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​Diese Lady ist Dynamit: Pete Hackett Western Edition 25

von Pete Hackett (Autor:in)
©2022 130 Seiten

Zusammenfassung

Sie lehnten an der Theke von 'Larry`s Inn'. Auf ihrem Weg ins Goldland Montana hatten sie in dem Nest Tierra Amarilla Halt gemacht. Hier wollten sie eine Nacht bleiben und ausruhen.

Vier Männer und eine Frau. Sie war noch keine 25, schlank und etwa eins siebzig, hatte rote Haare, die in sanften Wellen über ihre Schultern und auf ihren Rücken fielen. Und sie trug zwei schwere, langläufige Remington-Colts am Gürtel.

Ihr Name war Shirley Patton.

Sie erregte Aufsehen. Nicht nur wegen der beiden Sixshooter am patronengespickten Gurt aus schwarzem Büffelleder. Diese Frau war ungewöhnlich hübsch. Kein richtiger Mann vermochte sich der Faszination, die sie verströmte, entziehen.

In El Paso hatten die vier ihr aus einer üblen Klemme geholfen. Sie stand alleine auf der Welt, und sie war eine Abenteuerin. Und als sie hörte, dass die Männer nach Montana wollten, hatte sie sich ihnen kurzerhand angeschlossen.

Die Männer tranken Bier, die Frau begnügte sich mit einem Glas Wasser.

Es war Nacht. Die Dunkelheit hing wie ein schwarzer Mantel über dem Land. Ein gutes Dutzend Männer lungerte an der Bar herum oder saß an den Tischen. An einem der Tische wurde um kleine Einsätze gepokert.

Einige Kerle hatten die Kopfe zusammengesteckt und flüsterten miteinander. Es waren vier. Auf ihrem Tisch stand eine Flasche Brandy, die schon ziemlich leer war.

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Alfred Bekker

© Roman by Author / COVER EDWARD MARTIN

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​Diese Lady ist Dynamit: Pete Hackett Western Edition 25


Western von Pete Hackett


Über den Autor

Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war – eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.

Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung."

Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.



Ein CassiopeiaPress E-Book

© by Author www.Haberl-Peter.de

© der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

www.AlfredBekker.de



Sie lehnten an der Theke von 'Larry`s Inn'. Auf ihrem Weg ins Goldland Montana hatten sie in dem Nest Tierra Amarilla Halt gemacht. Hier wollten sie eine Nacht bleiben und ausruhen.

Vier Männer und eine Frau. Sie war noch keine 25, schlank und etwa eins siebzig, hatte rote Haare, die in sanften Wellen über ihre Schultern und auf ihren Rücken fielen. Und sie trug zwei schwere, langläufige Remington-Colts am Gürtel.

Ihr Name war Shirley Patton.

Sie erregte Aufsehen. Nicht nur wegen der beiden Sixshooter am patronengespickten Gurt aus schwarzem Büffelleder. Diese Frau war ungewöhnlich hübsch. Kein richtiger Mann vermochte sich der Faszination, die sie verströmte, entziehen.

In El Paso hatten die vier ihr aus einer üblen Klemme geholfen. Sie stand alleine auf der Welt, und sie war eine Abenteuerin. Und als sie hörte, dass die Männer nach Montana wollten, hatte sie sich ihnen kurzerhand angeschlossen.

Die Männer tranken Bier, die Frau begnügte sich mit einem Glas Wasser.

Es war Nacht. Die Dunkelheit hing wie ein schwarzer Mantel über dem Land. Ein gutes Dutzend Männer lungerte an der Bar herum oder saß an den Tischen. An einem der Tische wurde um kleine Einsätze gepokert.

Einige Kerle hatten die Kopfe zusammengesteckt und flüsterten miteinander. Es waren vier. Auf ihrem Tisch stand eine Flasche Brandy, die schon ziemlich leer war.

Die Kerle lachten. Schließlich erhob sich einer von ihnen. Ehe er sich in Bewegung setzte, trank er mit einem Ruck sein Glas leer. Er hüstelte. Dann näherte er sich dem Schanktisch. Er baute sich an seinem Ende auf und nahm eine lässige Haltung ein.

Der Mann hieß Darren Baxter. An seinem rechten Oberschenkel war ein Colt festgeschnallt. Er war groß, breitschultrig und schmal in den Hüften. Der genossene Alkohol rötete seine Augen.

"Heh, Reddy", rief er rau.

Shirley fühlte sich angesprochen. Darren Baxter starrte sie durchdringend und zwingend an. Deshalb ...

"Meinst du mich?", fragte sie mit dunkler, etwas rauchiger Stimme.

"Yeah, dich, Honey." Baxter grinste breit. Es war ein selbstgefälliges, überhebliches Grinsen. Seine Zähne blitzten. "Du gefällst mir. Ja, wirklich. Eine wie dich könnte ich glatt schon zum Frühstück vernaschen."

Er verdrehte die Augen und schnalzte genießerisch mit der Zunge.

"Sicher", murmelte das Mädchen, "gib aber acht, dass dir eine wie ich nicht im Magen liegenbleibt. Meine Sorte ist nämlich schwer verdaulich. – Also lass mich in Ruhe."

Sein Grinsen wurde maskenhaft. "Heh, du siehst nicht gerade aus, als wärst du prüde, Honey. Was muss man dir bieten, damit du ja sagst? Reicht es, wenn ich dir sage, dass du die nächsten Wochen und Monate von einem wie mir träumen wirst?"

"Du hast gehört, was Shirley gesagt hat, Hombre", mischte sich Tyler Cohan ein, ein indianerhaft wirkender Mann mit kantigen Zügen, von dem etwas Raubtierhaftes, Gefährliches ausging.

"Mit dir rede ich nicht, Mister", knurrte Baxter. "Es sei denn, du bist mit ihr verheiratet. Ansonsten halt das Maul."

Herausfordernd fixierte er Tyler.

"Ich glaube, du hast dir ein Paar Stiefel angezogen, mein Freund, die dir einige Nummern zu groß sind."

