Zusammenfassung
Der Umfang dieses Buchs entspricht 124 Taschenbuchseiten.
Die FBI Agenten Trevellian und Tucker ermitteln beim Galopprennen wegen kaltblütig ermordeter Jockeys. Alle Ermordeten waren die Sieger. Mit dabei ist auch der Sohn eines Multimillionärs. Er ist allerdings der Einzige, der keinen Sieg vorweisen kann. Der Verdacht liegt nahe, dass die Morde inszeniert wurden. Doch dann stoßen Trevellian und Tucker bei ihren Ermittlungen auf ein Familiengeheimnis. Ist dort die Lösung zu finden?
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Trevellian und das Galopprennen in den Tod: Action Krimi
Krimi von Pete Hackett
Der Umfang dieses Buchs entspricht 124 Taschenbuchseiten.
Die FBI Agenten Trevellian und Tucker ermitteln beim Galopprennen wegen kaltblütig ermordeter Jockeys. Alle Ermordeten waren die Sieger. Mit dabei ist auch der Sohn eines Multimillionärs. Er ist allerdings der Einzige, der keinen Sieg vorweisen kann. Der Verdacht liegt nahe, dass die Morde inszeniert wurden. Doch dann stoßen Trevellian und Tucker bei ihren Ermittlungen auf ein Familiengeheimnis. Ist dort die Lösung zu finden?
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© dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
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1
Trommelnder Hufschlag erhob sich. Die Jockeys standen in den Steigbügeln, hatten die Oberkörper weit nach vorne gebeugt, die Hälse der Pferde waren waagerecht nach vorne gestreckt, die Hufe wirbelten. Jene Zuschauer, die auf Whirlwind gewettet hatten, jubelten. Der dreijährige Hengst hatte die Führung übernommen.
Der Pulk der Galopper zog sich etwas auseinander. Plötzlich aber fiel Whirlwind wieder zurück. Der Applaus wurde leiser. »Stratos aus dem Gestüt Donegan schiebt sich in den Vordergrund«, ertönte es aus dem Lautsprecher. »Whirlwind fällt auf Platz drei zurück, wird nun überholt von Blackbird aus dem Gestüt Howard. Blackbird schiebt sich auf Platz zwei. Gelingt es ihm, hier für die große Überraschung zu sorgen? – Nein. Ben Miles auf Stratos kommt als erster ins Ziel. Blackbird wird zweiter. Whirlwind ist auf Platz vier zurückgefallen.«
Es bedeutete das Todesurteil für Ben Miles, den Mann, der an diesem Tag das Rennen auf dem Aqueduct Race Track in Queens gewonnen hatte…
Ben Miles hatte geduscht, sich trocken frottiert und zog sich an; weißes Hemd, Krawatte, Anzug, seine besten Schuhe. Bruce Donegan hatte eine Siegesfeier organisiert. Der Jockey aus Cleveland war im Habitat einquartiert. Nie im Leben hatte er damit gerechnet, dieses Rennen zu gewinnen. Umso glücklicher machte ihn der Sieg. Der Jockey war bester Laune.
Er richtete vor dem Spiegel die Krawatte, war mit seinem Aussehen zufrieden und verließ das Badezimmer. Der Fernseher lief. Miles schaute auf die Uhr. Es war neunzehn Uhr vierzig. Die Party begann um zwanzig Uhr. Er hatte also noch ein wenig Zeit. Um sie zu überbrücken, ging er zum Telefon, wählte die Vorwahl von Cleveland und dann die Nummer seiner Freundin Jeanette. Sie meldete sich. Dass er das Rennen gewonnen hatte, wusste sie bereits. »Hallo, Darling, ich wollte deine Stimme noch einmal hören.«
Jeanette lachte. »Ich kann mal eine CD besprechen, die du mit zu deinen Rennen nimmst.«
»Ich freue mich, wenn ich wieder bei dir sein kann.«
»Ich kann es auch kaum erwarten, dass du nach Hause kommst. Du bleibst mir doch hoffentlich treu. Die Versuchung bei der Party wird sicherlich groß sein.«
Miles lachte. »Ich hole mir allenfalls Appetit. Gegessen wird zu Hause.«
»Das will ich dir auch geraten haben.« Auch Jeanette lachte. Miles liebte dieses Lachen.
Es klopfte an der Tür. Miles sagte »Moment, Darling«, senkte die Hand mit dem Hörer und rief: »Wer ist da?«
»Zimmerservice. Für Sie ist ein Fax gekommen.«
»Moment.« Miles hob wieder den Hörer vor das Gesicht. »Ich rufe dich wieder an, Darling. Es ist der Zimmerservice. Für mich ist ein Fax gekommen. Bis später. Ich liebe dich.«
»Ich liebe dich auch.«
Miles legte auf und ging zur Tür, schloss auf und drehte den Türknopf.
