Zusammenfassung
Der Umfang dieses Ebook entspricht 154 Taschenbuchseiten.
Dieses Ebook beinhaltet folgende Teile:
Teil 4: Godwin bei den Ansibarii
Teil 5: Godwin und der unversöhnliche Fürst
Teil 6: Godwin und Richwin, der Wolf
Und wieder trennte die Klinge den Kopf des Angreifers vom Körper. Godwins Schwert wirbelte, der Fürstensohn sprang Mutbrecht bei, der von zwei der schrecklichen Gestalten bedrängt wurde und verschaffte ihm Luft, indem er einem der Maiaten den Schädel spaltete.
Godwin und seine Gefährten waren von den Pferden gesprungen, um beweglicher zu sein. Sie kämpften verbissen und führten ihre Waffen mit tödlicher Präzision, jeder Hieb mit dem Schwert oder jeder Lanzenstoß Gaidemars tötete einen Angreifer, schwarzes Blut quoll aus den klaffenden Wunden und versickerte im Waldboden.
Es ging ums nackte Überleben, niemand bat um Gnade, Erbarmungslosigkeit und kompromisslose Härte lenkte beide Seiten.
Das Nerven zermürbende Johlen und Kreischen verklang, als die letzte der Kreaturen tot zu Boden sank. Die Gefährten ließen die Waffen sinken. Der Geruch von Verwesung und Fäulnis hing in der Luft, und er ging von den toten Maiaten aus. Nun hatte Godwin Zeit, sich diese Geschöpfe näher anzusehen. Von ihrem Erscheinungsbild her glichen sie eher Dämonen als Menschen.
Trautwin trat neben Godwin und sagte schwer atmend: "Sieht so aus, als würde es stimmen, was man sich von den Maiaten erzählt. Sie sind nicht von dieser Welt."
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Die Schwertchronik von Godwin 2: Fürst der Klingen
Published by Cassiopeiapress Extra Edition, 2022.
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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
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Die Schwertchronik von Godwin 2: Fürst der Klingen
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von Pete Hackett
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Der Umfang dieses Ebook entspricht 154 Taschenbuchseiten.
Dieses Ebook beinhaltet folgende Teile:
Teil 4: Godwin bei den Ansibarii
Teil 5: Godwin und der unversöhnliche Fürst
Teil 6: Godwin und Richwin, der Wolf
Godwin bei den Ansibarii – Teil 4
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Und wieder trennte die Klinge den Kopf des Angreifers vom Körper. Godwins Schwert wirbelte, der Fürstensohn sprang Mutbrecht bei, der von zwei der schrecklichen Gestalten bedrängt wurde und verschaffte ihm Luft, indem er einem der Maiaten den Schädel spaltete.
Godwin und seine Gefährten waren von den Pferden gesprungen, um beweglicher zu sein. Sie kämpften verbissen und führten ihre Waffen mit tödlicher Präzision, jeder Hieb mit dem Schwert oder jeder Lanzenstoß Gaidemars tötete einen Angreifer, schwarzes Blut quoll aus den klaffenden Wunden und versickerte im Waldboden.
Es ging ums nackte Überleben, niemand bat um Gnade, Erbarmungslosigkeit und kompromisslose Härte lenkte beide Seiten.
Das Nerven zermürbende Johlen und Kreischen verklang, als die letzte der Kreaturen tot zu Boden sank. Die Gefährten ließen die Waffen sinken. Der Geruch von Verwesung und Fäulnis hing in der Luft, und er ging von den toten Maiaten aus. Nun hatte Godwin Zeit, sich diese Geschöpfe näher anzusehen. Von ihrem Erscheinungsbild her glichen sie eher Dämonen als Menschen.
Trautwin trat neben Godwin und sagte schwer atmend: „Sieht so aus, als würde es stimmen, was man sich von den Maiaten erzählt. Sie sind nicht von dieser Welt.“
Mutbrecht, der ebenfalls hinzugetreten war, stieß hervor: „Einst sollen sie die Unterwelt bevölkert haben, aber von dort wurden sie vertrieben und dazu verdammt, ein Dasein auf Erden zu führen. Sie sind böse – und wenn wir die Heboniter besiegt haben, sollten wir mit einem großen Heer hierher ziehen und diese Kreaturen vernichten.“
„Das ist zu überlegen“, murmelte Godwin. „Im Moment aber ist mir nur eines wichtig – nämlich Landogar aus ihrer Gewalt zu befreien. Also halten wir uns nicht länger auf hier.“
Sie liefen zu ihren Pferden, rissen sich in die Sättel und spornten die Tiere an. Die Spur, die die Maiaten mit ihrem Gefangenen hinterlassen hatten, war deutlich auszumachen; abgeknickte Zweige und aufgewühltes Laub am Boden wiesen den Gefährten den Weg.
Aber der Wald wurde immer dichter und unwegsamer und die Dunkelheit unter den Bäumen nahm zu, und bald konnten sie die Tiere nur noch im Schritttempo gehen lassen, um nicht von tiefhängenden Ästen aus dem Sattel gestreift zu werden.
Plötzlich erklang ein Ohren betäubendes Brüllen, wie sie es in der Nacht schon einmal vernommen hatten, und sie rissen hart an den Zügeln, um die Pferde zum Stehen zu bringen. Die Tiere prusteten und scharten erregt mit den Hufen, traten auf der Stelle und die Reiter pressten ihnen mit hartem Schenkeldruck die Luft aus den Lungen, um sie zur Ruhe zu zwingen. Die Schwerter flirrten aus den Scheiden, Gaidemar nahm seine Lanze zur Hand, Trautwin wollte etwas sagen, aber kaum, dass er den Mund öffnete, brüllte das Untier, das nicht weit entfernt sein konnte, erneut und noch bedrohlicher als eben. Die Worte blieben ihm gewissermaßen im Hals stecken.
„Verteilt euch!“, kommandierte Godwin. „Und ...“
Wieder stieß das Gebrüll durch den Wald und es mutete beängstigend nahe an. Die Krieger trieben die Pferde auseinander und nahmen die Tiere hart in die Kandare. Ohne Pferde wären sie aufgeschmissen gewesen, es hätte unweigerlich das Ende ihrer Mission bedeutet. Und es würde ihnen ergehen wie allen, die vor ihnen das Land der Maiaten betreten hatten – sie würden elend zugrunde gehen.
Sie verschwanden zwischen den Baumstämmen und hinter dichten Sträuchern. Godwin hielt die Zügel mit der linken kurz und straff, fest hatte er die Oberschenkel am Leib des Pferdes angelegt, das Schwert lag quer über dem Mähnenkamm des Tieres, Godwins Rechte umklammerte den Griff.