Das hatte Jim Hastings ausgesprochen, der links von Shirley stand. Hastings war blond und blauäugig. Er trug den 45er links. Er besaß die Geschmeidigkeit eines Pumas. Seine Wiege hatte in Texas gestanden, genau gesagt in San Antonio.

"Für dich gilt dasselbe wie für deinen Kumpel", fertigte ihn Darren Baxter barsch ab. "Ich will die Rothaarige. So ein Weib kommt nicht alle Tage in ein Nest wie dieses. Sie macht ganz und gar nicht den Eindruck eines Mauerblümchens. Ich will sie – und ich habe mir schon immer genommen, was ich wollte. Also werde ich es auch heute tun."

Im Schankraum war es absolut ruhig geworden. Die Atmosphäre schien vor Spannung zu knistern, war wie mit Elektrizität geladen. Man konnte die Gefahr, die die lastende Stille erfüllte, fast körperlich spüren.

"Du bist betrunken, Mister", kam es ruhig und sachlich von Tyler. "Setz dich wieder auf deine fünf Buchstaben und lass uns in Ruhe. Andernfalls kriegst du Ärger."

Darren Baxters Grinsen erlosch. Seine Züge verkniffen sich. Von ihm ging plötzlich etwas Böses, Unduldsames aus. Er gehörte zu dem Menschenschlag, der auf jede Herausforderung reagiert, der jede Herausforderung annimmt. Er knirschte: "Die Lady wird sich jetzt zu mir an den Tisch setzen. Sie leistet mir Gesellschaft, bis ich ..."

Shirley unterbrach ihn schroff: "Bis du was?"

"Bis ich der Meinung bin, dass wir uns aufs Zimmer zurückziehen sollten, Sweetheart."

Cole Forsyth, ein dunkelhaariger Bursche mit schmalem Gesicht und stechenden Augen, schnappte: "Ich schätze, Großmaul, dir brennt das Hemd. Oder hast du nicht alle Tassen im Schrank? Für wen hältst du dich eigentlich?"

Shirley legte ihm die Hand auf die Schulter. "Ruhig, Cole, ganz ruhig." Sie lächelte. "Ich werde dem Gentleman Gesellschaft leisten. Yeah ..."

Sie löste sich vom Tresen.

Mit schwingenden Hüften und biegsam in der Taille ging sie langsam auf Darren Baxter zu. Das Lächeln umspielte nach wie vor ihren sinnlichen Mund. Es zauberte kleine Grübchen in ihre sonnengebräunten Wangen. Ihre grünlichen Augen versprühten Blitze.

Unter dem Hemd zeichneten sich satt und prall ihre Brüste ab. Die Nippel waren deutlich auszumachen. Die drei oberen Knöpfe des Hemdes waren geöffnet. Darren Baxter konnte die Ansätze ihrer Brüste erkennen. Sein Blick saugte sich daran fest. Die Gier glitzerte in seiner Iris.

"Na, Sonny, läuft dir das Wasser im Mund zusammen?", fragte Shirley, und ihre Stimme hatte einen geradezu sanften Klang. Anderthalb Schritte vor Baxter war sie stehengeblieben. Ihr Blick wanderte an ihm hinunter. "Ganz klar", sagte sie. "Du bist spitz wie ein läufiger Rüde. Man sieht's."

Tatsächlich beulte sich bei Darren Baxter oberhalb des Schritts die Hose verdächtig aus. Seine Linke tastete sich zu der Stelle, ungeniert begann er sie zu massieren. "Heavens", grunzte er, "spitz ist gar kein Ausdruck. Was hältst du davon, Honey, wenn wir uns erst gar nicht setzen, sondern gleich dein Zimmer aufsuchen?"

Das Lächeln wirkte wie hineingeklebt in ihr rassiges Gesicht. Aber wenn Darren Baxter genau hingeschaut hätte, dann wäre ihm sicherlich aufgefallen, dass es ihre Katzenaugen nicht erreichte. In ihnen war nicht die Spur von Freundlichkeit. Da war im Gegenteil etwas, das ihn hätte warnen müssen.

Es entging ihm. Vielleicht ignorierte er es auch nur. Er fühlte sich verdammt sicher – viel zu sicher.

Shirleys Linke hob sich und ihre Finger begannen in der Flut von Haaren zu spielen, die über ihre Schultern quollen. Spielerisch wickelte sie sich eine Strähne um den Zeigefinger. Ihre Lippen waren ein wenig geöffnet, zwei Reihen perlweißer, ebenmäßiger Zähne schimmerten zwischen ihnen.

Sie war die Verführung in Person, wie sie so dastand.

Darren Baxter leckte sich über die Lippen. Im Geiste sah er sie schon nackt vor sich. "Hölle", entrang es sich ihm. "Einem Weib wie dir begegnet man wirklich nur einmal im Leben."

Aber Shirley verpasste seiner Euphorie einen gewaltigen Dämpfer.

"Ich habe nicht vor, mich mit dir an den Tisch zu setzen, Sonny", gab sie ruhig zu verstehen. "Auf die Gesellschaft von Dummköpfen lege ich nämlich keinen – lege ich nicht den geringsten Wert."

Und mit dem letzten Wort ließ Shirley ihr linkes Bein hochfliegen. Er hatte keine Chance. In dem Sekundenbruchteil zwischen Erkennen und Reagieren traf sie ihn genau auf den Punkt. Er krümmte sich nach vorn und brüllte seinen Schmerz hinaus. Die Augen traten ihm aus den Höhlen. Seine Hände fuhren zwischen seine Beine, verkrampften sich.

Shirley zog blitzartig den rechten Colt. Es war eine glatte Bewegung im Zusammenspiel von Schulter, Arm und Hand. Sie war schnell – höllisch schnell. Das Eisen flirrte hoch. Und dann zuckte ihre Faust nach unten.

Darren Baxter, der noch immer vornübergeneigt dastand und sein malträtiertes bestes Stück mit beiden Händen festhielt, der verstandesmäßig gar nicht erfasste, wie ihm geschah, bekam den Lauf des Sechsschüssers mit stählerner Härte auf den Kopf, und vor seinen Augen schien die Welt zu explodieren.

