Zusammenfassung
Jetzt jagten ihn die Coltschwinger Chuckwaters.
Brad Hamilton hetzte durch eine schlammige Gasse. Finsternis umgab ihn. Sein Atem flog, seine Lungen pumpten. Dort, wo die Gasse endete, lichtete der Mondschein die Dunkelheit. Aus den Schlagschatten sprangen zwei Kerle. Das Mondlicht umriss ihre Konturen. Hinter Brad Hamilton trampelten Schritte.
Sie hatten ihn in der Zange. Er hob die Faust mit dem Colt und feuerte. Der Mündungsblitz zerrte ihn für den Bruchteil einer Sekunde aus der tintigen Finsternis. Das Wummern der Sechsschüsser stieß ihm vom Gassenende her entgegen. Er spürte die Einschläge...
Die Detonationen verdichteten sich zu einem einzigen, lauten Knall, der sich in der Gasse staute und an den Häuser- und Hüttenwänden rüttelte. Brad Hamilton wankte. Er fühlte keinen Schmerz. In sein Gehirn senkte sich Schwindelgefühl. Die Mündung seines Eisens wies schräg nach unten. Er fand nicht mehr die Kraft, den schweren Coltrevolver noch einmal anzuheben. Um ihn herum wurde es schwarz. Sein Denken riss.
Als er in den Schlamm stürzte, war er tot. Er begrub den Colt unter sich.
Die beiden Kerle vom Ende der Gasse kamen langsam näher.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
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Carrie – zum Sterben verdammt: Pete Hackett Western Edition 29
Western von Pete Hackett
Über den Autor
Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war - eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.
Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung."
Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.
***
Brad Hamilton rannte um sein Leben. Der 25-jährige hatte am Spieltisch ein Vermögen verloren und Stan Chuckwater, den ungekrönten König von Last Chance City, einen verdammten Falschspieler genannt.
Jetzt jagten ihn die Coltschwinger Chuckwaters.
Brad Hamilton hetzte durch eine schlammige Gasse. Finsternis umgab ihn. Sein Atem flog, seine Lungen pumpten. Dort, wo die Gasse endete, lichtete der Mondschein die Dunkelheit. Aus den Schlagschatten sprangen zwei Kerle. Das Mondlicht umriss ihre Konturen. Hinter Brad Hamilton trampelten Schritte.
Sie hatten ihn in der Zange. Er hob die Faust mit dem Colt und feuerte. Der Mündungsblitz zerrte ihn für den Bruchteil einer Sekunde aus der tintigen Finsternis. Das Wummern der Sechsschüsser stieß ihm vom Gassenende her entgegen. Er spürte die Einschläge...
Die Detonationen verdichteten sich zu einem einzigen, lauten Knall, der sich in der Gasse staute und an den Häuser- und Hüttenwänden rüttelte. Brad Hamilton wankte. Er fühlte keinen Schmerz. In sein Gehirn senkte sich Schwindelgefühl. Die Mündung seines Eisens wies schräg nach unten. Er fand nicht mehr die Kraft, den schweren Coltrevolver noch einmal anzuheben. Um ihn herum wurde es schwarz. Sein Denken riss.
Als er in den Schlamm stürzte, war er tot. Er begrub den Colt unter sich.
Die beiden Kerle vom Ende der Gasse kamen langsam näher.
Zwei weitere, schemenhafte Gestalten lösten sich aus der Dunkelheit. Es waren die beiden, die Brad Hamilton direkt gefolgt waren. Ein Schwefelholz flammte auf. Der vage Lichtschein zuckte über die vier Männer und die reglose Gestalt hinweg.
Brad Hamilton lag auf der Seite. Seine Augen waren geöffnet und glitzerten wie Glas. Der Mund war wie zu einem stummen Schrei weit aufgerissen.
Eine raue Stimme erklang: „Der ist hinüber. Chuckwater wird zufrieden sein. Dieser Narr hätte dem Boss eben nicht die Faust ins Gesicht schlagen dürfen.“
Es kam kalt und ohne die Spur einer Gemütsregung. Die vier Schießer holsterten ihre Colts.
Ein anderer knurrte: „John Hamilton wird es nicht so einfach schlucken, dass wir seinen Sprössling auf die Nase gelegt haben. Und wenn ihm der Boss den Schuldschein, den Brad unterschrieben hat, unter die Nase hält, wird er wohl verrückt spielen.“
„Wir werden ihn zur Raison bringen“, versetzte der erste Sprecher kalt. „Er wird zahlen.“
Sie setzten sich in Bewegung.
Den Toten ließen sie einfach liegen.
Unter ihren Schritten schmatzte der Schlamm. Ein eisiger Hauch des Todes schien sie zu begleiten. Der verworrene Lärm, der von der Main Street in die Gasse sickerte, wurde mit jedem Schritt, den sie zurücklegten, deutlicher.
In der Gassenmündung vertrat ihnen ein großgewachsener Mann der Weg. Es war hier hell genug, um den Stern an seiner rechten Brustseite deutlich wahrzunehmen. Denn aus den Fenstern der Häuser, Saloons und anderen Vergnügungsetablissments, die sich zu beiden Seiten der Main Street aneinander reihten, fiel das Licht in breiten Bahnen.
Der Lärm, der durch die Straße floss, war nahezu unerträglich. Geschrei, Gelächter, das Grölen Betrunkener, das Hämmern der Klaviere in den Saloons und Tanzhallen – das alles vermischte sich zu einer tosenden Geräuschkulisse des sündigen und lasterhaften Treibens.