Die Nerven des Fürstensohnes waren zum Zerreißen angespannt, dumpf pochte das Herz in seiner Brust, jeder seiner Sinne war auf die unmittelbare, tödliche Gefahr eingestellt, und die Entschlossenheit, sich durch nichts und niemand aufhalten zu lassen, prägte jeden Zug in seinen versteinert anmutenden Zügen.
Trockenes Knacken und Brechen und Rascheln von Laub war zu hören, bald gesellte sich rasselndes Schnauben und Prusten hinzu, noch zweimal brüllte das Ungeheuer und dann schälte es sich aus der Dunkelheit unter den Bäumen.
Es war eine Echse, die allerdings fast die Größe eines Pferdes erreichte, ein riesiges Reptil, dessen Schuppenpanzer von grüner und brauner Farbe war, das gelbe Augen besaß und dessen Kopf dem eines Krokodils ausgesprochen ähnlich war. Als es jetzt wieder mit weit aufgerissenem Maul brüllte, konnte man die riesigen Zähne sehen, und sicher konnte dieser Fang mit einem einzigen Biss einen ausgewachsenen Ochsen töten.
Jetzt hielt die Echse an, richtete sich auf, stand auf den muskulösen Hinterbeinen und der hornige Schwanz peitschte über den Boden, der Kopf schwenkte nach links, dann nach rechts, und Godwin konnte sehen, dass sich die Nüstern des Untiers mit den großen Nasenlöchern bewegten, als versuchte es, eine Witterung aufzunehmen.
Von der Bestie ging eine tödliche Gefahr aus.
Nur ein Mann mit eisernen Nerven konnte bei ihrem Anblick die Nerven bewahren.
Das ist ein Drache!, durchfuhr es Godwin und sein Herz schlug schneller. Aber Drachen gibt es doch nur in den Sagen und Legenden, die aus grauer Vorzeit überliefert sind!, brüllte alles in ihm. Bei den Göttern, was ist das für ein Wesen?
Er war sekundenlang wie gelähmt, fasziniert von dem Anblick, den die Riesenechse bot. Jetzt riss sie wieder das Maul zu einem urwelthaften Brüllen auf, dann schlugen die Zähne krachend zusammen und Godwin sah den Geifer von den Lefzen der Bestie tropfen. Und er schüttelte seine Erstarrung ab, eine wilde Entschlossenheit überwältigte ihn und er brüllte: „Auf das Ungeheuer! Tötet es – sonst tötet es uns!“
Er spornte sein Pferd an, nahm das Schwert mit beiden Händen und lenkte das Ross mit den Oberschenkeln. Aus dem Gebüsch ringsum brachen seine Gefährten; ohne einen Laut von sich zu geben, die Gesichter verkrampft, die Lippen in der Anspannung verzogen, besessen von einer geradezu selbstmörderischen Leidenschaft.
Und dann droschen und stachen sie von vier Seiten auf das Untier ein, das jetzt wie von Sinnen mit dem Schwanz peitschte, mit dem Kopf mal in diese und im nächsten Moment in die andere Richtung stieß und versuchte, einen der Gegner zwischen den mörderischen Fang zu bekommen.
Aber die drei Harier und der junge Westheruler kämpften mit klarem Verstand, und es gelang ihnen, jedem Angriff der Echse auszuweichen. Und der Funke der Entschlossenheit schien sogar auf die Pferde übergesprungen zu sein, dann die Tiere zeigten keine Angst vor der Bestie und reagierte nahezu selbständig auf die verzweifelten Attacken des riesenhaften Reptils.
Godwin rammte sein Schwert in eines der gelben Augen und sofort spritzte eine gallertartige Masse aus der klaffenden Wunde. Das Untier brüllte und tobte, warf sich herum, schlug mit dem Schwanz Äste und Zweige von den Bäumen, riss mit seinen gefährlichen Krallen den Waldboden auf und fiel wieder auf seine vier Beine zurück. Aus den schrecklichen Wunden, die die Krieger der Echse zugefügt hatten, quoll und pulsierte dunkles Blut.
„Nicht locker lassen!“, brüllte Godwin und seine Stimme überschlug sich. Ihm war klar, dass von dem Ungeheuer so lange eine tödliche Gefahr ausging, so lange noch ein Funke Leben in ihm war.
Und die Kraft des Untiers erlahmte nur langsam. Doch die Bewegungen wurden irgendwann schwerfälliger, das Brüllen klang gequält und erschöpft, der Schwanz zuckte nur noch und die Echse schien Mühe zu haben, den Kopf zu drehen.
Gaidemar sprang auf den Rücken der Bestie und rammte ihr die Lanze tief in den Nacken. Das Reptil warf den Kopf hoch, das Maul klaffte weit auf, eine rote Zunge zuckte zwischen den Zähnen, im nächsten Moment fiel der Kopf wieder nach vorn. Gaidemar rammte die Lanze ein weiteres Mal in das Genick der Echse. Ihr entrang sich ein letztes, jäh versiegendes Röcheln und dann lag sie still.
Der Rausch, der die vier Krieger befallen hatte, wich nach und nach der Ernüchterung, Herzschlag und Atmung normalisierten sich und das Begreifen, dass sie die Bestie besiegt hatten, kam mit aller Macht. Gaidemar war wieder auf sein Pferd gestiegen. Jetzt sagte er: „War das Wesen, das uns in der Nacht angegriffen hat, von derselben Spezies?“
„Was ist das für ein Tier?“, entrang es sich Trautwin. „So etwas habe ich noch nie in meinem Leben gesehen. Bären und Wölfe – ja. Aber so etwas ... Ich denke, es handelt sich um ein Relikt aus einer Zeit, die außerhalb dieses von den Göttern verfluchten Landstrichs längst der Vergessenheit angehört.“
„Wir sollten nicht länger drüber nachdenken“, so holte Godwin seine Kameraden aus dem Grübeln. „Die Maiaten haben mit Landogar sicher einen gehörigen Vorsprung gewonnen. Beeilen wir uns.“
„Wir sollten aber nicht vergessen, die nötige Vorsicht walten zu lassen“, mahnte Mutbrecht. „Von diesen Wesen gibt es gewiss noch mehr in diesem Wald, und die Kreaturen, in deren Gewalt sich Landogar befindet, dürfen auch nicht auf die leichte Schulter genommen werden.“
Nach einem letzten Blick auf das tote Untier trieben die Gefährten die Pferde an und folgten der deutlichen Spur, die die Maiaten hinterlassen hatten. Die Stunden verstrichen und den vier Kriegern gelang es nicht, die Kreaturen einzuholen. Diese mussten sich mit einer Schnelligkeit bewegen, die schon nicht mehr natürlich anmutete. Die Besorgnis in Godwin, dass sie einem Phantom hinterherjagten, das für sie überhaupt nicht greifbar war, wurde immer größer und ließ bald keinen anderen Gedanken mehr zu.