Ein Mann, kaum größer als er, stand auf dem Flur. Er trug ein Blatt Papier in der Linken. Sein Lächeln wirkte starr, wie aufgesetzt und die Augen nahmen daran nicht teil. Er reichte Miles das Blatt Papier. Glückwunsch, stand darauf. Sonst nichts. Irritiert schaute Miles den Boten an. »Von wem ist das?«
Der Bursche griff unter seine Jacke. Als seine Hand wieder zum Vorschein kam, hielt sie eine Pistole mit aufgeschraubtem Schalldämpfer. Der Mann schoss ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Die Wucht der Kugel trieb Miles zwei Schritte zurück, die Detonation wurde vom Schalldämpfer geschluckt. Der Jockey spürte keinen Schmerz. Nur eine grenzenlose Schwäche. Seine Beine gaben nach. Als er am Boden aufprallte, war er tot.
Der Mörder ließ die Waffe unter der Jacke verschwinden, dann hob er das Blatt Papier auf, das dem Jockey entfallen war, legte es um den Türknopf und zog die Tür zu. Das Papier knüllte er zusammen und steckte es in die Jackentasche. Wie ein Mann, der alle Zeit der Welt hatte, verließ er die Etage. Er benutzte die Treppe.
2
Bruce Donegan schaute auf die Uhr. Es war zwanzig Uhr fünfzehn. »Wo bleibt nur Ben?«
Die Party hatte bereits angefangen. Viele Männer und Frauen, die in irgendeiner Weise mit dem Pferderennsport zu tun hatten, waren anwesend. Die Stimmung war gut, man pflegte zwanglose Konversation, hin und wieder erklang Lachen, noch wirkte alles ein wenig steif und vornehm. Getrunken wurden nur kleine, vornehme Schlucke. Doch das alles würde sich im Laufe des Abends ändern, der Alkohol würde die Atmosphäre auflockern.
Ein Mann, der Donegan nicht von der Seite wich, erbot sich, nach Ben Miles zu sehen. Er begab sich zum Aufzug und fuhr in die dritte Etage, wo sich das Zimmer des Jockeys befand. Auf sein Klopfen an der Tür erfolgte keine Resonanz. Der Mann rief den Namen des Jockeys. Nichts! Noch einmal klopfte er. Dann fuhr er wieder hinunter und ging zu Rezeption. »Rufen Sie Zimmer 312 an«, bat er den Portier. Dieser griff zum Telefonhörer. Wenig später sagte er: »Es meldet sich niemand.«
Donegans Sekretär bedankte sich und ging in den Saal, in dem die Party stattfand. Ein großes Büfett war aufgebaut. Männer und Frauen standen herum, Serviererinnen trugen Tabletts mit Champagner und Orangensaft. An einer Bar konnte sich jeder, der wollte, bedienen. Verworrenes Stimmengemurmel hing in der Luft.
Der Sekretär trat an seinen Chef heran. »Ben meldet sich nicht.«
Donegan presste einen Moment die Lippen zusammen. »Sollte er schlafen?«
»Ich habe gegen die Tür geklopft, seinen Namen gerufen, der Portier hat das Telefon mindestens fünfmal klingeln lassen. Wir sollten vielleicht die Tür öffnen und nachsehen.«
»Warten wir noch ein wenig«, entschied Donegan und wandte sich ab.
Nach einer weiteren Viertelstunde bat der Sekretär noch einmal den Portier, die Nummer 312 anzurufen. Ben Miles meldete sich nicht. Der Sekretär konfrontierte Donegan mit dieser Tatsache und fragte: »Soll ich veranlassen, dass die Tür geöffnet wird, Sir?«
»Ja, tun Sie das.«
Zehn Minuten später standen der Portier und der Sekretär Donegans vor dem Leichnam des Jockeys. Er war schockiert. Donegan wurde in Kenntnis gesetzt. Er war fassungslos. Die Party wurde sofort abgebrochen, die Polizei informiert.
Vierzig Minuten später trafen einige Beamte der Mordkommission Manhattan ein. Auch ein Vertreter der Staatsanwaltschaft und der Coroner erschienen. Todesursache war eindeutig ein Schuss ins Herz. Der Tod war vor gut einer Stunde eingetreten. Ein Team von der Spurensicherung machte sich an die Arbeit.
3
Es war kurz nach acht Uhr, als mein Telefon klingelte. Ich pflückte den Hörer vom Apparat, nannte meinen Namen und hörte die vertraute Stimme von Mr. McKee. »Kommen Sie und Milo doch gleich mal zu mir, Jesse.«
Zwei Minuten später nahmen wir an dem Besprechungstisch im Büro des Assistant Directors Platz. Mr. McKee hatte uns mit Handschlag begrüßt, jetzt ging er hinter seinen Schreibtisch, setzte sich aber nicht, sondern stemmte sich mit beiden Armen auf die Schreibtischplatte und sagte: »Das Police Department hat einen Mordfall an uns abgegeben. Interessieren Sie sich für Pferderennen?«
»Eher nicht«, erwiderte ich. »Mein Sport ist Baseball, mein Team sind die New York Yankees. Aber das ist sicher hinlänglich bekannt.«
»Und ich stehe auf Football«, bemerkte Milo. »Was aber nicht heißen soll, dass ich keine Pferde mag.«
»Es geht um einen Mann namens Ben Miles«, erklärte der Chef. »Miles war Jockey und arbeitete bei Bruce Donegan. Er gewann vor drei Tagen das Derby in Queens. Am Abend dieses Tages wurde er in seinem Hotelzimmer erschossen. Da Miles aus Cleveland stammt, ist das FBI zuständig. Ich möchte Sie beide mit den Ermittlungen beauftragen.«
»Was haben die ersten Feststellungen der Mordkommission ergeben?«, fragte ich.