Er seufzte und fiel um wie ein morscher Baum.

Seine Kumpane am Tisch sprangen auf. Ein Stuhl kippte polternd um. Die Brandyflasche rollte über die Tischkante und fiel auf die Dielen. Ausgelaufener Schnaps sickerte zwischen die Ritzen der Bohlen.

Die Hände der drei Kerle stießen zu den Schießeisen.

Mitten in der Bewegung erstarrten sie. Ihre Hände blieben über den Knäufen hängen wie die Klauen von Greifvögeln.

In Shirleys beiden Fäusten lagen plötzlich die Colts. Es knackte metallisch, als sie die Hähne spannte. Klickend drehten sich die Trommeln um jeweils eine Kammer weiter. Kreisrund, schwarz gähnend und unheilvoll starrten die Mündungen auf die Kerle. Auf keinen bestimmten von ihnen. Aber jeder spürte für sich, dass er es sein würde, den ihr Blei traf, wenn er auch nur falsch mit der Wimper zuckte.

Ungläubig und staunend fixierten sie die rothaarige Schönheit, deren Anblick allein jeden Mann verrückt machte und die ihre Colts beherrschte wie ein Jongleur seine Ringe.

"Das war's", ließ Shirley vernehmen. Ihre Stimme klang völlig gelassen und ohne jede Aggressivität. "Jetzt verschwindet. Und vergesst nicht, diesen notgeilen Narren mitzunehmen. Der wird die nächste Zeit schätzungsweise nichts mit einer Frau im Sinn haben."

"Na, was ist? Seid ihr taub?", rief Lance Shannon, der vierte Mann in Shirleys Begleitung.

In die Kerle kam Bewegung. Mit starren Mienen kamen sie näher. Sie sahen, wie das Mädchen die Colts um ihre Zeigefinger rotieren ließ und in den Holstern versenkte. Sie wagten nichts. Diese Lady war Dynamit. Und die vier Kerle, die sie um sich geschart hatte, vermittelten einen ziemlich hartgesottenen und raubeinigen Eindruck.

Shirley hatte ihnen eine Lektion erteilt. In diesem Land lernte ein Mann seine Lektionen entweder schnell, oder er ging vor die Hunde. Vor die Hunde wollten sie nicht gehen. Also hoben sie Darren Baxter auf und schleppten ihn nach draußen. Ihre Schritte polterten über den Vorbau, schließlich verklangen sie.

Der Keeper meldete sich zu Wort: "Hölle und Teufel. Denen haben Sie's gezeigt, Lady. Aber wissen Sie auch, mit wem Sie sich da angelegt haben?"

"Sollte mich das interessieren?" Shirley fragte es und kehrte zu ihrem Platz zwischen Tyler Cohan und Jim Hastings zurück. Sie nippte an ihrem Wasser.

"Wäre vielleicht ganz gut, es zu wissen."

Die Männer im Schankraum hatten sich von ihrer Lähmung befreit und begannen zu tuscheln. Scheue Blicke trafen das Quintett beim Tresen.

"Na, dann erzählen Sie's", forderte Shirley den Keeper auf zu sprechen.

"Er heißt Darren Baxter. Sein Vater betreibt einige Erzgruben in den Bergen östlich von Chama Creek. Ein reicher Mann, in dessen Schatten wir hier leben. Darren Baxter wird Ihnen den Tritt in den ... hm, in die ..."

Betreten brach er ab.

"... Eier", half ihm Shirley auf die Sprünge.

"Genau." Der Mann schaute sie verblüfft an. "Also gut, er wird Ihnen den Tritt nicht verzeihen. Und dass Sie ihn ausgeknockt haben, erst recht nicht. Er ist nachtragend und rachsüchtig. Sie müssen mit ihm rechnen."

"Danke für die Warnung", sagte Cole Forsyth. "Aber der gute Darren muss sich ziemlich beeilen, wieder auf die Beine zu kommen. Denn wir reiten morgen früh weiter."

"Dann bringen Sie nur viele Meilen zwischen sich und Baxter", mahnte der Keeper. "Er ist gefährlich und hat eine Reihe mindestens ebenso gefährlicher Freunde."

"O ja", versetzte Shirley. "Sehr viele Meilen. Wenn er seine Schwellungen mit kalten Essigumschlägen behandelt, kann er vielleicht in einer Woche wieder auf einem Pferd sitzen. Bis dahin sind wir der Last Chance Gulch schon um einiges näher als diesem lausigen Nest hier."

Die Brauen des Keepers zuckten in die Höhe. "Sie sind auf dem Weg nach Montana?"

"Yeah", antwortete Shirley. "Dort oben soll das Gold regelrecht auf der Straße liegen. Man braucht sich nur zu bücken und es aufzuheben."

"Na dann, viel Glück", entrang es sich dem Barmann zweifelnd.


*


Shirley war auf ihrem Zimmer. Eine Lampe mit grünem Glasschirm an der Wand spendete trübes Licht. Unten, auf der Main Street war es ruhig. In dem Zimmer gab es ein Bett, zwei Stühle, einen kleinen Tisch, einen blinden Spiegel an der Wand und ein eisernes Dreibein mit einer Schüssel voll Wasser. Ein Handtuch hing unter dem Spiegel von einem krummen Nagel.

Shirley hatte den Revolvergurt abgelegt und über die Stuhllehne gehängt. Sie zog ihre staubigen Stiefel aus, dann schlüpfte sie aus der Jeans. Sie war nur noch mit einem kleinen Slip und dem Hemd bekleidet, als es an ihre Tür klopfte.

Sie glitt zum Stuhl, ihre Hand legte sich auf den Knauf eines der Colts. "Wer ist da?"

"Tyler."

"Was willst du?"

"Mit dir reden."

Ein Lächeln huschte um Shirleys Mund. Ein unergründlicher Ausdruck schwamm plötzlich auf dem Grund ihrer Augen.