Gaidemars aufgeregte Stimme erklang: „Habt ihr das auch gesehen? Dort, zwischen den Bäumen – eine huschende Gestalt. Ich bin mir ganz sicher.“
Die fielen den Pferden in die Zügel, die Tiere drängten gegeneinander, schnaubten, prusteten und Trautwins Tier ließ ein schrilles Wiehern hören, das schon nach wenigen Schritten von der Düsternis des Waldes geschluckt zu werden schien.
Gaidemars linke Hand wies zu der Stelle, an der er den Schemen wahrgenommen zu haben glaubte, Godwin, Trautwin und Mutbrecht bohrten ihre Blicke in das Halbdunkel und strengten die Augen dermaßen an, dass sie zu brennen begannen.
Das Knacken eines Astes drang an ihr Gehör und ließ die Krieger, die absolut konzentriert waren, zusammenzucken. Godwins Kopf fuhr halb herum, als er aus den Augenwinkeln ebenfalls eine huschende Bewegung zwischen den Bäumen wahrzunehmen glaubte. Er konnte jedoch nichts erkennen und murmelte: „Es sind wahrscheinlich unsere Nerven. Wir dürfen uns nicht selbst verrückt machen. Ihr habt es selbst gesehen: Weder an den Maiaten noch an den Bestien dieses Waldes ist etwas Übernatürliches. Es sind Wesen aus Fleisch und Blut, wie wir auch, und - wir sind stärker ...“
Er wollte Mut machen, Zuversicht verleihen.
„Da, wieder!“, blaffte Gaidemar und seine linke Hand zuckte ein Stück weiter, jäh drosch er seinem Pferd die Fersen in die Seiten und das Tier streckte sich.
„Zurück, Gaidemar!“, brüllte Godwin, aber der junge Westheruler schien nicht zu hören – vielleicht wollte er auch nicht hören, denn er trieb sein Pferd noch rücksichtsloser an und stob, den Oberkörper weit nach vorn gebeugt, zwischen den Bäumen dahin.
„Ihm nach!“, schrie Godwin. „Wir dürfen uns nicht trennen!“ Mit einem harten Schenkeldruck setzte er sein Ross in Bewegung, und glaubte im selben Moment wieder einen huschenden Schemen zwischen den Eichen und Buchen wahrzunehmen. Im nächsten Moment wurde er vom Pferderücken gerissen, als hätte ihn die Faust eines Gottes getroffen. Sein Pferd überschlug sich am Boden und wieherte entsetzt. Voll Panik, weil er erwartete, dass sich in den nächsten Sekundenbruchteilen eine ganze Horde von Maiaten auf ihn stürzte, sprang Godwin auf die Beine. Auch sein Pferd schaffte es nach einigen Mühen, hochzukommen. Der erwartete Angriff blieb jedoch aus und der Fürstensohn sah die Luftwurzel, über die das Pferd gestolpert war.
Trautwin und Mutbrecht kamen bei Gaidemar an, zerrten ihre Pferde herum und starrte in Godwins Richtung. Der Fürstensohn reckte die Schultern und ging zu seinem Pferd, um wieder aufzusitzen, doch das verstörte Tier wich scheuend zurück. Und jetzt, da sich die immense Anspannung in Godwin löste, spürte er auch den Schmerz in der Hüfte; er durchfuhr ihn wie eine glühende Klinge und er staute den Atem. Hatte er sich beim Sturz vom Pferd die Hüfte gebrochen? Sein linkes Bein wollte ihn kaum noch tragen, knickte ein und er brach auf das Knie nieder, ein Schwall verbrauchter Atemluft verließ seine Lungen und ein gequältes Stöhnen brach sich Bahn aus seiner Kehle.
Und er sah linker Hand wieder eine huschende, schattenhafte Gestalt, die sich – ehe sie hinter einem der dicken Baumstämme verschwand – zu ihm herumdrehte und ihn anstarrte; weißlich-gelbe Augen ohne die Spur von Leben und dennoch voll tödlicher Drohung.
„Da ist einer!“, krächzte Godwin und wies in die Richtung, wo der Maiate soeben hinter dem Baum verschwand. Unter Aufbietung allen Willens drückte er sich hoch und sah seine Gefährten schnell näherkommen, die Augen in ständiger Bewegung, unablässig um sich sichernd. Als sie bei ihm angelangt waren, stieß Gaidemar hervor: „Sie sind da, sie lassen uns nicht aus den Augen, und sie müssen die Fähigkeit besitzen, sich in Luft aufzulösen. Ich habe die Kreatur gesehen und bin ihr gefolgt, sie ist hinter dem Baum, hinter dem sie verschwand, nicht mehr hervorgekommen – und dennoch war sie nicht mehr da. Wir haben es nicht mit Lebewesen aus Fleisch und Blut zu tun. Ich denke, die Maiaten sind die Waldgeister.“
„Das glaube ich nicht“, versetzte Godwin und seine Stimme klang gepresst. „Wir haben viele von ihnen getötet, und wären sie Geisteswesen, hätten wir ihnen mit unseren Waffen sicherlich nichts anhaben können. Nein, die Waldgeister haben wir in der vergangenen Nacht erlebt; es sind die Irrwische, und wenn wir nicht auf sie achten, können sie uns auch nichts anhaben.“
„Und die scheußlichen Ungeheuer, von denen wir eines unschädlich machen konnten -“, kam es fragend von Trautwin, „- sind sie und die Maiaten miteinander verbündet, oder müssen die Maiaten diese Bestien fürchten?“
„Ich weiß es nicht“, knurrte Godwin, der sich mit der Frage angesprochen fühlte. „Vielleicht haben sie einen Weg gefunden, wie sie in diesem Wald in friedlicher Nachbarschaft miteinander leben können, vielleicht bekämpfen sie sich auch. Das Gebiet ist unendlich weit, und man kann sich aus dem Weg gehen.“
„Wenn sie da sind“, murmelte Mutbrecht und ließ den wachsamen Blick schweifen, „warum greifen sie uns nicht an?“
„Ich kann dir auch diese Frage nicht beantworten“, erklärte Godwin etwas gereizt, denn er fühlte sich mit den Fragen seiner Begleiter irgendwie überfordert. „Ich weiß nicht mehr als ihr, die Maiaten kenne ich nur vom Hörensagen, und dass in ihrem Land Waldgeister und wilde, reißende Bestien ihr Unwesen treiben sollen, kenne ich nur aus Erzählungen, Legenden und Sagen. Noch niemand ist aus ihrem Land zurückgekehrt, um über sie berichten zu können.“
„Wahrscheinlich fürchten sie uns“, meinte Trautwin und zuckte mit den Achseln. „Also setzen wir unseren Weg fort, und hoffen wir, dass sie unseren Freund Landogar noch nicht massakriert haben.“
Das Aufsitzen bereitete Godwin Mühe, stechender Schmerz von seiner Hüfte pulsierte bis unter seine Hirnschale und wurde immer unerträglicher. Er schwitzte, biss die Zähne zusammen und schickte ein Stoßgebet zu den Göttern, dass die Hüfte nur geprellt und nicht gebrochen war und der Schmerz bald wieder nachließ.