Last Chance City verwandelte sich in den Nächten zu einem Hexenkessel.
„Was war los?“, kam es von dem Mister mit dem Stern an der Brust. Unter seinem Stetson lugten blonde Haare hervor. Sein Gesicht lag im Schatten der Hutkrempe.
Die vier hatten angehalten. „Wir wollten Brad Hamilton ein wenig die Hammelbeine langziehen, Ballard“, erklärte einer. „Er hat beim Black Jack verloren, Chuckwater als niederträchtigen Kartenhai und Falschspieler bezichtigt und ihm die Nase blutig geschlagen. Ja, wir wollten ihn zurechtstutzen. Aber dieser Narr schoss auf uns. Jetzt ist er tot. Es war Notwehr, Marshal.“
Jim Ballard, der von der Goldgräbervereinigung ernannte Marshal von Last Chance City, presst die Lippen zusammen. Die Nachricht, dass Brad Hamilton tot war, traf ihn bis in den Kern. „Die Auffassung über Notwehr ist in dieser Stadt wie überhaupt in der gesamten Gulch eine andere als im übrigen Teil des Landes.“ Ballards Stimme wies einen galligen Tonfall auf. „Hier braucht ein Mann nur falsch mit der Wimper zu zucken, schon darf ihn der andere in Notwehr erschießen.“
„Was willst du damit zum Ausdruck bringen, Ballard?“
„Du hast doch nichts an den Ohren, Sommers?“, kam die kalte Gegenfrage. Jim Ballard machte kehrt und ließ die vier Schießer einfach stehen.
„Der stinkt mir“, knirschte Cole Sommers. „Und der Tag ist wohl nicht mehr allzu fern, an dem ich ihm die Flügel stutze.“
Einer seiner Kumpane kicherte. „Wenn es soweit ist, dann lass es mich wissen, Cole. Ich will daran teilhaben.“
Sie stapften weiter. Ihr Ziel war der ‚Golden Nugget Saloon‘, die Residenz Stan Chuckwaters.
Zehn Minuten später kehrte Jim Ballard mit einer brennenden Laterne in die Gasse zurück. Licht- und Schatten wechselten, weil die Lampe am Drahtbügel unablässig schaukelte. Geisterhafte Reflexe zuckten über den Toten hinweg.
Jim Ballard schluckte trocken. Er beugte sich über Brad Hamilton. Eine Hand des Getöteten hatte sich im Schlamm verkrallt. Das Gesicht mutete verzerrt an und spiegelte noch die Angst wider, die Brad Hamilton in seiner letzten Sekunde durchlebt hatte.
Der Marshal richtete sich auf. In seinen kantigen Zügen arbeitete es. Er wirkte ratlos und unschlüssig. Düstere Gedanken durchzuckten ihn. Wie würde John Hamilton auf den Tod seines Sohnes reagieren? Heiliger Rauch! John wird Amok laufen. Und du wirst einschreiten müssen, Jim! Damit stellst du dich wahrscheinlich aus Johns Sicht auf Chuckwaters Seite. Und Carrie wird das selbe denken...
Jim Ballards Magen krampfte sich zusammen.
Gedankenvoll schritt er aus der Gasse. Den Lärm, der durch die sündige Town schwappte, nahm er nur unterbewusst wahr. Er ging zum Mietstall und trug dem Stallmann auf, Brad Hamiltons Pferd zu satteln. Bald schon führte er das Tier in die Gasse. Er wuchtete den Leichnam quer über den Pferderücken und band ihn fest, damit er nicht herunterrutschen konnte.
Im Schlamm lag Brads Colt. Jim Ballard bückte sich danach. Er stellte fest, dass Brad einen Schuss abgegeben hatte. Jim verstaute das Eisen in der Satteltasche.
Er musste Brad Hamilton zu seinem Vater und zu seiner Schwester bringen. Jim Ballard fühlte sich alles andere als wohl in seiner Haut.
*
„Dieser dreckige Mörder!“ Trotz Erschütterung, Fassungslosigkeit und Trauer wühlte in den Zügen John Hamiltons der grenzenlose Hass. Gebeugt und mit hängenden Schultern stand der Minenbesitzer vor dem Leichnam seines Sohnes. Das düstere Licht der Kerosinlampe schien die Linien und Kerben in seinem wettergegerbten Gesicht zu vertiefen. Seine Augen spiegelten eine ganze Gefühlswelt wider. „Ich werde Chuckwater dafür zur Rechenschaft ziehen. Grundgütiger! Ich weiß nicht wie oft ich Brad vor diesem Bastard und seinem schießwütigen Anhang warnte. Er schlug meine Warnungen in den Wind. Und jetzt...“
Er verstummte. Etwas in ihm schien abgestorben zu sein. In seinem Gesicht zuckten die Nerven.
Jim Ballard stand schweigend dabei.
Sie hatten Brad auf die Couch in der Wohnstube John Hamiltons gelegt. Der Minenbesitzer starrte in das eingefallene, wächserne Gesicht seines toten Sohnes. Neben ihm stand Carrie. Das Girl stammte aus der zweiten Ehe John Hamiltons. Es war eine Blackfeet, die John nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete. Auch sie war gestorben. In Carries Adern floss indianisches Blut. Und das verlieh ihrer Schönheit Rasse...