Der AD hob die Schultern. »So gut wie nichts. Weder Fingerabdrücke noch DNA-Spuren, die einen Hinweis auf den Mörder erlauben.«
»Das ist nicht viel«, knurrte Milo.
»Das ist gar nichts«, verbesserte ihn Mr. McKee. »Halten Sie mich auf dem Laufenden.«
»Selbstverständlich, Sir.«
Zurück in unserem Büro nahm ich Verbindung mit der Mordkommission auf. Ich wurde zweimal verbunden, dann hatte ich den Beamten an der Strippe, der die Ermittlungen am Tatort geleitet hatte. »Die Kugel, die Miles tötete, ist vom Kaliber neun Millimeter Luger«, sagte er. »Der Tod trat am 3. November gegen zwanzig Uhr ein. Wir haben mit den Jockeys gesprochen, die an dem Derby teilnahmen. Favorit war ein Pferd namens Whirlwind. Die meisten Wetten wurden auf dieses Pferd abgeschlossen. Es wurde vierter. Zweiter wurde Blackbird aus einem New Yorker Gestüt – Gestüt Howard.«
»Und?«
»Die Jockeys konnten Alibis vorweisen. Das war auch nur so eine Idee, dass Miles eventuell von einem Konkurrenten ermordet wurde. Sein Chef Bruce Donegan war fix und fertig. Er ist gestern nach Cleveland abgereist.«
»Er hatte sicher auch ein Alibi.«
»Ja. Vor allen Dingen hatte er keinen Grund, seinen Jockey umzubringen.«
Ich bedankte mich bei dem Kollegen, dann schaute ich im Internet nach, ob ich etwas über das Gestüt Howard herausfinden konnte. Es verfügte über eine Homepage. Besitzer des Gestüts war John Howard. Er schickte seine Pferde zu fast allen Rennen in den USA. Große Siege hatte er noch nicht zu verzeichnen gehabt.
Ein Mann, der ein Gestüt besaß, musste über Geld verfügen. Viel Geld. Ich machte mich kundig und fand heraus, dass Howard der Inhaber von Ho-tronic war. Im Internet warb er unter dem Slogan: Industrie-Elektronik - Howard - Dienstleistungen rund um die Elektronik. Entwicklung, Fertigung, Bauteile, Peltierelemente.
Die Firma hatte ihren Sitz in Queens. Howard wohnte in Oaklands Garden. Milo und ich beschlossen, mit John Howard zu sprechen. Wir trafen ihn im Betrieb.
Es handelte sich um einen zweiundsechzigjährigen Mann mit grauen vollen Haaren, der zwar nur mittelgroß war, aber trotz seines Alters einen durchtrainierten Eindruck vermittelte, der natürliche Autorität verströmte und vom Typ her nur ein knallharter Geschäftsmann sein konnte. Dennoch glaubte ich einen verbitterten Ausdruck in seinen Zügen wahrzunehmen, etwas, das den ersten Eindruck, den man von ihm haben musste, Lügen strafte. Man merkte sehr schnell, dass dieser Mann in sich gekehrt war, dass sein Leben nicht nur auf der Überholspur verlief, dass er etwas mit sich herumtrug, das ihm zu schaffen machte.
»Tragisch«, murmelte er, nachdem er uns begrüßt und ich ihm erklärte hatte, was uns zu ihm führte. »Ich kann mir aber kaum vorstellen, dass der Mord etwas mit dem Rennen zu tun hat. Vielleicht hatte jemand eine Rechnung mit Miles zu begleichen.«
»Ihr Pferd wurde zweiter bei dem Rennen«, sagte ich. »Es ging um eine Prämie von 15.000 Dollar. Der Jockey heißt Steve Howard. Ist das Zufall, oder…?«
»Steve ist mein Sohn«, sagte der Industrielle. »Er ist ein Pferdenarr und hat sich zu meinem besten Jockey gemausert. Er war natürlich maßlos enttäuscht, weil es wieder nicht zum Sieg gereicht hat.« Das Gesicht John Howards verfinsterte sich plötzlich. Sein Blick wurde stechend. »Sie denken doch nicht, dass mein Sohn etwas mit dem Mord zu tun hat?«
»Wir müssen das Umfeld von Miles durchleuchten«, versetzte Milo. »Dazu gehört sein privates wie auch sein berufliches.«
»Das sehe ich ein«, gab Howard zu verstehen. »Sicher, Steve ist sehr ehrgeizig. Er arbeitet bei mir in der Firma, aber sein Herz gehört dem Pferdesport. Seit frühester Kindheit ist er mit diesem Sport verbunden.«
»Ist Steve Ihr einziges Kind?«, fragte ich.