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Über den Baumkronen senkte sich die Abenddämmerung auf das Land, im Wald war es aber fast schon finster. Nur noch mit Mühe waren die Stämme der Bäume auszumachen, und der Wald selbst war, je weiter sie in ihn eingedrungen waren, verwilderter, unwegsamer und strapaziöser geworden.
„In kürzester Zeit wird es dermaßen finster sein“, sagte Godwin, „dass wir uns gegenseitig nicht mehr sehen können. Ich schlage vor, dass wir lagern und den Morgen abwarten.“
„Dafür bin ich auch“, pflichtete Trautwin bei.
„Mir kommt das alles ausgesprochen seltsam vor“, murmelte Mutbrecht. Sie hatten die Pferde angehalten, das leise, kaum wahrnehmbare Pochen der Hufe war verstummt.
„Was meinst du?“, fragte Godwin.
„Die deutliche Spur, der wir folgen, die Maiaten, die ständig um uns herumschleichen, dass es uns nicht möglich ist, den Trupp einzuholen, in dessen Händen sich Landogar befindet.“
„Darüber habe ich mir auch schon den Kopf zerbrochen“, erklärte Godwin und schwang sich vom Pferd. „Und mehr und mehr verdichtet sich in mir der Verdacht, dass wir einer falschen Spur folgen. Sie wurde gelegt, um uns in die Irre zu führen, und irgendwo lauern vielleicht hunderte von diesen Kreaturen, um uns niederzumetzeln.“
„Warum hast du nicht schon viel früher diese Vermutung geäußert?“, fragte Gaidemar und es klang ärgerlich.
„Ich bin mir alles andere als sicher“, versetzte Godwin und hörte auch seine Gefährten von den Pferden steigen. „Wir müssen den Pferden die Vorderbeine fesseln“, gebot er. „In diesem Wald wimmelt es vor Erscheinungen, die die Tiere in Panik versetzen können. Und die Pferde dürfen wir auf keinen Fall verlieren. Es wäre unser Ende.“
„Wir müssen eines der scheußlichen Wesen in unsere Gewalt bringen und es ausquetschen!“, stieß Gaidemar hervor. „Denn eines ist sicher – es sind Lebewesen aus Fleisch und Blut und sie spüren Schmerzen. Und wenn wir dem Gefangenen genügend Schmerzen zufügen, wird er den Mund aufmachen und uns verraten, wo wir Landogar finden.“
„Ich glaube kaum, dass sie unsere Sprache sprechen“, verlieh Trautwin seinen Zweifeln Ausdruck.
„Er wird uns verstehen“, versicherte Gaidemar mit klirrender Stimme. „Es gibt Mittel und Wege ...“
Das Gespräch endete, die Gefährten banden den Pferden die Vorbeine zusammen, sodass sie nur kleine Schritte machen konnten und leinten sie an dicken Ästen fest, die stark genug waren, jedem noch so kraftvollen Zug der Tiere standzuhalten.
Zwischen den Bäumen begannen wieder die Lichter zu flackern, die den vier Kriegern verrieten, dass die Irrwische wieder ihr irritierendes Werk begonnen hatten. Mal kamen die zuckenden Lichter ganz nahe, dann glaubten die Gefährten auch schattenhafte Bewegungen in der Finsternis zwischen den Bäumen wahrnehmen zu können und sie vernahmen leises Raunen, Flüstern und Murmeln, und in jedem von ihnen entstand der Drang, einem der Lichter zu folgen und das Wesen, das es produzierte, unschädlich zu machen.
Es war wie ein innerer Zwang, der sie befallen hatte, und dem sie nur mit Mühe und einem eisernen Willen widerstehen konnten. In jedem von ihnen stritten sich Gefühl und Verstand. Das Gefühl sagte ihnen, dass sie die Irrwische vertreiben sollten, um sich von dem unsichtbaren Drang freizumachen, der ihnen gefährlich werden und vielleicht sogar zu ihrer Vernichtung führen konnte. Der Verstand hingegen hämmerte ihnen ein, zusammenzubleiben und die Irrlichter rundherum einfach zu ignorieren.
Jeder von ihnen spürte Beklemmung in sich, vielleicht sogar Angst – nüchterne, logische Angst -, weil sie die Vorgänge um sich herum nicht einzuschätzen vermochten, denn keiner ihrer Feinde in diesem Land war berechenbar, und der Feinde waren es sehr, sehr viele.
Sie wagten kaum noch zu atmen, und selbst die Pferde unterließen es, zu prusten oder gar zu wiehern.
„Wir hätten dieses von den Göttern verfluchte Land umgehen sollen“, flüsterte Gaidemar. „Als wir es betraten, sind wir sehenden Auges in unser Verderben gerannt.“
„Noch leben wir, und solange ich lebe, gebe ich die Hoffnung nicht auf, das Land der Maiaten wieder heil und ungeschoren zu verlassen.“ Godwin sprach es mit fester Stimme, und er hoffte, seine Kameraden aufmuntern und motivieren zu können.
Trautwin seufzte.
Mutbrecht räusperte sich nur.
Keiner schien Godwins Zuversicht zu teilen.
Irgendwo im Wald knarrte es anhaltend, dann knackte es trocken und ein starkes Rascheln war zu vernehmen.
„Sicher streift schon wieder ein Untier, wie wir es erschlagen haben, zwischen den Bäumen herum“, raunte Gaidemar. „Eines schwöre ich: Wenn ich je wieder dieses unselige Land verlasse, bringe ich den Göttern ein Opfer dar, das alles bisher Dagewesene in den Schatten stellt.“
„Dann tu es auch“, knurrte Mutbrecht. „Mit leeren Versprechungen erzürnst du nämlich die Götter.“
Die Geräusche um sie herum rissen nicht ab, die Lichter tanzten gespenstisch, die Finsternis schien zum Leben erwacht zu sein. Keiner der vier Krieger bekam ein Auge zu, die Pferde lagen schnaubend am Boden.