Jetzt legte sie die Hand auf den Arm ihres Vaters. „Dad“, murmelte Carrie tonlos. Sie hatte es verstandesmäßig noch nicht verarbeitet, dass Brad tot war. Es überstieg ihr Begriffsvermögen. Sie schluchzte. Dann hub sie erneut an: „Dad, du darfst dich jetzt nicht von der Rache leiten lassen. Jim wird den Fall untersuchen und...“
„Das Gesetz in der Gulch ist krank und schwach!“ Schroff war John Hamilton seiner Tochter ins Wort gefallen. „Es ist zum Gesetz Chuckwaters degradiert. Nein, o nein! Auf das Gesetz verlasse ich mich in diesem Fall nicht.“
John Hamilton ruckte herum, sein Blick verkrallte sich an Jim Ballards Gesicht.
„Der Stern, den du trägst, Jim, ist in der Gulch gerade das Blech wert, aus dem er gestanzt ist. Chuckwater verhöhnt dich samt deinem Abzeichen. Dich haben die Digger, die den Boden aufwühlen, die Minenarbeiter und die redlichen und ehrlichen Leute der Stadt gewählt. Aber das Gesetz, das du vertrittst, existiert in der Gulch nicht. Hier läuft das Leben nach dem ungeschriebenen Gesetz des Stärkeren ab. Und das bedeutet Auge um Auge, Zahn um Zahn, Jim.“
Jim Ballard hielt dem Blick des 50-jährigen stand. Kurze Zeit schwieg er. Es war, als legte er sich seine Antwort erst im Kopf zurecht. Schließlich sprangen seine Lippen auseinander. „Du solltest auf Carrie hören, John. Hass und blindwütige Rache führen in die Hölle. Überlass es mir. Sicher, in der Gulch steht das Gesetz auf höllisch schwachen und wackligen Beinen. Ich stehe mit meinem Stern so ziemlich allein auf weiter Flur. Aber wenn du es selbst in die Hand nimmst, Chuckwater für Brads Tod zur Rechenschaft zu ziehen, untergräbst du die Autorität von Recht und Ordnung noch mehr. Dann stellst du dich auf eine Stufe mit Chuckwater."
„Er versteht nur die Sprache der Gewalt“, grollte John Hamilton. „Und in dieser Sprache werde ich mich mit ihm unterhalten.“
Es klang abschließend und wie ein höllischer Schwur.
„Cole Sommers beruft sich auf Notwehr, John. Ich habe Brads Schießeisen untersucht. Er hat tatsächlich einen Schuss verfeuert.“
„Cole Sommers also. Ich werde dieser Ratte die Haut streifenweise abziehen.“
„Dann zwingst du mich, einzuschreiten, John. Ich kann nicht zulassen, dass Männer wie du, die bisher das Gesetz achteten, plötzlich Selbstjustiz praktizieren. Es würde den Anfängen der Ordnung, die wir uns geschworen haben in der Gulch zu schaffen, den Todesstoß versetzen.“
John Hamilton kniff die Augen eng. Zwischen den Lidschlitzen funkelte es unheilvoll. Seine Wangen vibrierten. Die Ader an seiner Schläfe schwoll an. „Chuckwater hat meinen einzigen Sohn ermordet.“ Die Worte kamen aus Hamiltons Mund wie fernes Donnergrollen. „Das nehme ich nicht hin. Solltest du dich gegen mich wenden, Ballard, dann unterstelle ich, dass du auf der Seite des Mörders stehst. Ich werde vor nichts und niemand Halt machen. Ich pfeife auf Recht und Ordnung, ich pfeife auf das Gesetz, wenn es zusieht, wie ein niederträchtiger Hurensohn es mit Füßen tritt. Also komm mir nicht in die Quere, Ballard.“
Jim atmete hart aus. „Ich warne dich, John. Ich schaue nicht zu, wie du die Gulch in ein Schlachtfeld verwandelst. Der Tag ist nicht mehr fern, an dem das Gesetz Stan Chuckwater eine höllische Rechnung präsentieren wird. Noch stehe ich allein mit dem Stern an der Brust. Aber ich habe einem Freund geschrieben. Vor einigen Tagen erhielt ich Antwort von ihm. Sein Name ist Brady – Hunter Brady. Er hat fast 20 Jahre lang das Gesetz in den wildesten Städten vertreten. Er kommt nach Last Chance City und wird sich an meine Seite stellen. Glaub mir, John, wenn Hunter hier ist, werden wir dem Gesetz in der Gulch Geltung verschaffen.“
„Hör auf ihn, Dad“, beschwor Carrie ihren Vater. „Du selbst warst doch immer derjenige, der von einer städtischen Ordnung in Last Chance City sprach. Dein Bestreben war es doch immer, Recht und Ordnung in die Stadt und in die Gulch zu bringen. Willst du plötzlich all deine Grundsätze und Absichten über den Haufen werfen und...“
„Schweig! Verdammt, halt den Mund. Ich weiß, was zu tun ist. Keine Macht der Welt wird mich davon abhalten können.“
„Dann ist es wohl besser, wenn ich jetzt gehe“, knurrte Jim Ballard. Sein Blick traf sich mit dem Carries. Er las die stumme, aber drängende Bitte in ihren Augen, zu bleiben und ihren Vater zur Umkehr zu bewegen. Ein herber Ausdruck kerbte sich in Jims Mundwinkel. „Es ist sinnlos, Carrie.“
John Hamilton schien Jim und Carrie gar nicht mehr wahrzunehmen. Er starrte auf seinen toten Sohn. Sein Blick schien sich nach innen verkehrt zu haben. Doch seine Stirn war umwölkt. Dahinter wälzte John Hamilton düstere Gedanken – Gedanken, an deren Ende etwas Unheilvolles, Drohendes stand.