»Nein.« Die Brauen Howards schoben sich zusammen. »Da ist noch Brad, mein jüngerer Sohn. Er ist das Gegenteil von Steve. Aber das interessiert Sie sicher nicht, Gentlemen. Steve war erschüttert, als vom Mord an Miles erfuhr.«
»Wie können wir Ihren Sohn erreichen?«
»Er ist heute im Betrieb. Ich kann ihn rufen.«
»Was bekleidet er bei Ihnen für eine Stellung?«
»Er ist Leiter der Verwaltung; Personalverwaltung. Die Hälfte der – hm, Arbeitszeit verbringt er allerdings bei den Pferden. Ich lasse ihn gewähren. Steve schafft in der halben Zeit mehr Arbeit als manch anderer trotz Überstunden.«
Es war deutlich, dass er auf Steve stolz war. Bei Brad, so schien es mir, sah das anders aus. Brad war wohl so etwas wie das schwarze Schaf der Familie.
»Wir suchen Ihren Sohn Steve in seinem Büro auf«, sagte ich und erhob mich. Auch Milo stand auf und wir verabschiedeten uns von dem Betriebsinhaber, nachdem er uns noch gesagt hatte, wo wir seinen Sohn Steve finden konnten.
Das Büro Steves befand sich in der zweiten Etage des Verwaltungsgebäudes. Der Mann war höchstens einssiebzig und gewiss nicht schwerer als hundertzwanzig Pfund. Er hatte ein schmales Gesicht mit schmalen Lippen und war um die dreißig Jahre alt. Der Anzug, den er trug, war von brauner Farbe. Er hatte bei Weitem nicht die Ausstrahlung seines Vaters.
»Mein Dad hat mich angerufen«, sagte er ohne die Spur von Freundlichkeit, »und mich auf Sie vorbereitet.« Er wies auf einen runden Besuchertisch. »Bitte, G-men.« Steve Howard war von betont reservierter Höflichkeit.
Als wir saßen, ließ er sich bei uns nieder, schaute von mir zu Milo und dann wieder zu mir. »Ich denke, Sie verschwenden Ihre Zeit, Agents. Mit dem Tod von Miles habe ich nicht das Geringste zu tun.«
»Er hat sie besiegt.«
»Würde das einen Mord rechtfertigen?«
»Neid kann ein Motiv sein«, bemerkte Milo. »Siehe Kain und Abel.«
»Sie setzen auf das falsche Pferd.«
Milo lachte auf. »Wobei wir wieder beim Thema angelangt sind.«
»Wo waren Sie am 3. November abends gegen acht Uhr?«, fragte ich.
»Ich saß in meiner Wohnung und habe dem verlorenen Sieg hinterher getrauert. Noch zwei Runden und Blackbird hätte Stratos eingeholt.« Steve Howard schob das Kinn vor. Er mutete mich in diesem Moment an wie ein trotziges Kind. »Sie hören richtig, G-men. Der Jockey spielt zwar eine gewisse Rolle, aber im Endeffekt ist es das Pferd, das das Rennen macht. Es gäbe also eher ein Motiv, Stratos, das Pferd, zu töten und nicht den Jockey.«
»Sie haben also kein Alibi.«
»Ich hätte mir eines beschafft, wenn ich gewusst hätte, dass Ben Miles ermordet wird. Vielleicht hilft es Ihnen, wenn ich Ihnen sage, dass ich nicht mal wusste, in welchem Hotel Donegan und seine Leute wohnten.«
»Wo wohnen Sie denn?«, fragte Milo.
»Thompson Street 151. Ich lebe dort allein.«
»Besitzen Sie eine Waffe?«
»Wenn Sie eine Pistole oder ein Gewehr meinen – nein. Wozu auch. Die Zeiten, in denen ein Mann sein Hab und Gut mit der Waffe in der Faust verteidigen musste, sind vorbei.«
Irgendwie wirkte dieser Steve Howard auf mich wie ein Brechmittel. Ich empfand ihn als arrogant. Vielleicht war das aber auch nur ein Schutzmechanismus. Die Menschen reagierten auf uns oft unterschiedlich. Meist stießen wir auf Nervosität. Steve Howard reagierte überheblich.
Er musterte mich mit erhobenen Brauen. Sein Blick war herausfordernd.
Wir hatten uns ein Bild von ihm gemacht und verabschiedeten uns.
»Was hältst du von ihm?«, fragte ich Milo, als wir im Wagen saßen und ich den Wagen in Richtung Manhattan steuerte. Vor und hinter uns wälzte sich eine Autokolonne durch das diesige Grau. Das Wetter war furchtbar. Um es auf einen Nenner zu bringen, es war ausgesprochenes Schmuddelwetter. Immer wieder regnete es. Auf den Straßen standen noch Pfützen vom letzten Schauer. Nasskaltes Wetter bewog die Menschen, sich warm anzuziehen, soweit sie es nicht vorzogen, in ihren Wohnungen zu bleiben.