Godwin dachte an zu Hause. Und sein Herz schlug höher, als ihm sein Traum in den Sinn kam. Es war kein Traum!, schrie alles in ihm. Du hast einen Blick in die Vergangenheit getan und gesehen, wie Egmont deine ganze Familie auslöschen ließ.
Er versuchte sich die Bilder ins Gedächtnis zu holen, es gelang und er sah seinen Vater mit gespaltenem Schädel zusammenbrechen. Die Schergen, die Egmont mitgebracht hatte, schlugen und stachen die anderen Familienmitglieder tot. Alles lief völlig lautlos in Godwins Kopf ab – doch nun begannen die Bilder zu verblassen. Eine Gestalt schob sich in den Vordergrund – das schöne, gleichmäßige Gesicht einer jungen Frau, das ihn faszinierte ... Hadwinga! Der Blick ihrer blauen Augen war warm und voll Liebe, da waren aber auch Trauer und Schmerz. Sie hob den Arm und streckte ihm die Hand hin. Plötzlich aber ...
Alles in Godwin verkrampfte sich, der Schreck, der ihn befiel, ging tiefer, als er je für möglich gehalten hätte, denn zwei Gestalten, deren Gesichter wie von dichtem Nebel verhüllt waren, packten Hadwinga und zerrten sie mit sich fort. Der Mund der jungen Frau klaffte auf, doch es stieg kein Schrei aus ihrer Kehle. Der Schreck weitete ihre Augen, in denen sich nur noch Entsetzen und Verzweiflung vermischten, die Hand, die sie ihm hinstreckte ... Es war eine Hilfe suchende Geste.
Hadwinga!
Nebel drohten die junge Frau und ihre Peiniger zu verschlingen, die Gestalten waren nur noch schemenhaft auszumachen, Godwin wollte ihnen folgen, doch er kam nicht von der Stelle. Angst und Sorge um Hadwinga überwältigten ihn, er wollte sich losreißen – aber er war nicht in der Lage, auch nur einen einzigen Schritt zu machen.
Und jetzt erschallte dröhnendes Gelächter. Godwins Gesicht zuckte herum und sein Blick erfasste Egmont, der den Kopf in den Nacken gelegt hatte und wie von Sinnen lachte. Plötzlich brach sein Lachen ab, sein Kopf zuckte nach vorn, er starrte Godwin an und sein Gesicht veränderte sich zu einer dämonischen Fratze.
„Du hast sie verloren, Godwin, du Narr!“, rief Egmont. „Du hast alles verloren, und am Ende wirst du auch dein Leben verlieren.“
Godwins Kopf flog wieder herum, sein Blick suchte Hadwinga, aber die schlierenden, wabernden Nebelschwaden hatten sie aufgesogen. Ruckartig drehte er erneut den Kopf, aber Egmont war verschwunden. Godwin starrte in die Finsternis hinein, sah kleine, zuckende und flackernde Lichter und hörte das leise Wispern und Säuseln, dieses Geraune, das an den Nerven zerrte.
Der junge Harier fragte sich mit einer dumpfen Ahnung, die ihn frieren ließ, ob er geträumt hatte oder ob es ihm aufs Neue ein Blick in die jüngste Vergangenheit ermöglicht worden war.
Was wurde gespielt?
Hat Egmont seine eigene Tochter verschleppen lassen? Wenn ja – warum?
Das alles drohte Godwins Begriffsvermögen zu übersteigen. Aus welchem Grund quälten ihn die Götter so? Du hast dich doch mit ihnen ausgesöhnt, rann es durch seinen Verstand. Du hast den Glauben an sie zurückgewonnen. Degenar, Freund, du bist mir in der Nacht deines Todes erschienen – und ...
Sein Denken brach ab, als Wolfsgeheul alle anderen Geräusche übertönte. Es war nur ein einziger Wolf, der seine Stimme erhob, doch Godwin brauchte niemand zu sagen, dass es einer jener Wölfe war, die ihm die Götter zur Seite gestellt hatten – aus welchem Grund und für welchen Zweck auch immer. Bis jetzt waren sie für ihn nur wegweisend gewesen, lediglich einmal hatten sie ihn vor einer wahrscheinlich blutigen Auseinandersetzung bewahrt, als sie die Männer ausschalteten, die ihm sein Vater hinterhergeschickt hatte und die ihn nach Hause zurückholen sollten.
Wollte ihm der Wolf mit seinem Heulen etwas mitteilen?
War es die Botschaft eines Gottes?
Godwin erschrak, als Trautwins dunkle Stimme erklang: „Hört ihr den Wolf? Sie sind also da, und der Wolf tut es uns kund.“
„Ja“, murmelte Gaidemar, „und wenn mich nicht alles täuscht, dann will er uns den Weg zu Landogar weisen. Sein Heulen kommt von Norden, wir aber sind immer nur östlich und dann südöstlich gezogen.“
„Warum helfen uns die Wölfe nicht?“, sinnierte Trautwin halblaut.
„Weil die Götter nicht regulierend in die Geschicke der Menschen eingreifen“, antwortete Mutbrecht. „Eine andere Erklärung gibt es für mich nicht.“
„Dann sind sie Götter aber nicht sehr konsequent“, murmelte Trautwin und jeder wusste, was er meinte.
„Hadere nicht, mein Freund“, stieß Godwin hervor. „Wir reiten morgen in die Richtung, aus der das Heulen zu vernehmen ist.“
Sie schwiegen. Die Finsternis stand wie eine Mauer zwischen ihnen, umschloss jeden und machte jedem die Einsamkeit bewusst, in der er sich trotz des engen Zusammenseins mit den Gefährten befand.
Die Zeit wollte nicht vergehen, die Nacht wähnte jeden von ihnen wie eine Ewigkeit und die unheilvolle, gefährliche Atmosphäre zermürbte die Nerven. Jedes Geräusch, das nicht in die Reihe der anderen passte, ließ sie zusammenzucken. Der Wolf heulte nicht mehr.
Irgendwann kam der Morgen und die Dunkelheit wich dem Dämmergrau. Die Lichter verschwanden, die Geister der Nacht begaben sich zur Ruhe. Es war kühl und die Krieger fröstelte es. Sie sahen mitgenommen und übernächtigt aus, ihr Blick war getrübt, ihre Bewegungen waren lahm und ihr Verstand arbeitete träge.