Jim hob die Schultern, ließ sie wieder nach unten sacken und machte kehrt. Er verließ das Haus.
Carrie folgte ihm.
Der kühle Nachtwind streifte ihre Gesichter. Dunkelheit hüllte sie ein. Die flachen Schuppen ringsum waren nur schwarze, eckige Kleckse in der Nacht. Das Stampfwerk ruhte. In den Korrals schliefen die Ochsen und schweren Pferde, die vor die Fuhrwerke gespannt wurden, mit denen das goldhaltige Gestein zu den Schmelzöfen gebracht wurde.
Carrie lehnte sich gegen Jim. „Es ist alles so furchtbar. Brads Tod hat Dad schwer getroffen. Nichts auf der Welt wird ihn davon abhalten können, Brad auf blutige Weise zu rächen. Ich – ich habe Angst, Jim.“
Er nahm Carrie in die Arme. Der Duft ihrer Haare stieg ihm in die Nase. Er spürte die Wärme ihres Körpers. Eng schmiegte sie sich an ihn. Carrie erregte ihn. Gewaltsam unterdrückte er das aufkommende Verlangen. „Er wird in sein Verderben rennen, Carrie.“ Jims Stimme klang belegt. „Aber ich werde alles unternehmen, um ihn vor dem Untergang zu bewahren. Schon deinetwegen, Carrie.“
„Er wird in dir einen Feind sehen, und kein Verständnis mehr dafür aufbringen, dass wir beide...“
„Er wird zur Vernunft kommen, Darling. Gebe der Himmel, dass Hunter Brady bald in Last Chance City auftaucht. Mit seiner Hilfe kann ich hier mit eisernem Besen kehren.“
Carrie stellte sich auf die Zehenspitzen und hauchte ihm einen Kuss auf den Mund. „Wann kommst du wieder, Jim?“
„Sobald es mein Job zulässt, Darling.“
Er küsste sie nach diesen Worten heiß und lang, dann machte er sich frei und stapfte zu seinem Pferd, das am Holm stand.
*
„Hamilton hat gespielt und verloren!“, gab Stan Chuckwater ruhig zu verstehen. Er hatte ich auf seinem Stuhl zurückgelehnt und die Arme vor der Brust verschränkt. „Allerdings war er ein schlechter Verlierer. Er beleidigte mich und ehe ich mich versah, versetzte er mir einen Schag ins Gesicht.“
Hamilton löste die Arme aus der Verschränkung, griff in die Innentasche seiner dunklen Jacke, und seine Hand kam mit einem Stück Papier wieder zum Vorschein. Er hielt es triumphierend in die Höhe. „Das ist ein Schuldschein über 20.000 Dollar. Brad Hamilton hat ihn unterschrieben. Sein Vater wird ihn einlösen müssen.“
Jim Ballard stand auf der anderen Seite des Spieltisches. Um ihn herum war hektische Betriebsamkeit. Der ‚Golden Nugget Saloon‘ war ein nobler Laden, den Stan Chuckwater in Last Chance City regelrecht aus dem Boden gestampft hatte. Er beschäftigte ein Dutzend leichter Mädchen, die den Diggern die Nuggets aus den Taschen zogen, die die Männer, die sich wie Maulwürfe in die Erde gruben, um reich zu werden, ausnahmen wie Weihnachtsgänse.
„John Hamilton hat geschworen, seinen Sohn zu rächen, Chuckwater“, gab Jim zu verstehen. „Er wird Sie mit heißem Blei bezahlen. An Ihrer Stelle würde ich den Schuldschein verbrennen. Sie fordern dadurch John Hamilton nur noch mehr heraus.“
Cole Sommers, der halbrechts hinter seinem Boss stand, rief hämisch: „Du wirst doch Hamiltons persönlichen Rachefeldzug nicht zulassen, Marshal. Dein Job ist es...“
„Du brauchst mich nicht über meine Aufgabe zu belehren, Sommers!“, unterbrach Jim den Schießer schroff. „Aber wenn du es schon ansprichst: Wie war die Sache mit Brad Hamilton? Du berufst dich auf Notwehr, Sommers. Erzähle mir, wie es ablief. Erzähle es mir bis ins letzte Detail.“
Fordernd musterte Jim den Schießer.
Cole Sommers zog den Mund schief. „Er schlug dem Boss ins Gesicht. Als wir ihn dafür zurechtstutzen wollten, ergriff er die Flucht. Wir folgten ihm. In der Gasse schoss er auf uns. Wir feuerten zurück. Das war’s, Ballard.“
„Und diese Version werden deine Freunde bezeugen, nicht wahr?“
„Sie können jeden Eid darauf schwören.“
„Davon bin ich überzeugt.“
Chuckwaters Brauen schoben sich zusammen. „Sie sagen das mit einem Unterton, der mir nicht gefällt, Ballard.“
„Mein Ton muss Ihnen nicht gefallen, Chuckwater. Allright, ich werde wohl glauben müssen, was mir Sommers auftischt. Darauf, dass seine Kumpane es beeiden, lege ich keinen Wert. Ein Eid ist in der Gulch nämlich einen Dreck wert. Ich habe Sie jedenfalls gewarnt, Chuckwater. John Hamilton schluckt den Tod seines Sohnes nicht.“
„Er wird sich den Schädel einrennen, wenn er kommt, um den wilden Mann zu spielen.“
Cole Sommers ließ seine Stimme erklingen: „Habe ich dich richtig verstanden, Ballard? Du bezichtigst mich der Lüge?“ In seinem Tonfall schwang eine unüberhörbare Drohung.