Sie schob den Riegel zurück. Die Tür schwang auf. Tyler Cohan trat ins Zimmer. Er drückte die Tür zu und lehnte sich dagegen.

Das düstere Licht legte Schatten in sein hartliniges Gesicht. Sein Blick glitt an ihrer Gestalt nach unten. Sie hatte lange, schlanke Beine, wohlgeformt, mit einem kleinen Dreieck zwischen den Oberschenkeln. Ihre Haut war glatt und erinnerte an feinen Samt.

Shirley ließ es über sich ergehen. Sie kannte ihre Wirkung auf Männer. Auf diesem Gebiet war sie abgeklärt genug, um keine Verlegenheit zu empfinden.

Heiser vor Erregung begann der große Mann: "Ich wusste es, Shirley. Ich habe gleich erkannt, nachdem wir uns trafen, dass du die beiden Eisen nicht zum Spaß mit dir herumschleppst. Aber dass du sie so gut schwingen kannst, das hätte ich im Traum nicht erwartet."

Sie lächelte ihn an. In ihren Augen spiegelte sich das Licht. In ihrem Lächeln lag etwas, das er nicht sogleich zu deuten vermochte, das ihn aber berührte. Verunsichert schaute er sie an.

„Ich habe dich also beeindruckt“, erwiderte sie. „Aber um mir das zu sagen, bist du doch nicht in mein Zimmer gekommen. Was werden wohl Lance, Jim und Cole davon halten?“

Er winkte ab und fuhr fort: "Du hast diesen Baxter auf seine richtige Größe zurechtgestutzt. Ja, das hat mich beeindruckt.“ Er zögerte, wieder taxierte er sie von oben bis unten. Tyler Cohan wirkte betreten, unsicher. Er schluckte, schließlich gab er sich einen Ruck. „Himmel“, stöhnte er, „ich muss es dir sagen. Du kannst mich hinterher als Narren bezeichnen und mich aus dem Zimmer werfen. Ich wäre ...“

„Was redest du um den Brei herum, Tyler. Spuck's schon aus.“

Er nickte. „Okay, Shirley." Seine Hände hoben sich, sanken wieder nach unten. Er konnte nicht mehr zurück. Sie sah ihn an, als wollte sie seine geheimsten Gedanken ergründen und analysieren. "Als du so richtig in Aktion warst, da – da ..."

"... ging es dir nicht viel anders als dem Schwachkopf, der glaubte, bei mir nur mit den Fingern schnippen zu müssen. Deine Hormone haben sich gemeldet. Stimmt's?"

Sein Gesicht schien eine Nuance dunkler zu werden. Er schüttelte den Kopf. "Nicht ganz." Tyler räusperte sich, als wollte er sich den Hals frei machen, bevor er wieder ansetzte. Irgendwie fiel es ihm schwer, das zu sagen, was er auf dem Herzen hatte. "Seit ich dich zum ersten Mal sah, warst du für mich was Besonderes. Und heute, nun, da wusste ich, dass ich – dass ich in dich verliebt bin."

Er atmete aus. Ja, es hatte ihn eine Menge Überwindung gekostet, es auszusprechen. Er war ein harter und kompromissloser Bursche, der sich durchzusetzen vermochte und der den einmal eingeschlagenen Weg – wenn es sein musste – bis zum bitteren Ende ging.

Aber er war kein Süßholzraspler.

Jetzt war es draußen.

Und er fühlte sich plötzlich unendlich frei.

"Haben wir nicht ausgemacht, dass zwischen uns fünfen nichts anderes sein wird als Kameradschaft?" Ihre Frage kam fast schnippisch. "Wir wollten Partner sein, sonst nichts ..."

Er nickte. "Ich weiß. Aber ich musste es einfach loswerden." Wieder musterte er sie von oben bis unten.

Shirley schaute auf seine Mitte. O ja, es ging ihm jetzt genauso wie dem widerlichen Darren Baxter am Abend im Saloon. In seiner Hose hatte sich einiges getan. Zwischen Schritt und Gürtel schien sie sich nach vorne auszuweiten.

In Shirleys Mundwinkeln begann es zu zucken. Sie sagte: "Nun, Tyler, auch du warst mir von der ersten Sekunde an nicht egal. Du bist ein Mann – ein richtiger Mann. Auf einen wie dich habe ich vielleicht nur gewartet."

Es kam ohne Umschweife, direkt und klar, und in dem Blick, mit dem sie ihn ansah, lag die unverhohlene Aufforderung, den Worten Taten folgen zu lassen.

Sie trat dicht an ihn heran.

Tyler Cohan nahm sie in die Arme. Shirley stellte sich auf die Zehenspitzen und reckte sich ihm entgegen. Sie küssten sich. Zunächst war es ein inniger Kuss, ein heißer Kuss, wie ihn frisch Verliebte eben austauschen. Schließlich aber brach die Leidenschaft durch. Bei beiden. Sie fingen an zu keuchen. Ihre Zungen drohten sich ineinander zu verknoten. Tylers Hände waren plötzlich überall. Sie öffnete seinen Gürtel und die Knöpfe seiner Hose.

Plötzlich riss sie sich los von ihm. Sie nahm seine Hand. "Komm!" Es war, als konnte sie es nicht mehr erwarten. Sie zog ihn zum Bett. Sie riss ihm fast das Hemd vom Leib. Dann wand sie sich aus dem ihren. Ihre Brüste quollen hervor. Sie waren prall und fest. Die Knospen standen steil in die Höhe. Ein Feuerwerk der hormonellen Ausschüttung raste bis unter ihre Haarwurzeln. Sie war in wilder, hemmungsloser Leidenschaft entflammt.

Tyler Cohan riss sich die Stiefel von den Füßen. Er sprang nahezu aus seiner Hose. Sein Körper war muskulös und sehnig. Die schwarzen Haare hingen ihm wirr in die Stirn. Sein Glied stand steif wie ein Pfahl. Die Spitze glänzte vor satter Durchblutung.

Shirley saß auf der Bettkante und entledigte sich des Schlüpfers. Jetzt waren sie beide nackt wie Adam und Eva vor dem Sündenfall.

