar erst im Anfangsstadium, doch sie war nimmer zu verleugnen. Er hat einige Dinge vergessen, andere Sachen hat er drei- und viermal erzählt, oft redete er auch wirres Zeug. Die Krankheit trat schubweise auf. Das war ja auch der Grund, aus dem er mir die Geschäftsführung in der Immobilienfirma übertragen hat. Er hätte andernfalls doch mit Mitte fünfzig niemals das Zepter aus der Hand gegeben.“

„Interessant“, murmelte der Hauptkommissar. „Er hat die Geschäfte somit mehr oder weniger gezwungenermaßen an Sie übergeben“, konstatierte er dann.

„Aus gesundheitlichen Gründen“, betonte Kai.

„Sicher“, versetzte Ludwig. „Die Demenz hat der Teufel erschaffen. Derjenige, den sie befällt, der ist net zu beneiden. – Ziehen S‘ jetzt bitte keine falschen Schlüsse, Herr Oberbichler, wenn wir Ihnen ein paar Routinefragen stellen.“

Kais Gesichtszüge drohten für einen Moment zu entgleisen. „Routinefragen?“, echote er fast ein wenig hysterisch. „Ich steh‘ doch net etwa im Verdacht, meinen eigenen Vater ...“

Seine Stimme versagte, als weigerten sich seine Stimmbänder, das Ungeheuerliche auszusprechen. Entsetzt starrte er den Hauptkommissar an.

„Wir müssen jeden aus dem unmittelbaren Umfeld des Getöteten befragen“, erklärte Ludwig mit ruhiger Stimme. „Sie, Ihre Mutter, seine Freunde, die Bedienung in dem Wirtshaus, in dem sich Ihr Vater zum Schafskopf mit seinen Freunden getroffen hat ... Einfach jeden, der in irgendeinem Zusammenhang mit ihrem Vater stand. – Eigentlich sind es nur zwei Fragen, Herr Oberbichler, die ich habe.“

„Wenn‘s sein muss, dann fragen S‘“, brummte Kai.

„Wo waren S‘ um neunzehn Uhr?“, erkundigte sich Ludwig.

„Daheim. Mein Haus liegt ungefähr einen halben Kilometer von hier entfernt.“

„Kann das jemand bestätigen?“, fragte Roderich.

„Ich leb‘ alleine“, antwortete Kai.

Details

Seiten
Jahr
2022
ISBN (ePUB)
9783738966596
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2022 (Oktober)
Schlagworte
dampfmosers fall kommissar dampfmoser alpenkrimi

Autoren

  • Peter Haberl (Autor:in)

  • Robert Gruber (Autor:in)

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