„Ich bin skeptisch, Sommers. Natürlich schwören du und deine Freunde jeden Eid, dass Hamilton zuerst schoss. Nun, ich kann das Gegenteil nicht beweisen. Denn Hamilton hat mit seinem Revolver tatsächlich einen Schuss abgegeben. Ich denke aber, dass auch ihr die Kanonen in den Händen hieltet, als ihr ihn durch die Gasse gejagt habt. Es war doch so, Sommers?“
Ein schlaksiger Mister mit rötlichen Haaren trat von der Seite an Jim heran. „Wenn du sagst, du bist skeptisch, dann sagt mir das, dass du Sommers nicht glaubst, Ballard. Den Hinweis, dass Jack Curry, Tom Rafferty und ich seine Aussage beschwören können, wischt du vom Tisch. Du kommst dir wohl sehr groß und erhaben vor mit deinem Stück Blech an der Brust, auf das du nicht mal einen richtigen Eid geschworen hast.“
„Jetzt wirst du mir gleich sagen, dass du auf den Stern spuckst, Lealand, nicht wahr?“ Jim hatte sich dem Sprecher zugewandt.
„So ist es.“ Kane Lealand nickte unbeeindruckt. „Ich spucke drauf. Und weil das so ist, wirst du dich jetzt bei mir und meinen Freunden entschuldigen dafür, dass du uns als Lügner bezeichnet hast. Sag es laut und deutlich, Ballard. Jeder soll es hören.“
Jim Ballard schoss Stan Chuckwater einen schnellen Blick zu.
Der Salooner saß nur abwartend da. Ein spöttisches Grinsen umspielte seine Lippen. Spott flackerte auch in seinen Augen.
„Einen Dreck werde ich tun, Lealand“, kam es furchtlos von Jim. Er hatte es laut, klar und mit kalter, präziser Stimme ausgestoßen.
Der Lärm im Schankraum ließ nach. Und schließlich war es still. Unheilvolle, gefährliche Atmosphäre erfüllte den Saloon. Die tabakqualmgeschwängerte Luft schien plötzlich vor Spannung zu knistern.
Jim sagte an Chuckwater gewandt: „Kane Lealand steht auf Ihrer Lohnliste, Chuckwater. Sie würden klug daran tun, ihn zurückzupfeifen.“
„Sie haben ihn herausgefordert, Ballard.“ Chuckwater sprach es kühl und bewegte kaum die Lippen. Sein höhnisches Grinsen hatte sich verflüchtigt. „Kein Mann in unserem Land muss sich beleidigen lassen. Ich kann Lealand auch nicht hindern, auf einer Entschuldigung zu bestehen. In dieser Sache kann ich Lealand weder einen Befehl erteilen noch ihn sonst beeinflussen. Es ist eine Angelegenheit, die mich nichts angeht.“
Jims Lippen wurden schmal. „Natürlich, Chuckwater. Die Gelegenheit ist günstig. Mein Stern war Ihnen von Anfang an ein Dorn im Auge. Und wenn Sie jetzt Ihren Kettenhund von der Leine lassen, wird nicht der geringste Schatten auf Ihre weiße Weste fallen. Ich habe verstanden.“
Chuckwater zuckte nur nichtssagend mit den Schultern.
Jim wandte sich wieder Lealand zu. Sanft sprach er: „Geh mir aus dem Weg, Lealand. Es ist alles gesagt, was es zu sagen gab. Ich werde ein Protokoll fertigen und hineinschreiben, dass du, Curry und Rafferty die Aussage Sommers‘ bestätigen. Sonst noch was?“
„Ich warte auf die Entschuldigung.“
Kane Lealands Rechte hing neben dem abstehenden Knauf des Revolvers. In seinem Gesicht zuckte kein Muskel. Er starrte Jim an wie ein Reptil.
Ein Raunen ging plötzlich durch den Schankraum. Stuhlbeine scharrten, Schritte dröhnten, ein Glas stürzte um und zerschellte klirrend auf dem Fußboden. Die Gäste räumten die Schussbahn.
Jim Ballard aber hatte nicht vor, sich mit Lealand einen Revolverkampf zu liefern. Abrupt setzte er sich in Bewegung. Lealand schaute einen Moment verunsichert drein. Jim ging um ihn herum in Richtung Ausgang.
Ein wütender Laut brach über Lealands Lippen. Er wirbelte herum. Seine Linke schoss nach vorn und riss Jim an der Schulter herum. „Du feiger...“
Jim explodierte regelrecht. Er wuchtete Lealand die Rechte in den Magen. Der Schießer beugte sich mit einem erschreckten Grunzton nach vorn. Überraschung und Schmerz wüteten in seinen Zügen, dennoch huschte seine Hand zum Colt. Doch da traf ihn schon ein knochentrockener Haken Jims gegen den Kinnwinkel und schleuderte ihn zur Seite. Er wand sich am Boden.
Jim wartete nicht. Eine gedankenschnelle Bewegung von Schulter, Arm und Hand – und der Colt lag in seiner Faust. Es knackte metallisch, als er den Hahn spannte. Die Mündung wies wie das hohle Auge eines Totenschädels auf Stan Chuckwater.