Sie zog ihn zu sich aufs Bett, ließ sich zurückfallen. Ihre Hand legte sich um den Schaft des heiß durchbluteten Stücks zwischen seinen Beinen. Ja, er war ein richtiger Mann. Er strich mit seiner rauen Hand über ihren flachen Bauch, die Hand wanderte nach oben, spannte sich um ihre rechte Brust, knetete sie sanft. Dann tastete sie sich wieder nach unten, wühlte durch ihre Schamhaare, schließlich stimulierte er sie mit dem Finger. Sie war feucht ...

Shirleys Hand bewegte sich locker, schwang leicht hin und her.

Tyler stöhnte.

Er beugte sich über sie, seine Zunge kreiste um den kieselsteinharten Nippel. Shirley warf den Kopf aufs Kissen, ihre Hand begann ihn zu bearbeiten, ihr Mund öffnete sich halb vor Wollust, sie schloss die Augen.

Sie wurden mitgerissen von der Flut aus Leidenschaft und lüsterner Begierde. Es gab nur sie beide. Sonst nichts. Jeder wollte die Befriedigung. Sie waren hungrig, und sie waren heißblütig.

Tyler drängte sich zwischen ihre Oberschenkel. Sein zum Platzen gefüllter Johnny glitt hinein in den feuchten Kanal männlicher Glückseligkeit. Sie erbebte. Ihre Muskeln strafften sich, sie wölbte sich ihm entgegen. Ein Stöhnen kämpfte sich in ihrer Brust hoch und drang über ihre zuckenden Lippen.

Tyler füllte sie aus. Er spießte sie regelrecht auf. Tief war er in ihr drin. Seine Hüften schwangen zurück. Dann stieß er in sie hinein. Erst langsam – dann schneller, immer schneller, schließlich exzessiv und wie rasend.

Beider Atem flog. Schweiß drang ihnen aus den Poren. Sie schlang die Beine um seine Taille. Abgehackte, spitze Schreie aus ihrer Kehle begleiteten den Rhythmus seiner Stöße. Er katapultierte sie regelrecht zum Höhepunkt. Es war wie der Ausbruch eines Vulkans. Shirley röchelte. Ihre Lider flatterten, ihr Gesicht hatte sich gerötet. Das Kribbeln in ihrem Körper breitete sich aus und schien den letzten Nerv zu aktivieren. Ihr Mund klaffte weit auf. Ihr Körper zuckte unter Tyler wie im Krampf.

Und schließlich pulsierte es aus ihm heraus. Stoßweise ergoss er sich in sie. Ein Taumel erfasste ihn, er verdrehte die Augen. Und er schob, bis der letzte Tropfen draußen war.

Das grenzenlose Empfinden, das durch seine Gehirnwindungen zuckte und ihm jeglichen Gedanken raubte, ebbte ab. Der Taumel verschwand. Er spürte die Wärme ihrer Scheide, die eng seinen Lustzapfen umschloss. Tylers Körper erschlaffte.

Tyler Cohan rollte sich zur Seite. Er lag neben ihr. Ihre Hand strich über seinen Leib. Beide waren sie atemlos.

"Das war gut, Sweetheart", murmelte er.

"Yeah", erwiderte sie zwischen zwei tiefen Atemzügen. "Und es war, denke ich, fällig."

Tyler nickte. "Was dagegen, wenn ich bleibe?"

"Wo denkst du hin? Du hast es mir viel zu gut besorgt eben, als dass ich es bei dem einen Mal für diese Nacht belassen könnte. Hoffentlich bereust du's nicht noch, dass du zu mir gekommen bist. Ich kann nämlich unersättlich sein."

Ihre Hand tastete sich nach unten und Tyler spürte, wie sie den müden Krieger zwischen seinen Beinen zu manipulieren begann.


*


Als sich im Osten die Sonne über den Horizont schob und dem Land langsam seine Farben verlieh, zogen sie ihre Pferde aus dem Mietstall. Das Morgenrot legte einen rötlichen Schein auf die Dächer der Häuser und spiegelte sich in den Fenstern.

Es war kühl. Sie saßen auf. In ihren Scabbards steckten Gewehre. Sie hatten Leinensäcke mit Proviant an den Sätteln hängen. Die Wasserflaschen waren gefüllt.

Im Wagen- und Abstellhof saßen sie auf. Sattelleder knarrte, die Gebissketten klirrten. Sie trieben die Pferde an. Dumpf pochte der Hufschlag. Durch das hohe Galgentor bogen sie in die Main Street ein. Die Hufe rissen Staubfahnen in die Morgenluft, der sachte Wind trieb sie als Fontänen vor sich her.

Die Stadt schlief noch. Irgendwo hinter den Häusern bellte ein Hund.

Der kleine Trupp kam nicht weit. Aus einer Gassenmündung löste sich die Gestalt eines Mannes. Er hielt eine Winchester in der Hüfte im Anschlag. Sein Zeigefinger lag um den Abzug. Mitten auf der Fahrbahn hielt er an.

Um die Ecke des Barber Shops schob sich eine zweite Gestalt. Ebenfalls bewaffnet mit einem Gewehr.

Ein dritter Mann kam zwischen General Store und einem Lagerschuppen hervor. Bewaffnet ...

Ein vierter Bewaffneter trat aus dem Schatten eines Gebäudes. Er blieb dicht am Gehsteiggeländer stehen.

Und hinter den Reitern erklang eine gehässige Stimme: "Aus dem Staub machen gilt nicht. Ihr habt bei mir was offen. Vor allem die rothaarige Tigerkatze. Wir werden euch jetzt die Rechnung für gestern Abend präsentieren. Ich schätze, es wird höllisch hart für euch werden."

Sie waren ihren Pferden in die Zügel gefallen. Die Tiere schnaubten, stampften und peitschten mit den Schweifen.

Die Hände der fünf stahlen sich zu den Revolvern.