»Er ist ein arroganter Schnösel«, antwortete Milo grollend. »Ein Unsympath allererster Ordnung. Aber ich halte ihn nicht für einen Mörder. Wie ich zu diesem Schluss komme, weiß ich nicht. Aber es ist so.«
»Es steht leider niemand auf die Stirn geschrieben, ob er ein Verbrecher ist oder nicht.«
»Intuition. Ich kann mich auch täuschen. Unfehlbar zu sein maße ich mir nämlich nicht an.«
Ich grinste. »Wenn doch, wärst du Papst.«
»Nein. Ich -« Milo tippte sich mich dem Daumen gegen die Brust, »- säße zur Rechten Gottes.« Auch Milo grinste.
4
Die Hufe der Pferde berührten kaum den Boden. Die Jockeys peitschten die Tiere vorwärts. Es führte ein Pferd namens Ilvana. Blackbird lief an drittletzter Stelle. Steve Howard bot dem Tier jede erdenkliche Erleichterung. Die Menschenmenge am Rande der Rennbahn schien an ihm vorbeizufliegen. Die Pferde rannten mit aufgerissenen Mäulern, Schaum hatte sich vor ihren Nüstern gebildet, der Reitwind trieb weiße Schaumflocken gegen die Beine der Jockeys. Es ging um ein Preisgeld von 20.000 Dollar.
Ilvana verlor die Führung. »Perdiz aus dem Gestüt Jackson hat sich an die Spitze geschoben«, ertönte es aus dem Lautsprecher. »Der Favorit, Pornados, liegt an vierter Stelle. Jetzt holt Blackbird aus dem Gestüt Howard auf, er erobert sich Platz sechs, zieht jetzt an Shadow Queen vorbei. Aber das Rennen dürfte bereits entschieden sein. - Ja, Perdiz mit seinem Jockey Jeff Olson gewinnt das Rennen.«
Manche Hoffnung auf einen großen Wettgewinn war zerstört worden. Jene, die auf Perdiz gesetzt hatten, kamen auf ihre Rechnung. Blackbird wurde fünfter. Die Enttäuschung bei Steve Carter war groß. Er telefonierte nach dem Rennen mit seinem Vater. John Howard sagte: »Mach dir keinen Kopf deswegen. Pferdezucht und Pferderennen waren in unserer Familie immer nur Hobby. Dabei soll es bleiben. Mir wäre es sowieso lieber, du würdest dich mehr in den Betrieb einbringen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis ich aussteige.«
»Was redest du denn da, Dad? Du bist zweiundsechzig. Wieso denkst du plötzlich daran, aufzuhören? Du bist der Kopf und die Seele des Unternehmens. Ohne dich…«
»Wir reden ein andermal darüber.« John Howard klang fast schroff. »Wann kommst du zurück?«
»Übermorgen. Muss ich mir irgendwelche Sorgen machen?«
John Howard zögerte ein wenig. »Nein«, sagte er dann. »Du musst dir keine Sorgen machen.«
Sie beendeten das Gespräch. Steve Howard rief seine Mutter an. »Was ist los mit Dad? Er sprach vom Aufhören. Ist er krank?«
Seine Mutter lachte. »John und krank? Der reißt doch Bäume aus.«
»Ich dachte nur…«
»Nein. Eher friert die Hölle ein, als dass dein Dad das Zepter im Betrieb aus der Hand gibt. Brad hat sich übrigens gemeldet. Er befindet sich auf den Bahamas und lacht über uns hier im nasskalten New York.«
»Er hat gut lachen.«
Steve verabschiedete sich von seiner Mutter. Brad wirft Dads sauer verdientes Geld mit vollen Händen zum Fenster hinaus, sinnierte er, indes er zum Stall schritt, um sich um sein Pferd zu kümmern. Er wollte den nächsten Tag noch in Boston bleiben und sich die Stadt ein wenig ansehen. Am Abend wollte er sich einige Drinks gönnen, um seiner Enttäuschung über den fünften Platz beim heutigen Derby Herr zu werden.
Jeff Olson, der Sieger des Rennens, befand sich ebenfalls im Stall. Er kam aus San Francisco. »Enttäuscht?«, fragte er den Sportkameraden.
»Wenn ich ehrlich bin – ja. Ich habe mir einen besseren Platz ausgerechnet. Aber ich kam schon beim Start schlecht weg. Vielleicht ist Blackbird aber auch nicht das Pferd, mit dem man gewinnen kann. Egal. Das Leben geht weiter. Und es kommen weitere Rennen.«
Olson lachte. »Wir feiern heute Abend ein wenig. Du bist natürlich eingeladen.«
»Danke. Aber ich habe beschlossen, mich zu betrinken und bald zu Bett zu gehen. Meinen Frust will ich alleine ersäufen.« Steve Howard tätschelte seinem Pferd den Hals, versicherte sich, dass es gut versorgt war, dann verließ er den Stall, ging zu seinem Pontiac, setzte sich hinein und fuhr in Richtung Stadt davon.
Wenig später verließ auch Jeff Olson den Stall. Er schaute sich um. Boston war eine halbe Autostunde entfernt. Hier draußen gab es nur Hügel, Wald und die endlos anmutende Prärie, über der sich ein grauer Himmel spannte. Wolken zogen schnell nach Osten. Ein kalter Wind wehte. Das Gras glitzerte feucht. Die wenigen Blätter, die noch an den Bäumen und Büschen hingen, waren gelb und rot. Der Wind trieb abgefallenes Laub vor sich her.