Einige der Kerle – auch Cole Sommers – erstarrten in der Bewegung. Ihre Hände umklammerten die Knäufe, der eine oder andere hatte das Eisen schon im Holster gelüftet.
Im Schankraum herrschte Atemlosigkeit. Nur das zeitweilige Stöhnen Kane Lealands, der am Boden hockte und nach Luft schnappte, sprengte die eingetretene Stille.
Sekunden des stummen Lauerns verstrichen. Chuckwater saß wie gelähmt hinter dem Tisch. Dann stieß Jim düster hervor: „Halten Sie Ihre Kettenhunde an der Leine, Chuckwater. Sie sollten mich nicht unterschätzen. Außerdem lassen Sie sich gesagt sein, dass ich mich ab sofort immer an Sie halten werde, wenn einer Ihrer Gunslinger Mist baut. Also mahnen Sie Ihre Leute zur Zurückhaltung, mein Freund. Andernfalls lernen Sie mich kennen.“
Chuckwater fasste sich. Er schob die Unterlippe vor und nickte anerkennend. „Ich entdecke Fähigkeiten an Ihnen, Ballard, die ich niemals hinter Ihnen vermutet hätte. Haben Sie noch nie einen Gedanken daran verschwendet, dass Sie vielleicht auf der falschen Seite stehen könnten?“
Jim maß den Salooner mit einem verächtlichen Blick. „Nein. Auf die Idee, dass ich die falsche Seite gewählt haben könnte, bin ich noch nie gekommen, Chuckwater. Und jetzt sollten Ihre Leute die Hände von den Knäufen nehmen. Es macht mich nervös. Wie leicht könnte sich diese Nervosität in meinen Zeigefinger übertragen.“
Chuckwaters Lider fielen halb über die Augen. „Ihr habt gehört, was er verlangt. Also...“
Die Colts rutschten in die Holster zurück, als sie die Hände von den Griffen lösten.
„Sehr klug“, nickte Jim, dann ging er langsam zur Pendeltür. Er bewegte sich rückwärts, also so, dass er Chuckwater und die Handvoll Kerle, die so etwas wie seine Leibgarde bildeten, im Auge behielt.
Er drückte die Türflügel mit seinem Körper auseinander und glitt in der Schutz der Wand. Jetzt erst entspannte er den Colt und versenkte ihn ihm Futteral. Jim Ballard atmete auf.
Bisher hatten ihn Chuckwaters Schießhunde mehr oder weniger ignoriert. Jetzt hatte er sie sich zum Feind gemacht. Jim Ballard gab sich keinen Illusionen hin.
*
Jim Ballard bewohnte ein kleines Haus neben dem Marshal’s Office. Bis zum frühen Morgen hatte er seinen Dienst in der Stadt versehen. Als der erste helle Streifen am Horizont den Sonnenaufgang ankündigte, war Jim erst ins Bett gekommen.
Forderndes Pochen an der Haustür riss ihn aus dem Schlaf. Er murmelte eine Verwünschung und warf die Zudecke von sich herunter, schwang die Beine vom Bett und erhob sich.
Das Pochen gegen die Haustür wurde ungestümer. Jim beeilte sich. Als er die Tür öffnete, staunte er nicht schlecht. Vor ihm stand Carrie. „Du?“, entfuhr es Jim.
Ihre langen, schwarzen Haare waren vom schnellen Ritt zerzaust, ihre Wangen vom scharfen Reitwind gerötet. Sie schaute ernst hoch in sein Gesicht. „Tut mir leid, Jim, wenn ich deinen Schlaf gestört habe. Aber es schien mir wichtig, dich aufzusuchen.“
Ihr Anblick allein hatte ihn schon besänftigt. Der Entschuldigung hätte es nicht mehr bedurft. „Komm rein“, murmelte er und trat zur Seite.
Er geleitete das schöne Girl in die Küche. Sie trug eine Jeans und eine blaue Bluse. Die Hose war eng und betonte ihre weiblichen Reize. Obwohl sie sehr schlank war, stimmten ihre Proportionen. Ihr kleiner Po war rund und knackig. Ihre Oberschenkel waren lang und schlank.
Wieder spürte Jim die Erregung, die ihn heiß durchflutete. Es kribbelte bis unter seine Gehirnschale. Er trug nur die lange Unterhose. Sein Oberkörper war nackt. Und in der Unterhose tat sich etwas. Er spürte es ganz deutlich, wie sich das Blut in seiner Mitte sammelte und dass da etwas heranwuchs, dem er nichts entgegenzusetzen hatte.
Carrie ging bis zum Tisch und wandte sich ihm schnell zu. „Jim, Dad wird heute Mittag Brad beerdigen. Und danach will er seine Leute bewaffnen und in die Stadt kommen. Was das heißt, weißt du. Er will Chuckwater und seinen höllischen Verein mit Pulverdampf und Blei hinausfegen aus der Gulch.“
Hart pochte das Herz gegen Jim Ballards Rippen. „Verdammt sei sein sturer Schädel“, knurrte er und trat vor Carrie hin. „Wie spät ist es jetzt?“
„Zehn Uhr ungefähr. Wirst du versuchen, Dad aufzuhalten? Ich habe Angst um ihn. Die Männer, die er mitbringt, sind solide Arbeiter, aber keine Kämpfer. Es wird Blut fließen, wenn Dad nicht gebremst wird.“
Jim legte seine Hände um ihre Oberarme. „Ich werde deinem Vater entgegenreiten, Carrie. Ob ich ihn aufhalten kann, weiß ich nicht. Zu groß ist sein Hass. Sollte es mir nicht gelingen, nun, dann...“
Er brach vielsagend ab.