Tyler Cohan zog sein Pferd herum, wendete es. Jim Hastings zerrte sein Tier halb um die linke Hand. Cole Forsyth nahm Front zu dem Kerl beim Barber Shop ein. Lance Shannon beobachtete den Mister an der Ecke des General Store. Und Shirley ließ den Burschen nicht aus den Augen, der vor ihr mitten auf der Straße stand.

"Und jetzt?", rief Tyler Cohan rau. "Wollt ihr uns von den Pferden knallen? Oder was soll das sonst werden?"

Darren Baxter lachte scheppernd. "Ihr vier Dummköpfe könnt von mir aus die Stadt verlassen. Allerdings zu Fuß, auf Socken, und ohne eure Waffen. Und solltet ihr euch noch einmal in Tierra Amarilla und Umgebung blicken lassen, werden wir euch teeren und federn."

"Ausgesprochen freundlich, Baxter. Und was wird aus Shirley?"

"Aaah, Shirley heißt der rothaarige Teufelsbraten. Nun, sie wird mich entschädigen müssen für den gemeinen Tritt und die brutale Kopfnuss von gestern Abend." Darren Baxter kicherte. "Ich werde der Wildkatze die Krallen ziehen, und sehr bald wird sie schnurren wie ein zahmes Kätzchen."

"Du scheinst sehr von deinen Qualitäten überzeugt zu sein, Baxter", rief Shirley über die Schulter. "Ich denke, du bist nicht mal halb so gut, wie du glaubst."

"Du hast ein loses Mundwerk, Girly. Hoffentlich ..."

Er kam nicht zu Ende. Tyler Cohan zischte: "Jetzt!"

Die vier Männer warfen sich aus den Sätteln. Shirley drosch ihrem Pferd die Fersen in die Seiten. Aus dem Stand vollführte das Tier einen Satz nach vorn. In Shirleys rechter Faust lag wie hineingezaubert der Colt.

Hinter Shirley begannen die Waffen zu dröhnen. Sie schoss am Hals des Tieres vorbei, als es an der Hüfte des Kerls vor ihr grell aufleuchtete. Die Detonationen vermischten sich zu einem einzigen, lauten Knall, der durch die Stadt trieb und sich über die Dächer der Häuser erhob.

Pulverdampf wölkte, Staub wallte. Ein Pferd wieherte, ein anderes stieg auf die Hinterhand. Ein drittes lag am Boden und schlegelte mit den Hufen.

Shirley spürte den Gluthauch der Winchesterkugel an ihrer Wange. Ein zweites Mal bäumte sich die Waffe in ihrer Faust auf. Der Mister mit der Winchester schwankte. Die Mündung der Waffe wies auf die Straße. Noch einmal zog er durch. Das Geschoss pflügte den Staub. Plötzlich sackte er zusammen. Er begrub das Gewehr unter sich.

Shirley zerrte das Pferd um die linke Hand.

Auf dem Gehsteig sah sie einen Mann geduckt die Straße hinunterrennen. Er rannte um sein Leben. Der Kerl beim Barber Shop saß auf der Vorbaukante und presste die Hand gegen seine durchschossene Schulter. Der beim General Store war verschwunden.

Und weiter oben auf der Straße lag Darren Baxter still auf dem Rücken.

Shirleys Begleiter standen mit den Rücken zueinander und sicherten um sich. Bleierne Stille hing nach den Schüssen über der Stadt. Die Echos der Detonationen waren verhallt. Es war wie die Stille des Todes. Der Pulverdampf wurde vom Morgenwind zerpflückt. Aufgewirbelter Staub senkte sich auf die Main Street zurück.

Shirley trieb ihr Pferd zu dem Mister hin, den sie niedergeschossen hatte. Er lag verkrümmt auf der Seite und wimmerte. Seine Hand hatte sich im Hemd über der rechten Brustseite verkrallt. Sie war rot von seinem Blut, das zwischen den Fingern hindurch sickerte und in den Straßenstaub tropfte.

Shirley ritt zurück zu ihren Gefährten.

Sie hatten die Colts sinken lassen. Von keiner Seite drohte mehr Gefahr. Der Mister auf dem Gehsteig war verschwunden.

Tyler Cohan setzte sich ruckhaft in Bewegung. Er bewegte sich geschmeidig, federte leicht in den Knien. Er beugte sich über Darren Baxter. Dessen Augen waren weit geöffnet und starrten mit leerem Ausdruck hinauf zum bleigrauen Himmel. Cohans Kugel hatte ihn mitten ins Leben getroffen. Auf seiner Hemdbrust zeichnete sich ein schnell größer werdender Blutfleck ab.

Tyler Cohan verspürte eine jähe Trockenheit im Mund. "Dieser Narr", murmelte er bitter vor sich hin. "Warum musste er es herausfordern?"

Er kehrte zu den anderen zurück.

Der Bursche mit der zerschossenen Schulter hatte sich erhoben und taumelte nach vorne gekrümmt die Fahrbahn hinunter. Sein Gewehr blieb zurück.

Sie schauten sich um. Hinter den Fensterscheiben der umliegenden Häuser zeigten sich helle Flecke. Es waren die Gesichter der Anwohner. Niemand schob das Fenster hoch und beugte sich heraus. Niemand lief auf die Straße. Einen Sheriff oder Deputy gab es in dem Nest nicht.

Es war, als hielte die Stadt den Atem an.

Lance Shannon ließ seine dunkle Stimme erklingen: "Mein Pferd ist beim Teufel. Ich werde mir ein neues beschaffen müssen." Er stieß seinen Colt ins Holster.

Auch die anderen versenkten ihre Kanonen.

"Der dort braucht einen Arzt", gab Shirley zu verstehen und wies auf den röchelnden und stöhnenden Burschen, den sie niedergestreckt hatte.

"Habt ihr gehört!", brüllte Jim Hastings und drehte sich auf der Stelle. "Ein Arzt wird gebraucht! Also hole jemand den Doc."

Sein lautes Organ musste in den Häusern zu hören sein.

"Nimm deinem Gaul Sattel und Zaumzeug ab, Lance", knurrte Tyler. „Jim, Cole, Shirley, ihr passt auf. Dieses Drecknest scheint immer für eine böse Überraschung gut zu sein."