Nachdem sie ein wenig gegessen hatten, ihren Durst gelöscht und die Pferde getränkt hatten, wandten sie sich nach Norden – in die Richtung also, aus der in der Nacht das Heulen des Wolfes erklungen war. Aber es gab nichts, woran sie sich orientieren konnten. Die Sonne zeigte sich nicht, nicht einmal ansatzweise, eine dicke, graue Wolkendecke verdeckte sie.
Die Schmerzen in Godwins Hüfte waren erträglich, Zeichen dafür, dass sie nicht gebrochen war.
„Wie viele Tage werden wir benötigen, um das Maiatenland zu durchqueren?“, fragte Trautwin irgendwann einmal.
„Viele“, antwortete Gaidemar einsilbig und übellaunig. Sein suchender Blick irrte hin und her. „Vorausgesetzt, wir schaffen es überhaupt. Diese verfluchten Kreaturen sind immer noch da, sie verfolgen uns auf Schritt und Tritt. Warum versuchen wir nicht, eines dieser Scheusale in unsere Gewalt zu kriegen?“
„Wir würden nichts von ihm erfahren“, gab Godwin im Brustton der Überzeugung zu verstehen. „Wir kennen ihre Sprache nicht, sie verstehen nicht die unsere. Ich bin davon überzeugt, dass uns der Wolf in der Nacht die Richtung angezeigt hat. Und ich denke, dass er sich zu gegebener Zeit wieder melden wird.“
„Aber ...“ Gaidemar trieb sein Pferd jäh an, dermaßen hart und rücksichtslos, dass das Tier regelrecht einen Satz nach vorn vollführte, dann aber streckte es sich und Gaidemar donnerte zwischen die Bäume rechter Hand hinein. Hinter einer dicken Eiche, hinter der sich ein Mann ohne Mühe verbergen konnte, sprang ein Maiate hervor und rannte wie von Furien gehetzt davon, gefolgt von Gaidemar, der den Ruf Godwins, auf der Stelle anzuhalten und zurückzukehren, ignorierte. Er holte den Maiaten ein und warf sich im vollen Galopp auf ihn, riss ihn zu Boden, schlug ihm die Faust ins Gesicht und kam hoch. Auch der Maiate wollte hoch, aber ein brutaler Tritt unter das Kinn warf ihn wieder zurück.
Gaidemars Pferd war ein Stück weiter gelaufen, doch nun kam es zurück. Im Wald erklangen abgehackte, spitze Schreie, wenig menschlich, an Tiere erinnernd, die sich gegenseitig warnten.
Gaidemar holte seine Lanze vom Sattel und bedrohte damit den Maiaten, der rücklings am Boden lag und dessen gelblich-weiße, leere Augen regelrecht aus den Höhlen quollen.
„Aufstehen, elendes Scheusal!“, schrie Gaidemar und versetzte der Kreatur am Boden mit der Lanzenspitze leichte Stiche in die Brust; aus den kleinen Wunden sickerte schwarzes Blut. Jetzt ließen sich weitere Maiaten in der Runde sehen. Sie traten aus ihren Deckungen und starrten die vier Krieger an, und in keinem der hässlichen Gesichter war irgendeine Gemütsregung wahrzunehmen.
„Kommt!“, befahl Godwin, zog sein Schwert und trieb sein Pferd an, ritt zu Gaidemar hin und schwenkte den Blick in die Runde. Er schätzte, dass sie von zwei Dutzend Maiaten eingekreist waren. Und die Kreaturen waren mit Knüppeln und Keulen bewaffnet, einige trugen auch Lanzen, die einfach zugespitzt und deren Spitzen im Feuer gehärtet worden waren.
„Wenn sie angreifen, haben wir ein Problem“, presste Godwin zwischen den Zähnen hervor und registrierte, dass auch Trautwin und Mutbrecht ihre Schwerter in den Händen hielten. Von ihren Gesichtern war der trotzige Entschluss abzulesen, ihr Leben gegebenenfalls bis zum letzten Tropfen Blut zu verteidigen.
Jetzt rammte Gaidemar seine Lanze neben dem Maiaten in den Boden, packte das abgerissene Geschöpf mit beiden Händen am zerschlissenen Kittel und zerrte es auf die Beine. „Kannst du meine Sprache verstehen?“, herrschte er den Maiaten an, der jedoch nicht die geringste menschliche Regung zeigte. Gaidemar schüttelte ihn zornig, der Kopf der Kreatur flog nach vorne und zurück, und plötzlich rann grünlicher Speichel aus seinen Mundwinkel, über sein Kinn und tropfte auf seine Brust.
„Gib mit Antwort, du Scheusal!“, giftete Gaidemar.
Die Maiaten, die die vier Krieger eingekreist hatten, schoben sich langsam näher, einen unübersehbaren Eindruck von tödlicher Gefahr verströmend; sie erinnerten an ein Rudel hungriger Wölfe, das endlich eine Beute gestellt hatte und das bereit war, sie in Fetzen zu reißen.
„Hör auf, Gaidemar!“, gebot Godwin. „Schau dich um! Sie schlagen uns mit ihren Knüppeln tot, wenn du ...“
„Sie schlagen uns auch tot, wenn ich dieses stinkende Etwas laufen lasse!“, fauchte Gaidemar. „Die keinen keine Gefühle wie Dankbarkeit oder etwas Ähnliches. Das sind halbe Tiere. Sieh sie dir doch an.“
Mit dem letzten Wort stieß er den Maiaten zu Boden, riss seine Lanze aus dem Boden und rammte die Spitze der Kreatur in die Brust. Sie bäumte sich auf, gab einen keuchenden Ton von sich, fiel zurück und die Gestalt erschlaffte.
Gaidemar warf sich herum, zwei Schritte brachten ihn an sein Pferd heran, mit einem Satz war er auf dem Rücken des Tieres. „Nichts wie fort!“, brüllte er, und im selben Moment begannen die Maiaten auf sie zuzustürmen.
Sie spornten die Pferde an. Hier konnte wahrscheinlich nur noch kopflose Flucht helfen.
„Wir müssen zusammenbleiben!“, schrie Godwin und stob direkt auf eine der Gestalten zu, die einen Knüppel schwang und in deren Augen er die blanke Mordlust zu erkennen glaubte, obwohl diese gelb-weißen, gallertartigen Augäpfel nicht den geringsten Ausdruck aufwiesen.
Das Wesen geriet unter die Hufe des Pferdes, eine zweite Gestalt, die regelrecht auf ihn zuflog und das Maul weit aufgerissen hatte, holte Godwin mit einem Schwertstreich aus der Luft. Aus den Augenwinkeln sah er Trautwin das Schwert schwingen und das Blut eines Maiaten spritzen. Die Pferde liefen wie von selbst, als hätten sie sich zu einer letzten Kraftprobe aufgerafft, als spürte die Tiere, dass es zu einem großen Teil an ihnen lag, das Leben ihrer Reiter zu retten. Und es war, als steigerte diese verzweifelt anmutende Anstrengung das Tempo der Rösser.