Sie wusste, was er meinte. Sie lehnte den Kopf an seine breite Brust. „Dann rennen Dad und die Männer offenen Auges ins Verderben, nicht wahr?“ Ihre Stimme kam losgelöst, fast wie ein Windhauch.
„Ja, denn Chuckwater und seine Schießhunde werden gewappnet sein.“ Er sprach es, schaute in ihre Augen und blickte in einen Abgrund des Grauens und der Angst.
„Großer Gott, so weit darf es nicht kommen.“ Carrie schmiegte sich enger an ihn. Ihre Brüste drückten gegen seinen Leib. Er spürte die festen, harten Nippel und der Sturm in seinen Lenden wurde überwältigend.
Jim Ballard wurde übermannt. Er nahm sie in die Arme und küsste sie stürmisch und verlangend. Sie ließ es geschehen und erwiderte seine Küsse. Er drängte sie zur Tür der kleinen Schlafkammer. Seine Hormone spielten verrückt. Er konnte einfach nicht anders.
Carrie ließ es geschehen. Sie verspürte sogar eine gewisse Dankbarkeit. Er nahm ihr mit seiner Liebe etwas von der Bedrückung, der Angst, der Hoffnungslosigkeit und der Verbitterung, die sie seit der vergangenen Nacht ausfüllten.
Sanft machte sie sich von ihm frei und zog ihre Bluse aus. Ihre Brüste waren rund und fest. Die Haut, die sich darüber spannte, war wie Samt. Ihr Bauch war flach, ihre Taille schmal und biegsam.
Sie öffnete ihre Hose...
Schließlich stand sie nackt vor Jim.
Er drückte sie in die zerwühlten Kissen und entledigte sich seiner Unterhose. Steif und prall stand sein bestes Stück schräg in die Höhe. Jim legte sich neben Carrie und nahm sie in die Arme. Ihre Lippen trafen sich, seine Zunge schob sich zwischen ihre Zähne. Plötzlich waren seine Hände überall. Sie strichen sanft über ihren glatten, straffen Körpers, massierten ihre Brust, wühlten in ihren Schamhaaren. Er manipulierte sie mit dem Finger und spürte es heiß und feucht zwischen ihren Oberschenkeln. Carrie bäumte sich seiner Hand entgegen und stöhnte anhaltend.
„Nimm mich“, raunte sie schließlich, als ihr Körper schon vor Erregung zuckte. „Jim, oooh...“
Er war in sie eingedrungen. Sie öffnete sich ihm voll und ganz. Sein Mund schloss sich über ihrer linken Brust, seine Zunge kreiste um die steinharte, steil aufgerichtete Warze. Langsam bewegte er seine Hüften. Sie spürte ihn tief in sich und stöhnte vor Wollust.
Ja, er ließ sie in diesen Augenblicken die grausame Realität völlig vergessen. Die Empfindungen trugen Carrie fort wie auf einer weichen Wolke. Ihre Finger verkrallten sich in seinem Rücken. Rhythmisch stieß er in sie hinein. Er füllte sie aus und berührte die empfindsamsten Stellen tief in ihrem Leib.
Das Bettgestell knarrte. Langsam aber sicher trieb er sie dem Gipfel der Lust entgegen. Ihre Augen hatten sich verklärt, sie stieß kurze, abgehackte Schreie aus. Sein Rhythmus beschleunigte sich. Sie drückte ihm ihre Mitte entgegen. Ihre ebenmäßigen, weißen Zähne, die in einem scharfen Kontrast zum dunklen Teint ihrer Haut standen, glitzerten zwischen den leicht geöffneten, roten Lippen.
„O mein Gott!“, röchelte sie, als der Gipfel der Lust erklommen war. "„Ja, ja, Jaaa!“
Sie erschauerte. Ihre Muskulatur zuckte exzessiv. Glückshormone durchfluteten sie bis in die letzte Faser ihres Körpers. Sie kostete es aus, und dann kam Jim. Sie fühlte, wie er sich in sie ergoss. Er keuchte. Sein Gesicht glänzte feucht vom Schweiß. Er stieß noch einige Male in sie hinein, dann lag er schwer auf ihr. Sie ließen das Hochgefühl in sich nachklingen. Schließlich aber flaute es ab. Jim rollte von ihr herunter und lag neben ihr. Beider Herzen schlugen einen wilden Takt.
Carrie lehnte den Kopf an seine Schulter. Sie befand sich wieder in der gnadenlosen Gegenwart. Die Beklemmung kehrte zurück. Leise sagte sie: „Dad wird in dir einen Feind sehen, Jim, wenn du versuchst, dich ihm in den Weg zu stellen. Ich weiß nicht mehr, um wen von euch beiden ich mir mehr Sorgen machen muss.“
„John ist ein aufrechter, ehrenhafter Mann, Sweetheart. Er wird den Stern an meiner Brust respektieren. Sicher, nachdem sein Sohn erschossen wurde, ist er verbittert und voll Hass. Aber er wird wieder zur Besinnung kommen. Ich bin überzeugt davon. Er wird auf mich hören, Carrie. Schließlich war er einer der ersten Verfechter der Idee, die Gulch zu zivilisieren, einen Gesetzeshüter zu etablieren und dieses Stück Land mitten in den Bergen zu einer gesetzmäßigen Ordnung zu führen.“
„Dein Wort in Gottes Ohr, Jim. Ich glaube allerdings nicht an seine Einsicht. Er hat Rache geschworen, und mein Vater hat noch niemals einen Schwur gebrochen.“
Es klang wie ein böses Omen.