Tyler Cohan ritt zum Mietstall zurück.

Der alte, gebeugte Stallbursche erwartete ihn beim Tor.

Cohan sagte: "Haben Darren Baxter und sein schießwütiger Anhang ihre Gäule bei Ihnen untergestellt, Oldtimer?"

Der Alte schluckte trocken und nickte.

Cohan hob das rechte Bein über das Sattelhorn und glitt vom Pferd. "Zeigen Sie sie mir."

Der Stallmann nahm eine Laterne vom Haken und wuselte vor Cohan her zum hinteren Ende des Stalles. Hier war es noch ziemlich dunkel. Durch die Ritzen der Bretterwände fiel graues Morgenlicht in schmalen, schrägen Bahnen, in denen winzige Staubpartikel tanzten. Cohan nahm dem Oldtimer die Laterne aus der Hand und ging von Box zu Box. Er entschied sich für einen hochbeinigen Falben mit breiter Brust, was kräftige Lungen und Ausdauer verriet. Er zog das Tier auf den Mittelgang.

"Ich nehme den", erklärte er. "Und es ist kein Diebstahl, Oldtimer, es ist Schadenersatz für eines unserer Tiere, das die Hohlköpfe abgeknallt haben."

"Das – das ist Darren Baxters Pferd", krächzte der Alte, und es klang fast verzweifelt. "Wenn ich es einfach so ..."

"Darren Baxter braucht keinen Vierbeiner mehr", schnitt ihm Cohan das Wort ab.

Der Stallmann zog den Kopf zwischen die hageren Schultern. "Gütiger Gott", entfuhr es ihm fassungslos. "Ist er – ist er etwa tot?"

"Yeah."

Cohan griff in die Mähne des Falben und zog ihn zum Tor. Er hörte den Alten stammeln: "Das nimmt Jason Baxter nicht hin, Stranger. Er wird euch jagen, bis euch die Zungen zum Hals heraushängen. Und am Ende wird er euch töten."

"Er hätte seinen Ableger nicht so sehr verwöhnen sollen. Wenn einer denkt, er kann alles auf der Welt so mir nichts dir nichts kriegen, dann hat jemand bei seiner Erziehung etwas falsch gemacht."

Cohan saß auf. Er nahm sein Lasso und warf die Schlinge über den Kopf des Falben. Mit dem Tier im Schlepptau trabte er zurück auf die Main Street.

Bei dem Verwundeten kniete jetzt ein grauhaariger Mann mit einem Zwicker auf der Nase. Neben ihm stand eine schwarze Ledertasche. Er ließ sich nicht stören, als Cohan kam.

Tyler Cohan half Lance Shannon, den Falben zu satteln und zu zäumen. Sie schnallten die Deckenrolle fest.

"Okay, reiten wir." Cohan drehte die Nase seines Braunen nach Norden.

Ungehindert verließen sie Tierra Amarilla.


*


Man brachte Darren Baxter nach Chama Creek. Dort war Jason Baxter der Starke und Mächtige. Sein Schatten fiel weit. Er bestimmte in diesem Teil des Countys sozusagen die Richtlinien der Politik. Er war der ungekrönte König. Sein Wort war Gesetz.

Darren Baxter wurde ins Leichenschauhaus des Ortes gebracht. Er wurde in einem teuren Sarg aufgebahrt. Vor dem offenen Sarg standen Jason Baxter und Wesley, Darrens Bruder.

Mit erloschenem Blick starrte Jason Baxter auf seinen toten Sohn. Das wächsern anmutende Gesicht Darrens war im Tode verzerrt. Der grenzenlose Schreck der letzten Sekunde seines Lebens prägte es.

Etwas in Jason Baxter schien zerbrochen zu sein. Fassungslosigkeit und Trauer erfüllten ihn. Seine Miene wurde von der ganzen Gefühlswelt geprägt, die ihn erfüllte.

Je länger er aber auf den Leichnam starrte, umso mehr wurden die schmerzhaften Empfindungen vom Zorn verdrängt, der sich steigerte und schließlich in leidenschaftlichen, unversöhnlichen Hass umschlug.

„Sie müssen sterben“, presste er plötzlich zwischen den Zähnen hervor. „Ich will sie tot sehen.“ Die Leidenschaft verdunkelte seine Stimme. „Ja, ich will Rache – blutige Rache. Und ich werde nicht eher ruhen, bis sie tot vor mir liegen.“

Es war ein tödlicher Schwur, den Jason Baxter aussprach.

Wesleys Lippen wurden zu einem dünnen, blutleeren Strich. Harte Linien hatten sich in seine Mundwinkel gekerbt. Er hatte seinen jüngeren Bruder geliebt, obwohl er oftmals mit dessen haltlosem Treiben nicht einverstanden war. Darren war leichtsinnig und wenig verantwortungsbewusst. Er, Wesley, war aus einem anderen Holz geschnitzt. Er war wie sein Vater. Unduldsam, despotisch, eigennützig und skrupellos – alles andere als ein Bruder Leichtfuß, wie es Darren gewesen war.

Wesley Baxter stieß hervor: “Sie ziehen nach Norden, nach Montana. Das verlautbarten sie jedenfalls im Saloon. Der Weg dort hinauf ist mit tausend Strapazen verbunden, und du bist nicht mehr der Jüngste, Dad. Lass mich sie verfolgen. Lass mich Darren für dich rächen – es soll auch meine Rache sein.“

Jason Baxter musterte seinen Sohn mit unergründlichem, fast forschendem Blick. Er hatte die Zähne zusammengebissen. Scharf traten die Backenknochen unter der Haut hervor. Schließlich nickte er: „Gut, Wes. Nimm dir ein halbes Dutzend Männer und reite. Und kehre erst dann nach Hause zurück, wenn der letzte dieser Killer beim Teufel ist.“

„Ich töte sie alle, Dad. Das verspreche ich dir.“

Noch in derselben Stunde brach Wesley Baxter auf.