Olson fuhr einen Ford Mustang. Der Wagen stand vor dem Saloon. Der Jockey ging zu dem Wagen. Da wurde der peitschende Knall eines Schusses heran geschleudert. Olson spürte einen furchtbaren Schlag gegen den Rücken und brach zusammen. Die Detonation verhallte in vielfältigen Echos. Dann war es still. Kurze Zeit nur, dann sprengte das Wiehern eines Pferdes diese lastende Stille. Aus dem Saloon kamen zwei Männer. Einer sah Olson am Boden liegen, machte den anderen darauf aufmerksam, sie liefen zu ihm hin und knieten ab. Olsons Lider zuckten. Seine Lippen murmelten tonlose Worte. Plötzlich brachen seine Augen. Ein letzter rasselnder Atemzug – aus. Die absolute Leere des Todes senkte sich in das Gesicht des Jockeys.
»Er wollte noch etwas sagen«, murmelte einer der Männer. »Hast du seine Worte verstanden?«
»Nur ein Wort, nämlich Howard.«
»Steve Howard, wie?«
»Könnte sein. Was wollte er damit ausdrücken?«
Der andere Mann zuckte mit den Schultern.
Zwei Stunden später klopfte es gegen die Tür von Steve Howards Hotelzimmer. Draußen war es schon finster. Howard lag auf dem Bett und hatte die Hände hinter dem Kopf verschränkt. Sein Vater investierte ein Vermögen in die Pferdezucht. Blackbird war ein gutes Pferd. Steve hatte darüber nachgedacht, ob es wohl an ihm lag, dass sie nicht in der Lage waren, endlich einmal einen Sieg einzufahren und die Prämie zu kassieren.
Jetzt richtete er sich auf, schwang die Beine vom Bett und rief: »Wer ist da?«
»Detective Lieutenant Stan Harper vom Police Department Boston. Machen Sie auf.« Die Stimme duldete keinen Widerspruch.
Steve Howards Stirn legte sich in Falten, er drückte sich hoch, entriegelte die Tür und öffnete sie. Vor ihm standen drei Männer in Trenchcoats. Sie kamen in das Zimmer. »Ich bin Harper«, sagte einer von ihnen, ein schwergewichtiger Mann mit einer Stirnglatze. »Wo waren Sie um halb vier Uhr?«
»Auf dem Weg zum Hotel«, antwortete Howard. »Ich bin zwischen viertel und halb vier vom Stall weggefahren. Um kurz nach vier Uhr kam ich im Hotel an. Warum fragen Sie?«
»Jeff Olson wurde gegen halb vier Uhr erschossen.«
Steve Howard war wie vor den Kopf gestoßen. »Ich habe noch mit ihm gesprochen, ehe ich die Farm verließ«, entrang es sich Howard.
»Ja. Und fünf Minuten später haben sie ihn mit einem Gewehr von einem Hügel aus eiskalt abgeknallt. Geben Sie's zu, Howard.«
»Sie sind wohl übergeschnappt!« Steve Howard war regelrecht zurückgeprallt. »Warum sollte ich Olson töten?«
»Aus dem gleichen Grund wie Ben Miles in New York. Sie sind vom Ehrgeiz zerfressen. Wer besser ist als Sie, muss sterben. Ich muss Sie bitten, mit uns zu kommen.«
Howard war fassungslos. »Bin – ich – etwa verhaftet?«
»Wir werden Sie vernehmen. Wenn Sie schlau sind, legen Sie gleich ein Geständnis ab.«
Steve Howard wich zurück. Seine Miene war Spiegelbild dessen, was er empfand. »Ich – ich will meinen Vater anrufen.«
»Sie sollten lieber mit einem Anwalt sprechen«, stieß Detective Lieutenant Stan Harper mit stählernem Klang hervor.
5
Mein Telefon läutete. Ich nahm ab. Es war John Howard. »Es gibt ein Problem«, sagte er und seine Stimme klang müde. »Man hat in Boston Steve vorläufig festgenommen.«
»Wahrscheinlich ist er zu schnell geritten«, murmelte Milo sarkastisch, der über den aktivierten Lautsprecher mithörte.
Ich verdrehte die Augen. Howard fuhr fort: »Der Sieger des Derbys in Boston wurde gestern Nachmittag erschossen. Die Mordkommission hat Steve im Verdacht, der Mörder zu sein.«
»Gibt es einen Grund für die Annahme?«
»Steve hat kurz vor dem Mord noch mit Olson gesprochen. Olson hat das Rennen gewonnen.«
»Es scheint jemand zu geben, der es auf die Sieger irgendwelcher Galopprennen abgesehen hat«, sagte ich.
»Mein Sohn ist kein Mörder.«
»Hat er einen Anwalt konsultiert?«
»Natürlich. Heute Mittag ist die Anhörung. Steve ist ziemlich am Ende.«
»Ich kümmere mich drum«, versprach ich. Nichts anderes bezweckte John Howard mit seinem Anruf. Das war mir klar. »Wenn ich mehr weiß, melde ich mich wieder.«
»Seit wann spielst du dich als Kindermädchen von Millionären auf?«, fragte Milo bissig.