*
Jim hatte sich auf einem niedrigen Hügel zwischen der Stadt und der Hamilton-Mine postiert. Es gab hier einige Felsen, hinter denen er notfalls in Deckung gehen konnte. Sein Pferd stand hinter dem Hügel im Schutz einer Gruppe von Büschen.
Der Himmel war wolkenverhangen. Es war diesig und nieselte leicht. Die Blätter der Büsche und das harte Büschelgras zwischen den Felsen und auf den Hügelflanken glänzten nass. Obwohl Jim einen imprägnierten Regenumhang trug, fröstelte ihn.
Immer wieder richtete er den Blick nach Norden, von wo John Hamilton und seine Männer kommen mussten. Westlich von Jims Standpunkt war der Fluss, der sich durch die Schlucht wälzte. Wenn Jim nach Süden schaute, konnte er die chaotische Ansammlung von Häusern, windschiefen Hütten, Buden, Zelten und anderen Behelfsunterkünften sehen, die die Stadt bildeten. Rauch stieg aus den Schornsteinen und wurde vom Wind gegen die Felswand im Westen getrieben und zerpflückt.
In der Gulch wimmelte es wie in einem Ameisenhaufen. Die Erde zu beiden Seiten des Flusses war aufgewühlt. Auf den Claims schufteten abgerissene, bärtige Burschen. Sie schlugen dem Boden in der Schlucht mit ihren Hacken tiefe Wunden. Scharenweise wuschen Männer zu beiden Seiten des Creeks den Sand in der unbeirrbaren Hoffnung, dass ein Nugget im Sieg hängen blieb.
Der Goldrausch war ein Fluch für das Land. Seit der Run ausgebrochen war, fielen die Digger in diesen Landstrich ein wie nimmersatte Heuschreckenschwärme. In ihrem Schlepptau gaben sich Glücksritter, Abenteurer, Gunstgewerblerinnen und Banditen in der Last Chance Gulch ein Stelldichein. Glücklose Burschen, die sehr bald feststellen mussten, dass sie auf einem wertlosen Claim schufteten, blieben als Gestrauchelte und Entwurzelte zurück.
Das alles ging Jim Ballard durch den Sinn, indes er wartete. Er spann seine Gedanken weiter. Es waren bittere, unerfreuliche Gedanken.
Banden machten das Land unsicher. So mancher Digger, der fündig geworden war, wurde mit einer Kugel im Leib oder eingeschlagenem Schädel aufgefunden. Vorher hatte man ihn seinen Claim ausbeuten lassen und in aller Ruhe zugesehen, wie er sich abmühte. Dann wurde er brutal um den Lohn seiner Arbeit gebracht.
Goldlandwölfe! So wurden die Banditen genannt, die auf diese Weise versuchten, hier ihr Glück zu machen, ohne sich die Hände zu beschmutzen.
Um diesen Verbrechern das Handwerk zu legen, hatten die Goldgräber eine Genossenschaft gebildet und einen Marshal gewählt. Dieser Marshal war er, Jim Ballard. John Hamilton war sein größter Befürworter gewesen. Und nun war John drauf und dran, sich gegen ihn und damit gegen das Gesetz zu stellen.
Jim aktivierte seine Sinne, als er sich ihm Geräusche näherten, die er als Hufschlag und das Rumpeln eines Fuhrwerks identifizierte. Jäh war er angespannte Aufmerksamkeit. Er postierte sich hinter einem Felsen. Das Gewehr hielt er mit beiden Händen schräg vor seiner Brust.
Die Last Chance Gulch zog sich auf etwa 40 Meilen durch die Big Belt Mountains und war stellenweise bis zu einer Meile breit. Die Sohle war nicht eben. Felsgebilde und Hügel buckelten überall. Felsvorsprünge und Buschgruppen behinderten die Sicht.
Der Trupp kam schließlich in Jims Blickfeld.
Es waren zwei Reiter und ein Fuhrwerk, das von zwei Kaltblütern gezogen wurde. Bei den Reitern handelte es sich um John Hamilton und Matt Morgan, den Mann, der für die Sicherheit der Hamilton-Minen die Verantwortung trug. Er war ein schlanker, geschmeidiger Bursche mit tiefgeschnalltem Colt.
Das Gespann lenkte einer der Grubenarbeiter. Auf der Ladefläche hockten ein weiteres Dutzend dieser rauen Kerle. Und jeder von ihnen war mit einem Gewehr bewaffnet.
Es war eine schlagkräftige Truppe, die John Hamilton nach Last Chance City führte, um dort im ‚Golden Nugget Saloon‘ für Kleinholz zu sorgen.
Jim schluckte würgend.
Als der Zug nahe genug war, trat er hinter dem Felsen hervor. Er feuerte eine Kugel in die Luft und lud sofort wieder nach. Die Detonation verhallte in der Gulch. Das scharfe, schnappende Geräusch des Repetierens lag für die Spanne zweier Herzschläge in der Luft.
John Hamilton und Matt Morgen zerrten an den Zügeln und brachten ihre Pferde in den Stand. Das Poltern und Rumpeln des Fuhrwerks verklang. Fünfzehn Augenpaare waren mit düsterem Ausdruck auf Jim Ballard gerichtet.