*


Sie befanden sich längst in Colorado. Zwischen ihnen und Tierra Amarilla lagen etwa 20 Meilen. Eine unbarmherzige Sonne schleuderte ihre Flammenbündel auf das Land, brannte es aus und die Hitze machte das Atmen zur Qual.

Sie zogen durch die gigantische, majestätische Bergwelt der Sangre de Cristo Kette. Bewaldete Hügel und nackte Felsmonumente lösten sich ab. Steile Geröllhänge und mit hartem Galletagras bewachsene Hügelflanken schoben sich weit in die Täler hinein.

Sie mussten Umwege reiten, folgten den Windungen zwischen den Hängen und Felsbastionen.

Bei einem kleinen Fluss rasteten sie. Sie lockerten die Sattelgurte, tränkten die Pferde und ließen sie grasen. Dann wuschen sie sich Staub und Schweiß aus den Gesichtern. Im Schatten des Ufergebüsches aßen sie etwas von ihrem Proviant.

Shirley und Tyler Cohan verrieten mit nichts, dass sie in der Nacht mehr geworden waren als nur Sattelgefährten. Keinem der beiden entging es jedoch, dass Lance Shannon sie immer wieder mit einem gewissen Lauern im Blick beobachtete.

"Wir sollten mal 'nen Blick auf unserer Fährte zurückwerfen", meinte Cohan, nachdem er seinen letzten Bissen mit einem Schluck Wasser hinuntergespült hatte und sich eine Zigarette rollte. "Wenn sich die Prophezeiung des Oldtimers im Mietstall erfüllt, dann kleben wahrscheinlich schon ein paar zweibeinige Bluthunde auf unserer Spur. Lance, übernimm du das."

Lance Shannon schob das Kinn vor. Mit den gespreizten Fingern fuhr er sich durch seine rötlich-braunen Haare. Gereizt stieß er hervor: "Sag mal, Tyler, wer hat dich eigentlich zu unserem Führer ernannt? Du schaffst hier plötzlich an, als wären wir deine Hampelmänner."

"Einer muss schließlich die Führung übernehmen", warf Shirley hin.

"Ich bin mein eigener Herr", kam es gedehnt von Shannon. "Ich lass mir keine Befehle erteilen. So ist das, Tyler." Shannon wies mit lässiger Geste nach Süden, wo hoch oben die sengende Sonne stand und die Konturen der Gipfel und Grate im flirrenden Glast verschwammen. "Lauf selbst auf den Hügel und schau nach. Du bist dir doch nicht zu schade dazu?"

Tyler Cohans Miene hatte sich verfinstert. Seine Brauen hatten sich zusammengeschoben wie schwarze Raupen. Abgehackt sagte er: "Hast du plötzlich irgendein Problem, Lance? Es geht hier nicht um Unter- oder Überordnung. Es geht darum, dass ich die meiste Erfahrung von uns allen besitze und dass wir möglicherweise eine ziemlich rachsüchtige und kompromisslose Reiterschar im Genick sitzen haben."

"Kein Streit", mischte sich Jim Hastings in seinem breitesten Texas-Slang ein. "Ich geh schon."

Er stemmt sich hoch, rückte seinen Patronengurt und das Holster zurück und stakste sattelsteif ein Stück den Weg zurück, den sie gekommen waren.

"Er scheint dir zu gehorchen, Tyler", schnappte Shannon. "Vielleicht gehorcht dir auch Forsyth. Frag ihn doch mal, ob er deinem Gaul nicht den Hintern lecken will."

"Was ist plötzlich in dich gefahren, Lance?", entrüstete sich Shirley. "Welcher Teufel reitet dich mit einem Mal?"

"Sei du ganz ruhig, Partnerin."

Er zog das letzte Wort ganz besonders in die Länge, verlieh ihm damit eine besondere Bedeutung.

"Nun spuck's schon aus, Lance", ließ Cohan wieder seine Stimme erklingen. "Was bedrückt dich?"

"Du warst vergangene Nacht bei Shirley!", stieg es dumpf aus Shannons Kehle. "Du hast sie gevögelt. Ich hab euch gehört. Du hast dich nicht an die Abmachung gehalten, Tyler. Finger weg von Shirley! Wir wollten Sattelgefährten und Partner sein. Du hast am lautesten getönt. Aber das war nichts als der blanke Eigennutz. Du hast uns Sand in die Augen gestreut, Amigo."

Cole Forsyths Kopf war hochgeruckt, er bekam schmale Augen. Er schürzte die Lippen: "Stimmt das, Tyler?"

"Und wenn es so wäre?", rief Shirley, die das Unheil, das plötzlich über ihnen hing wie eine dunkle Gewitterwolke, fast körperlich spürte. Ja, es mutete sie stofflich und greifbar an.

"Dann hast du einen Keil zwischen unsere Partnerschaft getrieben, Rothaar", giftete Shannon. "Und für keinen von uns besteht noch der geringste Grund, dir fernzubleiben. Jeder von uns hat dasselbe Recht auf dich wie Tyler."

Shirley erhob sich. Sie schüttelte ihre Haarflut nach hinten. In ihren Augen stand eine kalte Flamme des Zorns. "Dann bin ich also Freiwild für dich?", platzte es über ihre Lippen. "Heute Morgen ist einer, der das auch dachte, mit der Nase in den Staub gefallen."

Shannon lachte klirrend. "Willst du dich jetzt mit mir schießen, Rothaar?" Er schaute herausfordernd an ihr in die Höhe, den Funken einer hemmungslosen Gier im Blick. "Haben wir nicht geschworen, alles zu teilen auf unserem Weg ins Goldland, und auch oben, sollten wir fündig werden." Er fixierte jetzt wieder Tyler Cohan. "Warum also willst du sie nicht mit uns teilen?"

Details

Seiten
Erscheinungsjahr
2022
ISBN (ePUB)
9783738959376
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2022 (März)
Schlagworte
lady dynamit pete hackett western edition

Autor

  • Pete Hackett (Autor:in)

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Titel: ​Diese Lady ist Dynamit: Pete Hackett Western Edition 25