»Immerhin haben wir in einer anderen Mordsache auch ein Auge auf Steve Howard geworfen«, erklärte ich. »Und der Mord an Ben Miles ist noch nicht geklärt.«
Ich suchte die Nummer der Kollegen in Boston heraus und tippte sie in den Apparat. Das Freizeichen tutete, dann meldete sich eine weibliche Stimme. »Trevellian, FBI New York«, sagte ich. »Ich möchte den zuständigen Beamten in der Mordsache Jeff Olson sprechen.«
»Augenblick.«
Gleich darauf sagte eine Stimme: »Harper, Police Department Boston.«
Ich stellte mich vor und erklärte Harper mein Anliegen. Der Kollege begann zu sprechen: »Olson murmelte noch den Namen Howard, ehe er starb. Howard hat kurz vor dem Mord die Farm verlassen. Ihm fehlt für die Zeit des Mordes ein Alibi. Ich habe mit der Mordkommission Manhattan gesprochen und man hat mir von dem Mord an Ben Miles erzählt. Ist es nicht seltsam, dass nach zwei Rennen, an denen Steve Howard teilnimmt, Morde geschehen? Und in beiden Fällen werden die Sieger umgebracht.«
»Waren in Boston Jockeys dabei, die auch das Rennen in New York bestritten haben?«
»Nein. Nur Steve Howard.«
»Aber ein verlorenes Galopprennen ist doch kein Motiv, um einen Konkurrenten zu ermorden«, stieß ich hervor.
»Man kann die Beweggründe niemals niedrig genug ansetzen«, versetzte Harper. »Es wurden schon aus geringerem Anlass Menschen ermordet.«
Dieser Philosophie hatte ich nichts entgegenzusetzen. »Haben Sie das Hotelzimmer Howards und seinen Wagen nach Waffen durchsucht?«
»Natürlich. Aber das Gewehr kann er irgendwo versteckt haben. Auf dem Weg zwischen der Farm und der Stadt bieten sich tausend Verstecke.«
»Wie sind Howards Chancen?«
»Schlecht abzuschätzen. Wenn ein Haftbefehl ergeht, werden wir ihn irgendwann weichgekocht haben, so dass er gesteht. Wenn nicht…«
Ich sah Harper im Geiste mit den Achseln zucken.
Nach dem Gespräch mit Harper rief ich John Howard an. »Seltsam ist es schon«, sagte ich. »Ihr Sohn ist der einzige Jockey, der bei beiden Rennen am Start war. Er hat für die Zeit des Mordes an Ben Miles kein Alibi, ebenso wenig wie für den Zeitpunkt des Mordes an Jeff Olson. Angeblich hat Olson mit seinem letzten Atemzug den Namen Ihres Sohnes von sich gegeben.«
»Steve sagt doch, dass er kurz vor dem Mord noch mit Olson gesprochen hat. Dass er den Namen meines Sohnes nannte, ist doch kein Beweis für Steves Schuld.« Die Stimme Howards klang fast beschwörend.
»Sie müssen nicht mich überzeugen, Mister Howard«, murmelte ich. »Es hängt davon ab, was der Staatsanwalt gegen Ihren Sohn vorzubringen hat. Aufgrund dieser Fakten wird das Gericht entscheiden. Besitzt ihr Sohn irgendwelche Waffen, Mister Howard?«
»Nicht, dass ich wüsste.«
»Haben Sie etwas dagegen, wenn wir uns mal in seiner Wohnung…« Ich brach ab. Das Einverständnis John Howards nützte nichts. »Wir werden einen Durchsuchungsbefehl beantragen«, so endete ich. »Ich werde dafür sorgen, dass die Wohnung ihres Sohnes bis zur Durchsuchung versiegelt wird.«
»Denken Sie etwa, dass ich irgendwelche Waffen aus seiner Wohnung verschwinden lasse?«
»Wir dürfen nichts außer Acht lassen, Mister Howard.«
»Wieso habe ich mich eigentlich an Sie gewandt? Ich glaube, ich habe damit den Bock zum Gärtner gemacht. Sie halten Steve auch für den Mörder, nicht wahr?«
»Es spricht einiges gegen ihn«, antwortete ich vorsichtig. »Ob die Kollegen in Boston einen Beweis gegen ihn haben, der für einen Haftbefehl ausreicht, weiß ich nicht. Hier in New York haben wir jedenfalls keinen. Und solange wir den nicht haben, ist Ihr Sohn für uns unschuldig.«
»Er ist unschuldig«, presste Howard mit Nachdruck hervor, dann legte er auf.