Es gelang ihnen, ohne Verluste den Kreis der Angreifer zu durchbrechen. Und sie peitschten die Pferde weiter, schonungslos, ohne Rücksicht darauf, dass sich die Tiere noch lange nicht von den Strapazen der vergangenen Tage erholt hatten. Sie holten das Letzte aus ihnen heraus, Schaum bildete sich vor ihren Nüstern, den der Reitwind gegen die Beine der Reiter wehte, die Tiere keuchten und irgendwann verloren sie an Tempo. Die letzten Reserven waren aufgebraucht.
Schließlich hielten die Krieger an. Die Pferde röchelten, ihre Flanken vibrierten, die Reiter saßen ab und lauschten in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
„Sieht aus, als hätten wir sie abgehängt“, stieß Godwin zwischen stoßweisen Atemzügen hervor. „Was hast du dir dabei gedacht, Gaidemar?“ Wütend funkelte er den jungen Westheruler an. „Jetzt hassen sie uns noch mehr, und sie werden nicht ruhen, bis wir genauso tot sind wie der Bursche, den du abgemurkst hast.“
„Außer zu Hass sind diese Kreaturen zu keinen anderen Gefühlen fähig“, verteidigte sich Gaidemar. „Von der ersten Minute an, in der wir ihr Land betraten, hatten sie nichts anderes im Sinn als uns zu massakrieren. Und jeder Maiate, den wir ausschalten, stellt für uns keine Gefahr mehr dar.“
Einen Augenblick lang sah es so aus, als wollte sich Godwin auf den jungen Westheruler stürzen, doch dann entspannte er sich, nickte und knurrte: „Wahrscheinlich hast du sogar recht. – Wir müssen die Pferde schonen. Vielleicht sind wir noch auf ihre Kraft und ihre Ausdauer angewiesen.“
Von nun an führten sie die Tiere. Die Schwerter steckten in den Scheiden, Gaidemars Lanze hing in den Schlaufen am Sattel an der Seite des Pferdes. An der Spitze trocknete das schwarze Blut des Maiaten, den Gaidemar damit durchbohrt hatte.
2
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Zwei Tage waren verstrichen. Immer wieder heulte der Wolf, und die vier Krieger folgten seinem Ruf. Es hatte weder einen Zusammenstoß mit Maiaten noch mit irgendeinem der Ungeheuer gegeben, die den Wald bevölkerten.
Es war später Nachmittag, als sie am Rand einer kleinen Lichtung anhielten. „Bei den Göttern!“, brach es aus Godwins Kehle, als er auf der anderen Seite die Gestalt zwischen zwei Bäumen hängen sah und ihm schlagartig klar wurde, dass es sich um Landogar handelte.
Die Maiaten hatten ihn an den Armen aufgehängt und seine Beine hatten sie ebenfalls an den beiden Bäumen festgebunden, sodass die Gestalt an ein X erinnerte. Landogars Kinn war auf die Brust gesunken, die Kleidung hing nur noch in Fetzen an ihm.
Gaidemar wollte sein Pferd antreiben, aber Godwin zischte: „Halt! Das ist wahrscheinlich eine Falle.“
„Aber ...“
„Still!“
Sie atmeten ganz flach und lauschten, ließen die Blicke schweifen, versuchten, auf ihren Instinkt zu hören und spürten Beklemmung, die ihnen geradezu körperliches Unbehagen bereitete, denn sie fühlten sich von tausend Augen beobachtet.
Es war weder etwas zu hören noch zu sehen, was auf eine unmittelbare Gefahr hingedeutet hätte, dennoch spürten die Krieger die Nähe ihrer Feinde mit erdrückender Intensität.
Nach kurzer Zeit entschied sich Godwin. „Bleibt hier. Ich reite hin. Ihr wisst, was zu tun ist, wenn die Kreaturen aus ihren Verstecken kommen.“
Keiner antwortete, aber sie zogen mit entschlossener Bewegung ihre Waffen. Auch Godwin nahm sein Schwert zur Hand, legte es quer über den Widerrist seines Pferdes und ruckte im Sattel. Das Tier setzte sich in Bewegung und trug den Fürstensohn Schritt für Schritt in die Lichtung hinein.
Die Anspannung war fast unerträglich. Er sicherte nach links, nach rechts, vor sich, spürte das Vibrieren seiner Nerven und versuchte sich zur Ruhe zu zwingen, was jedoch kläglich scheiterte. In seinem Gesicht zuckten die Muskeln, seine Augen begannen zu brennen, so sehr strengte er sie an, eine kalte Hand schien mit hartem Druck sein Herz zu umklammern und Furcht begann in ihm hochzukriechen. Es war nicht die Furcht, hier zu sterben – es war mehr die quälende Sorge, dass er seine Mission nicht erfüllen konnte, wenn er hier umkam. Denn er spürte es ganz deutlich: Er war wichtig für das Schicksal des Landes östlich des großen Flusses und der Stämme, die es bevölkerten – von seinem Erfolg hing es ab, ob es für sie überhaupt eine Zukunft gab.
Ihn hatten die Götter ausgewählt.
Er sollte Garant sein für die Rettung des Landes. Seine Garantenstellung aber verlor er, wenn er sein Leben einbüßte. Er durfte die Götter nicht enttäuschen. „Wenn ihr mich schon auserkoren habt, ihr Götter“, murmelte Godwin, „dann steht mir jetzt auch bei, denn dann kann es nicht euer Wille sein, dass ich hier krepiere.“
Landogar hing wie tot zwischen den Bäumen. Sein Körper wies an vielen Stelle Wunden auf, die jedoch nicht mehr bluteten. Das Blut auf seiner Haut und an seiner Kleidung war eingetrocknet. Godwin zügelte das Pferd, als er den Freund erreichte. „Landogar, kannst du mich hören?“
Die Lider des geschundenen Kriegers zuckten, er hob ächzend den Kopf etwas an, seine Augen öffneten sich, krächzend, mit brüchiger Stimme antwortete er: „Es hat lange gedauert, Godwin. Ich dachte schon ...“
Seine Stimme erstarb, das Kinn sank wieder auf die Brust, die Lider fielen halb über die entzündeten Augen.