6
Um zwölf Uhr war die Anhörung angesetzt. Der Staatsanwalt hatte seinen Platz eingenommen. Steve Howard saß mit seinem Verteidiger auf der Anklagebank. Die Zeugen, unter ihnen Detective Lieutenant Stan Harper, saßen auf der vordersten Bank im Zuschauerraum. Der Gerichtsdiener rief: »Die Beteiligten im Falle des Staates Massachusetts gegen Steve Howard mögen sich erheben. Es erscheint der ehrwürdige Richter Caldwell Bennett, der den Vorsitz führen wird.«
Der Richter kam. Es war ein Schwarzer. Er nickte in die Runde und setzte sich. Auch Staatsanwalt, Angeklagter und Verteidiger ließen sich nieder, die Zeugen wurden aus dem Gerichtssaal geschickt. »Bitte, Herr Staatsanwalt«, sagte der Richter. »Beginnen Sie.«
Der Staatsanwalt trug die Mordanklage vor und beantragte schließlich den Erlass eines Haftbefehls. Der Verteidiger kam an die Reihe. Er beantragte, den Antrag des Staatsanwalts abzuweisen. Als erster Zeuge wurde einer der Männer in den Zeugenstand gerufen, die der Schuss aus dem Saloon getrieben hatte und die den sterbenden Jockey gefunden hatten.
»Dann erzählen Sie mal, was sie gehört und gesehen haben«, forderte der Richter den Mann auf.
»Wir hörten einen Knall. Es konnte die Fehlzündung eines Motors, genauso gut aber auch ein Schuss sein. Joe und ich gingen hinaus. Da lag der Jockey. Er formulierte einige unverständliche Worte, ich glaubte den Namen Howard verstanden zu haben, dann starb er. Wir haben die Polizei alarmiert.«
»Ist das alles?«
»Ja.«
»Wen haben Sie noch als Zeugen zu bieten, Herr Staatsanwalt?«
»Joe Mercer.«
»Joe Mercer bitte in den Zeugenstand.«
Mercer wurde vereidigt, nachdem er Platz genommen hatte. Dann erzählte er. Was er zu berichten hatte, klang fast genauso wie die Aussage des vorhergehenden Zeugen, nur dass Mercer verneinen musste, als ihn der Richter fragte, ob auch er den Namen Howard verstanden hatte.
Dann nahm Stan Harper im Zeugenstand Platz. »Ich bin überzeugt, dass es sich bei dem Mörder um Steve Howard handelt«, begann er, nachdem er vom Richter grünes Licht erhalten hatte.
»Einspruch!«, rief der Verteidiger Steve Howards. »Der Zeuge soll Fragen beantworten, aber keine Statements über Schuld oder Unschuld meines Mandanten abgeben.«
»Einspruch stattgegeben«, erklärte der Richter. »Dennoch würde es mich interessieren, womit der Herr Detective Lieutenant seine These begründet. Es wird nicht ins Protokoll aufgenommen. Aber es kann der Wahrheitsfindung dienen.«
»Er könnte mit seinen Aussagen den Verlauf der Anhörung beeinflussen«, gab der Verteidiger zu bedenken.
»Keine Sorge«, konterte der Richter. »Meine Entscheidung ergeht nach Abwägung der Fakten. Vermutungen bleiben außen vor, Herr Rechtsanwalt.«
»Mister Howard hat kurz vor dem Mord noch mit dem Opfer gesprochen«, begann Harper. »Zum Zeitpunkt des Mordes kann er nicht beweisen, wo er war. Der Sterbende nannte seinen Namen. Bereits in New York geschah ein Mord an einem Jockey, dem Gewinner des Derbys, das am Sonntag vor zwei Wochen stattfand. Auch an diesem Rennen nahm der Angeklagte teil. Er ist der einzige Jockey, der beide Rennen mitmachte. Auch für den Mord in New York hat Howard kein Alibi.«
»Um den Mord in New York geht es hier nicht«, gab der Richter zu verstehen. Er schaute den Staatsanwalt an. »Das ist nicht viel, Herr Staatsanwalt. Einen Haftbefehl werde ich damit kaum begründen können.« Jetzt richtete er den Blick wieder auf Harper. »Nennen Sie mir ein Motiv, Mister Harper. Was für ein Motiv sollte Mister Howard gehabt haben?«
»Ehrgeiz, Missgunst, Neid, vielleicht Hass auf die Sieger. Ich weiß es nicht. Ein Gerichtsverfahren wird es sicher ergeben.«
»Darüber haben nicht Sie zu befinden, Herr Zeuge.«
»Entschuldigen Sie, Euer Ehren.«
»Was haben Sie dazu zu sagen, Mister Howard?«, fragte der Richter.
»Ich bin unschuldig. Es sieht fast so aus, als versucht jemand, mir die Verbrechen in die Schuhe zu schieben.«
»Haben Sie einen Feind?«
»Ich weiß es nicht.«
Der Rechtsanwalt erhob sich. »Alles in allem, hohes Gericht«, rief er und hob theatralisch die Hände, »gibt es keinerlei Anhaltspunkt, der es rechtfertigen würde, gegen meinen Mandanten einen Haftbefehl zu erlassen. Er verfügt über einen festen Wohnsitz in New York, kann einen festen Arbeitsplatz vorweisen und ist polizeilich noch nie in Erscheinung getreten. Man kann ihm nichts vorwerfen. Ich wiederhole daher meinen Antrag…«
Details
- Seiten
- Erscheinungsjahr
- 2022
- ISBN (ePUB)
- 9783738958324
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2022 (Februar)
- Schlagworte
- trevellian galopprennen action krimi