Godwin schnitt mit dem Schwert die Stricke durch und Landogar sank auf den weichen Boden nieder. Godwin saß ab und nahm den Wassersack vom Sattel, ging bei Landogar auf das linke Knie nieder und gab ihm zu trinken. In diesen Augenblicken verschwendete der Fürstensohn nicht einen einzigen Gedanken an die tödliche Gefahr, die seiner Überzeugung nach ringsum lauerte. Der jämmerliche Anblick seines Freundes schnitt ihm tief ins Herz und gab seinem Hass auf die Maiaten Nahrung.
Landogar schluckte automatisch. Schweiß rann über sein Gesicht, auf dem eingetrockneten Blut auf seiner Haut krochen Fliegen herum.
„Landogar ...“ Godwin zog die Hand mit dem Wassersack zurück. „Wenn du kannst, dann gib mir Antwort. Sind Maiaten in der Nähe?“ Er sprach eindringlich, und während er sprach rüttelte er den halb besinnungslosen Gefährten leicht an der Schulter.
„Sie – sie sind da“, stammelte der Geschundene, und jedes Wort kostete ihm Mühe. Sein Gesicht sah übel zugerichtet aus, die Augen waren fast zugeschwollen, die Schwellungen waren blau unterlaufen, die Lippen Landogars waren trocken wie Wüstensand und rissig. „Das – das sind wilde Tiere, sie – sie kennen keine Gefühle. Ich – ich ...“
Nur noch unzusammenhängendes Gestammel kam über seine Lippen, Speichel rann aus seinem Mundwinkel, sein Atem ging rasselnd.
Godwin erhob sich, schaute sich um und hängte den Wassersack an den Sattel. Dann bedeutete er den Gefährten, die zurückgeblieben waren, da zu bleiben, wo sie sich befanden.
Von den Maiaten war nichts zu sehen. Aber das würde sich ändern, wenn diese menschenähnlichen Bestien merkten, dass ihre Falle nicht so zugeschnappt war, wie sie es sich ausgerechnet hatten.
Godwin fasste Landogar unter die Achseln und zerrte ihn auf die Beine. „Versuche, mit behilflich zu sein, Freund“, murmelte Godwin. „Du musst auf das Pferd kommen. Aber du bist schwer - und ohne deine Hilfe schaffe ich es nicht.“
Mit vereinten Kräften gelangte Landogar auf den Rücken des Pferdes. In dem Moment, als Godwin hinter ihm aufsitzen wollte, brachen die Maiaten aus ihren Deckungen. Godwin beeilte sich, zog sich mit einem Ruck in sicheren Sitz griff mit der Linken an Landogar vorbei und angelte sich die Zügel, mit der Rechten zog er das Schwert, und dann drosch er dem Pferd die Fersen in die Seiten.
Die Maiaten sprangen heran wie fleischgewordene Unholde, die nur zerstören, zerschlagen, vernichten wollten und die nur aus Gehässigkeit, Mitleidlosigkeit und Erbarmungslosigkeit zusammengesetzt waren.
Sie springende und heulende Kobolde stürzten sie auf Godwin zu, und der registrierte, dass sein Pferd nicht schnell genug sein würde, um zu verhindern, dass sie ihm den Weg zu den Gefährten abschnitten. Aber jetzt ergriffen Trautwin, Mutbrecht und Gaidemar die Initiative und trieben ihre Pferde an. Sie jagen mitten hinein in den Pulk der Maiaten, die sich zwischen ihnen und Godwin zusammenrotteten, einige der Kreaturen wurden von den Pferden niedergetrampelt, andere zur Seite geschleudert. Und die Schwerter der Krieger sowie die Lanze Gaidemars hielten grausame Ernte unter den Angreifern. Abgeschlagene Köpfe rollten über den Boden, Schädel wurden gespalten, Herzen durchbohrt, Blut spritzte und sprudelte aus den furchtbaren Wunden und die Getroffenen sanken tot oder sterbend zu Boden.
Sie schlugen eine Bresche, und Godwin jagte sein Pferd hindurch, ebenfalls das Schwert mit mörderischer Präzision schwingend, nur von dem Gedanken beseelt, Landogar aus der Gefahrenzone zu bringen. Und es gelang ihm, durchzubrechen. Ohne das Tempo zu vermindern peitschte er das Pferd unter sich weiter, die Hufe wirbelten, Bäume und Sträucher schienen an Godwin vorbeizufliegen.
Er sah nicht, dass Trautwin, Mutrecht und Gaidemar ihre Rösser herumrissen und ihm folgten. Einer der Maiaten sprang Gaidemar von der Seite an, klammerte sich an ihn und versuchte ihn aus dem Sattel zu zerren, aber Trautwin ritt von hinten an ihn heran und ließ das Schwert auf ihn hinuntersausen. Die Kreatur kam unter die Hufe und wurde wie eine Puppe hin und her geworfen.
Schließlich schafften auch Godwins Gefährten den Durchbruch. Im stiebenden Galopp donnerten sie hinter dem Fürstensohn her. Und als der das Tempo seines Pferdes drosselte, holten sie ihn ein. Landogars Oberkörper war auf den Hals des Pferdes gesunken, beide Arme hatte er um den Hals des Tieres geschlungen. Er spürte, wie die Benommenheit gegen sein Bewusstsein anbrandete, ein milchiger Schleier lag über seinen Augen, seine Lider waren schwer wie Blei. Doch er schien zu begreifen, dass er gerettet war, in seinen Augen glühte es auf, der Widerstandswille erwachte und erfüllte den schwer angeschlagenen Körper mit neuer Kraft. Landogar richtete den Oberkörper auf. Seine Hände zitterten.
„Das war knapp, bei den Göttern, lange hätte ich nicht mehr durchgehalten.“ Tonlos brachen die Silben über seine pulvertrockenen Lippen, eine Woge von Benommenheit spülte ihn hinweg und ebbte wieder ab, der Druck in seinem Schädel schien sein Hirn einzuengen und das Denken fiel ihm noch schwer.
„Wir wurden auf eine falsche Fährte gelockt“, erklärte Godwin. „Doch nun sollten wir zusehen, dass wir so schnell wie möglich dieses verfluchte Land hinter uns lassen. Bis jetzt hatten wir großes Glück, aber wir dürfen das Glück nicht herausfordern.“
„Ich habe kein Pferd und keine Waffe“ murmelte Landogar. „Im Falle des Falles bin ich euch keine Hilfe, ich bin euch eher ein Klotz am Bein. Vielleicht wäre es besser gewesen, ihr hättet mich meinem Schicksal überlassen und ...“
„Hättest du mich meinem Schicksal überlassen?“, fuhr im Godwin fast ärgerlich in die Rede.
Details
- Seiten
- Erscheinungsjahr
- 2022
- ISBN (ePUB)
- 9783738961119
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2022 (Mai)
- Schlagworte
- schwertchronik godwin fürst klingen